Eine zur Zeit stark sozial benachteiligte Gruppe sind Migranten. Bisher gibt es wenig Studien, die belegen, dass Medienarbeit positive Auswirkungen auf gesellschaftliche Teilhabe hat. Eher wird der Medieneinsatz bei Migranten als negativ erachtet. Die neue Medienvielfalt jedoch, auch das entwickelte Web 2.0, lassen jeden zum Produzenten werden.
Dieser Blogeintrag soll die Ergebnisse von Studien, Projekten und Forschungen beleuchten, die vor allem Chancen dieser medialen Entwicklung aufzeigen. Medienarbeit mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund, wie auch einige Erkenntnisse des Web 2.0, sind von zentraler Bedeutung. Man muss hier aber erwähnen, dass das Web 2.0 zum Zeitpunkt der Durchführung der hier aufgeführten Projekte noch in seiner Entstehungsphase war und kaum erwähnt wird.
Medienarbeit und Migration: Begriffsklärung und Forschungsgrundlagen
Zunächst soll in diesem Abschnitt ein Blick auf den Stand der Forschung im Bereich "Medienarbeit und Migration" geworfen werden. Dabei isoliere ich anfangs beide Begrifflichkeiten, um einen Überblick zu schaffen. Zum Ende dieses Kapitels werden diese dann wieder im Zusammenhang mit dem Begriff "Partizipation" betrachtet. Zur Erläuterung des Begriffs "Medienarbeit" beziehe ich mich auf die europäischen Verwendungen. In den USA haben diese eine andere Bedeutung.
"Medienarbeit" ist ein Unterbegriff des Forschungsfeldes der Medienpädagogik. Die Medienpädagogik versucht, Medien und Pädagogik zu verbinden, auf theoretische wie auch praktische Art und Weise (vgl. Wijnen 2008, S. 103). Innerhalb dieses Feldes setzt die konkrete Medienarbeit an. Es werden mediale Eigenproduktionen erstellt und via Internet geteilt. Wenn das Internet, genauer das Web 2.0 benuzt wird, dann sollte der Anwender befähigt sein, Medienkompetenz aufzuweisen, damit er Vorgänge kritisch beleuchten kann. Eine Formulierung für die "Medienkompetenz 2.0" lautet:
"Medienkompetenz ist die Fähigkeit zur Selbstorganisation eines Einzelnen oder eines sozialen Systems im Hinblick auf die sinnvolle, effektive und reflektierte Nutzung technischer Medien, um dadurch die Lebensqualität in der Informationsgesellschaft zu steigern" (Gapski, Gräßer 2007, S. 27).Wenn ich in diesem Eintrag den Begriff "Migration" erwähne, beziehe ich mich auf das interkulturelle EU Forschungsprojekt CHICAM ("Children in Communication about Migration"), an welchem Migrantenkinder im Alter von 10-14 Jahren für den Zeitraum eines Schuljahres teilnahmen, um mediale Produktionen zu erstellen und diese dann im Internet auszutauschen (vgl. Maurer 2004, S.18). Bei den Kindern konnten drei Zuwanderergruppen lokalisiert werden:
- Arbeitsmigranten
- Aussiedler
- Flüchtlinge
Welche Risiken und Chancen konnten bisher ausgemacht werden, wenn Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen betrieben wurde? Im nächsten Abschnitt werde ich mich mit eben diesen Vor- bzw. Nachteilen von Medienarbeit mit Migranten beschäftigen.
Die zwei Seiten der Medaille
Bildung ist heutzutage immer öfter an Institutionen gekoppelt. Jedoch bleibt das Subjekt, welches Bildung erfahren soll, oft außen vor (vgl. Mertens/Macha 2009, S. 872). Das Handbuch der Erziehungswissenschaft mit dem Artikel "Medienpädagogik und soziale Benachteiligung" bekräftigt diese negative Aussage, nennt aber auch Chancen. Im folgenden werden dazu ein paar Punkte erwähnt, um einen groben Überblick über die momentane Forschungsgrundlage zu bekommen. Die Risiken werden zuerst aufgegriffen (vgl. ebd.):- Medienpädagogik mit Migrantenkindern misslingt oft, da die Hauptschulen medial schlecht ausgestattet sind. Die fehlende Ausstattung spiegelt sich in schlechter Erfahrung mit Medien wider.
- Viele Lehrer weisen keine Medienkompetenz auf oder legen eine andere Grundhaltung als ihre Schüler an den Tag.
- Migranten zeigen eine andere Medienaneignung: unterhaltungsorientierte Angebote stehen im Vordergrund, wobei wissensspezifische Angebote weniger Anklang finden.
- Der oben erwähnte Mangel an Studien lässt bis dato wenig Regression zu.
Dies war eine kleine Aufzählung wichtiger Problemfelder. Mittlerweile bildet sich aber eine medienoptimistische Position heraus, die Medienarbeit im Migrationsmilieu als Chance begreifen. Medienarbeit kann sehr bedeutend sein, um "...in politischen Institutionen ein stärkeres Bewusstsein für die Lage von Kindern aus Migrations- und Fluchtkontexten" (Holzwart & Maurer & Niesyto 2002, S. 19) hervorzurufen. Diese These gilt es zu untermauern. Hierzu gibt es folgende Chancen (vgl. Antes 2007, S. 42 & Mertens/Macha, S. 874):
- Experimentieren: Die Vielfalt der Medien ermöglicht den Kindern, ihren Horizont zu erweitern. Pädagogen bieten einen "Rahmen" an, innerhalb dessen die Kinder dann spielerisch experimentieren und ihre Fähigkeiten entdecken dürfen.
- Schriftsprachliche Kompetenz fördern: Migranten leiden oft unter Schreibschwierigkeiten. Multimediale Kommunikationsformen (Sprachprogramme) erleichtern den Zugang zur deutschen Sprache, da die verschiedenen Einflüsse mehrere Lernzugänge kanalisieren.
- Medienästhetisch-kulturelle Kompetenzen: Themen, die den Migrantenkindern in ihrer Freizeit wichtig sind, werden aufgegriffen und es entstehen weitere berufliche Kompetenzen: Sozio-kommunikativ, technisch, ästhetisch und methodische Kompetenzen. Die Verknüpfung von "Ästhetik-Kultur" mit "Berufswelt" bedeutet eine immense Chance, Ausländer auf die Berufswelt vorzubereiten, weil sie sich in ihrem eigenen kulturellen Kontext angesprochen fühlen.
- Web 2.0: Unabhängig von Ort und Zeit dient das neueste Medium zum Erfahrungsaustausch und zur Planung gemeinsamer Projekte.
Auch hier kann man weitere Chancen aufzählen, jedoch sind die hier erwähnten Möglichkeiten sehr wichtig für die gesellschaftliche Integration von Flüchtlingskindern. Die Lebensbewältigung gelingt, wenn Medienarbeit hilft, "Kinder und Jugendliche darin zu unterstützen, in schwierigen und teilweise risikoreichen Lebenssituationen psychosozial handlungsfähig zu bleiben" (Niesyto 2009, S.873). Wenn die Faktoren zusammen harmonieren, dann hat Medienarbeit positive Auswirkungen auf die Persönlichkeitsbildung (vgl. Niesyto 2004, S. 27). Die positiven Auswirkungen möchte ich im nächsten Kapitel anhand des CHICAM Projekts verdeutlichen
Das interkulturelle EU Forschungsprojekt CHICAM
Migrantenkinder und Integration kann gelingen, wenn man sich der Medienarbeit bedient, um eine andere politische Perspektive einzunehmen. Doch wie sieht eine Planung aus? Was muss beachtet werden? Hierzu ein paar Überlegungen (vgl. Maurer 2004, S. 14-15):
- Welche mediengestalterischen Kompetenzen können sich die Partizipienten aneignen?
- Welche didaktische Methoden sind sinnvoll, damit die Migranten diese medienästhetischen Kompetenzen erwerben können?
- Welches Potential ist den Medien inhärent?
- Wie behebt man sprachliche Dysbalancen?
Diese vier Fragen bilden den Rahmen, innerhalb dessen die Studie durchgeführt wurde. Bisher werden Projekte interkultureller Medienarbeit mit Migranten häufig außerschulisch durchgeführt. Damit erreicht man engagierte Jugendliche, die sich außerhalb der Schule zusätzlich weiterbilden wollen. Schule, als zentraler Ort der Bildung, hat jedoch den entscheidenden Vorteil, mehr Migrantenkinder zu erreichen.
Diesen Vorteil hatte das CHICAM Projekt (2004 durchgeführt), um quantitativ zu testen, ob schulische Medienarbeit flächendeckend zukunftsfähig ist. Eine Kooperation zwischen der Institution Schule und freizeitlicher Jugendarbeit ist wünschenswert, damit neue pädagogische Spielräume entstehen (vgl. Maurer 2004, S. 15). Die oben bereits erdachte Subjektorientierung und Wahrnehmung der Migrantenkinder ist ein Kernsatz dieses Forschungsprojekts.
Tagung "CrossCulture-Konzepte und Qualitätskriterien interkultureller Jugendmedienarbeit"
Diese Tagung im April 2002 (Mitorganisator u.a. das Netzwerk CrossCulture) prägte das Verständnis für interkulturelle Jugendmedienarbeit: Viele Praktiker und Wissenschaftler erarbeiteten Möglichkeiten, Jugendarbeit qualitativ zu verbessern. Das Ergebnis war ein Kriterienkatalog, der mittlerweile oft veröffentlicht wurde (vgl. z.B. Bürgermeister & Düx 2002).
An dieser Stelle verweise ich auf meinen Absatz "Zwei Seiten der Medaille" oben, der auch ein paar Kriterien benennt. Die nächste Aufzählung enthält vier Kriterien, die direkten Bezug zum CHICAM Projekt aufweisen (vgl. Maurer 2004, S. 49-52):
- Öffentlichkeit und Partizipation: Medienarbeit kann gesellschaftliche Teilhabe erzwingen; die 70er und 80er Jahre zeigen dies: Viele Bürger wehrten sich gegen aufgezwungene Medieninhalte, indem sie in die Gegenoffensive gingen und selbst produktiv Medieninhalte publizierten. Das zunächst passiv wirkende Subjekt erzwang eine aktive Handlung. Auch heute haben Migranten die Chance, über die breite Öffentlichkeit des Web 2.0 representativ im gesellschaftlichen Diskurs mitzuwirken: Zum Beispiel mit selbsterstellten Videoclips auf YouTube, die Missstände deutlich machen. Anschaulichkeit bewirkt mehr als bloße Worte.
- Medienkritik: Reflektiv mit heutigen Medieninhalten umgehen zu können, ist ein weiteres wichtiges Kriterium, welches Migranten mehr Integration bietet. Die Kinder erkennen Vorurteile und können diese selbst mit eigenem Videomaterial berichtigen. Sie werden mündig und emanzipieren sich, weil sie sich selbst und andere hinterfragen und dementsprechend bewerten und handeln. Die Stereotypen, die sich durch Alltagserfahrungen festsetzen, können durch Sensibilisierung der Wahrnehmung in Form von Medienarbeit gelockert werden.
- Benachteiligung und Chancengleichheit: Migranten gehören in Deutschland einer wachsenden Minderheit an. Interkulturelle Medienarbeit geht davon aus, dass eine Qualifizierung von Migranten im Medienbereich Chancengleichheit bezwecken kann. Der Erwerb von medientechnischen und gestalterischen Kompetenzen kann zu beruflicher Integration führen, demzufolge gesellschaftliche Teilhabe. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch noch das Überwinden der Sprachbarriere: Der ästhetische Ausdruck findet in der Medienarbeit mehr Zuspruch als der sprachliche, was den Migranten zu Gute kommt. "Medien haben Anteil an dem dynamischen Prozess der Identitätsbildung" (Röll 2008, S. 129). In der Konsequenz steigert eine Identitätsfindung das Ermöglichen von Chancengleichheit.
- Gemeinsame Handlungsfelder: Die Arbeit mit den Medien führt zu Begegnungen zwischen verschiedenen Kulturen: Es werden gemeinsame Projekte erarbeitet. Einheimische und Migrantenkinder lernen sich neu zu definieren. Die Medienarbeit fasziniert und motiviert die Kinder, kulturelle Grenzen aufzulösen. Hinzu kommt, dass Medienarbeit zum Perspektivwechsel anregt und Toleranz schafft.
Interkulturelle Kommunikation
Urheber: Wolfram Fuchs at de.wikipedia |
"Interkulturelle Kommunikation" ist ein vielschichtiger Begriff. In diesem Beitrag bezieht er sich hauptsächlich auf die Kommunikation der Migrantenkinder, die am CHICAM Projekt teilnahmen. Dabei diente die Medienarbeit zweierlei Kommunikationsarten (vgl. Maurer 65 f.):
- "face to face"
- virtuelle Kommunikation vie Intranet: Alle CHICAM Clubs in Europa waren über ein Netzwerk verbunden.
Diese zwei kommunikativen Strukturen bedarf es auch, um Partizipation zu ermöglichen.
"Face to Face Kommunikation" innerhalb der CHICAM Clubs
Zu Beginn wird kurz die Kommunikationsebene innerhalb eines CHICAM Clubs erläutert: Die direkte "Face to Face Kommunikation" bestimmt das Verhalten der Migrantenkinder. Sie bringen verschiedene kulturelle Erfahrungen mit, zwischen denen es zu vermitteln gilt. Für die Kinder in den Clubs stehen deswegen Medienpädagogen als Ansprechpartner bereit. Nicht nur zur Vermittlung bei "Face to Face" Kommunikationsproblemen sind sie Ansprechpartner, sondern sie geben auch medienspezifisches Wissen an die Migrantenkinder weiter.
Diese direkten Kommunikationsarten können z.B. Interviews oder Gruppendiskussionen sein. Die Kids sollten am Anfang motiviert werden; ein geschätztes Publikum zu Beginn kann hilfreich sein. Hierbei sind schriftsprachliche und audiovisuelle Produktionen geeignet, die Kommunikation anzuregen.
Wichtig ist noch, dass Gesprächsregeln beachtet werden: Fairness, gegenseitiger Respekt oder Ausreden lassen. Für die Umsetzung dieser Regeln sind Übersetzer vor Ort. Wenn diese Voraussetzung gegeben ist, dann können die Migranten interkulturelle Gemeinsamkeiten entdecken wie z.B. Muttersprache und Nationalität.
Virtuelle Kommunikation vie Intranet: Länderübergreifendes Netzwerk zwischen allen CHICAM Clubs
Nur wenn die Kommunikation innerhalb der Clubs funktioniert, kann das externe Netzwerk eingesetzt werden. Zuerst musste die technische Infrastruktur gegeben sein (vgl. Maurer 2004, S. 71):
Eine schnelle DSL-Intranetverbindung zwischen allen teilnehmenden Clubs erlaubte das Anschauen von Videos. Ein entsprechendes Forum wurde als "Chatroom" bereitgestellt und sicherte den Informationsaustausch. In diesem Forum partizipierten alle Kinder, um sogenannte "Chatiquette", Verhaltensregeln für die netzbasierte Kommunikation, festzulegen. Umso mehr wird hier Fairness und gegenseitiger Respekt tragend. Aus der internen Kommunikation erwuchs somit die externe, und dadurch auch der erweiterte interkulturelle Austausch.
In Kapitel 9.2 (Maurer 2004, S. 204-208) werden Übungen zur Förderung von interkultureller Kommunikation dargestellt.
Das nächste Kapitel zeigt ein paar Dimensionen des Web 2.0 hinsichtlich gelingender gesellschaftlicher Teilnahme von Migrantenkindern bzw. Jugendlichen.
Web 2.0: Erweiterte Möglichkeiten der Kommunikation und Partizipation?
Kommunikation 2.0
Das Web 2.0 war 2004 bei Durchführung der CHICAM-Studien noch in seiner Entstehungsphase und konnte somit damals nicht als Möglichkeit der Partizipation zur Verfügung stehen. Die neuen Erkenntnisse werden nun mit einbezogen. Man spricht beim Web 2.0 von virtueller Gemeinschaft, einer neuen Art von Sinnsystem der Kommunikation. Ertelt beschreibt die Kommunikation im Web 2.0 wie folgt (Ertelt & Röll 2008, S. 50):
"Jugendliche erfahren, dass ein Netzwerk unverbindlicher Kontakte hilfreicher für die Bewältigung von Alltag sein kann; Eltern, Verwandte, Schule und Freunde aus der Nachbarschaft können diesen Ausgleich in der Regel nicht in adäquater Verfügbarkeit und Direktheit leisten."Dieses Zitat verdeutlicht den indirekten kommunikativen Vorteil, den das Web 2.0 gegenüber direkten Kommunikationsformen hat. Hepp (Hepp et al. 2006, S. 45) sieht die Kommunikation im Web 2.0 als "eine Dimension des Metaprozesses der Globalisierung". Es kann demzufolge als Chance begriffen werden.
Dennoch gibt es immer auch Risiken, die nicht sofort auszumachen sind. Das gilt es immer zu beachten. Die technischen Vorgehensweise wird hier nicht beachtet, genausowenig all die Möglichkeiten, die das Web 2.0 bietet. Hier wird ein Spektrum von Chancen gezeigt, die dazu beitragen können, dass die Partizipation von Migranten gelingt.
Welche grundsätzliche Perspektive hat das Web 2.0 in Bezug zu gelingender Migration?
Die globale Vernetzung und Kommunikation sind Bedingungen für Transkulturalität und Translokalität. Der medienkulturelle Wandel bringt Deterritorialisierung mit sich (vgl. ebd. S. 63). Demnach werden kulturelle und lokale Grenzen schnell und mit großer Reichweite durchbrochen (vgl. ebd. S. 53 f.), die Konnektivität kommt durch das Web 2.0 zustande. Diese Voraussetzung kann Kulturen innerhalb dieses sozio-technischen Raums zusammenführen.
Als nächstes werden Kommunikationsfaktoren definiert. Hierbei sind fünf wesentlich (vgl. Gross et al. 2008, S. 56 ff.):
- Pseudonymität: Das Migrantenkind hat die Möglichkeit, Charaktere zu konstruieren, ist nicht physisch greifbar. Diese Distanz lässt mehr Handlungsspielräume zu; Vorurteile können vermieden werden. Inhalte statt Aussehen sind von Belangen. Die pseudonyme Namenswahl lässt Identitätswechsel zu, und verhindert Stigmatisierung.
- Selbstentgrenzung: Wirklichkeitserwartungen können ausgehebelt werden. Die Kinder können ihre Grenzen frei wählen, kreative Partizipation entsteht. Erwartungen können an den Kontext angepasst werden.
- Interaktivität: Sie ermöglicht eine höhere Wahrnehmungskontrolle.
- Optionalität: Die User können unter einer Vielfalt von verfügbaren Optionen auswählen, wie sie kommunizieren und partizipieren wollen. Hyperlinks geben der Fülle an Informationen ihre Struktur.
- Fluidität: Sinngrenzen werden dynamisch gehandhabt. Hier besteht die Chance, Stereotypen, wie ethnische Zugehörigkeit, durch den Wandel verblassen zu lassen.
"Mit der Vergemeinschaftung im Cyberspace scheint man der Utopie einer gesellschaftlichen Integration des individuell abweichenden einen Schritt näher zu kommen" (Thiedeke 2008, S. 70).
Partizipation 2.0
Man muss die Chance ergreifen, dass viele Jugendliche als "digital natives" gelten: Eine Online-Petition zur Rettung der Hebammenhilfe wurde 2010 innerhalb von ungefähr drei Tagen 50.000 Mal unterschrieben (Gräßer/Hagedorn 2012, S. 39). So schnell funktionierte kollektive Verbindlichkeit noch nie. Diesen strukturellen Wandel kann man nutzen, um Partizipation zu ermöglichen. Hierzu schreibt Vowe:
"Das Internet vollzieht einen medienhistorisch beispiellosen Siegeszug. Es hat sich in allen Gruppen und in allen Lebensbereichen verbreitet und Zugang zu einer Fülle von Medien geschaffen [...],"
Studien belegen jedoch, dass es bisher nur einen kleinen Anteil der Gesamtbevölkerung gibt, der sich via Internet politisch engagiert (vgl. Emmer et al. 2011). Hier sind also Grenzen der Integration verzeichnet. Eine Möglichkeit interkulturellen Partizipation soll trotzdem aufgezeigt werden:
Ausblick
Insgesamt betrachtet kann man feststellen, dass es durchaus Chancen gibt für mehr Partizipation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Wenngleich man die Risiken der Medienarbeit, insbesondere die des Web 2.0, auch einkalkulieren muss. Die unter Punkt "Kommunikation 2.0" aufgeführten Kommunikationsfaktoren können auch immer negative Konsequenzen beinhalten.
Hierbei stellt sich die Frage: Welche Pädagogen brauchen wir, damit wir Chancen kulturell-medialer Arbeit wahrnehmen können? Lehrer müssen in Zukunft viel intensiver "auf die Kinder und Jugendlichen persönlich eingehen, über Lebensthemen mit ihnen sprechen, nicht nur sachbezogen Medienarbeit machen"(Niesyto 2004, S. 94). Es gilt also, Empathie zu zeigen und sich mit sozial schwachen Migrationskindern identifizieren zu können. Da der Lehrer auch immer eine beratende Funktion inne hat, sollte er den Migranten anleiten. Diese Anleitung sollte eine "Balance zwischen Selbständigkeit und Beratung" (ebd. S.101) darstellen.
Weiterhin ist der länderübergreifende medienpädagogische Austausch wichtig: Es gibt in der Praxis viele Ahnlichkeiten, jedoch ist die USA immer noch sehr bewahrpädagogisch geprägt. Hier darf Europa sich dieser amerikanischen Internationalisierung verwehren und selbstbewusst auftreten (vgl. Wijnen 2008, S. 224).
Weiterführende Links
www.campact.de
www.jugendnetz.de - Hier sind zwei Rubriken interessant: Jugendnetz international und das Jugendkulturforum. Es steht der Erwerb interkultureller Kompetenz und Toleranz im Vordergrund.
www.lkjbw.de
www.netzcheckers.de - Nützliches Jugendportal und Fachstelle für Internationale Jugendarbeit. Der Jugendmigrationsdienst des Internationalen Bundes führt Sprachförderungsprojekte durch.
www.skbpodcast.podspot.de - Auf dieser Seite sind viele Podcasts von in Berlin lebenden Ausländern eingestellt. Sie lernen die deutsche Sprache und erzählen von ihren Erfahrungen.
Literaturverzeichnis
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Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne.
[Blindenhörbuch nach d. Buchausg.:] Erstausg., [5. Dr.]. Frankfurt am Main: Suhrkamp (Edition Suhrkamp, 1365 = N.F., Bd. 365).
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Grässer, Lars (Hg.) (2007): Praxis Web 2.0. Potenziale für die Entwicklung von Medienkompetenz. Düsseldorf, München: kopaed (Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen, Bd. 7).
Grässer, Lars; Hagedorn, Friedrich (2012): Soziale und politische Teilhabe im Netz? E-Partizipation als Herausforderung. München: kopaed (Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen, 13).
Gross, Friederike von; Marotzki, Winfried; Sander, Uwe (2008): Internet, Bildung, Gemeinschaft. 1. Aufl. Wiesbaden: VS, Verlag für Sozialwissenschaften (Medienbildung und Gesellschaft, Bd. 1).
Hepp, Andreas; Krotz, Friedrich; Moores, Shaun; Winter, Carsten (2006): Konnektivität, Netzwerk und Fluss. Konzepte gegenwärtiger Medien-, Kommunikations- und Kulturtheorie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften / GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden.
Maurer, Björn (2004): Medienarbeit mit Kindern aus Migrationskontexten. Grundlagen und Praxisbausteine. München: kopaed (Reihe medienpädagogische Praxisforschung, Bd. 1).
Mertens, Gerhard; Macha, Hildegard (2009): Handbuch der Erziehungswissenschaft. Paderborn, München [u.a.]: Schöningh.
Niesyto, Horst (2004): Medienpädagogik und soziokulturelle Unterschiede. Langfassung einer Studie auf der Basis von Experten-Interviews in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Ludwigsburg: Pädag. Hochsch.
Wijnen, Christine (2008): Medien und Pädagogik international. Positionen, Ansätze und Zukunftsperspektiven in Europa und den USA. München: kopaed (Kopaed Hochschulschriften).
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