Sonntag, 12. Mai 2024

Wenn Medien als Gegner wahrgenommen werden

Eine Studie der Universität Hohenheim untersuchte letztes Jahr, wie groß das Vertrauen in gesellschaftliche Institutionen ist. Die Befragung wurde von forsa im Auftrag der Universität Hohenheim im Juli 2023 durchgeführt und befragte 4.000 Bürger*innen hinsichtlich ihres Medienvertrauens. Dabei fiel auf, dass das Radio das größte Vertrauen genießt, gefolgt von Zeitungen. Bei beiden Medien überwiegt das Vertrauen gegenüber dem Misstrauen. Darauf folgt das Fernsehen, bei dem sich Vertrauen und Misstrauen die Waage halten.

24 Prozent der Befragten haben den Eindruck, dass Themen, die ihnen wichtig sind, in den Medien nicht häufig genug vorkommen. Des Weiteren beklagt ein Fünftel der Befragten, dass ihre Auffassungen nicht mit denen der Medien übereinstimmen. Diese Aussagen spiegeln eine Medienentfremdung wider. Darüber hinaus konnten im Ramen der Befragung medienzynische Aussagen beobachtet werden, wie etwa „Medien bringen nur, was die Herrschenden vorgeben“, oder „Die Bevölkerung wird von den Medien systematisch belogen“. Beiden Aussagen wurde von einem Fünftel der Befragten zugestimmt. Solche Medienzyniker sehen Medien als Gegner beziehungsweise als politische Macht an, die sie unterdrücken will.

Die Skepsis bezüglich der Medienberichterstattung wird von vielen Menschen auf die Politik übertragen. In der Befragung gaben 22 Prozent an: „Medien und Politiker stecken unter einer Decke“ und 24 Prozent stimmten bei der Aussage zu: „Politik und Medien gehen Hand in Hand, um die Bevölkerung zu manipulieren“. Ein Viertel der Befragten geht davon aus, dass die Regierung der Bevölkerung die Wahrheit verschweige und ein Fünftel sagt sogar, dass regierende Parteien das Volk betrügen würden. Zwar ist diese Gruppe der Skeptiker im Vergleich zu früher nicht größer geworden, aber sie ist lauter geworden. Dieses eine Fünftel ist deutlich sichtbarer als früher. Sie artikulieren sich nämlich häufiger, etwa in Online-Foren. Durch Soziale Medien und Filterblasen haben sie die Möglichkeit, weitere Anhänger ihrer Meinung zu finden oder weitere Personen, die ihre Verschwörungstheorie teilen.

Die zu beobachtende negative Sicht auf Medien beruht auf keiner konstruktiven Kritik. Ganz im Gegenteil: Sie vertreten ein Weltbild, bei dem auf der einen Seite die Bevölkerung steht und auf der anderen Seite die Eliten, die diese Bevölkerung unterdrücken wollen. Unter Eliten sind Politiker*innen und Massenmedien zu zählen, die nach Meinung der Skeptiker Hand in Hand gehen. Durch die Studie wurde also ersichtlich, dass ein Fünftel der Deutschen ein rechtspopulistisches Weltbild hat. Kann man diese Skeptiker, die verächtlich auf Medien blicken, noch erreichen?

Nein, kann man nicht, denn die meisten dieser Menschen nutzen gar keine klassischen Massenmedien. Also können sie auch nicht mehr über jene erreicht werden. Die Gruppe dieser Menschen nutzt als Hauptinformationsquelle das Internet und Soziale Netzwerke, oder sie führen Gespräche mit anderen aus dem eigenen Zirkel. Dabei werden deren Vorurteile jedoch nur verstärkt.

Doch eine andere, ebenfalls skeptische Gruppe, kann noch erreicht werden. Diese Gruppe übt Kritik an verschiedenen Erscheinungsformen der Medienberichterstattung. Doch deren Kritik ist im Unterschied zur anderen Skeptiker-Gruppe konstruktiv und teilweise durchaus nachvollziehbar. Bei dieser Gruppe gibt es Wege raus aus der Skepsis. Zum einen sollte die Arbeit von klassischen Nachrichtenmedien noch besser erklärt werden. Zum anderen sollte die Berichterstattung teilweise verändert werden. Beispielsweise sollten weniger Kampfbilder produziert werden. Statt zu fragen „Wer kämpft in der Bundesregierung gegen wen?“ oder „Wer hat sich bei einer Frage durchgesetzt?“, sollten politische Prozesse besser erklärt werden, und dabei sollte eher im Hintergrund thematisiert werden, um welche Positionen es eigentlich geht.

Eine Erklärung klassischer Massenmedien sowie politischer Prozesse muss bereits die schulische Bildung liefern. Darum ist in unserem heutigen medialen Zeitalter politische Bildung sowie Medienbildung essenziell. Denn erst wenn Kinder und Erwachsene Medienkompetenz erlernt haben, können sie konstruktive Kritik gegenüber den Massenmedien und deren Berichterstattung - etwa in der Politik - üben. Solch eine Medienkompetenz ist nötig, um professionelle Berichterstattung identifizieren zu können und medienkritisch auf Soziale Netzwerke und deren Inhalte zu blicken. Ein*e medienkompetente*r Bürger*in kann sich dann tatsächlich kritisch oder gar skeptisch mit den verschiedenen Arten der Berichterstattung der diversen Medien befassen.

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