Montag, 21. September 2020

Tablet statt Tafel – Lernen am Tablet in allen Klassenstufen

Smartphones, Tablets, Laptops und andere digitale Geräte verändern die Art und Weise, wie wir mit anderen umgehen und kommunizieren. Sie prägen, wie wir miteinander kooperieren, wie wir uns informieren und wie wir an der Gesellschaft teilhaben. Mittlerweile spricht man sogar schon von „digitalen Gesellschaften“. Eine Welt ohne digitale Medien ist für uns kaum mehr vorstellbar.

Auch das Bildungssystem ist davon nicht ausgenommen. Es ist wichtig, mit der Zeit zu gehen, die Veränderungen anzunehmen und die Schüler auf das berufliche Leben vorzubereiten. Kinder, die im digitalen Zeitalter geboren worden sind, verfügen nicht automatisch über Kompetenzen, die für die digitale Welt notwendig sind. Das Bildungssystem versucht, mit digitaler Bildung darauf zu reagieren. Dafür müssen Chancen der digitalen Bildung genutzt und ausgeweitet und auf Risiken und Gefahrenzonen aufmerksam gemacht werden. Eine medienpädagogische Begleitung von SuS ist notwendig.

Im ersten Teil dieses Beitrags gebe ich einen Überblick über die digitale Schule im Allgemeinen. Dabei beziehe ich mich auf das Medium des Tablets. Hierbei sollen dann Vorteile und in einem nächsten Teil Nachteile des Lernens mit Tablets aufgezeigt werden. Im darauffolgenden Schritt geht es dann um staatliche oder auch private Förderung von digitalen Medien in der Schule. Bevor ich am Ende ein pädagogisches Konzept und eine Beispielschule vorstelle, möchte ich noch einen Blick auf andere europäische Länder und deren Haltung zur digitalen Schule werfen.


Die Wordcloud auf der Website https://www.tablet-in-der-schule.de/ zum Thema digitales Lernen zeigt, wie vielfältig das Thema ist. Das Spektrum reicht von Handyverbot bis hin zur ausschließlich digitalen Lernweise mit Tablets. Man sagt, dass Tablets nach und nach die Tafeln in den deutschen Schulen ersetzen. Doch stimmt das wirklich? In der Bitkom-Studie gaben mehr als die Hälfte der Lehrer an, dass sie gerne öfter digitale Medien nutzen würden, dies aber aufgrund der Gegebenheiten nicht tun können. Sie gaben an, dass die größte Schwierigkeit die fehlende Technik ist.

Die Schulen sind mit stationären PCs und Beamern auf einem veralteten Stand, der aber immerhin in 99% (PCs) bzw. 87% (Beamer) verfügbar ist. Nur jede dritte Schule (31%) nutzt nach Aussage von Bitkom Tablets im Unterricht. Für viele Schulen ist es nicht gerade einfach, ausreichend Geräte für die Schüler aufzutreiben und zu finanzieren. An vielen Schulen fehlt es an Engagement, Organisation und auch technischem Wissen seitens der Lehrkräfte, um ein pädagogisches Konzept zum Lernen mit Tablets aufzubauen (Tablet Schule 2019).

Weil Schulen und auch Gemeinden die Umstellung auf Tablets oftmals nicht finanzieren können, wurde die Möglichkeit des BYOD ins Leben gerufen. BYOD bedeutet „Bring your own device“. Dabei sollen die Eltern ein (beliebiges) Tablet für ihre Kinder kaufen, sodass jeder ein eigenes Endgerät hat. Das heißt, dass die Eltern für das digitale Gerät und dessen Kosten aufkommen müssen. Um Probleme mit unterschiedlichen Betriebssystemen - beispielweise Apple oder Android - müssen sich die Lehrer dann kümmern, sofern kein bestimmtes Betriebssystem vorgegeben ist. Für sozial schwächere Familien gibt es in solchen Fällen die Unterstützung von Fördervereinen. Aber ob das die Lösung für digitales Lernen ist oder ob dadurch eine noch größere Differenzierung zwischen den SuS stattfindet, ist fraglich (Bildung 2017).

Beim Lernen mit Tablets wird der Unterricht in den meisten Fällen digital abgehalten. Das heißt, dass die SuS ein eigenes Gerät haben, mit dem sie arbeiten können. Durch das Zusammenspiel verschiedener Apps sowie Online-Bücher, (Erklär-)Videos und Internet können sich SuS ihre Inhalte selbst erarbeiten oder vertiefen. Sie erlernen, durch die Vielfältigkeit ihre Medienkompetenz über verschiedene Methoden zu erweitern. Bei einigen Tablets besteht durch eine aktive WLAN Verbindung auch die Möglichkeit, die neuen Inhalte an Whiteboards (elektronischen Tafeln) mit den Mitschülern zu teilen und zu präsentieren.

Schulen entwickeln in den meisten Fällen ein medienpädagogisches Konzept, bei welchem die SuS am Anfang der weiterführenden Schule eine zusätzliche Lehre in diesem Bereich bekommen. Dabei geht es um den Umgang mit Office-Programmen, Internetrecherchen und fachabhängig möglicherweise auch anderen Programmen. Übergreifend sind Datensicherheit sowie auch Cybermobbing und Fake News die Top-Themen, die zu erlernen und verstehen sind.

Das Erlernen der Programme allein hilft den SuS allerdings nur bedingt weiter. Aufgrund der schnellen und stetigen Veränderung von digitaler Bildung bedeutet Medienkompetenz nicht nur technische Fertigkeiten, sondern Reflektion und Erweiterung der eigenen Mediennutzung. Medienbildung ist damit ein Prozess, der nicht nach der Schule abgeschlossen ist, sondern der sich bis in die Berufswelt und darüber hinaus zieht. Dies ist eine Herausforderung auch für die Schulen, die ihr Medienkontingent ständig aktualisieren und auch auf die ständig neuen Bildungspläne anpassen müssen (Tablet Schule 2019). 

Vorteile der Tablet-Nutzung in der Schule

Das Lernen mit Tablets bringt viele Chancen mit, die bei richtigem Einsatz von Lehrern genutzt werden sollten. Der erste sehr große Vorteil des Tablets ist die Größe und das Gewicht. Das Tablet kann im besten Fall alle Schulbücher durch Online-Bücher (e-books) ersetzen und ist somit für die SuS um einiges leichter mitzutragen, als die verschieden Bücher die sonst täglich mitgebracht werden. Ebenso verhält es sich teilweise mit Heften oder zusätzlichen Materialien die über das Tablet ersetzt werden können. Das schont den Rücken vor allem auch bei jüngeren Kindern. Das Tablet besitzt außerdem für seine Größe eine relativ große Speicherkapazität, wodurch alle Materialien, auch von niedrigeren Klassen gespeichert werden können, sodass auch mangelnder Stoff jederzeit nachgeschaut werden kann. Durch die Verknüpfung zum Internet sind die Schulbücher jederzeit auf dem aktuellen Stand oder es kann jederzeit ein Update aufgespielt werden (Tablets in der Schule: Große Vorteile aber auch große Risiken 2019).

In Bezug auf die Lehrmaterialien haben Lehrkräfte welche mit Tablets unterrichten seltener bis nie das Problem von vergessenen Schulbüchern, Arbeitsheften und Hausaufgaben. Sollte doch mal etwas fehlen, hat der Lehrer die Möglichkeit, innerhalb von Sekunden Arbeitsblätter und Buchseiten zu versenden sodass die SuS diese vor sich liegen haben. Dafür werden auch keine weiteren Geräte wie beispielweise Drucker, Papier oder Folien benötigt (ebd.). Des Weiteren heißt das auch, dass die Schule bei Nutzung von Tablets weniger Materialkosten hat wie ohne Tabletnutzung. Das hängt vor allem mit den Papier- und Druckkosten, aber auch mit der Reparatur von Altgeräten wie Beamern oder PCs zusammen. Auch neue Arbeitsmaterialien, welche über das Tablet übertragen werden, sparen den Lehrkräften Zeit und Arbeit. Es muss weniger gelocht und getackert werden und mehrere Arbeitsblätter können schneller zu einem großen zusammengeschnitten werden.

Beim Lernen mit Tablets steht der Lehrer nicht im Mittelpunkt des Unterrichts. Er dient lediglich als Koordinator, Coach und Aufsichtsperson. Dies wirkt sich positiv auf die vielen ausfallenden Stunden aus. Aufgrund von Lehrermangel verschiedener Art fallen immer mehr Schulstunden aus, die fachlich nicht vertreten werden können oder auch überhaupt gar keine Vertretung finden. In diesem Falle ersetzt dass Tablet beinahe komplett die Lehrkraft, die den Unterricht dann schon vorab planen und den SuS zur Verfügung stellen kann. Auch wenn eine vorab Planung nicht möglich ist, ist es mit Tablet für die SuS einfacher, sich ein Thema selbst zu erarbeiten, indem sie auf Online-Medien, Erklärvideos und Internetquellen zurückgreifen können (Unterrichtsausfall 2018).

Das Tablet kann zusätzlich zu den organisatorischen Vorteilen auch didaktisch einen großen Mehrwert bieten. Die Lehrkraft hat bei der Arbeit mit dem Tablet einmalig einen höheren Aufwand bei der Vorbereitung des Unterrichts, hat jedoch immer alle Materialen bei sich und kann so auf bestimmte Situationen pädagogisch besser reagieren. Das heißt, die individuelle Förderung der SuS ist bei weitem besser, als ohne. Der Lehrer ist in diesem Fall dann, wie bereits beschrieben eher ein Lernbegleiter in einem schülerzentrierten Unterricht. Des Weiteren kann die Lehrkraft das Tablet als eine Unterstützung in den organisatorischen Bereichen wie Notenverwaltung oder auch Klassenarbeitsplanung sehen. Alle Informationen die benötigt werden sind auf dem Tablet gespeichert und jederzeit abrufbar.

Auch aus didaktischer Sicht ist das Tablet eine große Bereicherung für den Schulalltag. Durch das individuelle Lernen, kann jeder SuS gemäß seinem können und seiner eigenen Geschwindigkeit sich weiterbilden. Die Differenzierung, vor allem wie sie mittlerweile an Gesamt- und Gemeinschaftsschulen vorausgesetzt wird, kann so von der Lehrkraft vereinfach beobachtet und organisiert werden. Dementsprechend bekommt dann auch jeder SuS Arbeitsaufträge, die auf seine Leistung angepasst sind. Mitschüler können dabei nicht sehen, auf welchem Niveau ein Schüler arbeitet und Differenzen aufgrund der Leistung können so einfacher vermieden werden. Dies ermöglicht eine flexible Unterrichtsgestaltung für die Lehrkräfte und eine optimale persönlich ausgerichtete Lerngestaltung für die Kinder und Jugendlichen (Kiehn 2019).

Als großer Vorteil gilt auch die Vielfältigkeit mit der das Tablet einsetzbar ist. Das Tablet kann für alle Fächer genutzt werden. Die Abwechslung durch verschiedene Arten von Aufgaben ist durch die Tabletnutzung viel einfacher. Folgende Aufgabenstellungen sind mit einem Tablet möglich im Alltag umzusetzen, ohne dass ein großer Mehraufwand entsteht: Videos aufnehmen und zusammenschneiden (Beispielweise Erklärvideos, Geschichten, Wiederholungen), Internetseiten erstellen zu verschiedenen Themen, (vertonte) Präsentationen, Individuelle Höraufgaben im Fremdsprachunterricht, schnelles Scannen von Tafelbildern oder Arbeitsblättern, Quizaufgaben oder Challenges (zum Beispiel über kahoot! um die Lernmotivation zu steigern), und viele mehr.

Ein letzter eher subjektiver Vorteil ist, dass die SuS die digitale Welt teilweise schon aus ihrer Freizeit kennen. Das Tablet wirkt als ein attraktives Unterrichtsmedium. In der freien Zeit können sie sich mit Tablets beschäftigen und tun das teilweise auch gerne, warum sollte man diesen Aspekt dann nicht für das Lernen nutzen und ein langweiliges „veraltetes“ Lernen mit einem neuen beliebten Medium aufwerten? Hier teilen sich jedoch die Meinungen, da die Mediennutzung in den Familien sehr unterschiedlich ist.

Nachteile der Tablet-Nutzung in der Schule

Der größte Nachteil bei der Nutzung von Tablets in der Schule, ist die Sicht der SuS. Teilweise sehen sie die Tablets nicht nur als digitales Werkzeug sondern auch mehr oder weniger als digitales Spielzeug. Die Ablenkung bei der Arbeit am Tablet ist höher, als bei der Arbeit mit herkömmlichen Schulbüchern und Heften. Der Vorteil, dass das Tablet vielfältig eingesetzt werden kann, kann in diesem Fall auch zum Nachteil werden. Bei schuleigenen Tablets können diverse Programme, Apps und Internetseiten gesperrt werden und dem Lehrer ist es auch gestattet, das Tablet zu kontrollieren oder sich gar selbst drauf zu schalten um zu sehen was die SuS damit arbeiten. Bei Privatgeräten ist dies leider nicht der Fall, selbst wenn der Lehrer die SuS in unterrichtsfremden Programmen und Apps erwischt, ist es ihm nicht gestattet diese zu verbieten oder zu sperren.

Der Einfluss des Lehrers auf das Tablet, sofern es ein Privatgerät ist, hält sich in vielen Bereichen in Grenzen. So sind die SuS auch selbst dafür verantwortlich, dass ihre Tablets regelmäßig, außerhalb des Unterrichts, mit Updates versorgt werden müssen. Des Weiteren sind die SuS auch selbst für das Laden des Akkus verantwortlich. Der geladene Akku ist die Voraussetzung, dass ein reibungsloses Arbeiten mit Tablet im Unterricht funktionieren kann. Je nach Alter der SuS muss ein entsprechendes didaktisches Konzept aufgestellt werden, welches die Eigenorganisation der SuS fördert und sicherstellt.

Als ein sehr problematischer Punkt zeigt sich auch die Anschaffung und Finanzierung des Tablets. Hierfür gibt es 2 Möglichkeiten: Entweder die SuS besorgen sich ihr eigenes Tablet, oder die Schule kümmert sich um die Anschaffung. Der Vorteil bei der Anschaffung der Schule besteht darin, dass alle Tablets immer in der Schule verfügbar sind. Das heißt auch, dass alle Programme und Apps aufgespielt wurden und der Akku ausreichend geladen ist. Aufgrund der hohen Kosten kann jedoch fast keine Schule dies für alle SuS übernehmen. Die Alternative, dass die SuS sich selbst um die Geräte kümmern, kann nicht von allen erwartet werden. Hierbei muss die Schule vorab entscheiden, ob sie ein einheitliches Betriebssystem erwarten, ob bestimmtes Zubehör notwendig ist und auf was sonst noch geachtet werden muss. Dies stellt beispielweise Familien mit mehreren Kindern oder auch sozial schwächere Familien vor eine Herausforderung. Wenn die Anschaffung den Eltern freigestellt wird, und nur das Betriebssystem vorgegeben ist, gibt es schnell Leistungs- wie auch Statusunterschiede in den Klassen. Sowohl die Folge, dass dann Programme nicht überall gleich Laufen oder auch die Marken sich unterscheiden kommt es zu ungewollten Differenzierungen in der Klasse (Tablets in der Schule 2019).

Wenn die Schwierigkeiten bezüglich der Anschaffung geklärt werden konnten, gibt es noch eine weitere Hürde. Ein Tablet und die aufgespielten Apps laufen in den meisten Fällen über ein mobiles Netz oder eine WLAN Verbindung. Die Zeit schrieb im Jahr 2019, dass lediglich 26% der deutschen Schulen ein funktionierendes WLAN haben. Das heißt, dass nur 26% der deutschen Schulen regelmäßig mit WLAN-Geräten arbeiten (Sadigh 2019).

Beispiel aus dem Alltag einer Schule: (Video 1: https://www.youtube.com/watch?v=JIXNzC1Il_Q, zuletzt abgerufen am 14.09.2020) Das verlinkte Video ist ein Beispiel für die Tabletnutzung im Alltag und zeigt, dass der Einsatz von Tablets in der Schule sehr unterschiedlich ablaufen kann. Einerseits als Motivation und Ansporn, andererseits kann der Unterricht dadurch auch langweilig und eintönig werden. Das Video, welches den Alltag gut wiederspiegelt, zeigt auch, dass eine stabile Internetverbindung für fast alle Aufgaben notwendig ist. Sobald diese nicht gewährleistet werden kann, muss der Unterricht irgendwie alternativ ablaufen. Dazu gehört dann die Eigeninitiative der Lehrkraft, die zum Beispiel ihr eigenes Datenvolumen über einen Hotspot auf ihr Tablet zu überträgt. Dadurch kann der Unterricht dann fortgesetzt werden, jedoch kann dies erstens nicht von einer Lehrkraft vorausgesetzt werden und zweitens profitieren die SuS davon auch nicht, weil sie dann einem Standard-Frontal-Unterricht ausgesetzt sind. Die Erwartungen an einen Tablet Unterricht sind also oftmals nur in Abhängigkeit von anderen Komponenten wie der Technik umsetzbar.

Förderung von Tablets in Schulen

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) will mit dem Digital Pakt Schule für eine bessere technische Ausstattung in Schulen sorgen. Hierfür werden über eine Laufzeit von fünf Jahren 5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Am 17.05.2019 startete der Digital Pakt, nachdem Ende 2018 das Sondervermögen in einem Digitalinfrastrukturfonds bereitgestellt wurde. Vor Beginn im Mai 2019 musste der Bundestag zusammen mit dem Bundesrat die verfassungsrechtliche Grundlage noch erschaffen. Damit heißt es jetzt im Grundgesetz §104 c:

„Der Bund kann den Ländern Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen sowie besondere, mit diesen unmittelbar verbundene, befristete Ausgaben der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren. […].Zur Gewährleistung der zweckentsprechenden Mittelverwendung kann die Bundesregierung Berichte und anlassbezogen die Vorlage von Akten verlangen.“ (Bundesamt für Justiz und Verbraucherschutz).
Der Digital Pakt fördert in erster Linie eine Infrastruktur für die gesamte Schule wie beispielweise Whiteboards oder eine WLAN-Verbindung. Wenn eine Schule jedoch schon ausgestattet ist, können auch Klassensätze für mobile Endgeräte wie beispielweise Tablets finanziert werden. Speziell in der aktuellen Zeit der Corona-Pandemie hat sich das BMBF entschieden, dass befristet zum Ende vom Jahr auch digitale Bildungsinhalte finanziell gefördert werden können (BMBF-Internetredaktion 2020).

Als weitere Förderer stehen einige Organisationen zur Verfügung. Dabei bewirbt man sich dann als Klasse mit einem bestimmten Medienkonzept und kann teilweise ganze Klassensätze an Tablets für die SuS bekommen. So beispielweise auch bei der Hopp Foundation for computer, literacy & informatics. Diese Organisation vergibt für Schulen im Rhein-Neckar-Kreis einen ganzen Klassensatz Tablets für Schulen die sich gerne mit Medienbildung, Programmierung und Apps auseinandersetzen. Ähnlich wie die Hopp Foundation gibt es immer wieder Förderer, die zwar nicht Flächendeckend für alle Schulen und Klassen Tablets stiften, jedoch einzelne gerne Unterstützen (Hopp Foundation).

Deutschland im europäischen Vergleich

Nach Durchführung der internationale Vergleichsstudie ICILS 2018 (International Computer and Information Literacy Study) wurde gezeigt, dass Deutschland bei der digitalen Bildung sich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern im Mittelfeld bewegt (Anders 2019). Die Studie zeigte, dass nordische Länder klar die Nase vorne haben. 91% Dänemarks Schüler gaben in der Studie an dass sie täglich digitale Medien nutzen, während in Deutschland lediglich 4% dieser Aussage zustimmten. Ähnlich sieht es bei Online-Lernplattformen aus. In Deutschland nutzen wohl nur 17% der Lehrer und SuS eine gemeinsame Online-Lernplattform zum Austausch, während es in Dänemark fast alle tun. Auch Estland bietet im Vergleich zu Deutschland ein komplett digitales Bildungsprogramm an. Bereits 1999 waren alle estnischen Schulen mit einer Internetverbindung ausgestattet. Den Erfolg des digitalen Lernens hat Estland in der PISA-Studie 2018 bewiesen, dort waren sie in den Bereichen Lesekompetenz sowie Mathematik- und Naturwissenschaftskenntnisse auf Platz eins der europäischen Ländern (Brandau). Auch die Nutzung von Smartphones im Unterricht ist in Estland keine Seltenheit. Spiegel Panorama zitiert hierzu einen estnischen Schulleiter: „Anstatt Dinge zu verbieten, wollen wir den Schülern beibringen, wie man mit ihnen umgeht, […] Es geht nicht darum, alles zu digitalisieren. Wir wollen den Kindern beibringen, wie sie Technik am besten für sich nutzen können.“ (Köppe 2017). Die Sichtweise der nordischen Länder auf die digitale Lernweise ist eine andere als bei uns in Deutschland.

Die deutschen Nachbarländer Frankreich und Österreich liegen im internationalen Vergleich beide ebenfalls vor Deutschland. Die Voraussetzungen in Österreich sind, aufgrund eines pädagogisch ausgearbeiteten Medienkonzeptes und einer WLAN Verbindung in 50% der Schulen, besser als in Deutschland. Auch Frankreich hat mit 37,4% ein weiter verbreitetes Internet als Deutschland. Mit einem Handyverbot an Schulen wirken sie jedoch der digitalen Welt etwas entgegen. Italien bildet im internationalen Vergleich das Schlusslicht. Dort ist nur jede fünfte Schule mit einem funktionierenden WLAN ausgestattet und die digitale Bildung ist abhängig von der Schule selbst und der Region (Brandau). Zusammenfassend zum Digital Pakt und dem europäischen Vergleich hat der Bayrische Rundfunk ein Video "Das digitale Klassenzimmer" veröffentlicht: (Video 2: https://www.youtube.com/watch?v=rxXT5ToGn-0, zuletzt aufgrufen am 14.09.2020) 

Ein Beispiel für eine Tablet-Schule

Eine Schule mit einem sehr ausgeprägten digitalen Konzept ist die evangelische Schule am Bodensee – Schloss Gaienhofen. Dabei handelt es sich um eine Privatschule in Trägerschaft der evangelischen Kirche. Die Schule umfasst mehrere Schularten, ein Gymnasium, eine Realschule, ein Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Gymnasium und ein Aufbaugymnasium. In allen Schularten wird seit 2014 konsequent am digitalen Unterrichten gearbeitet und das Konzept immer weiter ausgebaut. Dabei dreht sich alles um das Lernen mit iPads. Ab dem Jahr 2012 wurde mit einem einmalig gekauften iPad-Wagen begonnen. Dabei wurde festgestellt, dass das Lernen mit iPads in der Schule sehr attraktiv ist, aber aufgrund von damaligen WLAN Schwierigkeiten nicht immer umsetzbar ist. Deshalb wurde an dieser Schule auf ein BYOD-Konzept umgestellt, sodass beschlossen wurde, dass jeder SuS sein eigenes Gerät braucht. Zeitgleich wurden das WLAN Netzwerk und die Klassenzimmer so ausgebaut, dass in der Theorie alle SuS zur gleichen Zeit mit dem Internet arbeiten könnten. Außerdem musste hier in diesem Fall die Schulordnung angepasst werden, da Smartphones und andere elektronischen Geräte vor der digitalen Umstellung auf dem Schulgelände nicht erlaubt waren (Schloss Gaienhofen).

Im Konzept des „Individualisiertem Lernen mit iPads“ am Schloss Gaienhofen beginnen die SuS bereits in der 5.Klasse mit „iPad-Unterricht“. Im neuen Bildungsplan 2016/17 wurde für die Medienbildung in Klasse 5 im Bildungsplan eine extra Stunde vorgesehen. Diese wird von der Schule als Lern- und Arbeitsmethodenkurs (LAM) bezeichnet und schult die SuS im ersten Halbjahr in grundlegenden arbeitsorganisatiorischen Prozessen in der Theorie und anschließend auch am iPad in den folgenden Bereichen: Tastaturschreiben, Einrichten des Gerätes zur schulischen Nutzung, Nutzung von digitalen Schulbüchern, Office-programme, Umgang mit Plattformen, Persönlichkeits- und Urheberrecht, Internet, Cybermobbing und Datenaustausch sowie Datenschutz (vgl. Schloss Gaienhofen). Ziel des Unterrichtes ist die Vorbereitung auf das Nutzen des iPads ab Klasse 6 in allen Fächern. Es soll ein kompetenter und verantwortungsvoller Umgang mit dem iPad aber auch anderen elektronischen Geräten stattfinden. Außerdem wird in diesem Konzept auch stark auf die Medienprävention gesetzt. Es existiert eine Zusammenarbeit mit der Polizei und anderen Bildungsträgern die regelmäßig präventive Vorträge und Seminare mit den SuS durchführen.

Für einen reibungslosen Ablauf im Unterricht ist eine Kooperation mit den Schülereltern wichtig. Diese sind zusammen mit den SuS selbst für das Gerät und seinen Zustand verantwortlich, es ist und bleibt ihr Eigentum. Des Weiteren haben die Eltern in dieser Kooperation die Aufgabe, sich um die notwendigen Programme und Apps auf dem iPad zu kümmern. Dabei sollten sie die einzigen sein, die mit der Apple-ID Zugriff auf den App-Store haben. Damit soll sichergestellt werden, dass sich auf dem iPad auch nur Programme und Apps befinden, die auch für die Schule notwendig sind. Alles andere kann zu Ablenkung führen und ist daher eher weniger von Vorteil. Die Schule Schloss Gaienhofen nutzt, um mögliche Ablenkungen zu vermeiden, die Classroom-App. Dieser Nutzung müssen die Eltern am Anfang des Schuljahres zustimmen. Die Lehrkraft kann nach der einmaligen Bestätigung in bestimmten Zeiträumen auf die iPads der SuS zugreifen. Damit kann sie im Unterricht kontrollieren, was die SuS machen, aber auch ihren eigenen Bildschirm auf die Tablets der SuS teilen oder auf deren iPad verschiedene Buchseiten aufschlagen. Dadurch ist die effektive Arbeitszeit am iPad sichergestellt.

Das iPad selbst wirkt sich jedoch nicht nur auf eine digitale Arbeitsweise der SuS aus, sondern auch auf die Arbeitsorganisation der Lehrer und der gesamten Schule. Mit dem Konzept des digitalen Lernens wurden auch alle anderen Bereiche der Schule digitalisiert. Dazu gehört auch die Verwaltung. Hier wurde ein datenschutzkonformer Exchange Server eingerichtet, der auf schulischen E-Mailadressen der SuS basiert. Zusätzlich gibt es nun auch eine digitale Schülerakte, die Verteilung von Informationen läuft ebenfalls digital ab. Außerdem wurden auch der Stundenplan und der Vertretungsplan digitalisiert, damit diese auch außerhalb der Schulzeit einsehbar sind. Ebenfalls wurde das Klassenbuch mitsamt dem Klassenarbeitskalender auf digitale Art umgestellt. Für die Sicherheit im WLAN gibt es an der Schlossschule personalisierte WLAN-Zugänge für die Lehrer, die Verwaltung und alle SuS (Schloss Gaienhofen).

Wie sich aus dem Konzept erkennen lässt, ist für die Umstellung auf ein digitales Lernen und Arbeiten ein großer Aufwand nötig. Sobald die Grundstrukturen jedoch geschaffen sind, können die alle Bereiche von der digitalen Arbeitsweise profitieren. Da es sich bei der Schule jedoch um eine Privatschule handelt, ist es einfacher, so eine große Umstellung in kürzerer Zeit vor zu nehmen. Bei staatlichen Schulen fehlt hierfür oftmals ein großer Teil der Finanzen, da diese sich aus staatlichen Geldern finanziert. Eine komplette Umstellung ist kaum möglich, eine digitale Arbeitsweise lässt sich nur Schritt für Schritt ermöglichen. Durch den Digital Pakt werden die Schulen finanziell kräftig unterstützt, ausreichend ist dies aber lange nicht. Des Weiteren spielt auch die Weiterbildung für die Lehrkräfte eine Rolle. Nur wenn der Staat ausreichend Weiterbildungsangebote für das digitale Unterrichten bietet, kann dieses an die Schüler weitergegeben werden. Am Schloss Gaienhofen gibt es extra für Digitalfragen einen Beauftragten, der sich mit Problemen und auch Neuheiten auseinander setzt. Außerdem gibt es einen Verantwortlichen für die Sicherheit in Bezug auf Daten und Netzwerk. Gerade für neue Apps oder Möglichkeiten von Zugriffen durch Lehrer oder Eltern muss der Datenschutz ständig geprüft werden. Dies kann sich eine staatliche Schule nicht immer leisten, selbst wenn es Lehrkräfte mit hohem Engagement gibt. Gerade durch die hohen Ausfallstunden und den Lehrermangel, wird die Kapazität der Lehrkräfte schon im Unterricht voll ausgeschöpft.

Da ich selbst an dieser Schule bereits tätig war und die Arbeit mit den Tablets so bestätigen kann, habe ich mich für die Vorstellung dieses Konzeptes entschieden. An staatlichen Schulen gibt es ähnliche Konzepte. Das Rückert-Gymnasium in Berlin ist ein Beispiel hierfür, es hat ebenfalls Tabletklassen die fast ausschließlich mit den digitalen Geräten arbeiten. Vor allem für den naturwissenschaftlichen Bereich wird es auch übergreifend eingesetzt (Rückert-Gymnasium 2020.000Z). Der Tagesspiegel hat einen Bericht über die Arbeit an dieser Schule verfasst, welchen ich sehr lesenswert finde: „Smarter Lernen in der Tablet-Klasse“, abrufbar unter https://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/digitales-leben-smarter-lernen-in-der-tablet-klasse/13011642.html 

Tablet statt Tafel?

Im Großen und Ganzen scheint das Tablet für viele Junglehrer und vor allem auch für die SuS ein attraktives Medium um den Unterricht einfacher abwechslungsreich gestalten zu können. Das Tablet bietet sehr viele Vorteile, die den SuS nicht nur in der Schule, sondern auch im Alltag sowie im späteren Berufsleben zu Gute kommen können. Die Angst der Eltern vor einer übermäßigen Nutzung, oder auch von erfahrenen Lehrkräften ist jedoch nicht unbegründet. Das Tablet eignet sich nur in einem bestimmten Maß als Lernmittel für die Kinder. Einige Dinge können ohne Tablet vielleicht doch besser verstanden und gelernt werden wie mit Tablet. Dazu gehört beispielweise das handschriftliche Schreiben, dass durch den reinen Tablet-Unterricht vernachlässigt werden kann.

Grundlegend für die Nutzung des digitalen Mediums ist meiner Meinung nach auch, dass keinem der SuS aber auch keiner Lehrkraft durch die Nutzung bzw. auch Nicht-Nutzung Vor- oder Nachteile entstehen dürfen. Deshalb ist für die Nutzung der Tablets ine passende Aus- und Fortbildung für die Lehrkräfte notwendig. Nur ein gekonnter und pädagogisch wertvoller Umgang mit dem Tablet ermöglicht auch eine sinnvolle Nutzung des Mediums zugunsten der Lernsteigerung der SuS.

Die Bundeszentrale für politische Bildung führte mit Herrn Bronner ein Interview. Er ist Lehrer an einem Tablet Gymnasium sowie Sachberater in der Schulaufsicht für das Fach Physik am Regierungspräsidium Freiburg und Lehrbeauftragter am Seminar für Didaktik und Lehrerbildung. Er ist der Meinung, dass die neuen Medien wie auch das iPad „auf keinen Fall als Allheilmittel für guten Unterricht gesehen werden [sollten]: Der Einsatz von Smartphones und Tablets ist nur eine von vielen Möglichkeiten, den Unterricht noch besser zu machen.“ Das zeigt, dass es beim digitalen Unterricht kein Richtig und kein Falsch gibt, sondern jede Schule einen Weg für sich finden muss. Eine ausgewogene Mischung zwischen digitalem und traditionellem Kreidetafelunterricht ist zur jetzigen Zeit wohl das optimale Mittelmaß. Am Ende des Interviews klärt Bronner nochmals, dass nicht das Tablet oder ein anderes Medium den Unterricht macht sondern der Lehrer. „Der absolute Erfolgsfaktor für guten Unterricht ist und bleibt der motivierte und engagierte Lehrer“. (Roßmann 2018).

Hinweise auf weitere Blogbeiträge zum Thema
Zum Thema digitale Schule oder auch Digitalisierung in der Schule finden sich sehr viele Beiträge, auch einige sehr neue, die sich vor allem auch mit der digitalen Bildung in der Schule während der Corona-Zeit beschäftigen.

Literaturverzeichnis

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