Die Steuerung der Aufmerksamkeit wird, so betont Carr, zu einer zentralen Schlüsselqualifikation. Und da wir es nicht mehr schaffen, einen längeren Text, geschweige denn ein ganzes Buch zu lesen, hat Epipheo Kernaussagen des Buches dankenswerterweise in einem kurzen Video zusammengefasst:
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Mittwoch, 22. Mai 2013
Was macht das Internet mit unserem Gehirn?
Nicholas Carr hat 2010 das vielzitierte und - im Unterschied zu manch ähnlich klingenden Veröffentlichungen zum Thema - ernstzunehmende Buch veröffentlicht: "The Shallows. What the Internet is Doing to Our Brains" (spätere Ausgaben verwenden den Untertitel: "How the Internet is Changing the Way We Think, Read and Remember"). Die deutsche Übersetzung trägt den Titel "Wer bin ich, wenn ich online bin...: und was macht mein Gehirn solange? - Wie das Internet unser Denken verändert".
Die Steuerung der Aufmerksamkeit wird, so betont Carr, zu einer zentralen Schlüsselqualifikation. Und da wir es nicht mehr schaffen, einen längeren Text, geschweige denn ein ganzes Buch zu lesen, hat Epipheo Kernaussagen des Buches dankenswerterweise in einem kurzen Video zusammengefasst:
Die Steuerung der Aufmerksamkeit wird, so betont Carr, zu einer zentralen Schlüsselqualifikation. Und da wir es nicht mehr schaffen, einen längeren Text, geschweige denn ein ganzes Buch zu lesen, hat Epipheo Kernaussagen des Buches dankenswerterweise in einem kurzen Video zusammengefasst:
Freitag, 17. Mai 2013
Neue Studie zu Cybermobbing
Gestern hat das Bündnis gegen Cybermobbing die (nach eigenen Angaben) bislang größte Studie zum Thema Cybermobbing in Deutschland vorgestellt. Die Zahlen sind alarmierend: Jede/r sechste Schüler/in wurde schon zum Opfer von Cybermobbing. Die Studie steht online zur Verfügung und kann hier heruntergeladen werden...
Donnerstag, 16. Mai 2013
hr_info zu Datenschutz und Geschäftsmodellen im Web
Der Hessische Rundfunk hat Ende 2012 ein Informationspaket erstellt, das sich mit den Geschäftsmodellen von Google, Facebook & Co. befasst - einem wichtigen Aspekt des Webs, der auch an dieser Stelle immer wieder Thema war: "Der Preis des Kostenlosen - Wie Daten im Netz zu Geld werden".
Täglich nutzen viele Millionen Menschen Angebote im Internet, für die sie nie eine Rechnung bekommen. Und doch zahlen sie dafür – mit ihren Daten. Wie funktioniert dieses Geschäft?Besonders interessant ist, dass dieses Paket auch einen komplett ausgearbeiteten Unterrichtsentwurf enthält (pdf-download), ergänzt um zahlreiche Audio-Happen, die sich ebenfalls im Unterricht verwenden lassen. Und schließlich gibt es noch einen begleitenden Blog zum Thema...
Blog der ZEIT über Nazis
ZEIT Online unterhält unter dem Titel "Störungsmelder" einen Blog, der über die Aktivitäten der rechtsextremen Szene informiert ("Wir müssen reden. Über Nazis. Ein Blog."). Der Besuch lohnt sich: http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/...
Mittwoch, 15. Mai 2013
Wodurch verbreiten sich Videos viral?
Das erfolgreichste Video des laufenden Jahres stammt von Dove:
Ein Artikel von Seth Fiegerman für Mashable versucht zu erklären, wovon es abhängt, ob sich Videos viral verbreiten: Here's Why These 6 Videos Went Viral...
Ein Artikel von Seth Fiegerman für Mashable versucht zu erklären, wovon es abhängt, ob sich Videos viral verbreiten: Here's Why These 6 Videos Went Viral...
Montag, 13. Mai 2013
TED Talk von Ken Robinson
Wenn man sich für Lernen, Lehren und Bildung interessiert, sollte man unbedingt zur Kenntnis nehmen, was Sir Ken Robinson zu sagen hat. Er zählt seit vielen Jahren zu den anregendsten und - nebenbei bemerkt - auch zu den unterhaltsamsten Experten auf diesem Gebiet:
Mittwoch, 8. Mai 2013
juki - Videoportal für Kinder
Seit kurzem ist das Videoportal juki für Kinder von 8-12 Jahren online. Der Claim lautet: "Dein Clip. Dein Netz. Dein Ding." Betrieben wird diese medienpädagogische Kinder-Video-Plattform vom Deutschen Kinderhilfswerk, der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen, der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter und Google Deutschland (siehe Ankündigung im Google Produkte-Blog).
Dienstag, 7. Mai 2013
Rechtsextremismus im Web 2.0 - Teil IV: Was kann die Schule tun?
Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
von Christina Krauter
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Dieser Beitrag bildet den Abschluss einer 4-teiligen Reihe zum Thema "Rechtsextremismus im Web 2.0":
Teil I: Begriff, Entwicklung, Strategien im Web
Teil II: Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten am Beispiel "Werde unsterblich"
Teil III: Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
Teil IV: Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
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Die Schule hat Zugang und Einfluss auf alle Jugendliche und ist neben der Familie die einzige gesellschaftliche Institution, die Prävention und Information auf breiter Basis liefern kann. Dazu sind LehrerInnen notwendig, die über die Maschen der Rechtsextremen im Web 2.0 Bescheid wissen und somit sowohl Eltern als auch SchülerInnen über die Agitation der Rechten im Netz informieren können. Jedoch besteht in diesem Bereich ein erhöhter Handlungsbedarf, da es noch zu wenig bis gar nicht in der Lehrerausbildung behandelt wird.
LehrerInnen
Viele LehrerInnen haben sich mit diesem Thema während ihrer Ausbildung wenig beschäftigt, zum einen weil es das Internet zu dieser Zeit noch nicht gab, und zum anderen aus dem Grund, dass sich dieses Problem erst in den letzten 10 Jahren so rasant entwickelt hat. Unter den LehrerInnen sind die meisten sogenannte „digital immigrants“, deshalb sind Fortbildungen, Workshops und Material zu diesem Thema nötig, damit sie ihren Abstand zu den „digital natives“ aufholen und ihnen zum Beispiel beim Thema Rechtsextremismus im Web 2.0 Hilfestellungen geben können.
Eine Möglichkeit soll hier beispielhaft vorgestellt werden. Es handelt sich um das Zusatzmodul zum Lehrerhandbuch: „Rechtsextremismus hat viele Gesichter – Wie man Rechtsextreme im Netz erkennt - und was man tun kann“ von „Klicksafe.de – die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz“( das Modul kann als PDF heruntergeladen werden: http://www.klicksafe.de/service/fuer-lehrende/zusatzmodule-zum-lehrerhandbuch/). Dieses Material wurde speziell zum Safer Internet Day 2013 mit dem Thema Rechtsextremismus im Internet entwickelt. Es beinhaltet pädagogische Überlegungen und Informationen sowohl über Rechtsextremismus im allgemeinen als auch über deren Aktivitäten im Netz, Gegenstrategien, Interviews und Unterrichtsmaterial für eine Themeneinheit über Rechtsextremismus im Internet.
Bei den pädagogischen Überlegungen wird dabei auch auf die möglichen Fragen der LehrerInnen eingegangen, wie zum Beispiel rechtliche Fragen, aber auch allgemeine Fragen: „Darf ich Jugendlichen überhaupt rechtsextreme Inhalte und Videos zugänglich machen? Was sagen Eltern und Kollegen? […] Wie gehe ich mit einem Jugendlichen um, der im Unterricht seine rechtsextreme Einstellung offensiv vor den anderen Schülern vertritt?“
Diese Fragen werden beantwortet, die rechtliche Lage wird dargestellt und eine Empfehlung für die Zusammenarbeit mit Eltern und Schulleitung gegeben. Zwischen den jeweiligen Abschnitten sind immer Links zu weiteren Informationen, Hilfestellungen für konkrete Problemfälle wie rechtsextreme Schüler in einer Klasse, aber auch Verweise zu den sich im Anhang befindenden Arbeitsblättern für die SchülerInnen und dazu, für welche Fragen sie eingesetzt werden können.
Im nächsten Teil wird ausführlich die rechte Szene behandelt: Ideologie, gesellschaftliche Verteilung, Kleidung und Themen. Dabei wird auch auf neuere Entwicklungen eingegangen, wie die steigende Frauenquote. Im folgenden Abschnitt wird die „rechtsextreme Propaganda im Netz - Hippe Internetseiten und faszinierende Aktionen“ beleuchtet. Die reicht von rechtsextremer Musik, Profilen in Sozialen Netzwerken, es werden aber auch Seiten der NPD gezeigt und dargestellt, mit welchen Mittel man versucht, die Jugendlichen anzusprechen (zum Beispiel durch Videos von Aufmärschen oder zunächst harmlos wirkenden Parteimitglieder-Seiten). Die ganze Bandbreite des Rechtsextremismus im Netz wird gezeigt: von Facebook und Youtube bis hin zur NPD-Website. Die verschiedenen Codes und Strategien werden sehr gut sichtbar, auch für LehrerInnen, die sich nicht häufig im Medium Internet bewegen.
Das nächste Kapitel zeigt mögliche Gegenstrategien gegen den Rechtsextremismus auf. Dazu werden wichtige Grundsätze im Umgang mit dem Problem gegeben und auch Informationen, wie man rechtsextreme Inhalte auf den jeweiligen Plattformen wie Youtube oder Facebook melden kann. Dann folgen vier Interviews, die verschiedene Facetten des Rechtsextremismus aufzeigen sollen. Außerdem beinhaltet das Modulhandbuch noch Arbeitsblätter zu verschiedenen Themen mit Angaben zur Durchführung wie Zeit, Methoden, benötigte Materialien (PC- Zugang) und Ziele der Einheit. Die Arbeitsblätter sind so gestaltet, dass die SchülerInnen sich aktiv mit den Themen auseinandersetzen. Außerdem sind für den Lehrer Hilfestellungen eingearbeitet worden, wie den Umgang mit Screenshots rechtsextremer Internetseiten.
Dieses Modulhandbuch eignet sich gut, um einen tieferen Einblick in die rechte Szene im Internet zu bekommen, um dieses Wissen dann an die SchülerInnen weitergeben zu können. Damit wird ihnen ein kritischer und reflektierter Umgang mit dem Internet ermöglicht. Die weiterführenden Links ermöglichen auch ein schnelles Informieren über spezielle Themen, die für den Lehrer wichtig sind.
SchülerInnen
So gut wie jede/r SchülerIn ist schon einmal mit rechtsextremen Inhalten im Internet in Berührung gekommen. Wichtig ist es, den Schülern aufzuzeigen, wie die Rechten im Netz auftreten, um einen kritischen Blick für gewisse Inhalte und Symbole zu wecken. Dies kann zum Beispiel durch die oben vorgestellten Unterrichtsmodule geschehen oder auch durch ein Seminar oder einen Workshop. Die Internetseite www.hass-im-netz.info bietet dafür verschiedene Materialien an, die hier kurz vorgestellt werden sollen.
Rechtsextremismus im Internet - Workshop für Jugendliche
http://www.hass-im-netz.info/fileadmin/dateien/dokumente/PDFs/Konzepte/seminar_jugendliche.pdf
Mit dem Workshop werden LehrerInnen in die Lage versetzt, an einem Schulvormittag einen Einblick zu geben, wie die Rechtsextremen im Netz agieren und wie sie es für ihre Zwecke nutzen, aber auch wie sie selber handeln können bei ihrer täglichen Nutzung des Internets. Dabei steht vor allem das selbständige Entdecken der SchülerInnen im Vordergrund.
Zuerst wird der Wissensstand festgestellt: Wo stehen die SchülerInnen? Was wissen sie über Rechtsextreme, Symbole und Parolen? Und was noch nicht? Danach folgt eine Internetrecherche in Partner- oder Gruppenarbeit auf verschiedenen ausgewählten Internetseiten. Dabei sollen die SchülerInnen auf bestimmte Gesichtspunkte achten wie Inhalte (Antisemitismus, Geschichtsfälschung,...), Gruppen (Kameradschaften, Parteien,...), Präsentation (Farben, aufwendige Gestaltung,...).
Die ausgewählten Seiten machen das Spektrum deutlich, in dem die Rechten agieren, das von offen bekundeter Fremdenfeindlichkeit bis zu verdeckter, auf den ersten Blick nicht sichtbarer Propaganda reicht. Diese Ergebnisse werden dann im Plenum gesichert, damit verschiedene Betrachtungen besprochen werden können. Die wichtigsten Ergebnisse werden dann zusammengefasst.
Anschließend nimmt man sich in Gruppenarbeit auch den Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus an. Was gibt es für Informationen im Internet? Was kann man alleine dagegen tun, was können wir als Klasse oder Schule tun? Diese Ergebnisse werden wieder im Plenum vorgestellt, und es folgt eine Bilanz, bei der noch offene Fragen geklärt werden.
Dieser Workshop ist gut geeignet, um den SchülerInnen einen umfassenden Einblick zu ermöglichen. Sie werden darin bestärkt, sich kritisch und reflektiert im Internet zu bewegen, und werden dann nicht mehr so angreifbar für die Strategien der Rechten.
Rollenspiel
http://www.hass-im-netz.info/fileadmin/dateien/dokumente/PDFs/Konzepte/rollenspiel.pdf
Zur weiteren Vertiefung bietet sich ein Rollenspiel an, das vor allem auf rechtliche Fragen eingeht. Es geht um eine Gerichtsverhandlung, bei der die Klägerin, Leiterin eines Jugendzentrums, eine Online-Plattform anzeigt, weil diese rechtsextreme Videos nicht von ihrer Plattform nehmen will. Nach der Einführung in den Fall wird ein solches Video gezeigt.
Danach wird die Klasse in Gruppen aufgeteilt, diese bekommen dann jeweils die Gruppenkarten, die ihre Aufgabe beschreiben: Kläger und Anwalt des Klägers, 2 Zeugen des Klägers (Polizist, der die Anzeige aufgenommen hat, und ein Rechtsextremismus-Experte), Beklagter und dessen Anwalt, 2 Zeugen des Beklagten (Manager eines Internetunternehmens, Erzieher) und das Gericht.
Die Gruppen erarbeiten eine Strategie und Argumente für ihre Seite, das Gericht informiert sich über die Gesetzeslage und erarbeitet Fragen an die Zeugen. Danach folgt die Gerichtsverhandlung, alle SchülerInnen, die keine Rolle haben, dienen als Beobachter, wie sich die verschiedenen Gruppen verhalten und welche Argumente sie vorbringen. Anschließend berät sich das Gerichtm und es folgt die begründete Urteilsverkündung.
Im Plenum wird danach die Verhandlung besprochen, sowohl inhaltliche Aspekte als auch die Erlebnisebene der Spieler. Dann folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und Erkenntnisse über den möglichen Handlungsbedarf bei der Rechtsgrundlage. Bei dieser beispielhaften Gerichtsverhandlung wird die schwierige rechtliche Lage von Meinungsfreiheit und verbotenen Inhalten für die SchülerInnen deutlich sichtbar. Das Rollenspiel kann in verkürzter Weise auch in einer Doppelstunde verwirklicht werden.
Eltern
Die Eltern können und sollen nicht die kompletten Netz-Aktivitäten ihrer Kinder im Blick haben, jedoch ist es wichtig, dass Eltern über die Gefahren, auf die das Kind im Netz trifft, informiert sind. Dafür können zum einen die LehrerInnen sorgen, indem sie auch die Eltern über die Unterrichtseinheiten oder Seminare informieren und die entsprechenden Informationen zu dem Thema an die Eltern weitergeben. Die Eltern können sich weiterführend aber auch im Internet selbst über dieses Thema informieren. Eine gute Broschüre gibt es wieder von der EU-Initiative für Sicherheit im Netz – Klicksafe, die anlässlich des Safer Internet Day 2012 herausgegeben wurde: „Rechtsextremismus im Internet – so schützen Sie Ihr Kind gegen rechtsextreme Inhalte im Netz“ (http://www.klicksafe.de/service/materialien/broschueren-ratgeber/rechtsextremismus-im-internet-tipps-fuer-eltern/).
Die Broschüre beginnt mit Grundlagen: Was ist Rechtsextremismus, wer macht mit (Parteien, Kameradschaften,...), Inhalte (offensichtlich und eher unverdächtige Inhalte), Darstellung (Blog, Homepage, Youtube,....), rechtliche Lage. Screenshots verdeutlichen die Problemlage. Dann werden den Eltern die Strategien der rechten Szene erklärt. Die Jugendlichen sind die große Zielgruppe, weil sie in der Pubertät offen für Neues und Unbekanntes sind. Sie werden in „ihrem“ Medium, dem Internet, geködert mit kostenlosen Downloads von Musik, Events wie Aufmärschen, in Sozialen Netzwerken durch viele neue „Freunde“ in kurzer Zeit, die ihre Gesinnung erst nach einiger Zeit zeigen, aber auch schnelle Likes zu emotionalen Themen. Dabei werden den Eltern Informationen zu rechtsextremen Codes und Slogans geliefert. Es wird zu einem „unverkrampften und offenem“ Umgang geraten, so dass die Kinder selbst zu den Eltern kommen und man zusammen die Seite anschaut und ihnen gegebenenfalls das Weltbild und die Geschichte, die dahintersteht, erklärt. Bei Jüngeren empfiehlt man eine Kindersuchmaschine oder einen Filter. Aber auch Hilfen für Eltern mit Kindern, die rechtsextreme Tendenzen aufzeigen, finden hier Platz. Im Anhang befinden sich Links für Kinder und Jugendliche sowie für Eltern, um sich mit diesem Thema näher auseinandersetzen.
Die Broschüre bietet einen Überblick über die gesamte rechte Agitation im Web 2.0. Durch die weiterführenden Links kann man sich auch ohne große Suche über die eigenen speziellen Fragen und Themen informieren. Die Eltern sind danach gut informiert über die ganze Bandbreite der Rechten und wissen, auf was sie bei der Internetnutzung ihrer Kinder achten müssen.
von Christina Krauter
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Dieser Beitrag bildet den Abschluss einer 4-teiligen Reihe zum Thema "Rechtsextremismus im Web 2.0":
Teil I: Begriff, Entwicklung, Strategien im Web
Teil II: Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten am Beispiel "Werde unsterblich"
Teil III: Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
Teil IV: Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
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Die Schule hat Zugang und Einfluss auf alle Jugendliche und ist neben der Familie die einzige gesellschaftliche Institution, die Prävention und Information auf breiter Basis liefern kann. Dazu sind LehrerInnen notwendig, die über die Maschen der Rechtsextremen im Web 2.0 Bescheid wissen und somit sowohl Eltern als auch SchülerInnen über die Agitation der Rechten im Netz informieren können. Jedoch besteht in diesem Bereich ein erhöhter Handlungsbedarf, da es noch zu wenig bis gar nicht in der Lehrerausbildung behandelt wird.
LehrerInnen
Viele LehrerInnen haben sich mit diesem Thema während ihrer Ausbildung wenig beschäftigt, zum einen weil es das Internet zu dieser Zeit noch nicht gab, und zum anderen aus dem Grund, dass sich dieses Problem erst in den letzten 10 Jahren so rasant entwickelt hat. Unter den LehrerInnen sind die meisten sogenannte „digital immigrants“, deshalb sind Fortbildungen, Workshops und Material zu diesem Thema nötig, damit sie ihren Abstand zu den „digital natives“ aufholen und ihnen zum Beispiel beim Thema Rechtsextremismus im Web 2.0 Hilfestellungen geben können.
Eine Möglichkeit soll hier beispielhaft vorgestellt werden. Es handelt sich um das Zusatzmodul zum Lehrerhandbuch: „Rechtsextremismus hat viele Gesichter – Wie man Rechtsextreme im Netz erkennt - und was man tun kann“ von „Klicksafe.de – die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz“( das Modul kann als PDF heruntergeladen werden: http://www.klicksafe.de/service/fuer-lehrende/zusatzmodule-zum-lehrerhandbuch/). Dieses Material wurde speziell zum Safer Internet Day 2013 mit dem Thema Rechtsextremismus im Internet entwickelt. Es beinhaltet pädagogische Überlegungen und Informationen sowohl über Rechtsextremismus im allgemeinen als auch über deren Aktivitäten im Netz, Gegenstrategien, Interviews und Unterrichtsmaterial für eine Themeneinheit über Rechtsextremismus im Internet.
Bei den pädagogischen Überlegungen wird dabei auch auf die möglichen Fragen der LehrerInnen eingegangen, wie zum Beispiel rechtliche Fragen, aber auch allgemeine Fragen: „Darf ich Jugendlichen überhaupt rechtsextreme Inhalte und Videos zugänglich machen? Was sagen Eltern und Kollegen? […] Wie gehe ich mit einem Jugendlichen um, der im Unterricht seine rechtsextreme Einstellung offensiv vor den anderen Schülern vertritt?“
Diese Fragen werden beantwortet, die rechtliche Lage wird dargestellt und eine Empfehlung für die Zusammenarbeit mit Eltern und Schulleitung gegeben. Zwischen den jeweiligen Abschnitten sind immer Links zu weiteren Informationen, Hilfestellungen für konkrete Problemfälle wie rechtsextreme Schüler in einer Klasse, aber auch Verweise zu den sich im Anhang befindenden Arbeitsblättern für die SchülerInnen und dazu, für welche Fragen sie eingesetzt werden können.
Im nächsten Teil wird ausführlich die rechte Szene behandelt: Ideologie, gesellschaftliche Verteilung, Kleidung und Themen. Dabei wird auch auf neuere Entwicklungen eingegangen, wie die steigende Frauenquote. Im folgenden Abschnitt wird die „rechtsextreme Propaganda im Netz - Hippe Internetseiten und faszinierende Aktionen“ beleuchtet. Die reicht von rechtsextremer Musik, Profilen in Sozialen Netzwerken, es werden aber auch Seiten der NPD gezeigt und dargestellt, mit welchen Mittel man versucht, die Jugendlichen anzusprechen (zum Beispiel durch Videos von Aufmärschen oder zunächst harmlos wirkenden Parteimitglieder-Seiten). Die ganze Bandbreite des Rechtsextremismus im Netz wird gezeigt: von Facebook und Youtube bis hin zur NPD-Website. Die verschiedenen Codes und Strategien werden sehr gut sichtbar, auch für LehrerInnen, die sich nicht häufig im Medium Internet bewegen.
Das nächste Kapitel zeigt mögliche Gegenstrategien gegen den Rechtsextremismus auf. Dazu werden wichtige Grundsätze im Umgang mit dem Problem gegeben und auch Informationen, wie man rechtsextreme Inhalte auf den jeweiligen Plattformen wie Youtube oder Facebook melden kann. Dann folgen vier Interviews, die verschiedene Facetten des Rechtsextremismus aufzeigen sollen. Außerdem beinhaltet das Modulhandbuch noch Arbeitsblätter zu verschiedenen Themen mit Angaben zur Durchführung wie Zeit, Methoden, benötigte Materialien (PC- Zugang) und Ziele der Einheit. Die Arbeitsblätter sind so gestaltet, dass die SchülerInnen sich aktiv mit den Themen auseinandersetzen. Außerdem sind für den Lehrer Hilfestellungen eingearbeitet worden, wie den Umgang mit Screenshots rechtsextremer Internetseiten.
Dieses Modulhandbuch eignet sich gut, um einen tieferen Einblick in die rechte Szene im Internet zu bekommen, um dieses Wissen dann an die SchülerInnen weitergeben zu können. Damit wird ihnen ein kritischer und reflektierter Umgang mit dem Internet ermöglicht. Die weiterführenden Links ermöglichen auch ein schnelles Informieren über spezielle Themen, die für den Lehrer wichtig sind.
SchülerInnen
So gut wie jede/r SchülerIn ist schon einmal mit rechtsextremen Inhalten im Internet in Berührung gekommen. Wichtig ist es, den Schülern aufzuzeigen, wie die Rechten im Netz auftreten, um einen kritischen Blick für gewisse Inhalte und Symbole zu wecken. Dies kann zum Beispiel durch die oben vorgestellten Unterrichtsmodule geschehen oder auch durch ein Seminar oder einen Workshop. Die Internetseite www.hass-im-netz.info bietet dafür verschiedene Materialien an, die hier kurz vorgestellt werden sollen.
Rechtsextremismus im Internet - Workshop für Jugendliche
http://www.hass-im-netz.info/fileadmin/dateien/dokumente/PDFs/Konzepte/seminar_jugendliche.pdf
Mit dem Workshop werden LehrerInnen in die Lage versetzt, an einem Schulvormittag einen Einblick zu geben, wie die Rechtsextremen im Netz agieren und wie sie es für ihre Zwecke nutzen, aber auch wie sie selber handeln können bei ihrer täglichen Nutzung des Internets. Dabei steht vor allem das selbständige Entdecken der SchülerInnen im Vordergrund.
Zuerst wird der Wissensstand festgestellt: Wo stehen die SchülerInnen? Was wissen sie über Rechtsextreme, Symbole und Parolen? Und was noch nicht? Danach folgt eine Internetrecherche in Partner- oder Gruppenarbeit auf verschiedenen ausgewählten Internetseiten. Dabei sollen die SchülerInnen auf bestimmte Gesichtspunkte achten wie Inhalte (Antisemitismus, Geschichtsfälschung,...), Gruppen (Kameradschaften, Parteien,...), Präsentation (Farben, aufwendige Gestaltung,...).
Die ausgewählten Seiten machen das Spektrum deutlich, in dem die Rechten agieren, das von offen bekundeter Fremdenfeindlichkeit bis zu verdeckter, auf den ersten Blick nicht sichtbarer Propaganda reicht. Diese Ergebnisse werden dann im Plenum gesichert, damit verschiedene Betrachtungen besprochen werden können. Die wichtigsten Ergebnisse werden dann zusammengefasst.
Anschließend nimmt man sich in Gruppenarbeit auch den Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus an. Was gibt es für Informationen im Internet? Was kann man alleine dagegen tun, was können wir als Klasse oder Schule tun? Diese Ergebnisse werden wieder im Plenum vorgestellt, und es folgt eine Bilanz, bei der noch offene Fragen geklärt werden.
Dieser Workshop ist gut geeignet, um den SchülerInnen einen umfassenden Einblick zu ermöglichen. Sie werden darin bestärkt, sich kritisch und reflektiert im Internet zu bewegen, und werden dann nicht mehr so angreifbar für die Strategien der Rechten.
Rollenspiel
http://www.hass-im-netz.info/fileadmin/dateien/dokumente/PDFs/Konzepte/rollenspiel.pdf
Zur weiteren Vertiefung bietet sich ein Rollenspiel an, das vor allem auf rechtliche Fragen eingeht. Es geht um eine Gerichtsverhandlung, bei der die Klägerin, Leiterin eines Jugendzentrums, eine Online-Plattform anzeigt, weil diese rechtsextreme Videos nicht von ihrer Plattform nehmen will. Nach der Einführung in den Fall wird ein solches Video gezeigt.
Danach wird die Klasse in Gruppen aufgeteilt, diese bekommen dann jeweils die Gruppenkarten, die ihre Aufgabe beschreiben: Kläger und Anwalt des Klägers, 2 Zeugen des Klägers (Polizist, der die Anzeige aufgenommen hat, und ein Rechtsextremismus-Experte), Beklagter und dessen Anwalt, 2 Zeugen des Beklagten (Manager eines Internetunternehmens, Erzieher) und das Gericht.
Die Gruppen erarbeiten eine Strategie und Argumente für ihre Seite, das Gericht informiert sich über die Gesetzeslage und erarbeitet Fragen an die Zeugen. Danach folgt die Gerichtsverhandlung, alle SchülerInnen, die keine Rolle haben, dienen als Beobachter, wie sich die verschiedenen Gruppen verhalten und welche Argumente sie vorbringen. Anschließend berät sich das Gerichtm und es folgt die begründete Urteilsverkündung.
Im Plenum wird danach die Verhandlung besprochen, sowohl inhaltliche Aspekte als auch die Erlebnisebene der Spieler. Dann folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und Erkenntnisse über den möglichen Handlungsbedarf bei der Rechtsgrundlage. Bei dieser beispielhaften Gerichtsverhandlung wird die schwierige rechtliche Lage von Meinungsfreiheit und verbotenen Inhalten für die SchülerInnen deutlich sichtbar. Das Rollenspiel kann in verkürzter Weise auch in einer Doppelstunde verwirklicht werden.
Eltern
Die Eltern können und sollen nicht die kompletten Netz-Aktivitäten ihrer Kinder im Blick haben, jedoch ist es wichtig, dass Eltern über die Gefahren, auf die das Kind im Netz trifft, informiert sind. Dafür können zum einen die LehrerInnen sorgen, indem sie auch die Eltern über die Unterrichtseinheiten oder Seminare informieren und die entsprechenden Informationen zu dem Thema an die Eltern weitergeben. Die Eltern können sich weiterführend aber auch im Internet selbst über dieses Thema informieren. Eine gute Broschüre gibt es wieder von der EU-Initiative für Sicherheit im Netz – Klicksafe, die anlässlich des Safer Internet Day 2012 herausgegeben wurde: „Rechtsextremismus im Internet – so schützen Sie Ihr Kind gegen rechtsextreme Inhalte im Netz“ (http://www.klicksafe.de/service/materialien/broschueren-ratgeber/rechtsextremismus-im-internet-tipps-fuer-eltern/).
Die Broschüre beginnt mit Grundlagen: Was ist Rechtsextremismus, wer macht mit (Parteien, Kameradschaften,...), Inhalte (offensichtlich und eher unverdächtige Inhalte), Darstellung (Blog, Homepage, Youtube,....), rechtliche Lage. Screenshots verdeutlichen die Problemlage. Dann werden den Eltern die Strategien der rechten Szene erklärt. Die Jugendlichen sind die große Zielgruppe, weil sie in der Pubertät offen für Neues und Unbekanntes sind. Sie werden in „ihrem“ Medium, dem Internet, geködert mit kostenlosen Downloads von Musik, Events wie Aufmärschen, in Sozialen Netzwerken durch viele neue „Freunde“ in kurzer Zeit, die ihre Gesinnung erst nach einiger Zeit zeigen, aber auch schnelle Likes zu emotionalen Themen. Dabei werden den Eltern Informationen zu rechtsextremen Codes und Slogans geliefert. Es wird zu einem „unverkrampften und offenem“ Umgang geraten, so dass die Kinder selbst zu den Eltern kommen und man zusammen die Seite anschaut und ihnen gegebenenfalls das Weltbild und die Geschichte, die dahintersteht, erklärt. Bei Jüngeren empfiehlt man eine Kindersuchmaschine oder einen Filter. Aber auch Hilfen für Eltern mit Kindern, die rechtsextreme Tendenzen aufzeigen, finden hier Platz. Im Anhang befinden sich Links für Kinder und Jugendliche sowie für Eltern, um sich mit diesem Thema näher auseinandersetzen.
Die Broschüre bietet einen Überblick über die gesamte rechte Agitation im Web 2.0. Durch die weiterführenden Links kann man sich auch ohne große Suche über die eigenen speziellen Fragen und Themen informieren. Die Eltern sind danach gut informiert über die ganze Bandbreite der Rechten und wissen, auf was sie bei der Internetnutzung ihrer Kinder achten müssen.
Montag, 6. Mai 2013
Rechtsextremismus im Web 2.0 - Teil III: Präventionsprogramme
Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
von Simuni Paulus
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Dieser Beitrag ist Teil einer 4-teiligen Reihe zum Thema "Rechtsextremismus im Web 2.0":
Teil I: Begriff, Entwicklung, Strategien im Web
Teil II: Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten am Beispiel "Werde unsterblich"
Teil III: Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
Teil IV: Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
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Gegen Rechtsextremismus gibt es zahlreiche Präventionsprogramme. Für alle Altersstufen und in allen möglichen Bereichen. Egal ob für Schulen, Kindergärten oder Unternehmen, das Angebot ist vielfältig. Im Folgenden stelle ich drei Projekte vor, die sich primär mit der aktuellen Problematik des Rechtsextremismus im Web 2.0 beschäftigen, da Rechtsextreme das Internet vermehrt für ihre Organisation und als Plattform für die Verbreitung ihrer Ideologie nutzen.
Die drei Projekte, die ich vorstellen will, nennen sich no-nazi.net, Hass-im-Netz.info und Schule ohne Rassismus. Während no- nazi.net versucht, rechtsextreme Inhalte speziell in Sozialen Netzwerken zu entfernen, und somit den Fokus auf das Löschen menschenverachtender Inhalte legt, setzt sich Hass-im-Netz.info besonders mit dem Jugendschutz auseinander. Man versucht hier, alle gefährlichen Inhalte aus dem Internet entfernen zu lassen, und beobachtet kritische Internetseiten genau. Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage hingegen versucht, Rassismus direkt in der Schule zu bekämpfen. Ziel ist es, SchülerInnen zu aktivieren, sich für die Bekämpfung von Rechtsextremismus zu engagieren, und deren Courage zu fördern.
no-nazi.net
Projektidee
„Für soziale Netzwerke ohne Nazis!“, so lautet das Motto des Onlineprojekts no-nazi.net. Die Bedeutung von Sozialen Netzwerken für Jugendliche hat zugenommen. Jugendliche verbringen immer mehr Zeit in unterschiedlichen Sozialen Netzwerken, allen voran in Facebook. Sie können diese auch dazu nutzen, rechtsextreme, rassistische und menschenfeindliche Inhalte zu verbreiten, was auch häufig vorkommt und weshalb das Projekt no-nazi.net auch speziell für Jugendliche von 13- 18 Jahren gegründet wurde. Man erkannte die Problematik der rasanten Verbreitung des Rechtsextremismus im Web 2.0 und versuchte, die Ausmaße einzudämmen, indem auffällige Inhalte in den teilnehmenden Sozialen Netzwerken gemeldet und gegebenenfalls entfernt werden können.
Teilnehmer an diesem Onlineprojekt sind Soziale Netzwerke von Google, Facebook, Twitter über Wer-kennt-wen, Jappy bis hin zu SchülerVZ. No-nazi.net ist somit in allen großen Sozialen Netzwerken vertreten und besitzt hier auch ein eigenes Nutzerprofil, das jeder andere Nutzer anschreiben kann, sobald ihm menschenverachtende Inhalte auffallen. Diese werden dann an die Betreiber der jeweiligen Plattform gemeldet, überprüft und dann auch entfernt.
Organisation
Das Onlineprojekt no-nazi.net ist ein Projekt der Amadeu Antonio Stiftung. Diese Stiftung ist bekannt für ihre Initiativen für eine demokratische politische Kultur. Sie engagiert sich unter anderem gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus und unterstützt Projekte für eine demokratische Zivilgesellschaft. Förderschwerpunkte sind die Bereiche Jugend und Schule, Opferschutz und -hilfe, alternative Jugendkultur und kommunale Netzwerke, wobei man eng mit anderen Stiftungen und Institutionen zusammenarbeitet. Die Amadeu Antonio Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung und steht unter der Schirmherrschaft des Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse.
Die Homepage von no-nazi.net ist aufgebaut wie ein Blog. Die aktuellen Posts nehmen den meisten Raum ein. Die chronologischen Blogeinträge sind vielfältig gestaltet und thematisieren verschiedene Themen, darunter Rechtsextremismus, Rassismus, Toleranz in Sozialen Netzwerken. Sie beinhalten zum Beispiel auch Interviews mit Personen, die Projekte gegen Rechts durchführen, außerdem gibt es Blogeinträge mit kleinen Filmen, die zu Zivilcourage aufrufen. Unter „Let´s fetz gegen Rechts - was geht am Wochenende?“ werden Veranstaltungen und Aktionen übersichtlich gesammelt und es wird um Teilnehmer geworben. Außerdem werden unter „Gute Ideen“ verschiedene andere Projekte vorgestellt. In der rechten Spalte befinden sich weitere Felder mit direkten Links zu einigen Sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Jappy, Wer-kennt-wen und SchülerVZ. Man kommt mit einem Klick direkt zum no-nazi.net-Profil in den jeweiligen Netzwerken und kann seine Meinung äußern. Ein weiteres Feld auf der rechten Seite verlinkt sämtliche Förderer dieses Projektes. Darunter befindet sich das nächste Feld mit einer tag-Suche. Außerdem befindet sich ganz unten eine Blogroll. Blogrolls verlinken auf andere Weblogs, die ebenfalls mit der Thematik zu tun haben oder in irgendeiner anderen Art und Weise in Verbindung mit dem Blog stehen.
Projektverlauf
No-nazi.net stellt Informationen über die genannten Themenbereiche bereit und klärt die Jugendlichen auf. Vorurteile sollen beseitigt werden, und man versucht, die Jugendlichen zu befähigen, sinnvoll aktiv zu werden und weitere Aufklärungsarbeit zu leisten. Es sollen Gegenstrategien entwickelt werden, um unwissende Jugendliche zu erreichen und gegen rechtsextremistisches Gedankengut vorzubeugen. Man scheut auch nicht davor zurück, mit rechtsextremistischen Sympathisanten kontrovers zu diskutieren, wobei man natürlich gewaltfrei vorgeht. Zusätzliche Aktionen, Umfragen und Wettbewerbe von no-nazi.net motivieren und regen zu einer Auseinandersetzung mit der Thematik an. Diese sind extra auf Jugendliche ausgerichtet und dementsprechend gestaltet, damit so viele wie möglich aktiv mitmachen. Auch auf der Homepage von no-nazi.net kann man von einer jugend- und internetgerechten Aufmachung sprechen. Nicht nur das Design spricht Jugendliche an, sondern auch die Sprache ist jugendgerecht und motivierend.
Das Projekt will eine starke Gemeinschaft von interessierten Jugendlichen in den einzelnen Netzwerken bilden, die auch kontrovers diskutieren und aktiv arbeiten wollen. Gemeinsam ist man erfolgreicher als alleine. Das weiß auch no-nazi.net und will deshalb alle motivierten Jugendliche in den einzelnen Sozialen Netzwerken zusammenführen, um gemeinsam aktiv werden zu können. Die Jugendlichen engagieren sich für eine demokratische Kultur und vermitteln diese an Gleichaltrige weiter. Es wird bei diesem Projekt besonders auf Kreativität und Humor großen Wert gelegt und man versucht dadurch auf wirkungsvollere Ideen zu kommen, wie man bei Jugendlichen rechtsextremistische Ideologien beseitigen und demokratische Werte stärken kann. Man beschäftigt sich unter anderem mit folgenden Themen: Rechtsextremismus, Demokratie, Vorurteile, Menschenrechte, Meinungsfreiheit und ihre Grenzen, Medienkompetenz in den Sozialen Netzwerken, achtsame Streitkultur, Gewaltfreiheit, Aktivismus im Internet und viele mehr.
www.hass-im-netz.info
Projektidee
Hass-im-Netz.info ist eine Online-Beschwerdestelle von jugendschutz.net, die 1997 von den Jugendministern aller Bundesländer gegründet wurde, um auch im Internet den Jugendschutz zu gewährleisten. 2002 wurde ein internationales Netzwerk von mittlerweile 19 Online-Beschwerdestellen, das International Network Against Cyber Hate (INACH), von jugendschutz.net und der niederländischen Magenta-Stiftung gegründet. Im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ wird jugenschutz.net seit 2012 in seiner Arbeit gefördert.
Jugendschutz.net engagiert sich schon seit 1997 für die Einhaltung des Jugendschutzes im Internet. Die Mitarbeiter suchen im Netz ständig nach Verstößen und jugendgefährdenden Inhalten, die diese sofort melden, damit man sie schnellstens entfernen kann. Besonderen Wert legt jugendschutz.net auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus und will verhindern, dass im Internet und verstärkt auch in Sozialen Netzwerken rechtsextremistisches Gedankengut für Kinder und Jugendliche zugänglich wird. Dabei beruft man sich auf die geltenden Gesetze im Strafgesetzbuch, die die Verbreitung von Propagandamitteln (§86 StGB), die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§86a StGB), volksverhetzende Äußerungen (§130 Absatz 1 und 2 StGB) und die Leugnung nationalsozialistischer Völkermordhandlungen (§ 130 Absatz 3 und 5 StGB) verbieten.
Man schaut sich auch rechtsextreme Webseiten an, bewertet diese und erstellt Statistiken über deren Entwicklungen und Ausmaße. Auf der Website von Hass-im-Netz.info werden alle Zahlen und Fakten dazu öffentlich zur Verfügung gestellt. Interessant sind hier auch aktuelle Ländervergleiche und die Entwicklung von rechtsextremistischen Webseiten sowie das Ausmaß an rechten Aktivitäten in den Sozialen Netzwerken.
Schwerpunktthemen sind die steigende Zahl an Kameradschaften im Netz, die Online-Aktivität der NPD, Rechtsextremismus im Web 2.0, Kampangengestaltungen und Themen wie Fremdenfeindlichkeit oder der Missbrauch der deutschen Geschichte im Internet für rechtsextremistische Ideen. Ausgehend von der linken Menüleiste der Website von Hass-im-Netz.info kann man sich über die genannten Themen weiter informieren.
Organisation und Projektverlauf
Hass-im-Netz.info will Menschen dazu motivieren, bei einer Begegnung mit rechtsextremistischen Gedankengut im Internet aktiv zu handeln. Man spricht dabei nicht nur die User an, sondern appelliert auch an eine Pädagogik, die damit auch die Entwicklung der Medienkompetenz fördern will. Auch Provider sind zur Zusammenarbeit angehalten, und natürlich bietet die Website von Hass-im-Netz.info selbst die Möglichkeit, aktiv zu werden, indem ein Beschwerdeformular bereitgestellt ist, mit dem man anonym unzulässige rechtsextreme Inhalte melden kann. Diese werden dann von Mitarbeitern von jugenschutz.net geprüft und meist gelingt es dann auch, diese zu entfernen. Aufgrund des internationalen Netzwerkes von Online-Beschwerdestellen gelingt es laut jugenschutz.net bei 80% der gemeldeten Fälle, sogar ausländische Provider erfolgreich dazu aufzufordern, diese Inhalte zu entfernen. Sobald sie Kenntnis von unzulässigen Inhalten haben, sind diese dazu verpflichtet, sie zu entfernen, da ihnen sonst ein Verfahren bei der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) droht. Außerdem hat ein Provider ebenfalls die Möglichkeit, ein Profil, eine ganze Website oder auch nur ein Video von seiner Plattform zu löschen. Es kommt allerdings oft vor, dass die dafür Zuständigen nicht sicher sind, ob die gemeldeten Inhalte als rechtsextrem und jugendgefährdend gelten, da das entsprechende Fachwissen nicht vorhanden ist. Die steigende Präsenz des Rechtsextremismus in Sozialen Netzwerken verlangt von den Providern und Anbietern eine intensivere Überwachung der Chats und Diskussionsforen, um auch hier eine gewisse Sicherheit zu gewährleisten. Hier lauern immer mehr rechtsextreme Sympathisanten, die vor allem auch gezielt unwissende Kinder und Jugendliche für ihre Ideologie anwerben wollen.
Deswegen spielt auch die Pädagogik bei der Bekämpfung von rassistischen Inhalten eine wichtige Rolle, denn je aufgeklärter die Jugendlichen sind, desto besser können sie solchen Anlockungsversuchen entgegenwirken und sich selbstbewusst bei Diskussionen für eine demokratische Kultur positionieren. Weiter sollte Kindern und Jugendlichen ein kritischer Umgang mit Medien vermittelt werden. Hass-im-Netz.info fordert die Pädagogik zu einer Sensibilisierung für rechtsextreme Propaganda auf. Es gilt, die Kinder und Jugendlichen allgemein über Rechtsextremismus zu informieren und aufzuklären, damit sie weniger empfänglich dafür sind. Pädagogen finden hilfreiche Materialien wie z.B. Handreichungen, Bücher oder CDs auf der Website von Hass-im-Netz.info. Außerdem werden sowohl für Jugendliche als auch für Pädagogen Workshops angeboten, in denen Präventionsmaßnahmen vorgestellt werden, die in der Praxis umgesetzt werden können.
www.schule-ohne-rassismus.org
Projektidee
„Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage (SOR-SMC) ist ein Projekt von und für SchülerInnen, die gegen alle Formen von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, aktiv vorgehen und einen Beitrag zu einer gewaltfreien, demokratischen Gesellschaft leisten wollen.“ So heißt es auf der Homepage des Projekts. Es geht also darum, dass sich SchülerInnen gegen Rassismus einsetzen und Toleranz in der eigenen Schule durch eigene Projekte fördern.
1988 haben in Belgien eine Gruppe von Jugendarbeiter und SchülerInnen die Idee der Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage entwickelt. Hauptmerkmal war damals die offene Auseinandersetzung mit Diskriminierung. Es ist bekannt, dass Diskriminierung in so gut wie jeder Schule ein Problem darstellt, aber man redet nicht gerne darüber und verschweigt Vorfälle in dieser Richtung lieber aus Angst oder anderen Gründen. Um weiteren Diskriminierungen an Schulen vorzubeugen, ist Aufklärung über diese Problematik von höchster Bedeutung. Man entschloss sich deshalb, offen damit umzugehen und mit SchülerInnen darüber zu reden, um auf diese Thematik aufmerksam zu machen, damit sich das Schulklima verbessert. Das Projekt breitete sich immer weiter aus und immer mehr Schulen setzten sich mit dieser Thematik auseinander, schließlich sogar außerhalb der Ländergrenzen. Mittlerweile erstreckt sich das Projekt Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage über mehr als 1250 Schulen alleine in Deutschland. Von Belgien über die Niederlande, Deutschland und Österreich nehmen auch Schulen in Spanien teil, was auch wieder den großen Erfolg des Projekts widerspiegelt. Die zahlreichen Auszeichnungen, die das Projekt bekommen hat, bestätigen und honorieren die erfolgreiche Arbeit ebenfalls. Hauptförderer ist die Bundeszentrale für politische Bildung und das Bündnis für Demokratie und Toleranz. Die einzelnen Maßnahmen werden auch durch weitere Institutionen gefördert.
Organisation
Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage ist ein Projekt von Aktion Courage, die Diskriminierung als Angriff auf die Menschenwürde sehen und sich mit couragierten Projekten jeglicher Art in allen möglichen Institutionen dagegen einsetzen. Leiterin des Projekts ist Sanem Kleff und der Sitz der Bundeskoordination ist in Berlin. Außerdem wurde das Projekt aufgrund der großen Nachfrage weiter in den jeweiligen Ländern in Landeskoordinationen unterteilt, um eine bessere Organisation und Kooperation mit den Schulen gewährleisten zu können. Das Projekt hat mittlerweile ein großes Netz an Kooperationspartnern, die mit den teilnehmenden Schulen eng zusammenarbeiten und vor allem bei der Umsetzung der eigenen Veranstaltungen in der Schule mithelfen. Dies ist auch von großer Bedeutung, da es sich noch um Jugendliche mit wenig Erfahrung handelt, denen deshalb unter die Arme gegriffen werden muss. Jede teilnehmende Schule hat außerdem einen eigenen Paten aus dem öffentlichen Leben, den die SchülerInnen selber aussuchen und anwerben.
Projektverlauf
Um sich "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" nennen zu dürfen, bedarf es einer eigenständigen Initiative seitens der SchülerInnen, d.h. die Schulen werden nicht für das Projekt angeworben, sondern es ist bei diesem Projekt besonders wichtig, dass sich die SchülerInnen freiwillig dazu entschließen, sich für Courage und gegen Rassismus einzusetzen. Hat sich eine Gruppe von SchülerInnen entschlossen, an dem Projekt teilzunehmen, gilt es nun, das Projekt in der Schule bekannt zu machen. Denn man benötigt als nächsten Schritt Unterschriften von mindestens 70% aller SchülerInnen und derer, die an der Schule arbeiten. Das heißt von der Schulleitung über die LehrerInnen bis zum Hausmeister sind alle gefragt. Sind die geforderten Unterschriften mit dem Aufnahmeantrag an die Bundeskoordination des Projekts eingereicht, wird eine Anerkennungsbestätigung für die eigene Schule zugeschickt und diese trägt nun den Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", was in einem Festakt übermittelt wird, wozu nun auch Paten aus dem öffentlichen Leben benötigt werden. Sobald ein überreichtes Anerkennungsschild an der Schule angebracht wird, beginnen die eigentlichen Aktivitäten. Jetzt ist die Schule aufgefordert, eigene Ideen zu entwickeln und nachhaltig unterschiedlichste Veranstaltungen und Projekte gegen Rassismus und Gewalt zu starten. Dabei steht den teilnehmenden Schulen auch die volle Unterstützung der Kooperationspartner des Projekts zur Verfügung. So findet man schon zu der Anwerbung des Projekts in der Schule Argumentationshilfen und Tipps zur Umsetzung, wie z.B. eine Kopiervorlage der Unterschriftenliste. Um sein Engagement zu dokumentieren, verlangt die zuständige Landeskoordination des Projekts einen jährlichen Bericht über die durchgeführten Veranstaltungen.
Fazit
Jedes der vorgestellten Projekte würde ich uneingeschränkt empfehlen und zu einer Teilnahme raten. Egal auf welche Art und Weise man sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, Hauptsache man tut es. Dabei sollten Präventionsprogramme nicht in Konkurrenz stehen, sondern zusammen gegen Rechtsextremismus vorgehen. Je mehr Projekte es gibt, desto besser kann man eine demokratische politische Kultur aufbauen.
von Simuni Paulus
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Dieser Beitrag ist Teil einer 4-teiligen Reihe zum Thema "Rechtsextremismus im Web 2.0":
Teil I: Begriff, Entwicklung, Strategien im Web
Teil II: Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten am Beispiel "Werde unsterblich"
Teil III: Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
Teil IV: Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
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Gegen Rechtsextremismus gibt es zahlreiche Präventionsprogramme. Für alle Altersstufen und in allen möglichen Bereichen. Egal ob für Schulen, Kindergärten oder Unternehmen, das Angebot ist vielfältig. Im Folgenden stelle ich drei Projekte vor, die sich primär mit der aktuellen Problematik des Rechtsextremismus im Web 2.0 beschäftigen, da Rechtsextreme das Internet vermehrt für ihre Organisation und als Plattform für die Verbreitung ihrer Ideologie nutzen.
Die drei Projekte, die ich vorstellen will, nennen sich no-nazi.net, Hass-im-Netz.info und Schule ohne Rassismus. Während no- nazi.net versucht, rechtsextreme Inhalte speziell in Sozialen Netzwerken zu entfernen, und somit den Fokus auf das Löschen menschenverachtender Inhalte legt, setzt sich Hass-im-Netz.info besonders mit dem Jugendschutz auseinander. Man versucht hier, alle gefährlichen Inhalte aus dem Internet entfernen zu lassen, und beobachtet kritische Internetseiten genau. Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage hingegen versucht, Rassismus direkt in der Schule zu bekämpfen. Ziel ist es, SchülerInnen zu aktivieren, sich für die Bekämpfung von Rechtsextremismus zu engagieren, und deren Courage zu fördern.
no-nazi.net
Projektidee
„Für soziale Netzwerke ohne Nazis!“, so lautet das Motto des Onlineprojekts no-nazi.net. Die Bedeutung von Sozialen Netzwerken für Jugendliche hat zugenommen. Jugendliche verbringen immer mehr Zeit in unterschiedlichen Sozialen Netzwerken, allen voran in Facebook. Sie können diese auch dazu nutzen, rechtsextreme, rassistische und menschenfeindliche Inhalte zu verbreiten, was auch häufig vorkommt und weshalb das Projekt no-nazi.net auch speziell für Jugendliche von 13- 18 Jahren gegründet wurde. Man erkannte die Problematik der rasanten Verbreitung des Rechtsextremismus im Web 2.0 und versuchte, die Ausmaße einzudämmen, indem auffällige Inhalte in den teilnehmenden Sozialen Netzwerken gemeldet und gegebenenfalls entfernt werden können.
Teilnehmer an diesem Onlineprojekt sind Soziale Netzwerke von Google, Facebook, Twitter über Wer-kennt-wen, Jappy bis hin zu SchülerVZ. No-nazi.net ist somit in allen großen Sozialen Netzwerken vertreten und besitzt hier auch ein eigenes Nutzerprofil, das jeder andere Nutzer anschreiben kann, sobald ihm menschenverachtende Inhalte auffallen. Diese werden dann an die Betreiber der jeweiligen Plattform gemeldet, überprüft und dann auch entfernt.
Organisation
Das Onlineprojekt no-nazi.net ist ein Projekt der Amadeu Antonio Stiftung. Diese Stiftung ist bekannt für ihre Initiativen für eine demokratische politische Kultur. Sie engagiert sich unter anderem gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus und unterstützt Projekte für eine demokratische Zivilgesellschaft. Förderschwerpunkte sind die Bereiche Jugend und Schule, Opferschutz und -hilfe, alternative Jugendkultur und kommunale Netzwerke, wobei man eng mit anderen Stiftungen und Institutionen zusammenarbeitet. Die Amadeu Antonio Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung und steht unter der Schirmherrschaft des Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse.
Die Homepage von no-nazi.net ist aufgebaut wie ein Blog. Die aktuellen Posts nehmen den meisten Raum ein. Die chronologischen Blogeinträge sind vielfältig gestaltet und thematisieren verschiedene Themen, darunter Rechtsextremismus, Rassismus, Toleranz in Sozialen Netzwerken. Sie beinhalten zum Beispiel auch Interviews mit Personen, die Projekte gegen Rechts durchführen, außerdem gibt es Blogeinträge mit kleinen Filmen, die zu Zivilcourage aufrufen. Unter „Let´s fetz gegen Rechts - was geht am Wochenende?“ werden Veranstaltungen und Aktionen übersichtlich gesammelt und es wird um Teilnehmer geworben. Außerdem werden unter „Gute Ideen“ verschiedene andere Projekte vorgestellt. In der rechten Spalte befinden sich weitere Felder mit direkten Links zu einigen Sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Jappy, Wer-kennt-wen und SchülerVZ. Man kommt mit einem Klick direkt zum no-nazi.net-Profil in den jeweiligen Netzwerken und kann seine Meinung äußern. Ein weiteres Feld auf der rechten Seite verlinkt sämtliche Förderer dieses Projektes. Darunter befindet sich das nächste Feld mit einer tag-Suche. Außerdem befindet sich ganz unten eine Blogroll. Blogrolls verlinken auf andere Weblogs, die ebenfalls mit der Thematik zu tun haben oder in irgendeiner anderen Art und Weise in Verbindung mit dem Blog stehen.
Projektverlauf
No-nazi.net stellt Informationen über die genannten Themenbereiche bereit und klärt die Jugendlichen auf. Vorurteile sollen beseitigt werden, und man versucht, die Jugendlichen zu befähigen, sinnvoll aktiv zu werden und weitere Aufklärungsarbeit zu leisten. Es sollen Gegenstrategien entwickelt werden, um unwissende Jugendliche zu erreichen und gegen rechtsextremistisches Gedankengut vorzubeugen. Man scheut auch nicht davor zurück, mit rechtsextremistischen Sympathisanten kontrovers zu diskutieren, wobei man natürlich gewaltfrei vorgeht. Zusätzliche Aktionen, Umfragen und Wettbewerbe von no-nazi.net motivieren und regen zu einer Auseinandersetzung mit der Thematik an. Diese sind extra auf Jugendliche ausgerichtet und dementsprechend gestaltet, damit so viele wie möglich aktiv mitmachen. Auch auf der Homepage von no-nazi.net kann man von einer jugend- und internetgerechten Aufmachung sprechen. Nicht nur das Design spricht Jugendliche an, sondern auch die Sprache ist jugendgerecht und motivierend.
Das Projekt will eine starke Gemeinschaft von interessierten Jugendlichen in den einzelnen Netzwerken bilden, die auch kontrovers diskutieren und aktiv arbeiten wollen. Gemeinsam ist man erfolgreicher als alleine. Das weiß auch no-nazi.net und will deshalb alle motivierten Jugendliche in den einzelnen Sozialen Netzwerken zusammenführen, um gemeinsam aktiv werden zu können. Die Jugendlichen engagieren sich für eine demokratische Kultur und vermitteln diese an Gleichaltrige weiter. Es wird bei diesem Projekt besonders auf Kreativität und Humor großen Wert gelegt und man versucht dadurch auf wirkungsvollere Ideen zu kommen, wie man bei Jugendlichen rechtsextremistische Ideologien beseitigen und demokratische Werte stärken kann. Man beschäftigt sich unter anderem mit folgenden Themen: Rechtsextremismus, Demokratie, Vorurteile, Menschenrechte, Meinungsfreiheit und ihre Grenzen, Medienkompetenz in den Sozialen Netzwerken, achtsame Streitkultur, Gewaltfreiheit, Aktivismus im Internet und viele mehr.
www.hass-im-netz.info
Projektidee
Hass-im-Netz.info ist eine Online-Beschwerdestelle von jugendschutz.net, die 1997 von den Jugendministern aller Bundesländer gegründet wurde, um auch im Internet den Jugendschutz zu gewährleisten. 2002 wurde ein internationales Netzwerk von mittlerweile 19 Online-Beschwerdestellen, das International Network Against Cyber Hate (INACH), von jugendschutz.net und der niederländischen Magenta-Stiftung gegründet. Im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ wird jugenschutz.net seit 2012 in seiner Arbeit gefördert.
Jugendschutz.net engagiert sich schon seit 1997 für die Einhaltung des Jugendschutzes im Internet. Die Mitarbeiter suchen im Netz ständig nach Verstößen und jugendgefährdenden Inhalten, die diese sofort melden, damit man sie schnellstens entfernen kann. Besonderen Wert legt jugendschutz.net auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus und will verhindern, dass im Internet und verstärkt auch in Sozialen Netzwerken rechtsextremistisches Gedankengut für Kinder und Jugendliche zugänglich wird. Dabei beruft man sich auf die geltenden Gesetze im Strafgesetzbuch, die die Verbreitung von Propagandamitteln (§86 StGB), die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§86a StGB), volksverhetzende Äußerungen (§130 Absatz 1 und 2 StGB) und die Leugnung nationalsozialistischer Völkermordhandlungen (§ 130 Absatz 3 und 5 StGB) verbieten.
Man schaut sich auch rechtsextreme Webseiten an, bewertet diese und erstellt Statistiken über deren Entwicklungen und Ausmaße. Auf der Website von Hass-im-Netz.info werden alle Zahlen und Fakten dazu öffentlich zur Verfügung gestellt. Interessant sind hier auch aktuelle Ländervergleiche und die Entwicklung von rechtsextremistischen Webseiten sowie das Ausmaß an rechten Aktivitäten in den Sozialen Netzwerken.
Schwerpunktthemen sind die steigende Zahl an Kameradschaften im Netz, die Online-Aktivität der NPD, Rechtsextremismus im Web 2.0, Kampangengestaltungen und Themen wie Fremdenfeindlichkeit oder der Missbrauch der deutschen Geschichte im Internet für rechtsextremistische Ideen. Ausgehend von der linken Menüleiste der Website von Hass-im-Netz.info kann man sich über die genannten Themen weiter informieren.
Organisation und Projektverlauf
Hass-im-Netz.info will Menschen dazu motivieren, bei einer Begegnung mit rechtsextremistischen Gedankengut im Internet aktiv zu handeln. Man spricht dabei nicht nur die User an, sondern appelliert auch an eine Pädagogik, die damit auch die Entwicklung der Medienkompetenz fördern will. Auch Provider sind zur Zusammenarbeit angehalten, und natürlich bietet die Website von Hass-im-Netz.info selbst die Möglichkeit, aktiv zu werden, indem ein Beschwerdeformular bereitgestellt ist, mit dem man anonym unzulässige rechtsextreme Inhalte melden kann. Diese werden dann von Mitarbeitern von jugenschutz.net geprüft und meist gelingt es dann auch, diese zu entfernen. Aufgrund des internationalen Netzwerkes von Online-Beschwerdestellen gelingt es laut jugenschutz.net bei 80% der gemeldeten Fälle, sogar ausländische Provider erfolgreich dazu aufzufordern, diese Inhalte zu entfernen. Sobald sie Kenntnis von unzulässigen Inhalten haben, sind diese dazu verpflichtet, sie zu entfernen, da ihnen sonst ein Verfahren bei der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) droht. Außerdem hat ein Provider ebenfalls die Möglichkeit, ein Profil, eine ganze Website oder auch nur ein Video von seiner Plattform zu löschen. Es kommt allerdings oft vor, dass die dafür Zuständigen nicht sicher sind, ob die gemeldeten Inhalte als rechtsextrem und jugendgefährdend gelten, da das entsprechende Fachwissen nicht vorhanden ist. Die steigende Präsenz des Rechtsextremismus in Sozialen Netzwerken verlangt von den Providern und Anbietern eine intensivere Überwachung der Chats und Diskussionsforen, um auch hier eine gewisse Sicherheit zu gewährleisten. Hier lauern immer mehr rechtsextreme Sympathisanten, die vor allem auch gezielt unwissende Kinder und Jugendliche für ihre Ideologie anwerben wollen.
Deswegen spielt auch die Pädagogik bei der Bekämpfung von rassistischen Inhalten eine wichtige Rolle, denn je aufgeklärter die Jugendlichen sind, desto besser können sie solchen Anlockungsversuchen entgegenwirken und sich selbstbewusst bei Diskussionen für eine demokratische Kultur positionieren. Weiter sollte Kindern und Jugendlichen ein kritischer Umgang mit Medien vermittelt werden. Hass-im-Netz.info fordert die Pädagogik zu einer Sensibilisierung für rechtsextreme Propaganda auf. Es gilt, die Kinder und Jugendlichen allgemein über Rechtsextremismus zu informieren und aufzuklären, damit sie weniger empfänglich dafür sind. Pädagogen finden hilfreiche Materialien wie z.B. Handreichungen, Bücher oder CDs auf der Website von Hass-im-Netz.info. Außerdem werden sowohl für Jugendliche als auch für Pädagogen Workshops angeboten, in denen Präventionsmaßnahmen vorgestellt werden, die in der Praxis umgesetzt werden können.
www.schule-ohne-rassismus.org
Projektidee
„Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage (SOR-SMC) ist ein Projekt von und für SchülerInnen, die gegen alle Formen von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, aktiv vorgehen und einen Beitrag zu einer gewaltfreien, demokratischen Gesellschaft leisten wollen.“ So heißt es auf der Homepage des Projekts. Es geht also darum, dass sich SchülerInnen gegen Rassismus einsetzen und Toleranz in der eigenen Schule durch eigene Projekte fördern.
1988 haben in Belgien eine Gruppe von Jugendarbeiter und SchülerInnen die Idee der Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage entwickelt. Hauptmerkmal war damals die offene Auseinandersetzung mit Diskriminierung. Es ist bekannt, dass Diskriminierung in so gut wie jeder Schule ein Problem darstellt, aber man redet nicht gerne darüber und verschweigt Vorfälle in dieser Richtung lieber aus Angst oder anderen Gründen. Um weiteren Diskriminierungen an Schulen vorzubeugen, ist Aufklärung über diese Problematik von höchster Bedeutung. Man entschloss sich deshalb, offen damit umzugehen und mit SchülerInnen darüber zu reden, um auf diese Thematik aufmerksam zu machen, damit sich das Schulklima verbessert. Das Projekt breitete sich immer weiter aus und immer mehr Schulen setzten sich mit dieser Thematik auseinander, schließlich sogar außerhalb der Ländergrenzen. Mittlerweile erstreckt sich das Projekt Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage über mehr als 1250 Schulen alleine in Deutschland. Von Belgien über die Niederlande, Deutschland und Österreich nehmen auch Schulen in Spanien teil, was auch wieder den großen Erfolg des Projekts widerspiegelt. Die zahlreichen Auszeichnungen, die das Projekt bekommen hat, bestätigen und honorieren die erfolgreiche Arbeit ebenfalls. Hauptförderer ist die Bundeszentrale für politische Bildung und das Bündnis für Demokratie und Toleranz. Die einzelnen Maßnahmen werden auch durch weitere Institutionen gefördert.
Organisation
Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage ist ein Projekt von Aktion Courage, die Diskriminierung als Angriff auf die Menschenwürde sehen und sich mit couragierten Projekten jeglicher Art in allen möglichen Institutionen dagegen einsetzen. Leiterin des Projekts ist Sanem Kleff und der Sitz der Bundeskoordination ist in Berlin. Außerdem wurde das Projekt aufgrund der großen Nachfrage weiter in den jeweiligen Ländern in Landeskoordinationen unterteilt, um eine bessere Organisation und Kooperation mit den Schulen gewährleisten zu können. Das Projekt hat mittlerweile ein großes Netz an Kooperationspartnern, die mit den teilnehmenden Schulen eng zusammenarbeiten und vor allem bei der Umsetzung der eigenen Veranstaltungen in der Schule mithelfen. Dies ist auch von großer Bedeutung, da es sich noch um Jugendliche mit wenig Erfahrung handelt, denen deshalb unter die Arme gegriffen werden muss. Jede teilnehmende Schule hat außerdem einen eigenen Paten aus dem öffentlichen Leben, den die SchülerInnen selber aussuchen und anwerben.
Projektverlauf
Um sich "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" nennen zu dürfen, bedarf es einer eigenständigen Initiative seitens der SchülerInnen, d.h. die Schulen werden nicht für das Projekt angeworben, sondern es ist bei diesem Projekt besonders wichtig, dass sich die SchülerInnen freiwillig dazu entschließen, sich für Courage und gegen Rassismus einzusetzen. Hat sich eine Gruppe von SchülerInnen entschlossen, an dem Projekt teilzunehmen, gilt es nun, das Projekt in der Schule bekannt zu machen. Denn man benötigt als nächsten Schritt Unterschriften von mindestens 70% aller SchülerInnen und derer, die an der Schule arbeiten. Das heißt von der Schulleitung über die LehrerInnen bis zum Hausmeister sind alle gefragt. Sind die geforderten Unterschriften mit dem Aufnahmeantrag an die Bundeskoordination des Projekts eingereicht, wird eine Anerkennungsbestätigung für die eigene Schule zugeschickt und diese trägt nun den Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", was in einem Festakt übermittelt wird, wozu nun auch Paten aus dem öffentlichen Leben benötigt werden. Sobald ein überreichtes Anerkennungsschild an der Schule angebracht wird, beginnen die eigentlichen Aktivitäten. Jetzt ist die Schule aufgefordert, eigene Ideen zu entwickeln und nachhaltig unterschiedlichste Veranstaltungen und Projekte gegen Rassismus und Gewalt zu starten. Dabei steht den teilnehmenden Schulen auch die volle Unterstützung der Kooperationspartner des Projekts zur Verfügung. So findet man schon zu der Anwerbung des Projekts in der Schule Argumentationshilfen und Tipps zur Umsetzung, wie z.B. eine Kopiervorlage der Unterschriftenliste. Um sein Engagement zu dokumentieren, verlangt die zuständige Landeskoordination des Projekts einen jährlichen Bericht über die durchgeführten Veranstaltungen.
Fazit
Jedes der vorgestellten Projekte würde ich uneingeschränkt empfehlen und zu einer Teilnahme raten. Egal auf welche Art und Weise man sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, Hauptsache man tut es. Dabei sollten Präventionsprogramme nicht in Konkurrenz stehen, sondern zusammen gegen Rechtsextremismus vorgehen. Je mehr Projekte es gibt, desto besser kann man eine demokratische politische Kultur aufbauen.
Sonntag, 5. Mai 2013
Rechtsextremismus im Web 2.0 - Teil II: Werde unsterblich
Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten des Rechtsextremismus im Web 2.0 am Beispiel "Werde unsterblich"
von Esther Schmitt
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Dieser Beitrag ist Teil einer 4-teiligen Reihe zum Thema "Rechtsextremismus im Web 2.0":
Teil I: Begriff, Entwicklung, Strategien im Web
Teil II: Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten am Beispiel "Werde unsterblich"
Teil III: Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
Teil IV: Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
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Nur wenige technische Errungenschaften haben das Miteinander in den modernen Gesellschaften so massiv verändert wie das Internet, insbesondere das Web 2.0 (vgl. Esser 2002, S. 3). Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: Onlinebanking, Onlineshopping, Wetterbericht, Telefonbuch, Routenplaner und natürlich die Sozialen Netzwerke sowie viele andere Angebote des Internet sind heute für viele selbstverständlich (vgl. KIM, 2010). Vor allem für Jugendliche sind Soziale Netzwerke und Videoplattformen ein zentraler Aspekt der Internetnutzung. 2012 zählten Online-Communities neben Suchmaschinen und Videoportalen zu den drei am häufigsten genutzten Anwendungen im Internet und wurden von 78 Prozent der 12- bis 19-Jährigen zumindest mehrmals pro Woche genutzt (vgl. JIM, 2012).
Neben allen positiven Aspekten des Web 2.0 birgt dieses Medium auch Raum zum Missbrauch, z.B. durch rechtsextreme Gruppierungen. So gehören die Nutzung Sozialer Netzwerke und Videoplattformen heute zur erklärten Strategie von Rechtsextremen. Innerhalb des Internet lassen sich über die Szene hinaus Kontakte herstellen und aktiv Propaganda verbreiten (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 42).
Hierzu lässt sich auch eine relativ neue Gruppierung bzw. Kampagne der rechtsextremen Szene zuordnen, die sich DIE UNSTERBLICHEN nennt. Sie erlangte in einem recht kurzen Zeitraum Popularität und Zuspruch in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Flickr oder YouTube. Selbst Zeitschriften berichteten zu diesem Thema wie z.B. ZEIT ONLINE (03/2012), STERN.de (08/2012) oder der SPIEGEL (02/2013). Auch Fernsehsendungen zeigten Ausschnitte aus den Videos und berichteten über die neue rechtsextreme Kampagne.
Johannes Radke geht in seinem Artikel Neonazis hinter weißen Masken für die Bundeszentrale für politische Bildung davon aus, dass mittlerweile 200.000 Zuschauer Videos der UNSTERBLICHEN gesehen haben (vgl. 2012). Allein der Film "werde unsterblich - Demonstration in Bautzen" wurde bis zur Veröffentlichung dieses Artikels über 120.000 Mal auf YouTube angeklickt. Es scheint den Initiatoren also gelungen zu sein, mit ihren Aktionen ein großes und weitvernetztes Publikum anzusprechen. Radke spricht sogar von viralem Marketing, also der epidemischen Verbreitung der rechtsextremen Inhalte mithilfe der sozialen Netzwerke. Die UNSTERBLICHEN setzen damit vor allem auf die Breitenwirkung im Web 2.0, welches sich als fruchtbares Rekrutierungsfeld für rechtsextreme Organisationen erweist (vgl. Jugendschutz net, 2012).
Doch was macht die Kampagne WERDE UNSTERBLICH so interessant für Jugendliche und junge Erwachsene? Welche Präsentationsformen werden von der Gruppierung genutzt? Wer steckt hinter der Gruppe WERDE UNSTERBLICH?
Im nun folgenden Teil wird versucht, die Gruppierung DIE UNSTERBLICHEN näher zu betrachten. Dazu wird die Entstehung der Gruppe und deren Internetseite vorgestellt. Es folgt ein Überblick der Videoclips der rechtsextremen Gruppe mit Kommentaren von Nutzern aus der Plattform YouTube. Anschließend wird geklärt, welche Faktoren zusammenspielen, die die Faszination ausmachen, und warum eine strafrechtliche Verfolgung schwierig ist. Den Abschluss bilden Überlegungen, wie man mit Kindern und Jugendlichen über das Thema diskutieren könnte.
Entstehung
Ursprünglich begann eine Gruppierung aus Brandenburg unter dem Namen „Spreewaldlichter“ mit dem Motto „Demokraten bringen uns den Volkstod“ mit den nächtlichen Flashmobs. Die Mitglieder dieser Gruppierung waren zum Teil in der NPD- Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ aktiv. Zum ersten Mal trat die Gruppe 2006 in Lübbenau auf. Sie produzierten zusätzlich zur Kampagne WERDE UNSTERBLICH Mobilisierungsvideos für andere Autonome Nationalisten (Wikipedia: Unsterbliche (Rechtsextremismus)/Radke, 2012).
Mit der Kampagne WERDE UNSTERBLICH begannen die "Spreewaldlichter“ am 1. Mai 2011 im sächsischen Bautzen. Dort zogen laut Polizeiangaben 150-200 Anhänger des rechtsextremen Milieus unangemeldet durch die Innenstadt. Damit hob sich die Teilnehmerzahl erheblich von den meisten unangemeldeten Aufmärschen ab und stellte sogar angemeldete rechtsextreme Demonstrationen in den Schatten (vgl. Land Brandenburg Ministerium des Inneren, 2011). Die Demonstranten waren weiß maskiert, trugen schwarze Kleidung und machten mit brennenden Fackeln und Feuerwerkskörpern auf sich aufmerksam (vgl. ebd.).
Einige Tage nach dem nächtlichen Flashmob tauchte ein professionell produzierter Clip der Aktion in Bautzen mit dem Hinweis auf die Internetpräsenz der Kampagne auf, welcher sich in Sozialen Netzwerken rasend schnell verbreitete und die rechtsextreme Haltung der Produzenten verdeutlichte. Das Video wurde in den ersten Tagen mehr als 20.000 Mal geklickt. Es schien rechtsaffine Jugendliche offensichtlich anzusprechen. Doch was macht dieses Video und die dazugehörende Website aus? Warum scheint die Kampagne so positiv aufgenommen worden zu sein?
Internetpräsenz
Besucht man die Internetseite dieser Gruppierung (werde-unsterblich.info), wird dazu eingeladen, den auf der Startseite vorhandenen kurzen Film von weniger als zwei Minuten anzuschauen. Es handelt sich um ein professionell produziertes Video, das einen nächtlichen Marsch durch eine Innenstadt zeigt. Es gibt die Möglichkeit, sich den Film auf den Computer oder das Smartphone zu laden.
Der Clip beginnt mit einer unscharfen Naheinstellung auf die bewegten Fackellichter. In der zweiten Sequenz wird auf einen der Beteiligten gezoomt. Die dritte Sequenz zeigt die Anführer der Gruppe, die ein Plakat halten, auf welchem in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund in Großbuchstaben zu lesen ist: „Damit die Nachwelt nicht vergisst, dass du Deutscher gewesen bist“. Es folgen kurze Schnittsequenzen, die in Großeinstellung gefilmt sind. Dabei werden Beteiligte des Fackelzuges gezeigt. Auffallend ist, dass alle Mitwirkenden schwarze, hochgeschlossene Kleidung tragen und ihre Gesichter mit weißen Theatermasken bedecken, sodass kein Gesicht zu erkennen ist. Viele Beteiligten halten brennende Fackeln in der Hand. Das Video wird nun durch die schriftliche Aufforderung „Dein Leben mach unsterblich“ unterbrochen. Es folgen weitere Sequenzen des Aufmarsches aus verschiedenen Perspektiven. Sie zeigen die Demonstranten vor allem in engen Gassen und in Nahaufnahme. Durch geschickte Kameraeinstellungen wirkt es also, als handle es sich bei diesem Aufmarsch um eine Großdemonstration. Der Film endet mit dem Hinweis „damit die Nachwelt nicht vergisst, dass du Deutscher gewesen bist“.
Hinterlegt ist das komplette Video mit dem Neodammerung des Hollywood-Films Matrix Revolutions aus dem Jahre 1999. Durch die Untermalung mit heroischer Musik und den mystisch inszenierten Szenen wirkt der Clip wie ein Filmtrailer für einen großen Blockbuster. Vor allem die strategisch gewählte Symbolkraft der Masken wird von der Kampagne geschickt eingesetzt. Zum einen steht im Fokus, sich modern, ungewöhnlich und trotzdem ästhetisch ansprechend darzustellen. Zum anderen ermöglicht die Maskierung, im Deckmantel der Anonymität agieren zu können. Radke schreibt dazu, diese merkwürdige Prozession sei in ihrer Aufmachung eine Mischung aus einem Aufmarsch des Ku Klux Klans und der Hacker von Anonymous. An anderer Stelle wird der Marsch mit einer NS-Propagandaaktion assoziiert (vgl. Radke, 2012).
Zusätzlich zum Video wird unter der Rubrik „wer sie sind“ schriftlich ausgeführt, welche Ziele die UNSTERBLICHEN verfolgen. Mithilfe eines fiktiven Dialogs werden kritische Fragen zum nationalsozialistischen Gedankengut aus dem Weg geräumt. Der Leser wird dabei direkt angesprochen, seine möglichen Argumente vorhergesehen und mit rechtsextremen Parolen widerlegt. Der Text ist mit kurzen Sätzen einfach gehalten und damit leicht verständlich. Erklärte, zu bekämpfende Ziele der Autoren sind zum einen Menschen mit Migrationshintergrund, also die multikulturelle Gesellschaft. Zum anderen stellen die Demokratie als Regierungsform und die „Demokraten“ ein Problem für die Gruppierung dar. Weitere Themen dieses Diskurses sind die aktuelle Finanzkrise, die gesellschaftliche Politikverdrossenheit und das Altern der Gesellschaft. Bei der Auswahl der Inhalte ist davon auszugehen, dass dies für Jugendliche relevante Angelegenheiten sind.
Anknüpfend wird auf dieser Seite dazu aufgerufen, neue Flashmops in der Region des Adressaten zu initiieren und die Gruppierung innerhalb des Familien-und Freundeskreises populär zu machen. Dazu gibt es die Möglichkeit, drei vorgefertigte Druckvorlagen in DIN A 6 und DIN A 3 herunterzuladen. Interessierte können also direkt Aufkleber oder Poster erstellen und weiterverbreiten.
Vor allem die dialogische Form des Textes gibt dem jugendlichen Leser das Gefühl, gleichberechtigt mit einem Gegenüber zu kommunizieren. Rechtsaffine Jugendliche und junge Erwachsen finden ihre Meinung in den kurzen und prägnanten Antworten wieder und sich in ihrer politischen Meinung bestätigt. Die einfache aber professionelle Aufmachung und Handhabung der Website trägt sicher zum Erfolg der Kampagne bei. Es wird auf die sonst üblichen Hassparolen der rechtsextremen Gruppierungen verzichtet. Stattdessen wird von den Autoren versucht, rechtradikale Inhalte zu verschleiern. Die Internetpräsenz dockt sowohl inhaltlich als auch in der Inszenierung an die Lebenswelt der Jugendlichen an (vgl. Jugendschutz net, 2012).
In der Kategorie „Voraussetzung“ wird explizit darauf hingewiesen, dass die Initiatoren auf gewaltsame Umsetzung der Ziele verzichten. Des Weiteren wird von rechtsextremen Gruppierungen Abstand genommen. Diese Rubrik ist erst seit kurzem online. Sie ersetzt den ursprünglichen Teil der Seite, auf welchem im Falle einer Konfiszierung von Computern durch die Polizei beratende Hinweise aufgeführt wurden. Diese Rubrik war zu Beginn der Recherche noch vorhanden und ist erst seit kurzem aus dem Netz entfernt worden. Es stellt sich nun die Frage, was die Administratoren der Interseite mit der neuen Rubrik „Voraussetzung“ bezwecken. Man kann davon ausgehen, dass es sich hierbei um einen Versuch des Imagewandels handelt. Mit der Taktik, sich von aggressiven und rechtsextremen Verhalten in diesem „Leitfaden“ abzugrenzen, wird von den UNSTERBLICHEN versucht, sich mehr in der Mitte der Gesellschaft zu platzieren. Die Abgrenzung zu körperlicher Gewalt ändert letztendlich nichts an den menschen- und demokratieverachtenden Inhalten der Homepage und den Leitlinien der Bewegung.
Verbotsversuche
Es scheint nur logisch und nachvollziehbar, dass die Gruppierung „Spreewaldlichter“ im Juni 2012 von Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) verboten wurde. Dies hindert die „Spreewaldlichter“ jedoch nicht daran, ihre Website zur Aktion WERDE UNSTERBLICH im Internet online abrufbar zu lassen und damit für jeden zugänglich zu sein. Offenbar unbeeindruckt vom Verbot Woidkes sind zwei der vier Internetseiten der Neonazi-Gruppierung „Spreelichter“ weiter erreichbar. Die Aussage „Wir sind verboten – na und?“ und ein Gedicht des DDR-Oppositionellen Jürgen Fuchs ist derzeit auf der Seite der „Spreewaldlichter“ zu lesen. Ergänzt wird dies durch Links, die zu Berichten über die von der Polizei durchgeführten Razzien und auf weitere Seiten von rechtsextremen Kameradschaften in anderen Bundesländern führen (vgl. Mai, 2012).
Das große Problem ist, dass es sich bei der Gruppierung WERDE UNSTERBLICH um eine Aktionsform und nicht um eine Organisationsform handelt. Das bedeutet, dass hier lockere Gruppierungen agieren, die sich von Aktion zu Aktion neu zusammenfinden. Dies macht eine Ermittlung seitens der Polizei und Staatsanwaltschaft schwierig (vgl. Speit, 2012). Nach Erkenntnissen des Innenministeriums handelt es sich bei den UNSTERBLICHEN nicht um eine zentral gesteuerte eigenständige Organisation, sondern um ein lockeres Bündnis, das unabhängig von den örtlichen rechten Szenen agiert und dem sich jede Person anschließen kann. (vgl. Schwerdtfeger, 2012).
Eine weitere Schwierigkeit stellt der Standort der Server dar, von welchem die Seiten mit rechtsextremen Inhalten aufrufbar sind. Sie befinden sich im Ausland und sind somit außerhalb der deutschen Rechtsprechung, was das zwangsweise Abschalten verhindert.
YouTube
Auf YouTube finden sich unter dem Suchbegriff DIE UNSTERBLICHEN eine Vielzahl an weiteren Clips aus verschiedenen Städten. Die ungenehmigten Aktionen fanden z.B. in Stolpen, Karlsruhe, Leising, Hamburg und Donaueschingen statt. Bis 2012 zählte die Polizei bundesweit 25 Aktionen der Unsterblichen (vgl. Radke, 2012). Sogar aus Österreich findet man ein Video der UNSTERBLICHEN. Alle Flashmobs wurden von Mitgliedern gefilmt, bearbeitet und später auf der Internetplattform YouTube einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Schaut man sich auf der Plattform eines der Videos an, wird man automatisch auf eine weitere Aktion der UNSTERBLICHEN verwiesen, sodass man als Benutzer innerhalb kürzester Zeit Zugang zu weiteren Clips der rechtsextremen Gruppierung hat.
In Konstanz (Februar 2012) reihten sich Akteure der Bewegung sogar in einen Fastnachtsumzug, verschenkten Süßigkeiten und trugen ein Banner mit dem mysteriösen Slogan: „Narri narro – Der Untergang naht, seid ihr froh?“. Diese offensive Werbeaktion der UNSTERBLICHEN auf offener Straße lässt sich ebenfalls in einem Clip auf YouTube anschauen (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 43f.). In Essen mischte sich im selben Jahr ebenfalls eine Gruppe von etwa 20 Personen unter den Rosenmontagsumzug und konnte erst nach einiger Zeit von der Polizei gestoppt werden (vgl. Schwerdtfeger, 2012).
Die Videos über die nächtlichen Aktionen sind alle ähnlich aufgebaut: Kurze Zusammenschnitte eines Flashmobs mit schwarzgekleideten, weißmaskierten Personen, die durch enge Gassen marschieren. Die Filme sind immer so geschnitten, als handle es sich jeweils um eine große Menschenmenge. Die meisten Aktionen wurden mit einer Gruppenstärke von lediglich 10-40 Personen durchgeführt. Begleitet werden die Bilder von rechtsextremen Parolen und dem Hinweis auf die Internetpräsenz der Kampagne. Die Musik, mit der die Filme unterlegt sind, ist immer dramatisch und aus verschiedenen Hollywoodfilmen entnommen. Die meisten Clips wirken professionell gestaltet. Dabei wird viel mit Zoom gearbeitet, die Kamera-Einstellung ist oft in Nah- bzw. Großeinstellung, sodass die geringe Zahl der Beteiligten nicht auffällt. Kein Film dauert länger als zwei Minuten. So bearbeitet, wird aus einer kaum beachteten lokalen Aktion ein theatralischer Clip, der bundesweit Aufmerksamkeit erregen kann (vgl. Mühlberger 2013, S. 34).
Betrachtet man die Kommentare zu den Clips, wird deutlich, dass die Filme und deren Inhalte polarisieren. So wird das Video vom Umzug in Konstanz, das von mehr als 13.000 Teilnehmern angeschaut wurde, von dem Benutzer NationalTREUEcottbus als „sehr geiles ding…immer weiter so...“ kommentiert. Anderen Usern ist das Video „Peinlich“ oder sie halten es für „Nazidreck“.
Der Aufmarsch von Bautzen mit 120.000 Klicks wird von einem Nutzer namens volkssturmsoldat folgendermaßen ergänzt: „Unsere Truppen haben nicht kapituliert. Doch die Krieger von einst sind alt geworden, doch ihre Kinder - wir – werden ihre Plätze einnehmen. Lasst uns ihr Schwert ergreifen und bis zum Sieg weiterkämpfen. Unsere Ehre heißt Treue.“ Somit wird deutlich, dass die Videoplattform YouTube eine gute Gelegenheit bietet, sich innerhalb der rechten Szene auszutauschen, sich zu vernetzen und Meinungen kundzutun.
Faszination
Abgesehen von den Inhalten der Internetseiten, den Diskussionen in Foren und der im Netz kursierenden Clips punktet die Bewegung der UNSTERBLICHEN bei der Zielgruppe dadurch, dass die nächtlichen Aufmärsche vor allem ein Event für Jugendliche und junge Erwachsene darstellen. Die unkonventionellen und erlebnisorientierten Aktionen faszinieren und schaffen einen Wiedererkennungseffekt bei den Jugendlichen (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 44). Die rechtsextreme Gruppierung lockt also mit einer Erlebniswelt, mit Symbolen, sprachlichen Codes, Action und Lifestyle. Die Verabredung zur Aktion läuft heimlich über interne Verteiler oder per SMS. Bei der geringsten Gefahr, entdeckt zu werden, wird die nächtliche Zusammenkunft abgesagt, um so einem polizeilichen Zugriff oder Protesten zu entgehen (vgl. Mühlberger 2013, S. 34). Diese modernen und jugendaffinen Aktionsformen versprechen eine besondere Form des Nervenkitzels (vgl. Jugendschutz net, 2012). Erlebnisorientierten Jugendlichen bieten die nächtlichen Umzüge einen Geschmack von Auflehnung und Subversion (vgl. Radke, 2012).
Das „coole“ Image der weißen Masken zieht also Jugendliche an, emotionalisiert sie für rechtsextremes Gedankengut und schafft das Gefühl einer elitären Vereinigung (vgl. Pfohl, 2012). Auch in den sozialen Netzwerken kann man sein Profilbild mit einem Piktogramm, einem „virtuellen Anstecker“ in Form einer weißen Maske versehen. Man muss also nicht aktiv an einem Aufmarsch teilnehmen um seine Sympathie für die Gruppierung und deren rechtsextreme Inhalte mitzuteilen.
So scheint es die Kombination aus griffigen Slogans, Themen aus dem jugendlichen Umfeld gepaart mit Auftritten in der Community zu sein, die die Faszination der Kampagne erklären könnte. Ein weiterer Aspekt ist der Elite- und Zugehörigkeitsgedanke der Gruppierung sowie der Eventcharakter und Wiedererkennungseffekt der Aktionen. Vor allem Jugendliche wurden so von den Aktivitäten der Initiatoren angesprochen.
Besonders die rechtsextremen Parteien betrachten die UNSTERBLICHEN mit Wohlwollen, da es ihnen gelingt, Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen; auch jene, die zuvor wenig Bezug zu rechtsextremen Gedanken hatten (vgl. Mühlberger 2013, S.34).
Fazit
Die Kampagne der „Spreewaldlichter“ scheint mithilfe des Web 2.0 eine neue Dimension von Rechtsextremismus erreicht zu haben. Auf Videoplattformen und Internetseiten in Kombination von unkonventionellen, aktionsreichen, nächtlichen Events scheint es dieser Gruppierung gelungen zu sein, Jugendliche innerhalb ihres Interessensgebiets und ihrem Lebensbezug zu erreichen.
Genau hier sollte die Prävention ansetzen: Durch genaues Betrachten der Aussagen auf der Internetseite und einer Diskussion über deren Inhalte lassen sich die UNSTERBLICHEN möglicherweise „entmystifizieren“. Des Weiteren kann man die Filme der Videoplattform bzw. Internetseite analysieren und damit den Jugendlichen verdeutlichen, mit welchen filmischen Tricks sie beeinflusst werden (Musik, Schnitt, Kameraführung). Zusätzlich kann man über die Wirkung der Propagandamaschinerie der rechtsextremen Szene sprechen.
Das wichtigste jedoch ist, dass Jugendliche lernen, vermeintlich attraktive und faszinierende Inhalte des Web 2.0 als Gefahrenquelle zu entlarven und kritisch mit diesem Medium umgehen. Der richtige und sorgsame Umgang mit dem Web muss erlernt werden
Literatur
Esser, R. (2002): Rechtsextremismus im Internet. München: Grin Verlag.
Glaser, S. / Schneider, C. (2012): Zielgruppe Jugend: Rechtsextreme im Social Web; in: Aus Politik und Zeitgeschichte 18-19/2012.
Mühlberger, S. (2013): Extremismus. Die YouTube-Nazis; in: Der Spiegel 7/2013.
von Esther Schmitt
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Dieser Beitrag ist Teil einer 4-teiligen Reihe zum Thema "Rechtsextremismus im Web 2.0":
Teil I: Begriff, Entwicklung, Strategien im Web
Teil II: Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten am Beispiel "Werde unsterblich"
Teil III: Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
Teil IV: Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
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Nur wenige technische Errungenschaften haben das Miteinander in den modernen Gesellschaften so massiv verändert wie das Internet, insbesondere das Web 2.0 (vgl. Esser 2002, S. 3). Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: Onlinebanking, Onlineshopping, Wetterbericht, Telefonbuch, Routenplaner und natürlich die Sozialen Netzwerke sowie viele andere Angebote des Internet sind heute für viele selbstverständlich (vgl. KIM, 2010). Vor allem für Jugendliche sind Soziale Netzwerke und Videoplattformen ein zentraler Aspekt der Internetnutzung. 2012 zählten Online-Communities neben Suchmaschinen und Videoportalen zu den drei am häufigsten genutzten Anwendungen im Internet und wurden von 78 Prozent der 12- bis 19-Jährigen zumindest mehrmals pro Woche genutzt (vgl. JIM, 2012).
Neben allen positiven Aspekten des Web 2.0 birgt dieses Medium auch Raum zum Missbrauch, z.B. durch rechtsextreme Gruppierungen. So gehören die Nutzung Sozialer Netzwerke und Videoplattformen heute zur erklärten Strategie von Rechtsextremen. Innerhalb des Internet lassen sich über die Szene hinaus Kontakte herstellen und aktiv Propaganda verbreiten (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 42).
„Rechtsextremismus im Internet ist vielschichtig und multimedial. […] Einzelne Neonazis, lose Gruppierungen, Kameradschaften, die NPD, Szene-Versandhändler – sie alle nutzen die unterschiedlichen Internetdienste zur Vernetzung und Mobilisierung oder Verbreitung von Hetze und Propaganda.“ (vgl. ebd., S. 40)Die UNSTERBLICHEN
Hierzu lässt sich auch eine relativ neue Gruppierung bzw. Kampagne der rechtsextremen Szene zuordnen, die sich DIE UNSTERBLICHEN nennt. Sie erlangte in einem recht kurzen Zeitraum Popularität und Zuspruch in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Flickr oder YouTube. Selbst Zeitschriften berichteten zu diesem Thema wie z.B. ZEIT ONLINE (03/2012), STERN.de (08/2012) oder der SPIEGEL (02/2013). Auch Fernsehsendungen zeigten Ausschnitte aus den Videos und berichteten über die neue rechtsextreme Kampagne.
Johannes Radke geht in seinem Artikel Neonazis hinter weißen Masken für die Bundeszentrale für politische Bildung davon aus, dass mittlerweile 200.000 Zuschauer Videos der UNSTERBLICHEN gesehen haben (vgl. 2012). Allein der Film "werde unsterblich - Demonstration in Bautzen" wurde bis zur Veröffentlichung dieses Artikels über 120.000 Mal auf YouTube angeklickt. Es scheint den Initiatoren also gelungen zu sein, mit ihren Aktionen ein großes und weitvernetztes Publikum anzusprechen. Radke spricht sogar von viralem Marketing, also der epidemischen Verbreitung der rechtsextremen Inhalte mithilfe der sozialen Netzwerke. Die UNSTERBLICHEN setzen damit vor allem auf die Breitenwirkung im Web 2.0, welches sich als fruchtbares Rekrutierungsfeld für rechtsextreme Organisationen erweist (vgl. Jugendschutz net, 2012).
Doch was macht die Kampagne WERDE UNSTERBLICH so interessant für Jugendliche und junge Erwachsene? Welche Präsentationsformen werden von der Gruppierung genutzt? Wer steckt hinter der Gruppe WERDE UNSTERBLICH?
Im nun folgenden Teil wird versucht, die Gruppierung DIE UNSTERBLICHEN näher zu betrachten. Dazu wird die Entstehung der Gruppe und deren Internetseite vorgestellt. Es folgt ein Überblick der Videoclips der rechtsextremen Gruppe mit Kommentaren von Nutzern aus der Plattform YouTube. Anschließend wird geklärt, welche Faktoren zusammenspielen, die die Faszination ausmachen, und warum eine strafrechtliche Verfolgung schwierig ist. Den Abschluss bilden Überlegungen, wie man mit Kindern und Jugendlichen über das Thema diskutieren könnte.
Entstehung
Ursprünglich begann eine Gruppierung aus Brandenburg unter dem Namen „Spreewaldlichter“ mit dem Motto „Demokraten bringen uns den Volkstod“ mit den nächtlichen Flashmobs. Die Mitglieder dieser Gruppierung waren zum Teil in der NPD- Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ aktiv. Zum ersten Mal trat die Gruppe 2006 in Lübbenau auf. Sie produzierten zusätzlich zur Kampagne WERDE UNSTERBLICH Mobilisierungsvideos für andere Autonome Nationalisten (Wikipedia: Unsterbliche (Rechtsextremismus)/Radke, 2012).
Mit der Kampagne WERDE UNSTERBLICH begannen die "Spreewaldlichter“ am 1. Mai 2011 im sächsischen Bautzen. Dort zogen laut Polizeiangaben 150-200 Anhänger des rechtsextremen Milieus unangemeldet durch die Innenstadt. Damit hob sich die Teilnehmerzahl erheblich von den meisten unangemeldeten Aufmärschen ab und stellte sogar angemeldete rechtsextreme Demonstrationen in den Schatten (vgl. Land Brandenburg Ministerium des Inneren, 2011). Die Demonstranten waren weiß maskiert, trugen schwarze Kleidung und machten mit brennenden Fackeln und Feuerwerkskörpern auf sich aufmerksam (vgl. ebd.).
Einige Tage nach dem nächtlichen Flashmob tauchte ein professionell produzierter Clip der Aktion in Bautzen mit dem Hinweis auf die Internetpräsenz der Kampagne auf, welcher sich in Sozialen Netzwerken rasend schnell verbreitete und die rechtsextreme Haltung der Produzenten verdeutlichte. Das Video wurde in den ersten Tagen mehr als 20.000 Mal geklickt. Es schien rechtsaffine Jugendliche offensichtlich anzusprechen. Doch was macht dieses Video und die dazugehörende Website aus? Warum scheint die Kampagne so positiv aufgenommen worden zu sein?
Internetpräsenz
Besucht man die Internetseite dieser Gruppierung (werde-unsterblich.info), wird dazu eingeladen, den auf der Startseite vorhandenen kurzen Film von weniger als zwei Minuten anzuschauen. Es handelt sich um ein professionell produziertes Video, das einen nächtlichen Marsch durch eine Innenstadt zeigt. Es gibt die Möglichkeit, sich den Film auf den Computer oder das Smartphone zu laden.
Der Clip beginnt mit einer unscharfen Naheinstellung auf die bewegten Fackellichter. In der zweiten Sequenz wird auf einen der Beteiligten gezoomt. Die dritte Sequenz zeigt die Anführer der Gruppe, die ein Plakat halten, auf welchem in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund in Großbuchstaben zu lesen ist: „Damit die Nachwelt nicht vergisst, dass du Deutscher gewesen bist“. Es folgen kurze Schnittsequenzen, die in Großeinstellung gefilmt sind. Dabei werden Beteiligte des Fackelzuges gezeigt. Auffallend ist, dass alle Mitwirkenden schwarze, hochgeschlossene Kleidung tragen und ihre Gesichter mit weißen Theatermasken bedecken, sodass kein Gesicht zu erkennen ist. Viele Beteiligten halten brennende Fackeln in der Hand. Das Video wird nun durch die schriftliche Aufforderung „Dein Leben mach unsterblich“ unterbrochen. Es folgen weitere Sequenzen des Aufmarsches aus verschiedenen Perspektiven. Sie zeigen die Demonstranten vor allem in engen Gassen und in Nahaufnahme. Durch geschickte Kameraeinstellungen wirkt es also, als handle es sich bei diesem Aufmarsch um eine Großdemonstration. Der Film endet mit dem Hinweis „damit die Nachwelt nicht vergisst, dass du Deutscher gewesen bist“.
Hinterlegt ist das komplette Video mit dem Neodammerung des Hollywood-Films Matrix Revolutions aus dem Jahre 1999. Durch die Untermalung mit heroischer Musik und den mystisch inszenierten Szenen wirkt der Clip wie ein Filmtrailer für einen großen Blockbuster. Vor allem die strategisch gewählte Symbolkraft der Masken wird von der Kampagne geschickt eingesetzt. Zum einen steht im Fokus, sich modern, ungewöhnlich und trotzdem ästhetisch ansprechend darzustellen. Zum anderen ermöglicht die Maskierung, im Deckmantel der Anonymität agieren zu können. Radke schreibt dazu, diese merkwürdige Prozession sei in ihrer Aufmachung eine Mischung aus einem Aufmarsch des Ku Klux Klans und der Hacker von Anonymous. An anderer Stelle wird der Marsch mit einer NS-Propagandaaktion assoziiert (vgl. Radke, 2012).
Zusätzlich zum Video wird unter der Rubrik „wer sie sind“ schriftlich ausgeführt, welche Ziele die UNSTERBLICHEN verfolgen. Mithilfe eines fiktiven Dialogs werden kritische Fragen zum nationalsozialistischen Gedankengut aus dem Weg geräumt. Der Leser wird dabei direkt angesprochen, seine möglichen Argumente vorhergesehen und mit rechtsextremen Parolen widerlegt. Der Text ist mit kurzen Sätzen einfach gehalten und damit leicht verständlich. Erklärte, zu bekämpfende Ziele der Autoren sind zum einen Menschen mit Migrationshintergrund, also die multikulturelle Gesellschaft. Zum anderen stellen die Demokratie als Regierungsform und die „Demokraten“ ein Problem für die Gruppierung dar. Weitere Themen dieses Diskurses sind die aktuelle Finanzkrise, die gesellschaftliche Politikverdrossenheit und das Altern der Gesellschaft. Bei der Auswahl der Inhalte ist davon auszugehen, dass dies für Jugendliche relevante Angelegenheiten sind.
Anknüpfend wird auf dieser Seite dazu aufgerufen, neue Flashmops in der Region des Adressaten zu initiieren und die Gruppierung innerhalb des Familien-und Freundeskreises populär zu machen. Dazu gibt es die Möglichkeit, drei vorgefertigte Druckvorlagen in DIN A 6 und DIN A 3 herunterzuladen. Interessierte können also direkt Aufkleber oder Poster erstellen und weiterverbreiten.
Vor allem die dialogische Form des Textes gibt dem jugendlichen Leser das Gefühl, gleichberechtigt mit einem Gegenüber zu kommunizieren. Rechtsaffine Jugendliche und junge Erwachsen finden ihre Meinung in den kurzen und prägnanten Antworten wieder und sich in ihrer politischen Meinung bestätigt. Die einfache aber professionelle Aufmachung und Handhabung der Website trägt sicher zum Erfolg der Kampagne bei. Es wird auf die sonst üblichen Hassparolen der rechtsextremen Gruppierungen verzichtet. Stattdessen wird von den Autoren versucht, rechtradikale Inhalte zu verschleiern. Die Internetpräsenz dockt sowohl inhaltlich als auch in der Inszenierung an die Lebenswelt der Jugendlichen an (vgl. Jugendschutz net, 2012).
In der Kategorie „Voraussetzung“ wird explizit darauf hingewiesen, dass die Initiatoren auf gewaltsame Umsetzung der Ziele verzichten. Des Weiteren wird von rechtsextremen Gruppierungen Abstand genommen. Diese Rubrik ist erst seit kurzem online. Sie ersetzt den ursprünglichen Teil der Seite, auf welchem im Falle einer Konfiszierung von Computern durch die Polizei beratende Hinweise aufgeführt wurden. Diese Rubrik war zu Beginn der Recherche noch vorhanden und ist erst seit kurzem aus dem Netz entfernt worden. Es stellt sich nun die Frage, was die Administratoren der Interseite mit der neuen Rubrik „Voraussetzung“ bezwecken. Man kann davon ausgehen, dass es sich hierbei um einen Versuch des Imagewandels handelt. Mit der Taktik, sich von aggressiven und rechtsextremen Verhalten in diesem „Leitfaden“ abzugrenzen, wird von den UNSTERBLICHEN versucht, sich mehr in der Mitte der Gesellschaft zu platzieren. Die Abgrenzung zu körperlicher Gewalt ändert letztendlich nichts an den menschen- und demokratieverachtenden Inhalten der Homepage und den Leitlinien der Bewegung.
Verbotsversuche
Es scheint nur logisch und nachvollziehbar, dass die Gruppierung „Spreewaldlichter“ im Juni 2012 von Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) verboten wurde. Dies hindert die „Spreewaldlichter“ jedoch nicht daran, ihre Website zur Aktion WERDE UNSTERBLICH im Internet online abrufbar zu lassen und damit für jeden zugänglich zu sein. Offenbar unbeeindruckt vom Verbot Woidkes sind zwei der vier Internetseiten der Neonazi-Gruppierung „Spreelichter“ weiter erreichbar. Die Aussage „Wir sind verboten – na und?“ und ein Gedicht des DDR-Oppositionellen Jürgen Fuchs ist derzeit auf der Seite der „Spreewaldlichter“ zu lesen. Ergänzt wird dies durch Links, die zu Berichten über die von der Polizei durchgeführten Razzien und auf weitere Seiten von rechtsextremen Kameradschaften in anderen Bundesländern führen (vgl. Mai, 2012).
Das große Problem ist, dass es sich bei der Gruppierung WERDE UNSTERBLICH um eine Aktionsform und nicht um eine Organisationsform handelt. Das bedeutet, dass hier lockere Gruppierungen agieren, die sich von Aktion zu Aktion neu zusammenfinden. Dies macht eine Ermittlung seitens der Polizei und Staatsanwaltschaft schwierig (vgl. Speit, 2012). Nach Erkenntnissen des Innenministeriums handelt es sich bei den UNSTERBLICHEN nicht um eine zentral gesteuerte eigenständige Organisation, sondern um ein lockeres Bündnis, das unabhängig von den örtlichen rechten Szenen agiert und dem sich jede Person anschließen kann. (vgl. Schwerdtfeger, 2012).
Eine weitere Schwierigkeit stellt der Standort der Server dar, von welchem die Seiten mit rechtsextremen Inhalten aufrufbar sind. Sie befinden sich im Ausland und sind somit außerhalb der deutschen Rechtsprechung, was das zwangsweise Abschalten verhindert.
YouTube
Auf YouTube finden sich unter dem Suchbegriff DIE UNSTERBLICHEN eine Vielzahl an weiteren Clips aus verschiedenen Städten. Die ungenehmigten Aktionen fanden z.B. in Stolpen, Karlsruhe, Leising, Hamburg und Donaueschingen statt. Bis 2012 zählte die Polizei bundesweit 25 Aktionen der Unsterblichen (vgl. Radke, 2012). Sogar aus Österreich findet man ein Video der UNSTERBLICHEN. Alle Flashmobs wurden von Mitgliedern gefilmt, bearbeitet und später auf der Internetplattform YouTube einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Schaut man sich auf der Plattform eines der Videos an, wird man automatisch auf eine weitere Aktion der UNSTERBLICHEN verwiesen, sodass man als Benutzer innerhalb kürzester Zeit Zugang zu weiteren Clips der rechtsextremen Gruppierung hat.
In Konstanz (Februar 2012) reihten sich Akteure der Bewegung sogar in einen Fastnachtsumzug, verschenkten Süßigkeiten und trugen ein Banner mit dem mysteriösen Slogan: „Narri narro – Der Untergang naht, seid ihr froh?“. Diese offensive Werbeaktion der UNSTERBLICHEN auf offener Straße lässt sich ebenfalls in einem Clip auf YouTube anschauen (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 43f.). In Essen mischte sich im selben Jahr ebenfalls eine Gruppe von etwa 20 Personen unter den Rosenmontagsumzug und konnte erst nach einiger Zeit von der Polizei gestoppt werden (vgl. Schwerdtfeger, 2012).
Die Videos über die nächtlichen Aktionen sind alle ähnlich aufgebaut: Kurze Zusammenschnitte eines Flashmobs mit schwarzgekleideten, weißmaskierten Personen, die durch enge Gassen marschieren. Die Filme sind immer so geschnitten, als handle es sich jeweils um eine große Menschenmenge. Die meisten Aktionen wurden mit einer Gruppenstärke von lediglich 10-40 Personen durchgeführt. Begleitet werden die Bilder von rechtsextremen Parolen und dem Hinweis auf die Internetpräsenz der Kampagne. Die Musik, mit der die Filme unterlegt sind, ist immer dramatisch und aus verschiedenen Hollywoodfilmen entnommen. Die meisten Clips wirken professionell gestaltet. Dabei wird viel mit Zoom gearbeitet, die Kamera-Einstellung ist oft in Nah- bzw. Großeinstellung, sodass die geringe Zahl der Beteiligten nicht auffällt. Kein Film dauert länger als zwei Minuten. So bearbeitet, wird aus einer kaum beachteten lokalen Aktion ein theatralischer Clip, der bundesweit Aufmerksamkeit erregen kann (vgl. Mühlberger 2013, S. 34).
Betrachtet man die Kommentare zu den Clips, wird deutlich, dass die Filme und deren Inhalte polarisieren. So wird das Video vom Umzug in Konstanz, das von mehr als 13.000 Teilnehmern angeschaut wurde, von dem Benutzer NationalTREUEcottbus als „sehr geiles ding…immer weiter so...“ kommentiert. Anderen Usern ist das Video „Peinlich“ oder sie halten es für „Nazidreck“.
Der Aufmarsch von Bautzen mit 120.000 Klicks wird von einem Nutzer namens volkssturmsoldat folgendermaßen ergänzt: „Unsere Truppen haben nicht kapituliert. Doch die Krieger von einst sind alt geworden, doch ihre Kinder - wir – werden ihre Plätze einnehmen. Lasst uns ihr Schwert ergreifen und bis zum Sieg weiterkämpfen. Unsere Ehre heißt Treue.“ Somit wird deutlich, dass die Videoplattform YouTube eine gute Gelegenheit bietet, sich innerhalb der rechten Szene auszutauschen, sich zu vernetzen und Meinungen kundzutun.
Faszination
Abgesehen von den Inhalten der Internetseiten, den Diskussionen in Foren und der im Netz kursierenden Clips punktet die Bewegung der UNSTERBLICHEN bei der Zielgruppe dadurch, dass die nächtlichen Aufmärsche vor allem ein Event für Jugendliche und junge Erwachsene darstellen. Die unkonventionellen und erlebnisorientierten Aktionen faszinieren und schaffen einen Wiedererkennungseffekt bei den Jugendlichen (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 44). Die rechtsextreme Gruppierung lockt also mit einer Erlebniswelt, mit Symbolen, sprachlichen Codes, Action und Lifestyle. Die Verabredung zur Aktion läuft heimlich über interne Verteiler oder per SMS. Bei der geringsten Gefahr, entdeckt zu werden, wird die nächtliche Zusammenkunft abgesagt, um so einem polizeilichen Zugriff oder Protesten zu entgehen (vgl. Mühlberger 2013, S. 34). Diese modernen und jugendaffinen Aktionsformen versprechen eine besondere Form des Nervenkitzels (vgl. Jugendschutz net, 2012). Erlebnisorientierten Jugendlichen bieten die nächtlichen Umzüge einen Geschmack von Auflehnung und Subversion (vgl. Radke, 2012).
Das „coole“ Image der weißen Masken zieht also Jugendliche an, emotionalisiert sie für rechtsextremes Gedankengut und schafft das Gefühl einer elitären Vereinigung (vgl. Pfohl, 2012). Auch in den sozialen Netzwerken kann man sein Profilbild mit einem Piktogramm, einem „virtuellen Anstecker“ in Form einer weißen Maske versehen. Man muss also nicht aktiv an einem Aufmarsch teilnehmen um seine Sympathie für die Gruppierung und deren rechtsextreme Inhalte mitzuteilen.
So scheint es die Kombination aus griffigen Slogans, Themen aus dem jugendlichen Umfeld gepaart mit Auftritten in der Community zu sein, die die Faszination der Kampagne erklären könnte. Ein weiterer Aspekt ist der Elite- und Zugehörigkeitsgedanke der Gruppierung sowie der Eventcharakter und Wiedererkennungseffekt der Aktionen. Vor allem Jugendliche wurden so von den Aktivitäten der Initiatoren angesprochen.
Besonders die rechtsextremen Parteien betrachten die UNSTERBLICHEN mit Wohlwollen, da es ihnen gelingt, Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen; auch jene, die zuvor wenig Bezug zu rechtsextremen Gedanken hatten (vgl. Mühlberger 2013, S.34).
Fazit
Die Kampagne der „Spreewaldlichter“ scheint mithilfe des Web 2.0 eine neue Dimension von Rechtsextremismus erreicht zu haben. Auf Videoplattformen und Internetseiten in Kombination von unkonventionellen, aktionsreichen, nächtlichen Events scheint es dieser Gruppierung gelungen zu sein, Jugendliche innerhalb ihres Interessensgebiets und ihrem Lebensbezug zu erreichen.
Genau hier sollte die Prävention ansetzen: Durch genaues Betrachten der Aussagen auf der Internetseite und einer Diskussion über deren Inhalte lassen sich die UNSTERBLICHEN möglicherweise „entmystifizieren“. Des Weiteren kann man die Filme der Videoplattform bzw. Internetseite analysieren und damit den Jugendlichen verdeutlichen, mit welchen filmischen Tricks sie beeinflusst werden (Musik, Schnitt, Kameraführung). Zusätzlich kann man über die Wirkung der Propagandamaschinerie der rechtsextremen Szene sprechen.
Das wichtigste jedoch ist, dass Jugendliche lernen, vermeintlich attraktive und faszinierende Inhalte des Web 2.0 als Gefahrenquelle zu entlarven und kritisch mit diesem Medium umgehen. Der richtige und sorgsame Umgang mit dem Web muss erlernt werden
Literatur
Esser, R. (2002): Rechtsextremismus im Internet. München: Grin Verlag.
Glaser, S. / Schneider, C. (2012): Zielgruppe Jugend: Rechtsextreme im Social Web; in: Aus Politik und Zeitgeschichte 18-19/2012.
Mühlberger, S. (2013): Extremismus. Die YouTube-Nazis; in: Der Spiegel 7/2013.