- Wie definiert man einen „Shitstorm“?
- Wie ist der Ablauf eines „Shitstorms“?
- Welche Chancen und Risiken gibt es bei diesem Phänomen?
Befragt man Wikipedia, so wird ein
Shitstorm als Internetphänomen bei Diskussionen im Rahmen von sozialen
Netzwerken, Blogs oder Kommentarfunktionen von Internetseiten definiert, bei
dem in einem kurzen Zeitraum viele kritische Äußerungen gegenüber einer Person,
einem Unternehmen oder Parteien veröffentlicht werden. Diese Äußerungen können zum
Teil einen aggressiven, beleidigenden oder bedrohenden Charakter erreichen. Der Duden formuliert dies
prägnanter, indem er einen Shitstorm als „Sturm der Entrüstung in einem
Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen
einhergeht“ beschreibt.
Den möglichen Ablauf eines
Shitstorms möchte ich an einem Beispiel skizzieren. Das Unternehmen Electronic
Arts veröffentlichte im März 2012 das Computerspiel „Mass Effect 3“, welches
das Weltraumabenteuer um den Helden Shepard zum Ende bringen sollte. Doch genau
dieses Ende wurde schnell zum Problem vieler Spieler, da es u.a. einige
Logikfehler enthielt und nicht auf die Entscheidungen der Spieler aus den
Vorgängern einging. Die großen Erwartungen, die auch durch Electronic Arts
geschürt wurden, konnten bei vielen Spielern nicht erfüllt werden, und so
schrieben sie ihre Enttäuschung und Wut im offiziellen Forum des Spiels, bei
Twitter oder sonstigen sozialen Medien nieder.
Kommentar in einem Forum der Spielezeitschrift "Gamestar" |
Kommentar in einem Forum der Spielezeitschrift "Gamestar" |
Kommentar im offiziellen Forum des Spiels |
Kommentar im offiziellen Forum des Spiels |
Einige kreative Spieler machten
ihren Unmut durch YouTube Videos oder Bilder kund, die sie online posteten.
Kreative Unmutsäußerungen 1 |
Kreative Unmutsäußerungen 2 |
„If you are a Mass Effect fan and have input for the team – we respect your opinion and want to hear it. We’re committed to address your constructive feedback as best we can. In return, I’d ask that you help us do that by supporting what I truly believe is the best game BioWare has yet crafted. I urge you to do your own research: play the game, finish it and tell us what you think. Tell your friends if you feel it’s a good game as a whole. Trust that we are doing our damndest, as always, to address your feedback. As artists, we care about our fans deeply and we appreciate your support.Thank you for your feedback – we are listening.”
(Dr. Ray Muzyka, co-founder of BioWare)
Anfang April 2012 verkündet Bioware
schließlich, dass man an einem erweiterten Ende für „Mass Effect 3“ arbeite und
dies schnellstmöglich veröffentlichen will.
„With the Mass Effect 3: Extended Cut we think we have struck a good balance in delivering the answers players are looking for while maintaining the team's artistic vision for the end of this story arc in the Mass Effect universe.”
(Dr. Ray Muzyka, co-founder of BioWare)
Diese erweiterte Fassung schrieb
das Ende nicht maßgeblich um, versuchte aber, einige der kritisierten
Logikfehler zu beheben und mehr Erklärungen zu liefern.
Dieses Beispiel eines Shitstorms
zeigt also einen positiven Effekt, nämlich die Chance, eine Veränderung
herbeizuführen. Die Spieler waren mit dem Ende des Spiels nicht zufrieden, sie
teilten ihre Meinung online mit anderen und fanden Gehör beim
Entwickler, der den Forderungen schließlich nachkam. Ob diese Entscheidung des
Entwicklers nun aufgrund des drastischen Feedbacks oder aufgrund der Angst vor
zu hohen finanziellen Verlusten getroffen wurde, ist nicht zu klären.
Vermutlich spielten beide Faktoren eine Rolle.
Nun mag man das Risiko sehr vieler,
auch unnötiger Shitstorms vermuten, mit dem Hintergedanken, dass die
Kunden hier ihre Macht missbrauchen würden. Dem kann man entgegenhalten, dass es für
einen Shitstorm eine mediale Aufmerksamkeit benötigt, und eben diese lässt sich
nur durch eine hohe Anzahl an kritischen Äußerungen generieren. Daher wird die
Wahrscheinlichkeit des Erfolgs eines solchen Missbrauchs durchaus wieder geringer.
Ein reales Risiko von Shitstorms
erwähnt Sascha Lobo in seiner Kolumne „Die Mensch Maschine“ auf Spiegel Online.
Er sieht nämlich das Problem, dass seit dem medialen Aufstieg des Begriffs
dieser fast jeder kleinen Kritik an einer Person, Organisation oder Parteien
angeheftet wird. Somit ist der Begriff Shitstorm zwar ständig in den Medien
präsent, er verliert aber auf Dauer seine Wirkung. Im Gegenteil könnte man
sogar behaupten, dass man aufgrund des ständigen Verwendens des Begriffs schon
beinahe Mitleid mit den Betroffenen bekommt, und das würde ja gänzlich am Ziel
vorbeigehen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass
es sowohl gute Argumente für Shitstorms und deren positive Potenziale gibt als
auch Gründe, welche die Risiken mehr in den Vordergrund stellen. Ich persönlich
befinde mich mehr auf der Seite der positiven Chancen, da ich denke, dass man
mit solchen Shitstorms durchaus Veränderung herbeiführen kann. Aus diesem Grund
habe ich mich auch für das vorgestellte Beispiel entschieden.
Im Anhang habe ich noch weitere
interessante Artikel angefügt, mit denen
man noch tiefer in das Thema einsteigen kann:
- http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/sibylle-berg-ueber-hass-trolle-shitstorm-im-internet-a-973316.html
- http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fleischhauer-kolumne-protest-im-netz-a-947707.html
- http://www.focus.de/digital/internet/nsa-steinbrueck-batman-shitstorm-voraus-die-groessten-internetaufreger-2013_id_3498356.html
- http://www.spiegel.de/einestages/vom-flamewar-zum-shitstorm-geschichte-des-internet-gepoebels-a-953266.html
- http://www.sueddeutsche.de/medien/fernsehen-und-soziale-medien-operation-shitstorm-1.1795621
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