Freitag, 12. April 2019

Mobbing 2.0 - Wenn das Internet zur Waffe wird

Cybermobbing – ein Thema, das täglich präsent ist, jedoch oft vergessen oder verdrängt wird. Im Blog wurde bereits auf den Fall von Amanda Todd hingewiesen, jedoch kann nicht oft genug gesagt werden, was Cybermobbing bei Menschen, vor allem bei Kindern und Jugendlichen, auslösen kann.

Auch Hannah Smith, ein 14-jähriges Mädchen aus Großbritannien, nahm sich aufgrund böswilliger User-Kommentare das Leben. Dies sind nur zwei Beispiele für die Gefahren von Kommunikationsplattformen im Internet. Denn genau hier wurde deutlich: Das Internet KANN zur Waffe werden. Und im schlimmsten Fall verheerend enden.

Daher ist es wichtig, über das Thema aufzuklären und zu zeigen, welche Folgen Cybermobbing mit sich bringt und welche Präventionsmaßnahmen Schulen vornehmen können, um Cybermobbing zu stoppen.


Der Begriff „Cybermobbing“

Cybermobbing. Ein Begriff, der Eltern, Lehrer, aber vor allem auch Schüler immer mehr zusammenschrecken lässt und Angst bereitet. Doch was genau bedeutet Cybermobbing überhaupt? Es lässt sich feststellen, dass es keine eindeutige und gültige Definition von Cybermobbing gibt. Jedoch sind gewisse Faktoren erkennbar, die in vielen Definitionen enthalten sind und von Roll (2017, S. 47) zusammengefasst werden:
„Demnach lässt sich Cybermobbing als wiederholtes absichtliches Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen von Personen via elektronischer oder digitaler Medien wie z.B. Handy oder Internet beschreiben. Dieses Verhalten wird entweder von einzelnen Personen oder von Gruppen durchgeführt, mit der Absicht dem Gegenüber (sozial) zu schaden.“
Cybermobbing, auch Cyberbullying oder Cyberstalking genannt, kann dabei in unterschiedlichen Formen stattfinden. Das aggressive Verhalten kann entweder verbal in Form von Chats, WhatsApp-Nachrichten und E-Mails erfolgen oder nonverbal, indem Bilder oder Videos auf öffentlichen Plattformen, wie beispielsweise Facebook, Twitter oder YouTube, veröffentlicht werden (vgl. ebd.).


Da Cybermobbing Gemeinsamkeiten mit dem traditionellen Mobbing aufweist, wird im Folgenden auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Formen eingegangen. 

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum traditionellen Mobbing

Die Ausgrenzung anderer Personen durch Beleidigungen, Beschimpfungen, Spott und Schikane ist aus dem alltäglichen Schulleben bekannt und nichts Neues. Die Gründe sind meist immer noch dieselben, jedoch die Formen des Bullyings haben sich deutlich verändert. Mobbing findet nun nicht mehr ausschließlich auf dem Schulhof statt. Konflikte und Spott werden zunehmend auf medialen Plattformen ausgetragen (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2018).

Oftmals stammt der Täter, auch Bully genannt, aus dem näheren Umfeld des Opfers. Dabei geht das Cybermobbing über die Internetwelt hinaus und begleitet das Opfer auch offline. Entweder beginnt das Cybermobbing bereits im Schulalltag und das Mobbing wird online weitergeführt, oder aber das Cybermobbing wird im Schulleben fortgesetzt. Daher ist es wichtig, Cybermobbing und das traditionelle Mobbing nicht immer voneinander zu trennen, sondern miteinander in Verbindung zu setzen (vgl. klicksafe, o.J.). Rauh (2016, S. 43) definiert Mobbing im schulischen Kontext wie folgt:
‚A student is being bullied […] when he or she is exposed repeatedly and over time, to negative actions, on the part of one or more students.’
Beim traditionellen Mobbing handelt es sich oft um einen kleinen Personenkreis, beispielsweise Personen aus der eigenen Klasse oder aus dem Verein. Im Vergleich zum Cybermobbing ist ein Rückzug möglich und Worte beziehungsweise Aussagen verblassen mit der Zeit. Darüber hinaus ist Mobbing durch den sogenannten Face-to-Face-Kontakt gekennzeichnet, bei dem sich Täter und Opfer persönlich gegenüberstehen. Des Weiteren besteht ein Machtungleichgewicht bezüglich körperlicher sowie sozialer Art. Außerdem sind Reaktionen des Anderen, wie zum Beispiel Mimik, direkt erkennbar.

Beim Cybermobbing handelt es sich um eine große Öffentlichkeit und die Menge der beteiligten Personen kann schnell unüberschaubar werden und außer Kontrolle geraten. Ein Rückzugsort ist nicht möglich. Es sei denn, es wird konsequent auf Internet und Handy verzichtet. Außerdem werden öffentliche Äußerungen auf sozialen Netzwerken, wie Facebook, Twitter und Co., gespeichert und können trotz gelöschter Inhalte jahrelang noch abgerufen und wieder neu veröffentlicht werden, weshalb auch hier ein Machtungleichgewicht durch den Besitz von Inhalten besteht. Darüber hinaus können sich Täter hinter gefälschten Profilen verstecken, um anonym zu bleiben.

Gemeinsam ist beiden Formen jedoch, dass die Folgen gravierend sein können. Die Angriffe beginnen harmlos und werden erst mit der Zeit intensiver. Mobbing und Cybermobbing entstehen aus Konflikten oder zwischenmenschlichen Missverständnissen und sind letztendlich das „Ventil für Aggressionen“ (vgl. ebd., S. 44). Die Täter möchten ihren Status beibehalten und sich stärker als der Andere fühlen. Für das Opfer sind Hilfen von außen notwendig, um der Situation zu entkommen (vgl. ebd., S. 43 f.). 

Methoden und Formen

Beim Cybermobbing sind unterschiedliche Formen der Ausübung erkennbar. Die Attacken können direkt oder indirekt stattfinden. Unter direktem Cybermobbing werden Angriffe verstanden, bei denen Täter und Opfer in direktem, digitalem Kontakt stehen. Hierzu zählen Attacken über SMS, E-Mail, WhatsApp, Chatrooms oder Anrufe. Diese werden auch unter den Begriffen Flaming, Harassment, Cyberstalking und Cyberthreats zusammengefasst.

Das indirekte Cybermobbing zeichnet sich weniger durch den medialen Kontakt zwischen Täter und Opfer aus, sondern vielmehr durch öffentliche Äußerungen und Verbreitungen. Dazu gehören Denigration, Impersonation, Outing / Trickery und Exclusion (vgl. Roll, 2017, S. 49 ff.). Diese acht Begriffe werden nun zum besseren Verständnis genauer betrachtet. 

Flaming (Beleidigung): Flaming wird als kurze Auseinandersetzung im Netz verstanden, die zwischen zwei Personen oder Gruppen in einer meist vulgären Sprache stattfindet (vgl. Strauf, 2014, S. 12). Dabei besteht ein fast gleiches Machtverhältnis und Beleidigungen werden überwiegend in öffentlichen Chatrooms geäußert (vgl. Roll, 2017, S. 49).

Harassment (Belästigung): Diese Art des Cybermobbings ähnelt dem klassischen Mobbing, da hierbei ein klares Machtungleichgewicht zugunsten des Täters besteht. Auf direktem Kommunikationsweg, beispielsweise via SMS, WhatsApp oder E-Mails, wird das Opfer angegriffen und beleidigt, weshalb im Gegensatz zum Flaming die Beschimpfungen einseitig stattfinden (vgl. a.a.O., S. 50). Beim Täter kann es sich um eine dem Opfer bekannte Person aus der Umgebung handeln, manchmal jedoch handelt es sich um Unbekannte (vgl. Strauf, 2014, S. 12). 

Cyberstalking (Belästigung / Verfolgung): Fühlt sich das Opfer, wie beim Harassment, nicht nur belästigt, sondern bedroht oder sogar verfolgt, handelt es sich um Cyberstalking. Sobald das Opfer um die eigene Sicherheit fürchtet, wird von Cyberstalking gesprochen (vgl. Roll, 2017, S. 50). 

Denigration (Gerüchte verbreiten / Anschwärzen): Bei dieser Cybermobbing-Art werden Gerüchte heimlich im Unwissen des Opfers über soziale Netzwerke in Form von Texten oder Bild- und Videomaterial verbreitet. Somit erfährt das Opfer erst nach der Veröffentlichung von den Beleidigungen beziehungsweise Gerüchten (vgl. ebd.). Dabei soll der Ruf einer Person und deren Freundschaften ruiniert werden (vgl. Strauf, 2014, S. 12). 

Impersonation (Auftreten unter falscher Identität): Der Täter nimmt die Identität des Opfers an, indem er die Passwörter des Betroffenen von sozialen Plattformen kennt oder ein Fake-Profil im Namen des Opfers erstellt. Ähnlich wie bei der Denigration sollen der Ruf oder bestehende Freundschaften zerstört werden (vgl. Roll, 2017, S. 50). Darüber hinaus kann der Täter andere Personen beleidigen oder ihnen drohen, was somit nicht in seinem Namen passiert (vgl. Strauf, 2014, S. 12). 

Outing and Trickery (Bloßstellung / Betrügerei): Hier werden intime Informationen des Opfers verbreitet, die im Gegensatz zur Denigration dem Täter persönlich durch das Opfer vertraulich weitergegeben wurden (vgl. Roll, 2017, S. 51). 

Exklusion (Ausschluss): Hierbei wird das Opfer, wie beim traditionellen Mobbing auch, von Aktivitäten ausgeschlossen, wie zum Beispiel als Teilnehmer einer Chatgruppe (vgl. ebd.). 

Cyberthreats (offene Androhung von Gewalt): Cyberthreats meinen die direkten oder indirekten Androhungen von gewalttätigen Aktionen gegen das Opfer. Wenn vom „Happy Slapping“ geredet wird, ist das Draufschlagen und Verprügeln des Opfers vor laufender Kamera gemeint, wobei der entstandene Film anschließend in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wird. Dabei wird die Verbindung von realer und virtueller Welt besonders deutlich (vgl. ebd.).

Nachdem nun die unterschiedlichen Formen des Cybermobbings vorgestellt wurden, folgt die wohl meist gestellte Frage: Wie kommt es zu Cybermobbing? Und warum? Dies soll nun im folgenden Abschnitt näher erläutert werden. 

Funktionen und Auslöser

Den vermeintlichen Nutzen, den sich Täter von ihrem Handeln versprechen, stellt saferinternet.at dar. Cybermobbing kann als Entlastung gesehen werden, um aufgestaute Aggressionen abzubauen. Außerdem kann es die Funktion der Anerkennung haben, um sich einen besonderen Ruf zu verschaffen (vgl. saferinternet.at, 2018, S. 9), vor allem dann, wenn sich der Täter von einer Gruppe nicht akzeptiert fühlt (vgl. Strauf, 2014, S. 13).

Des Weiteren kann Cybermobbing das Gemeinschaftsgefühl einer Gruppe stärken, indem andere angestiftet werden, gemeinsam zu mobben. Getreu dem Motto: „Gemeinsam sind wir stark!“ lässt sich auch Macht demonstrieren, indem deutlich gemacht wird, wer das Sagen hat. Eine weitere Funktion ist, Versagensängste und der Angst, selbst zum Opfer zu werden, aus dem Weg zu gehen (vgl. saferinternet.at, 2018, S. 9).
„Die Beweggründe sind aus Sicht des Täters nachzuvollziehen, für ihn ist Cybermobbing eine Art Entlastung, eine Form, mit eigenen persönlichen Problemen oder solchen in der Freundesgruppe umzugehen. Dabei darf der Täter aber nicht vergessen, dass er durch Handeln andere zum Opfer macht“ (Strauf, 2014, S. 14).
Anlässe beziehungsweise die tatsächlichen Auslöser können vielfältig sein. Meist haben Cybermobbing-Attacken eine längere Vorgeschichte. In Zusammenhang damit stehen auch eine gestörte Kommunikation und mangelnde Empathie (vgl. Strohmeyer, 2013, S. 93). Viele Jugendliche kennen sich außerdem mit den gesetzlichen Regelungen nicht aus und haben eine fehlerhafte Sicht von Meinungsfreiheit. Safeinternet.at nennt daher sieben Anlässe und Auslöser für Cybermobbing:
  • „Mobbing ist Teil der Normalität“: Mobbing gehört mittlerweile zum alltäglichen Verhalten. Es wird toleriert und Folgen bleiben oftmals aus, vor allem wenn Opfer sich nicht wehren oder Beobachter wegschauen. 
  • „Langeweile / Freizeitspaß“: Aus Langeweile oder Spaß kann schnell ein Streit auf sozialen Netzwerken entstehen, indem sich beispielsweise über ein Bild oder Video einer Person in den Kommentaren lustig gemacht wird. 
  • „Interkulturelle Konflikte“: Verschiedene Nationalitäten und interkulturelle Konflikte spielen zwischen Jugendlichen immer noch eine große Rolle. 
  • „Konflikte in der Klassengemeinschaft“: Bestehende Auseinandersetzungen, die in der Schule begonnen haben, werden im Internet oder auf dem Handy via SMS weitergeführt. 
  • „Freundschaften verändern sich“: Das Ende einer freundschaftlichen oder Liebesbeziehung kann zu Hass- und Rachegefühlen führen, welche die Gefahr bergen, dass intime Geheimnisse veröffentlicht werden. 
  • „Klassengemeinschaften verändern sich“: Ein Grund für Cybermobbing kann das neue Zusammenstellen einer Klasse sein oder die Ankunft eines neuen Schülers beziehungsweise eines Wiederholers. 
  • „Unerwünschte Veröffentlichung von persönlichen Informationen“: Es kann sein, dass Tätern nicht bewusst ist, wie verletzend es sein kann, private Details oder Bilder einer Person zu veröffentlichen oder weiterzugeben (vgl. saferinternet.at, 2018, S. 10).
Die Funktionen und Auslöser sind vielfältig, jedoch keine Entschuldigung für das Handeln der Täter. Cybermobbing kann bei den Opfern großen Schaden anrichten und im schlimmsten Fall zum Selbstmord führen. Daher ist es wichtig, frühzeitig Symptome von Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen zu erkennen, um rechtzeitig einschreiten zu können. Diese werden im Folgenden aufgeführt. 

Symptome und Folgen

Die Symptome sind unterschiedlich je nach Schwere des Vorfalls und der persönlichen Verfassung. Sie ähneln oft anderen psychologischen Belastungen. So kommt es oft vor, dass Cybermobbing-Opfer vermehrt gesundheitliche Probleme aufweisen, wie beispielsweise Kopf- oder Bauchschmerzen, Schlafstörungen und somit häufiger im Unterricht fehlen.

Darüber hinaus kann sich ihr Verhalten stark verändern. Dies zeigt sich besonders durch eine plötzliche Verschlossenheit oder schlechtere Leistungen in der Schule. Meist ziehen sich die betroffenen Schüler auch in die Online-Spiele-Welt zurück. Des Weiteren können Eltern erkennen, ob ihr Kind Opfer einer Cybermobbing-Attacke geworden ist, wenn wichtige Gegenstände oder Geld aus dem Haushalt fehlen. Dennoch ist es nicht immer leicht zu erfahren, ob ein Kind oder Jugendlicher von Cybermobbing betroffen ist, da die Opfer die Situation oftmals herunterspielen und keine direkte Andeutung auf einen Zwischenfall machen (vgl. saferinternet.at, 2018, S. 19).

Die Folgen „reichen von Wut, Isolation und Angst über Rückzug, Vermeidung von Bereichen wie der Schule, in denen die Gefahr des Kontaktes mit anderen Kindern besteht, bis hin zu Essstörungen, Depressionen und [im schlimmsten Fall zu] Selbstmord“ (cybermobbing-hilfe.de, o.J.). Bei Hannah Smith und Amanda Todd ist das Internet zur Waffe geworden, weshalb sie keinen anderen Ausweg sahen, als sich das Leben zu nehmen.

Die häufigsten Folgen sind Depressionen, Schlafprobleme, Albträume und Angstzustände, welche dazu führen können, dass sich Opfer nicht einmal mehr trauen, das Haus zu verlassen. Aufgrund von Scham und geringem Selbstwertgefühl isolieren sich die Betroffenen. Rassek (2016) sagt weiterhin, dass sich Cybermobbing-Attacken aus der Schulzeit auf die berufliche Zukunft auswirken können, da nicht alle Arbeitgeber tolerant reagieren, wenn auffällige Fotos oder Bloßstellungen ihrer Mitarbeiter im Netz zu finden sind.

Bestgen (2013, S. 35) geht außerdem davon aus, dass die Auswirkungen des Cybermobbings schlimmer ausfallen können als beim traditionellen Mobbing, da die Opfer keine Rückzugsmöglichkeit haben und der Situation permanent ausgesetzt sind. Das Publikum ist meist größer und Täter sind anonym, sodass sich die Opfer nicht wehren können.

Nachdem nun Symptome und Folgen vorgestellt wurden, ist es interessant zu wissen, wie viele Kinder und Jugendliche von Cybermobbing betroffen sind. 

Zahlen und Fakten

Die JIM-Studie (Jugend, Information, Multi-Media) stellt eine der umfassendsten Untersuchungen zum Medienverhalten von Jugendlichen in Deutschland dar. Sie wird vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest jährlich durchgeführt und ausgewertet. In diesem Verbund arbeiten Institutionen, wie die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, die Landeszentrale für Medien und Kommunikation (Rheinland-Pfalz) und der Südwestrundfunk.

Aus der JIM-Studie 2018 (S. 8) wird deutlich, dass mit 97 Prozent der Befragten 12- bis 19-jährigen Jugendlichen praktisch alle ein Smartphone und 69 Prozent einen Computer oder Laptop besitzen, welche den Zugang zum Internet und somit zu sozialen Netzwerken ermöglichen. Da die vielfältigen Kommunikationsoptionen über soziale Netzwerke und Messenger neben den positiven Facetten, wie Vernetzung und Erreichbarkeit, auch negative Aspekte bergen, stellt sich in Bezug auf diese Arbeit die Frage, wie viele Jugendliche Erfahrungen mit Cybermobbing-Attacken gemacht haben.

Jeder zehnte Jugendliche gibt an, dass bereits eigene peinliche oder beleidigende Fotos beziehungsweise Videos per Handy oder im Internet verbreitet wurden. Dabei sind Mädchen und Jungen gleichermaßen betroffen, jedoch gibt es Unterschiede bezüglich des Bildungshintergrunds. Haupt- und Realschüler sind häufiger betroffen (13 %) als Gymnasiasten (10 %). Hinsichtlich des Alters bilden die 16- bis 17-Jährigen den größten Anteil der Betroffenen.

Des Weiteren gibt ein Drittel der Befragten an, dass sie Cybermobbing bereits im Bekanntenkreis mitbekommen haben. Ein Fünftel ist selbst häufig Opfer von Hassbotschaften im Netz geworden. Dabei sind Jungen stärker konfrontiert worden als Mädchen. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit mit dem Alter, Hasskommentaren zu begegnen.

Die Jugendlichen gaben weiterhin an, dass die Konfrontation mit Hassbotschaften häufig auf YouTube und Instagram stattfand, jedoch vereinzelt auch bei Facebook, WhatsApp, Twitter und anderen Nachrichtenangeboten (vgl. JIM-Studie, 2018, S. 62 ff.). Das sind Zahlen, über die nicht einfach hinweggeschaut werden sollte. Daher ist es wichtig, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und die rechtlichen Konsequenzen aufzuzeigen. 

Rechtliche Grundlagen und Konsequenzen

Wie schon mehrfacht erwähnt, gibt es mehrere Möglichkeiten, über digitale Kommunikationsmedien zum Cybermobbing-Opfer zu werden. Die Zahlen und Fakten sprechen für sich. Dennoch gibt es bisher kein eigenes Gesetz zum Thema Cybermobbing. Es ist jedoch möglich, gegen die Täter rechtlich vorzugehen. Die einzelnen Handlungen stehen gemäß Strafgesetzbuch (StGB) in Deutschland unter Strafe (vgl. Strauf, 2014, S. 36). Die einzelnen Cybermobbing-Attacken beziehungsweise Formen, die weiter oben beschrieben sind, werden nachfolgend den Straftaten zugeordnet.

§185 StGB (Beleidigung): Gemäß §185 StGB werden Beleidigungen, egal welcher Art, mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft. Unter Beleidigungen fallen die Formen Flaming sowie Harassment (vgl. Roll, 2017, S. 52).

§186 StGB (Üble Nachrede): Nach §186 StGB werden Personen, die unwahre Tatsachen über einen anderen behaupten oder verbreiten, die denselben verächtlich machen oder in der öffentlichen Meinung herabwürdigen, im schlimmsten Fall mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft (vgl. Grimm, Rhein und Clausen-Muradian, 2008, S. 319 f.). Hierzu zählen Cybermobbing-Attacken wie zum Beispiel Harassment, Denigration und Impersonation (vgl. Roll, 2017, S. 52 f.).

§187 StGB (Verleumdung): Laut §187 StGB werden Personen, die unwahre Tatsachen über einen anderen behaupten und verbreiten, denselben in der öffentlichen Meinung herabwürdigen sowie die Tat öffentlich in einer Versammlung oder durch das Verbreiten von Schriften begehen, mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe verurteilt (vgl. Grimm et al., 2008, S. 321). Unter Verleumdung fallen die Cybermobbing-Formen Harassment, Denigration und Impersonation (vgl. Roll, 2017, S. 52 f.).

§201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes): Bestraft werden Personen, die nicht öffentlich gesprochene Worte eines anderen auf einen Tonträger aufnehmen, diese einem Dritten zugänglich machen und/oder unerlaubt veröffentlichen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe. Dazu zählt vor allem Outing and Trickery (vgl. ebd.).

§201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen): Das Gleiche gilt für Personen, die unerlaubt Bildaufnahmen eines anderen machen, die denselben in seinem höchstpersönlichen Lebensbereich verletzen und somit anderen zugänglich macht, wenn nicht sogar gegen Entgelt. Dies kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden. Hierzu zählen Cybermobbing-Attacken wie beispielsweise Denigration und Outing and Trickery (vgl. ebd.).

§238 StGB (Nachstellung): Gemäß §238 StGB werden Personen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe verurteilt, die einer anderen Person unbefugt nachstellen. Dazu gehört das Aufsuchen der räumlichen Nähe des anderen, die Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Kommunikationsmitteln, um den Kontakt zu dieser Person herzustellen sowie Verletzung oder Bedrohung des anderen oder einer ihr nahestehenden Person (vgl. Grimm et al., 2008, S. 322). Hierzu zählt insbesondere Cyberstalking (vgl. Roll, 2017, S. 53).

§240 StGB (Nötigung): Personen, die einen Menschen gegen ihren Willen mit Gewalt oder Drohung zu einer Handlung nötigen, können mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden (vgl. Grimm et al., 2008, S 324). Cybermobbing-Formen wie Cyberthreats gehören in diesen Bereich (vgl. Roll, 2017, S. 53).

§241 StGB (Bedrohung): Gemäß §241 StGB werden Personen, die andere Menschen mit dem Begehen eines Verbrechens bedrohen, mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe verurteilt. Hierzu gehören ebenfalls Cyberthreats (vgl. ebd.).

Es wird deutlich, dass es viele Möglichkeiten gibt, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. „Hinzu kommt, dass das Cybermobbing sowohl körperliche als auch psychische massive Gesundheitsschäden hervorrufen kann. Daher kann der Tatbestand der Körperverletzung (§223 StGB) bestehen“ (vgl. ebd.). Strafbar ist jeder, der das 14. Lebensjahr erreicht hat. Bis zum 18. Lebensjahr entscheidet das Jugendgerichtsgesetz (JGG) über die Strafe. Sind die Täter unter 14 Jahre alt, werden die Erziehungsberechtigten zur Rechenschaft gezogen, sofern die Aufsichtspflicht vernachlässigt wurde (vgl. ebd.).

Abgesehen von den Rechtsfolgen ist natürlich zentral, dass Cybermobbing gestoppt oder von vornherein vermieden wird. Welche Rolle die Schule dabei spielen kann, wird im Folgenden Abschnitt erklärt. 

Präventionsmaßnahmen – Wie kann die Schule dabei helfen?

Im Blog sind bereits viele Beiträge mit Tipps zum Thema Cybermobbing veröffentlich worden. Vorgestellt wurde bereits die Erste-Hilfe-App von klicksafe, die sich Kinder und Jugendliche herunterladen können, um eine erste Unterstützung zu bekommen, wenn sie Opfer von Cybermobbing geworden sind. Des Weiteren wurden Unterrichtsideen für jede Klassenstufe veröffentlicht und das Medienpaket von Planet Schule als Präventionsmaßnahme präsentiert. Im Folgenden sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie insbesondere die Schule präventive Maßnahmen durchführen kann, um Cybermobbing zu verhindern.

Kinder und Jugendliche verbringen einen Großteil ihrer Zeit in der Schule. Somit sind viele Täter im Internet auch Täter auf dem Schulhof. Dies zeigt die enge Verbindung von traditionellem Mobbing und Cybermobbing. Mobbing endet somit nicht mit dem Ende des Unterrichts, sondern begleitet die Opfer überall und zu jeder Zeit. Daher ist es die Pflicht der Schule, die Verantwortung ihrer Schüler auch nach Schulschluss weiterhin ernst zu nehmen. Wie kann die Schule also Cybermobbing stoppen oder im besten Fall vorbeugen?

Zuerst einmal sollte sich das Schulkollegium über Cybermobbing informieren, um anschließend Leitlinien sowie Hilfs- als auch Sanktionsmaßnahmen festzulegen, über die sie daraufhin ihre Schüler und deren Eltern informieren. Des Weiteren ist es wichtig, dass Lehrpersonen Fortbildungen zum Thema Cybermobbing besuchen, um im Anschluss daran Aufklärungs- und Projektveranstaltungen für die Schülerschaft auszurichten. Hierbei kann es hilfreich sein, sich Referenten von außen zu holen, wie zum Beispiel Polizisten, Schulsozialarbeiter, Medienpädagogen oder Psychologen.

Darüber hinaus gibt es viele Internetseiten für Kinder und Jugendliche, die über das Thema Cybermobbing aufklären, wie beispielsweise hanisauland.de. Ziel dieser Präventionsmaßnahmen ist es, die Medienkompetenz der Heranwachsenden weiterzuentwickeln. Die Medienerziehung kann auch fächerübergreifend stattfinden. Fächer wie Deutsch oder Ethik bieten sich an, um passendes Unterrichtsmaterial oder Filme, zum Beispiel der Kurzfilm „Gunter geht unter“, einzusetzen und über diese zu reden.
„Dies hat zum einen den Vorteil, dass die Jugendlichen die Inhalte als lebhaft und als gemachte Erfahrung und nicht als Lerninhalte empfinden“ (Roll, 2017, S. 70).
Des Weiteren sollte eine Anlaufstelle in der Schule eingerichtet werden, falls Schüler bereits von Cybermobbing betroffen sind. Auch die digitale Kontaktaufnahme mit einem Vertrauenslehrer sollte ermöglicht werden, da die wenigsten Opfer den Mut aufbringen in der Face-to-Face-Situation über die eigene Lage zu sprechen. Eine weitere Möglichkeit sind Peer-to-Peer-Maßnahmen, bei denen Schüler die Projekte gegen Cybermobbing aktiv mitgestalten. Dies zielt darauf ab, dass die Schüler sich gegenseitig ausbilden und helfen (vgl. Roll, 2017, S. 67 ff.).

Es ist wichtig, dass nicht nur Schulen, sondern auch Eltern und andere Personen aus der Umgebung Kinder und Jugendliche über die Gefahren des Internets aufklären. Vor allem aber sollte über die Folgen von Cybermobbing und auch die rechtlichen Konsequenzen gesprochen werden, um die Heranwachsenden vor solchen Taten zu stoppen. Das folgende Video der ARD-Webspiegel-Experten zeigt noch einmal zusammenfassend die wichtigsten fünf Schritte zur Prävention beziehungsweise Bekämpfung von Cybermobbing-Attacken:


Weitere Informationen zum Thema Cybermobbing sowie Anlaufstellen sind unter folgenden Links zu finden: 

Fazit

Cybermobbing ist täglich präsent, nur nicht offen sichtbar. Aufgrund der steigenden Mediennutzung bereits im Kindes- und Jugendalter gehören Cybermobbing-Attacken fast schon zum Alltag. Um Suizidfälle, wie die von Hannah Smith oder Amanda Todd, zu vermeiden, ist es wichtig, die Medienkompetenz der Schüler von Beginn an zu fördern und sie auf die Gefahren des Internets sowie ihres Handelns im Netz aufmerksam zu machen. Dazu gehören beispielsweise Aufklärungs- und Präventionsveranstaltungen.

Die Medienerziehung geschieht jedoch nicht nur durch die Schule, sondern sollte auch im familiären Kreis immer wieder stattfinden. Da die Opfer von Cybermobbing oftmals keine direkten Hinweise auf Vorfälle geben, sollten Eltern sowie Lehrer ihre Kinder aufmerksam beobachten und Symptome erkennen, falls eines der Kinder Opfer von Cyber-Angriffen geworden ist.

Es ist folglich wichtig, schnell einzugreifen und dem Betroffenen zu helfen, damit so tragische Ereignisse, wie die von Hannah Smith oder Amanda Todd, nicht mehr vorkommen. Dennoch können Cybermobbing-Attacken nicht immer erkannt werden, weshalb auf Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche in der Schule, aber auch außerhalb der Schule, wie beispielsweise die oben genannten Websites oder aber auch die Polizei, aufmerksam gemacht werden sollte.

Literaturverzeichnis
  • Bestgen, Sarah (2013): Offline Persönlichkeit vs. online Persönlichkeit. Der Einfluss des Internets auf unsere Persönlichkeit am Beispiel des Cybermobbings. In: Ketting, Sebastian/ Bestgen, Sarah/ Steinborn, Julia und Strohmeyer/Karolin: Mobbing 2.0. Ursachen und Folgen von Cybermobbing (S. 15-42). Norderstedt: ScienceFactory.
  • Grimm, Petra/ Rhein, Stefanie und Clausen-Muradian, Elisabeth (2008): Gewalt im Web 2.0. Der Umgang Jugendlicher mit gewalthaltigen Inhalten und Cyber-Mobbing sowie die rechtliche Einordnung der Problematik. Berlin: Vistas.
  • Rauh, Felix (2016): Fit und fair im Netz. Strategien zur Prävention von Sexting und Cyberbullying. Bern: Hep.
  • Roll, Timo (2017): Cyber-Mobbing als neue Gewalt unter Jugendlichen im digitalen Zeitalter. Norderstedt: Studylab.
  • Stohmeyer, Karolin (2013): Cyber-Mobbing – Wie stark sind Jugendliche betroffen? In: Ketting, Sebastian/ Bestgen, Sarah/ Steinborn, Julia und Strohmeyer/Karolin: Mobbing 2.0. Ursachen und Folgen von Cybermobbing (S. 81-106). Norderstedt: ScienceFactory.
  • Strauf, Heinz (2014): Cybermobbing. Gewalt im Netz verantwortungsbewusst begegnen. 2. Auflage. Hamburg: Persen Verlag. 
Internetquellen

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