Dienstag, 21. März 2017

YouNow - Streams aus Kinderzimmern

Wonder_Girl_Berlin sitzt gerade auf der Couch und spricht über ihren Exfreund. GreekBoY liegt in seinem Bett und hört das neue Kollegah Album. Bei Paaaaaascal ist nur der Kopf zu sehen und sein Schnarchen zu hören. Belinda flechtet ihrer Freundin die Haare und tauscht sich mit ihr über den Schulalltag aus.

Alle erwähnten Ereignisse passieren zur gleichen Zeit in deutschen Kinder- und Jugendzimmern und jeder kann ihnen dabei zuschauen, denn die sogenannten Streamerinnen und Streamer machen eine Live-Übertragung in das World Wide Web. Die oben genannten Jugendlichen sind Nutzer der Onlineplattform YouNow.

Kaum eine Seite beziehungsweise Smartphone-App verursachte einen so gewaltigen medialen Aufschrei wie YouNow. Man sprach von „Teenager-Striptease aus dem Kinderzimmer“ oder einem „Paradies für Pädophile“. Doch wie groß ist die Gefahr wirklich und was macht den Reiz für viele Jugendliche aus?



Hintergrund zu YouNow

In den letzten sechs Jahren sind die sogenannten Social Live Streaming Services entstanden. Diese Plattformen geben den Internetnutzern verschiedene Möglichkeiten, sich live zu präsentieren und eigenes Material in Echtzeit zu produzieren.

Es gibt aktuell zwei verschiedene Arten von Live Streams. Die ersten sind die themenspezifischen Streams wie zum Beispiel Twitch oder Picarto. Auf Twitch werden kommentierte Videospiele und eSport-Events übertragen. Auf Picarto können Zuschauer und Zuschauerinnen Künstler beim Zeichnen beobachten.

Die zweiten sind die unthematischen Streams wie zum Beispiel YouTube live, Periscope oder YouNow. Dabei besitzen die meisten Übertragungen keine bestimmten Themen und die Streamerinnen und Streamer können das Thema und den Inhalt selbst bestimmen (vgl. Scheibe, 2015, S. 2). Dabei hat YouNow mit einer Besucherzahl von 100 Millionen im August 2014 eine der größten Reichweiten (vgl. Richters, 2015).

YouNow wurde 2011 von Adi Sideman gegründet. Der große Hype um die Plattform setzte aber erst 2014 ein, als bekannte Youtuber die Live-Streams nutzten und verschiedene Veränderungen vorgenommen wurden. Ursprünglich wurden verschiedene Themen wie zum Beispiel Kochen und Singen vorgegeben. Die Streamer mussten sich einem Thema zuordnen. Währenddessen konnten die Zuschauer über die Dauer des Streams durch Likes und Dislikes entscheiden. Als der gewünschte Erfolg ausblieb, wurde die Themenvorgabe und das negative Bewerten von Streams abgeschafft. Zudem wurde das sofortige Streamen eingeführt, sodass ein jeder ohne Wartezeiten live senden kann, ohne warten zu müssen, dass ein Streamingplatz im vorgegebenen Thema frei wird (vgl. Kafka, 2015).

Seit Ende 2014 erfreut sich YouNow in Deutschland größerer Beliebtheit. Vor allem nachdem beliebte deutsche Youtuber gewonnen wurden, die Livestreamplattform zu nutzen. Bereits im Januar 2015 wurden rund 16 Millionen Streams aus Deutschland gesendet. Knapp ein Drittel der Nutzer stammt aus Deutschland (vgl. Schöll, 2015).

Wie funktioniert die Livestreamingplattform?

YouNow kann kostenlos sowohl für Android als auch für iOS heruntergeladen werden. Die meisten Nutzer verwenden das Smartphone. Aber YouNow kann auch mit einem Laptop beziehungsweise PC mit Webcam verwendet werden. Jeder kann einen Stream verfolgen, dafür ist kein Facebook-, Google+-, Twitter- oder Instagram-Account erforderlich. Um jedoch selbst streamen oder über den Chat mit dem Streamer interagieren zu können, wird ein Social-Media-Account benötigt.

Nach den Nutzungsbedingungen, die auf Englisch verfasst sind, müssen die Nutzer mindestens 13 Jahre alt sein. Wer über 13 aber unter 18 Jahre alt ist, darf die Seite nur mit Einverständnis eines Erziehungsberechtigten nutzen. Wie und ob YouNow die Korrektheit der Daten überprüft, ist jedoch ungewiss. YouNow erhält durch die Registrierung Zugriff auf die Email-Adresse, die Freundesliste und auf die bereits geteilten Interessen.

Einmal angemeldet entscheidet man sich, ob man selbst streamen möchte, oder man schaut bereits laufende Live-Streams an. Für den eigenen Stream wird Mozilla Firefox oder Google Chrome benötigt. Durch unterschiedliche Hashtags können verschiedene Streams, seien es Musiker, Deutsche oder Schlafende, gesucht werden.

Während eines Livestreams hat man als Zuschauer die Möglichkeit, mit dem Streamer und anderen Zuschauern durch den Chat zu interagieren. Gute Streams oder beliebte Streamer kann man mit einem Daumen nach oben, also einem Like bewerten. Zudem kann man die letzten zehn Sekunden eines Streams aufzeichnen und auf Facebook, Instagram oder Twitter teilen. Außerdem kann der Zuschauer den freigegebenen Social-Media-Account besuchen und dort mit dem Streamer, außerhalb von YouNow, kommunizieren.

Gute Streams oder beliebte Streamer können mit Emoticons belohnt werden, die entweder Coins oder Barren kosten. Diese fiktionale Währung erhält man entweder durch aktives Streamen bzw. das aktive Verfolgen von Streams oder durch den Tausch von Bargeld. Dabei können Beträge zwischen 2,99 Dollar und 49,99 Dollar anfallen. Je nachdem, was für ein Emoticon verschickt wird, kann das bis zu 100 Dollar kosten.

Als Streamer hat man die Möglichkeit, sich einen Hashtag auszusuchen, über den man streamen möchte und auffindbar auf YouNow ist. Beliebte Hashtags sind #Deutsch, #musician und #sleepingsquad. Die Live-Übertragung kann zusätzlich über verschiedene Social-Media-Plattformen angekündigt werden.

Während der Aufzeichnung hat man die Möglichkeit, Zuschauer in den Stream einzuladen, um mit diesen dann gemeinsam zu streamen. Auffällige und störende Zuschauer können blockiert und gebannt werden. Diese können den Stream nicht mehr verfolgen und keine Kommentare in den Chat schreiben.

Nach dem Beenden des Streams erhält man eine Kurzzusammenfassung. Diese beinhaltet die Zuschauerzahl, erhaltene Likes und die Anzahl der Emoticons, die verschickt wurden. Sehr erfolgreiche Streamer haben die Möglichkeit, in das YouNow-Partner-Programm aufgenommen zu werden. Dann können sie durch ihre Streams Geld verdienen.

YouNow-Nutzerin, die unter dem Hashtag deutsch-girl streamt. Zum Zeitpunkt der Aufnahme hat sie 65 Zuschauer.
Popularität in Deutschland

Wie bereits erwähnt, erfreut sich YouNow auch in Deutschland immer größerer Beliebtheit. In einer Studie von Nicola Döring in der Juni-Ausgabe der Zeitschrift merz wurde zwischen 7. und 15. April untersucht, wie viele Streams von deutschen Jugendlichen gesendet wurden.

Man fand, dass zwischen 20 und 350 Jugendliche aus Deutschland zu einer konkreten Uhrzeit aktiv streamen. Dabei schwankt die Zuschauerzahl je nach Tageszeit. Normalerweise haben sie zwischen 0 und 250 Zuschauer. Bekanntere Personen wie zum Beispiel populäre Youtuber können bis zu 1000 Personen gleichzeitig in ihren Stream ziehen.

Nimmt man 250 Streamer aus Deutschland, die etwa 100 Zuschauer haben, wären das 25.000 aktive User. Nach dem Statistischen Bundesamt leben etwa neun Millionen Jugendliche in Deutschland, die laut der aktuellen JIM-Studie zu 99% ein Smartphone besitzen und somit die Möglichkeit haben, die kostenlose App herunterzuladen. Die Zahl der tatsächlichen YouNow-Nutzer ist also im Vergleich sehr gering.

Die meisten befragten Jugendlichen geben an, dass sie von YouNow über die Medien erfahren haben. Durch die negative Darstellung in den Medien (z.B. "Paradies für Pädophile") sind die meisten der Plattform gegenüber eher skeptisch eingestellt und befürchten Opfer von Mobbing oder Missbrauchstätern zu werden (Döring, 2015, S. 53).

Gefahren

Viele Nutzer der Plattform sind sich nicht bewusst, welche Gefahren und Probleme sich durch das Nutzen von YouNow ergeben können. Grund dafür sind zum Beispiel die englischsprachigen Nutzungsbedingungen, die nicht ins Deutsche übersetzt sind. Die Initiative für Internetsicherheit klicksafe.de verfasste daher sechs Punkte, die die Nutzer von YouNow beachten müssen.

1. Streaming in Echtzeit
Anders als auf anderen Social-Media-Plattformen, auf denen man sich online präsentieren kann (wie zum Beispiel YouTube), findet die Übertragung der Bilder und Videos in Echtzeit statt. Dadurch können unüberlegte Äußerungen und herausgegebene Informationen, die eigentlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten, schnell verbreitet und veröffentlicht werden. Unüberlegte Äußerungen können andere diskriminieren oder einen selbst in Gefahr bringen.

2. Persönlichkeitsrechtsverletzungen
Teilweise finden Livestreams nicht nur in der eigenen Wohnung, sondern auch im Klassenzimmer oder unterwegs statt. Heimlich aufgezeichnete Personen oder Personen, die im Hintergrund sind, sind sich dessen nicht bewusst, dass sie gerade aufgenommen werden. Dies stellt laut laut § 823 Abs. I BGB eine Persönlichkeitsverletzung dar. Die aufgenommene Person kann laut Gesetz Schmerzensgeld einklagen.

3. Urheberrechtsverletzungen
Vielen Streamern ist nicht bewusst, dass die im Hintergrund laufende Musik Gema-lizensiert ist. Um Musik von Gema-Künstlern spielen zu dürfen, müssen Gebühren an die Gema entrichtet werden. Diese Urheberrechtsverletzungen können im schlimmsten Fall sehr teuer für den Streamer werden.

4. Jugendschutz
Durch die vermeintliche Freiheit, alles streamen zu können, besteht die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche gewalthaltige und sexuelle Inhalte sehen oder den Konsum von illegalen Rauschmitteln miterleben. Des Weiteren können Streamer Opfer von Cybermobbing, Belästigungen und sexualisierten Anspielungen werden.

5. Ungewollte Kontaktaufnahme
Jeder hat die Möglichkeit, sich mit einem Account auf YouNow anzumelden. Dabei wird nicht überprüft, ob diese Person existiert. Der Kontakt über den Chat führt dazu, dass der Streamer nicht weiß, mit wem er oder sie gerade kommuniziert.

6. Möglichkeit zum Erwerb von YouNow-Währung
In YouNow kann man Streamer mit bezahlten Emoticons unterstützen. YouNow bietet den Kauf von „Barren“ an, sodass weitere und noch bessere Emoticons verschickt werden können.

YouNow ist sich den Gefahren bewusst und hat daher Regeln aufgestellt, denen man mit der Registrierung zugestimmt hat. Diese Regeln werden außerdem auf einer Eltern-Seite explizit und auf deutsch erklärt. Folgende Punkte sind nach den Nutzungsbedingungen von YouNow nicht gestattet:
· Gewalttätiges und selbstverletzendes Verhalten ist verboten.
· Nacktheit und sexuell-explizites Verhalten ist verboten.
· Mobbing, Diskriminierung und Hassreden sind nicht gestattet.
· Der Konsum von illegalen Substanzen ist verboten.
· Das Mitteilen von privaten Informationen ist verboten.
· Telefonstreiche sind untersagt.
· Zum Regelbrechen ermutigen ist verboten.
· Das Verschicken von Spam ist verboten
· Die Nachahmung von Personen ist verboten
· Urheberrechtsverletzungen sind verboten.
Falls ein Nutzer gegen diese Regeln verstößt, hat ein jeder die Möglichkeit, diesen Nutzer zu melden. Diese werden dann im eigenen Stream nicht mehr angezeigt und können nicht mehr mit dem Nutzer interagieren.

Ein weiterer Schritt ist das „Flagging“, also das direkte Melden eines Nutzers. Hierbei hat der Nutzer durch ein Onlineformular die Möglichkeit, einen Moderator zu kontaktieren und unangemessenes Verhalten zu melden. Das Formular fragt nach dem Grund für das „Flagging“ und bietet die Möglichkeit, Screenshots beizufügen.

Gemeldete Nutzer werden entweder temporär, bis zu 48 Stunden, oder dauerhaft von YouNow gebannt. Falls es zu gravierenden Zwischenfällen kommt, behält sich YouNow vor, strafrechtlich dagegen vorzugehen und aufgenommenes Material der Polizei zur Verfügung zu stellen. 

Wie groß ist die Gefahr? 

«Online-Striptease aus dem Kinderzimmer», so schreibt die Süddeutsche Zeitung über YouNow. Die Studie von Nicola Döring befasste sich mit den Behauptungen der Medien und beobachtete sieben Tage lang 150 Streamer und Streamerinnen. Dabei wurde festgestellt, dass nie Nacktheit zu sehen war. Unterwäsche war nur äußerst selten zu sehen.

Auf die Frage nach der Adresse wurde nicht eingegangen. Eher wurden generelle Aussagen getroffen wie zum Beispiel „Ich komme aus Berlin“ oder „Ich wohne in der Nähe von München“. Fragen, die zwar privat, aber unter Jugendlichen kein Geheimnis sind, wurden beantwortet. So wurde zum Beispiel das Alter und der Beziehungsstatus gerne preisgegeben.

Häufig wurde auch nach den Social-Media-Kontaktdaten gefragt. Diese wurden meistens ohne Probleme von den Streamerinnen und Streamern geteilt, sei es Instagram, Snapchat oder Facebook (vgl. Döring, 2015, S.54).

Dabei konnte sie beobachten, dass einige Nutzer sowohl ihre Vor- und Nachnamen als auch ihre Telefonnummer veröffentlicht haben. Obwohl Anonymität auf YouNow herrscht, ist ihr nicht ganz klar, warum YouNow für Pädophile und Missbrauchstäter so attraktiv sein soll. Denn sexualisierte und anzügliche Äußerungen von Zuschauern werden von den Streamern blockiert und der auffällige Zuschauer an die Moderatoren gemeldet (vgl. Döring, 2015, S.55). Wie ordentlich und zeitnah die Moderatoren arbeiten, ist jedoch unbekannt.



Warum nutzen Jugendliche YouNow?

Was macht den Reiz für viele Jugendliche aus, sich online zu präsentieren und Streams aus dem Kinder- beziehungsweise Jugendzimmer in das World Wide Web zu senden. Nicola Döring vermutet folgende drei Punkte.

1. YouNow wird von vielen Jugendlichen als Zeitvertreib und Möglichkeit des Peer zu peer- Austausches genutzt. Viele Jugendliche haben nicht die Mobilität, Freunde zu besuchen, und verbringen daher ihren schulfreien Nachmittag online. Die Zeit, die man alleine ist, wird genutzt, um Videos zu schauen oder zu streamen, denn dort kann man sich mit (vermutlich) Gleichaltrigen austauschen. Streamer hoffen auf lustige Momente und lassen sich überraschen, was im Stream passiert. Häufig werden den Streamern Fragen über das Alter oder die Hobbys gestellt, die man dann beantworten kann. Sobald Langeweile herrscht, versuchen die Streamer, die Zuschauer anzuregen, neue Fragen zu stellen. Häufig werden Gesellschaftsspiele mit Zuschauern gespielt, sodass diese den nächsten Zug angeben können (vgl. Döring, 2015, S. 55f.).

2. YouNow als alternatives Realityprogramm. Die heutige Fernseh- und Medienlandschaft ist durchinszeniert. Dabei ist die Alltäglichkeit viel interessanter geworden als die übertriebenen Fernsehsendungen, die immer auf Authentizität schwören. Dabei stellt YouNow als Gegenpool das unverfälschte Leben mit echten Charakteren und echten Geschichten dar, seien es Krisen in der Familie oder der langweilige Schulalltag (vgl. Döring, 2015, S. 56).

3. YouNow zur Selbstdarstellung. Viele Streamer nutzen die Plattform, um positives Feedback zu erhalten. So sind Komplimente wie zum Beispiel „Du bist echt mega hübsch“ oder „Boah, deine Haare sehen voll gut aus“ in den Chats keine Seltenheit. Auch werden Streamer mit Geschenken oder Likes belohnt. Häufig wird nach dem Stream auch auf anderen Social-Media-Plattformen weiter gechattet, sodass eine weitere Bindung auch außerhalb von YouNow zu den Streamern entstehen kann. Es kommt zu einer Imagepflege der Streamer (vgl. Döring, 2015, S. 56).

Diese Aspekte von Nicola Döring wurden von der Heinrich-Heine-Universität bestätigt. Dort untersuchte man in einer Studie mögliche Motive für das Streamen und das Schauen von Streams. In einer weiteren Befragung von 123 Teilnehmern wurde festgestellt, dass über 50% YouNow regelmäßig nutzen. Die meisten Besucher sind männlich, nämlich 60,6%. Dabei schauen fast 60% gerne die Streams an und chatten währenddessen. Interessanterweise streamen jedoch weniger als die Hälfte der Befragten (vgl. Scheibe, 2016, S. 13).

Das Hauptmotiv für das Nutzen von YouNow ist laut der Studie die Einfachheit des Systems, gefolgt - und da stimmen fast zwei Drittel zu - vom Gefühl von Befriedigung durch die Selbstdarstellung. Viele nutzen YouNow als Abwechslung vom Alltag und wollen sich somit der Langeweile entziehen. Die Hälfte der Befragten fühlt sich in der Gemeinschaft von YouNow akzeptiert und hat das Gefühl dazuzugehören. Knapp 40% suchen auf der Plattform neue Freunde. Jeder fünfte Befragte gab an, dass er oder sie sich erhofft, eine kleine Internetberühmtheit zu werden und daher den Dienst nutzt, um mit den „Fans“ in Kontakt zu bleiben. Viele Befragte gaben an, dass sie durch die Belohnung von Likes und Emoticons motiviert werden, länger zu streamen als ursprünglich geplant (vgl. Scheibe, 2016, S. 14).

Fazit

Für diese Arbeit befasste ich mich ausgiebig mit YouNow und verbrachte mehrere Stunden, sowohl tagsüber als auch abends und nachts, auf der Plattform. Ich verfolgte viele Streams, las regelmäßig in den Chats mit und interagierte mit den Streamern.

Viele Streamer mit einer geringen Zuschauerzahl freuten sich, wenn man mit ihnen kommuniziert und nach ihren Hobbys fragt. Es entsteht ein reger Austausch von Alltäglichkeiten und banalen Informationen. Häufig kam das Gefühl auf, dass Einige diese Möglichkeit der Kommunikation nutzen, um Anschluss zu suchen, die sie in ihrem Offline-Leben nicht haben. Zu persönliche Fragen wurden häufig ignoriert oder sogar vom Chat gemeldet. Häufig wurde der Chat von den Streamern völlig ignoriert und der Stream lief nur nebenher.

Es gab aber teilweise auch Beleidigungen wie zum Beispiel „Du bist doch schwul, oder?“ oder sexuelle Anspielungen. Diese Aussagen werden jedoch genauso auf deutschen Schulhöfen von Jugendlichen geäußert.

Als ich gestreamt habe, gab es keine besonderen Vorkommnisse. Die Zuschauer waren daran interessiert, wie alt ich bin und was ich sonst noch mache. Die Aussage, dass ich mich im Rahmen einer Seminararbeit mit YouNow beschäftige, wurde negativ aufgefasst.

In vielen Livestreams habe ich Hintergrundmusik gehört, offensichtlich von den Streamern abgespielt, ohne dass sie wussten, dass sie sich damit strafbar machten. Auch wurden Streams aus Klassenzimmern gesendet, in denen man das Thema der Stunde hörte.

Generell kann man sagen, dass das Phänomen YouNow nicht zum Striptease im Kinderzimmer führt. Die Plattform dient den Jugendlichen eher zum Austausch und Zeitvertreib. Sei es nun YouNow oder eine andere Social-Media-Plattform, die Online-Welt gehört heutzutage zum Alltag der Jugendlichen.

Dennoch möchte ich YouNow nicht verharmlosen. Die Möglichkeit, durch einen Stream Geld zu verdienen, könnte zu fragwürdigen Handlungen führen. Die Erziehungsberechtigen sollten unbedingt über die Gefahren und Probleme sprechen und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, falls es zu Verletzungen der Nutzungsbedingungen, sittenwidrigen Inhalten oder zum Mobbing kommt. Die Streamer sollten begleitet und aufgeklärt werden, sodass es nicht zum Striptease in Kinderzimmern kommt. 

Quellen

Döring, Nicola (2015): Gefährliche Videoübertragung aus dem Kinderzimmer? YouNow im Faktencheck, in: merz, 59. Jahrgang Nr. 3,  S. 51-58.

Frankfurter Allgemeine (2015): Livestreams aus dem Kinderzimmer. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/familie/jugendschuetzer-warnen-vor-streaming-site-younow-13435371.html (zuletzt eingesehen am: 17.03.17)

Hübner, Manuela (2015): "Du, jetzt!" - live aus dem Kinderzimmer, in: SWR.de, 25.02.15, http://www.swr.de/swraktuell/rp/younow-livestream-aus-dem-kinderzimmer/-/id=1682/did=15048146/nid=1682/11mp44e/ (zuletzt eingesehen am: 17.03.17)

Kafka, Peter (2014): YouNow Is the Live Video Amateur Hour That Nearly Died. Now It's Booming. Here's How. in: http://www.recode.net/2014/10/29/11632418/younow-is-the-live-video-amateur-hour-that-nearly-died-now-its  (zuletzt eingesehen am: 17.03.17)

Klicksafe.de (ohne Datum): Probleme mit Younow. http://www.klicksafe.de/themen/kommunizieren/apps/younow/probleme-mit-younow/ (zuletzt eingesehen am: 17.03.17)

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (2016): JIM-Studie 2016. 

Richter, Kim (2015): YouNow-CEO Adi Sideman stellt sich der Kritik, in: Gründerszene.de, http://www.gruenderszene.de/allgemein/younow-adi-sideman (zuletzt eingesehen am: 17.03.17)

Scheibe, Katrin (2016): Information Behavior on Social Live Streaming Services (Research Paper, J Inf Sci Theory Pract 4(2): 06-20). Düsseldorf: Institut für Sprache und Information, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Schöll, Jonas (2015): Freizügige Livestreams aus dem Kinderzimmer, in: Stern.de, 18.05.15), http://www.stern.de/familie/kinder/younow--jugendschuetzer-warnen-vor-livestreams-aus-dem-kinderzimmer-5951182.html (zuletzt eingesehen am: 17.03.17)

Statistisches Bundesamt (destatis) (2011): Bevölkerung auf Grundlage des Zensus 2011, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/Tabellen/AltersgruppenFamilienstandZensus.html (zuletzt eingesehen am: 17.03.17)

Younow.com (ohne Datum): Rules. https://www.younow.com/policy/en/rules (zuletzt eingesehen am: 17.03.17)

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