Im diesem Beitrag stellt Amineh Malek Merkoomyans folgenden Aufsatz vor:
Hillgärtner, Harald (2013): Citizendium vs. Wikipedia – Handeln mit verteilten/vertauschten Rollen?; in: Maik Bierwirth, Oliver Leistert, Renate Wieser (Hg.): Ungeplante Strukturen. Tausch und Zirkulation, Fink (Schriftenreihe des Graduiertenkollegs "Automatismen" 2), S. 59-75, online unter: https://mediarep.org/bitstream/handle/doc/4650/Ungeplante_Strukturen_59-75_Hillgaertner_Citizendium_vs_Wikipedia_.pdf?sequence=6&isAllowed=y.
Der Aufsatz von Hillgärtner beschäftigt sich insbesondere mit der Geschichte von Wikipedia. Hierbei wird die Entwicklung von Unix und Linux als Vorgeschichte von Wikipedia skizziert. Anschließend geht Hillgärtner der Frage nach, wie Wikipedia sich hinsichtlich digitaler Konkurrenz beispielsweise gegenüber Citizendium behaupten kann.
Die Entwicklung von Linux begann mit dem Studium von Linus Torvalds als Informatiker. Torvalds brauchte für sein Studium Zugang zum Großrechner der Universität Helsinki. Da aber das Terminalemulationsprogramm von Minix unbenutzbar war, „entschloss sich Torvalds also, eine eigene Terminal-Software zu programmieren, die unabhängig von Minix arbeitet […]“ (S. 61). Linus entwickelte eine Alternative und erweiterte das Terminalemulationsprogramm um einen Festplattentreiber und einen Dateisystemtreiber (vgl. S. 60).
Nach der Fertigstellung ging dem Informatikstundet auf, dass sein Programm betriebssystemähnliche Züge annahm. So entstand im September 1991 unbeabsichtigt ein unixartiges Betriebssystem, nämlich Linux in der Version 0.01 (vgl. ebd.). Die gute Funktionsweise des Betriebssystems gewann immer mehr an Bekanntheit. Dies regte den Studenten an, einen Lizenzwechsel zur GPL vorzunehmen. Linus entschied sich, die Quellcodes frei für alle verfügbar zu machen (vgl. S. 61).
Hillgärtner betont in seinem Artikel, dass er „diese Software in einem recht frühen Entwicklungsstadium der Öffentlichkeit zur Verfügung stellte und diese in die Softwareentwicklung mit einbezog.“ (S. 61). Das von Torvalds aufgebaute Betriebssystem, welches kostenlos unter der GNU-Lizenz verfügbar ist, steht in einer stetigen Weiterentwicklung sowie einer ständigen Verbesserung. Privatpersonen, Unternehmer oder Softwareentwickler auf der ganzen Welt können an diesem Projekt mitwirken und ihre Fähigkeiten zum Einsatz bringen.
Wikipedia ist ein Nachfolgeprojekt von Nupedia, einem Projekt von Jimmy Wales zur Erstellung einer freien Enzyklopädie. Nupedia startete mit aufwendigem und mehrstufigem Peer-Review-Prozess und erforderte hochqualifizierte Mitarbeiter und Autoren (vgl. S. 64). Das Schreiben von Artikeln ging nur langsam voran, obwohl es viele Interessierte, Redakteure, die Experten in ihrem Fachbereich waren, und einen angestellten Chefredakteur namens Larry Sanger gab.
Bevor ein Artikel veröffentlicht werden durfte, musste er einen langen Prozess durchlaufen. Zuerst musste der Autor des Artikels Kontakt mit einem Gutachter aufbauen und anschließend wurde der Artikel von zuständigen Redakteuren und Expertengruppen bewertet (vgl. S. 64). Erst nach wiederholten Beurteilung und Bestätigung des Erstgutachters konnte der Artikel veröffentlicht werden. Daher ist es „[…] wenig erstaunlich […], dass es der Nupedia in den zweieinhalb Jahren ihres Bestehens gelang, lediglich 24 Artikel zu veröffentlichen, wobei sich noch weitere 74 Artikel in der Bearbeitungsphase befanden.“ (S. 65).
Aufgrund der Misserfolge und Unzufriedenheit mit Nupedia diskutierten Wales und Sanger verschiedene Möglichkeiten, Nupedia durch ein offenes, komplementäres Projekt zu ergänzen. Sanger war es schließlich, der den Vorschlag machte, dem neuen Projekt einen eigenen Namen zu geben: Wikipedia.
Anders als Nupedia ist Wikipedia eine Enzyklopädie, die für alle frei zugänglich ist und die Mitwirkung aller Menschen gestattet (vgl. S. 66). Durch die Zusammenarbeit verschiedener Menschen mit verschiedenen Rollen können die Artikel verbessert werden. Administratoren haben zudem die Vollmacht, beispielsweise Nutzer zu blockieren oder Artikel zu löschen. Die Veröffentlichung eines Artikels muss nicht wie Nupedia ein bürokratisches Verfahren durchlaufen. Autoren müssen sich an bestimmte Grundprinzipien halten (vgl. ebd.). Um die Glaubwürdigkeit der Artikel zu sichern, sind vertrauenswürdige, seriöse Quellen und eine neutrale Sichtweise die Voraussetzung.
Im Anschluss an die Betrachtung der Geschichte Wikipedias erläutert Hillgärtner die Parallelen von Linux und Wikipedia. Des Weiteren kommt Hillgärtner hinsichtlich der Frage, ob es sich bei der Wikipedia um eine Enzyklopädie handele, zu dem Schluss, dass Wikipedia nicht ausschließlich als eine Enzyklopädie zu verstehen sei, sondern vielmehr als ein „Ausdruck einer geänderten Wissenskultur.“ (S. 70).
Aufgrund der Unzufriedenheit von Larry Sanger mit Wikipedia kehrte er dem Projekt den Rücken und wurde zum größten Kritiker des Projekts. Der Gedanke, eine bessere Variante von Wikipedia aufzubauen, ließ ihn nicht los. Aus diesem Grund schuf Sanger 2006 „Citizendium“ (vgl. S.72). Während Wikipedia von einer Kultur der Anonymität geprägt ist, legt Citizendium großen Wert auf die persönliche Verantwortung. Jeder kann zwar an dem Projekt teilnehmen, muss sich aber unter seinem realen Namen anmelden und einen kurzen Lebenslauf vorlegen (vgl. ebd.).
Außerdem unterliegen anders als bei Wikipedia alle Artikel der Prüfung durch Redaktionsmitarbeiter, die Experten in ihrem Fachgebiet sind, um so die Qualität und Korrektheit der Artikel sicherzustellen (vgl. S. 72). Damit Wikipedia sich aufgrund der digitalen Konkurrenz behaupten kann, schlägt Hillgärtner der Wikipedia-Community vor, Citizendium als eine Option zu sehen, um an den bestehenden Qualitätsmängeln zu arbeiten und sie zu verbessern (vgl. S. 73).
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