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Mittwoch, 9. Juni 2021

Weiße Flecken in der Wikipedia

In diesem Beitrag stellt Maximo Winter folgenden Text vor:

Graham, Mark (2012): Die Welt in der Wikipedia als Politik der Exklusion: Palimpseste des Ortes und selektive Darstellung; in: Dossier "Wikipedia" auf der bpb-Website: https://www.bpb.de/gesellschaft/digitales/wikipedia/145816/die-welt-in-der-wikipedia-als-politik-der-exklusion.

In seinem Aufsatz geht Graham vor allem auf die Unterschiede von geokodierten (geologisch zugeordneten) Artikeln und deren Ersteller ein. Er zeigt bestehende Unterschiede auf und beschreibt deren Auswirkungen.

„Wikipedia wird oft als ein Beispiel für zwei Dinge genannt: Anarchie und Demokratie.“ (Graham 2012)

Mit diesem Satz eröffnet Graham seinen Aufsatz und fügt dem auch gleich ein Problem hinzu. Ähnlich wie bei Demokratien mit stark ausgeprägten direktdemokratischen Elementen werden diese nicht von allen Menschen gleich genutzt. Bei Wikipedia besteht die aktivste Autorengruppe hauptsächlich aus „jüngeren männlichen Autoren aus westlichen Ländern“ (Graham 2012).

Somit verschärft sich das Machtgefälle zwischen den westlichen Ländern und den sogenannten Entwicklungsländern. Demnach wird unsere Meinung zu Kulturen, Orten und Personen durch ein vielschichtiges Konstrukt an eigenen Erfahrungen, Erzählungen, Fotos oder auch Lexikoneinträge bestimmt (vgl. Graham 2012).

Lexikoneinträge in Wikipedia bieten uns aber nicht nur Hintergrundinformationen, sondern können ebenfalls unser Erleben im Alltag prägen. So sucht man zum Beispiel nach Sehenswürdigkeiten in einem Land und besucht daraufhin die Stellen, die als beliebte Reiseziele aufgeführt werden. Werden diese Ortsbeschreibungen aus aller Welt nun aus der Sicht dieser recht homogenen Gruppe an Autoren erstellt, zementiert sich damit auch ihre Sichtweise auf die Welt in deren größter Enzyklopädie.

Die Ausmaße von Wikipedia werden jedem klar, der ein beliebiges Thema googelt und nach den zwei obligatorischen Anzeigen zuerst einen Wikipedia-Artikel sieht. Unsere Weltansicht wird somit nicht unwesentlich durch die von Wikipedia bereitgestellten Informationen beeinflusst. Graham geht hierauf weiter ein und führt aus, weshalb er Wikipedia nicht für ein wertfreies Wissensangebot hält:

1. Wikipedia-Artikel werden überwiegend in und über bestimmte Teile der Erde geschrieben, wobei es gewisse Bereiche gibt, die „zur virtuellen terra incognita“ (Graham 2012) verkommen. Auffällig wenige Artikel gibt es beispielsweise über die 53 Staaten Afrikas. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, ist der globale Norden gegenüber dem Süden klar überproportional abgedeckt, wenn man sich die goekodierten Artikel anschaut. Teilweise gibt es „mehr Artikel über fiktive Orte in Mittelerde […], als über viele reale Länder in Afrika, Amerika und Asien“ (Graham 2012).

Das Problem an dieser Sammlung an Wissen über die Welt ist, dass deren Lücken nicht einfach ersichtlich sind. Somit kommt der unreflektierte Leser zu dem Schluss, dass es in den afrikanischen Staaten einfach weniger zu erfahren und entdecken gibt.

2. Wikipedia-Artikel werden in verschiedenen Sprachen erstellt. Dabei fallen die Artikel in manchen Sprachen sehr spärlich aus. Diese Unterschiede fallen einem beim Recherchieren zuerst nicht auf, sondern man hält das Gegebene zunächst für eine gute Repräsentation der Gegebenheiten. Während die Informationen auf Wikipedia relativ vertrauenswürdig sind, ist also die Vollständigkeit nicht gewährleistet und schwankt auch zwischen den Sprachen stark.

Graham ist der Meinung, dass es viele Flecken auf der Welt gibt, die in Wikipedia ungenügend aufgenommen sind. Dies erschließt sich seiner Ansicht nach zum einen aus einem System der Exklusion und führt auch zu mehr Exklusion. Den Diskurs der „Wissenschaft und Öffentlichkeit“ (Graham 2012), der sich um eine qualitative Verbesserung der Artikel drehe, will Graham ergänzen, indem man sich an den Themen, „Informationen und Standpunkten, [die] schlicht ausgeblendet“ seien, (Graham 2012) orientiert.

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