„Wer heute über Internet und Gesellschaft schreibt, läuft Gefahr, schon morgen von neuen Entwicklungen überholt worden zu sein“ (Düx 2000, S.93). Durch die unglaublich hohe Geschwindigkeit der Entwicklungen gestaltet es sich schwierig, diese wissenschaftlich fundiert evaluieren zu können.
Tools des Web 2.0
Die Möglichkeiten, das Web 2.0 (ausführliche Erläuterung des Begriffs findet man im D@dalos Online-Lehrbuch zum Web 2.0) in den Schulalltag zu integrieren, könnten kaum vielfältiger sein. Das Web 2.0 will dem Anspruch gerecht werden, etwas Passendes für die unterschiedlichen Altersstufen der Schülerinnen und Schüler, die Ansprüche der einzelnen Fächer und unter anderem auch für die verschiedenen Lehrertypen und Charaktere bereitzuhalten. Im Laufe meiner Recherche haben sich folgende Werkzeuge als besonders gut geeignet herausgestellt: Weblogs, Wikis, RSS, Social Bookmarks, Podcast (Audio/Video-Casting), Twitter und soziale Netzwerkseiten. Da es ansonsten den Rahmen dieses Blogeintrags sprengen würde, gehe ich im Folgenden nur auf einige konkrete Umsetzungsbeispiele für den Unterricht ein.Lehrer müssen Lerner sein, um ihren Schülerinnen und Schülern einen effektiven und zeitgemäßen Unterricht zu bieten. In den folgenden Abschnitten dieses Postings sollen unterschiedliche Art und Weisen vorgestellt werden, um die Tools des Web 2.0 in die Schule zu integrieren.
Die Notwendigkeit, sich Computerkenntnisse anzueignen und sich den aktuellen Entwicklungen anzupassen, wird anerkannt, doch eine vollständige Integration in das gesamte Curriculum findet nur selten volle Unterstützung. Nur eine Lehrperson, die selbst Erfahrungen im Umgang mit modernen Medien hat, kann diese an ihre Schülerinnen und Schüler weitergeben. Die Kluft zwischen Befürwortern des Einsatzes moderner Medien im Unterricht und Gegnern kann sich eventuell dadurch verringern, dass man sich intensiver mit den Möglichkeiten der neuen Lehr- und Lernformen, die durch das Web 2.0 geprägt werden, auseinandersetzt.
Durch Initiativen wie diese, ist die Integration von Medien und anderen neuen Technologien in das Bildungssystem immer mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Die Integration von Medien ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, für die sich hochrangige Politiker engagieren und die auf viel positive Zustimmung in der Bevölkerung stößt. Eine beachtliche Anzahl von Schulen „(...) haben sich auf den Weg der ‚Datenautobahn’ begeben, ihre Lehrpläne umgestaltet und beim technologiegestützten Lehren und Lernen Fortschritte gemacht“ (Hannafin 2006, S.19).
Leider haben diesen elementaren Wandel bei weitem noch nicht alle Akteure des Bildungssystems begriffen und sind daher nicht bereit, die Vielfalt der neuen Medien in ihre Lehr- und Lernprozesse zu integrieren. Die Initiative „Schulen ans Netz“, 1996 ins Leben gerufen (vgl. Westram 2000, S.9), beschreibt sich selbst als einen innovativen Impulsgeber für den kompetenten Umgang mit unserer medial geprägten Gesellschaft (vgl. http://www.schulen-ans-netz.de/) und hat das ehrgeizige Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Schulen und modernen Medien zu verbessern.
Diese Entwicklung ist jedoch im Bereich von Bildung und Erziehung noch nicht fest verankert. Deutsche Schulen bedienen sich bisher zu selten systematisch dieser neuen Werkzeugen – die Einbettung in unser Bildungssystem gestaltet sich als ein zäher und langwieriger Prozess. „Dennoch wird langsam deutlich, dass immer mehr Lehrer, Schulbehörden, Eltern und Schüler begreifen, wie sehr sich Lernprozesse durch die Möglichkeiten des Webs verändern.“ (Richardson 2011, S.9). Der adäquate Einsatz von digitalen Medien im Unterricht ist unverzichtbar. Der bereits etwas abgegriffene Leitsatz, dass Lehrende ihre Lerner dort abholen müssen, wo sie sind, hat auch heute noch seine Berechtigung.
Sicher ist jedoch, dass sich das Internet innerhalb der letzten 20 Jahre in weiten Teilen unseres alltäglichen Lebens etabliert hat und somit die Gewohnheiten der – nicht nur - westlichen Welt erheblich beeinflusst und verändert. „Die Tragweite dieser Veränderungen wird daran deutlich, dass die Bedeutung der Veränderungen durch das Internet in einem Atemzug mit der Erfindung des Buchdrucks genannt wird“ (Shell Deutschland Holding 2010, S.101). Laut der aktuellen Shell Studie haben 96% der Schülerinnen und Schüler in Deutschland einen regelmäßigen Zugriff zum Internet (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S.102). Diese Zahl belegt, dass die junge Generation mit einer zunehmenden Selbstverständlichkeit mit modernen Medien aufwächst (vgl. Nerger 2011, S. 13). Es gilt als unumstritten, dass die modernen Medien und Online-Werkzeuge heutzutage feste Bestandteile ihres Alltags sind.
Tools des Web 2.0
Weblogs: Weblogs sind heutzutage im Unterrichtsalltag schon weit verbreitet. Sie sind leicht zu erstellen, können problemlos aktualisiert werden, und es kann kontrolliert werden, wer auf den Blog zugreifen kann. Zudem haben Blogs einen interaktiven Charakter und laden dadurch die User zur aktiven Mitarbeit ein. Ein interessantes und bereits etabliertes Beispiel ist das Blog von Maik Riecken.
Unser Kurs an der PH Ludwigsburg, der die Basis für diesen Artikel bildet, ermöglichte uns Kurseilnehmern die Chance, dass wir uns selbst mit der Gestaltung eines Blogs auseinandersetzen. Das Blog ist im Laufe des vergangenen Semesters nach und nach gewachsen und enthält in der Zwischenzeit einige Informationen zu unseren Seminarthemen. Laut eigener Aussage war es für einige meiner Kommilitonen eine neue Erfahrung, mit diesem Tool zu arbeiten.
In der Schule sind unterschiedliche Formen des Blogs vorstellbar. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern kann die Lehrkraft zum Beispiel ein Klassenportal einrichten. Diese Plattform kann dazu dienen, Lehr- und Unterrichtspläne zu veröffentlichen, Unterrichtsmaterialien auch online bereitzustellen, um ein hohes Maß von Transparenz für die Eltern zu gewährleisten und um die Kommunikation unter den Kollegen zu erleichtern. Diese Form des Blogs lässt viele Freiheiten zu und kann ganz unterschiedlich genützt und gestaltet werden. So erkennt man bei dem Klassenportal „Pantherblog“ deutlich den individuellen Stil der Beteiligten.
Das Online-Archiv hat einen ähnlichen Charakter wie das Klassenportal. Sein Schwerpunkt liegt jedoch noch mehr auf dem Austausch und der Bereitstellung von Arbeitsmaterialien. Die von den Schülerinnen und Schülern bearbeiteten Aufgaben stehen somit ständig zur Verfügung. Hausaufgaben können im Archiv hochgeladen werden, Arbeitsblätter können ausgetauscht und bearbeitet werden. Lehrer, Eltern, Klassenkameraden, Freunde und Mentoren können auf das Archiv zugreifen und sich einen Überblick über bisher Gelerntes verschaffen.
Blogs leben davon, dass sie aktuell und einfach zu bearbeiten sind. Diese beiden Eigenschaften gelten leider für viele Schulhomepages nicht. Oft sind sie weder aktuell noch übersichtlich. Interessierte Eltern und Schüler finden online in vielen Fällen nur unzureichende Informationen über die einzelnen Schulen. Viele Schulhomepages sind aufwendig und teuer in der Verwaltung. Eine wesentlich unkompliziertere Alternative ist es, eine Schulhomepage (Homepage des Ulricianum Gymnasiums in Aurich) mit Hilfe eines Blogs zu erstellen.
Eine weitere Möglichkeit, moderne Medien in den Schulalltag einzubetten, bieten Wikis. Der Mitbegründer von Wikipedia, Jimmy Wales, beschrieb die Intention von Wikipedia mit den Worten: „Stell dir eine Welt vor, in der jeder Mensch auf der Erde freien Zugang zum gesamten menschlichen Wissen hat. Wir sind dabei, sie zu schaffen.“ Als Wikis bezeichnet man gemeinschaftlich nutzbaren Webspace, in dem Inhalte veröffentlicht und bearbeitet werden können. Für die Verwendung in der Schule gibt es die Möglichkeit, die Wikis durch Passwörter zu schützen, um dadurch den Zugriff auf die Inhalte zu kontrollieren. Einen ersten Eindruck von einem für die Schule geeigneten Wiki kann man auf den Seiten der mathematischen Rundgänge gewinnen.
Bei RSS (Really Simple Syndication) geht es um Feeds, die Internetuser kostenlos abonnieren können. Sie halten Blogleser durch eine Art Nachrichtenticker auf dem Laufenden und bieten eine unkomplizierte Möglichkeit, stets up to date zu bleiben.Für Schülerinnen und Schüler gilt der Podcast wohl als attraktivstes Medium. Podcasts sind aus dem Alltag vieler Internetuser nicht mehr wegzudenken. Sie sind informativ, unterhaltsam, aktuell und in vielen Fällen ist ihr Download kostenlos. Als ein herausragendes Beispiel für eine gelungene Umsetzung in der Schule sehe ich das Lipdup Video des technischen Gymnasiums in Sindelfingen an. Auf diese Produktion wird in einem anderen Posting dieses Blogs schon näher eingegangen.
Die genannten Anwendungen und Möglichkeiten, Web 2.0 Tools in den Unterricht zu integrieren, basieren zu weiten Teilen auf der Lektüre von Will Richardson „Wikis, Blogs und Postcasts. Neue und nützliche Werkzeuge für den Unterricht.“ (Amazon, e-book).
Das Potential des Web 2.0, die Lehr- und Lernprozesse der heutigen Generation nicht nur grundlegend zu prägen, sondern sie auch elementar zu verändern, darf nicht unterschätzt werden. Es liegt in der Hand der Lehrenden, die Schülerinnen und Schüler auf eine Zukunft vorzubereiten, in der vernetzte Lernräume mit Sicherheit eine wichtige Rolle spielen werden.
Literatur:
Düx, Sascha: Internet, Gesellschaft und Pädagogik. Computernetze als Herausforderung für Jugendarbeit und Schule in Theorie und Praxis, Ko-Päd-Verlag, 2000.
Hannafin, Michael J., Hawkins, Charles H.: Computer, Internet, Multimedia – Potential für Schule und Unterricht, Verlag Bertelsmann Stiftung, 2006.
Nerger, Uwe: Mac education. Digitale Medien im Unterricht mit iLife, iWork, iTunes und Apple Technologie. Projektanleitungen für alle, die von den i-Programmen am Mac profitieren wollen, Mandl & Schwarz-Verlag, 2011.
Richardson, Will: Wikis, Blogs und Podcasts. Neue und nützliche Werkzeuge für den Unterricht. TibiaPress, 2011.
Shell Deutschland Holding (Hrsg.): Jugend 2010. Eine pragmatische Generation behauptet sich, Bundeszentrale für politische Bildung, 2010.
Westram, Hiltrud: Internet in der Schule, Leske + Budrich Verlag, 2000.