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Sonntag, 16. November 2014

Hilfreiche Tools im Überblick

Es ist sehr schade, dass das Blog #PB21 zum Jahresende eingestellt wird, umso erfreulicher ist es dagegen, dass die Verantwortlichen nochmals richtig Gas geben, um aus den vielen Beiträgen ein übersichtliches Archiv zu machen. Hierzu zählen verschiedene Serien, etwa von Martin Lindner zum "Lernen im digitalen Klimawandel", deren fünfter Teil eben erschienen ist.

Eine neue Serie beschäftigt sich mit digitaler Arbeitsorganisation. Bislang sind zwei Teile erschienen:
Außerdem versammelt das Blog Hinweise zu einer Vielzahl anderer nützlicher Werkzeuge:

Sonntag, 24. November 2013

Unterrichtsmaterialien zu Wikipedia

Foto: iStock_000016206307
Wikipedia zählt zu den bekanntesten, wichtigsten, faszinierendsten und umstrittensten Projekten des Web 2.0. Auch an dieser Stelle haben wir uns immer wieder mit der Online-Enzyklopädie befasst. Eine Zusammenschau der vielen Beiträge (Seminararbeiten, Projekte etc.) findet sich hier. Nun hat sich klicksafe.de der Thematik angenommen und eine Reihe von Unterrichtsmaterialien zur kompetenten Nutzung von Wikipedia veröffentlicht:
Das Unterrichtsmaterial erlaubt Einblicke hinter die Kulissen der Wikipedia und soll Schülern Informationskompetenz, Quellenkritik und die Freude am kollaborativen Mitarbeiten an der Wissengemeinschaft vermitteln.
Ein genauer Blick lohnt unbedingt, z.B. ausgehend von dieser Seite...

Sonntag, 17. März 2013

Das Erfolgskonzept von Wikipedia – die Community

Die Online-Enzyklopädie Wikipedia ist heute praktisch jedem Internetnutzer bekannt. Bei den weltweit am häufigsten abgerufenen Websites belegt Wikipedia Platz sechs und ist somit für Schülerinnen, Studenten, aber natürlich auch für andere Informationssuchende ein Medium, das im Alltag häufig genutzt wird (vgl. Alexa:Top Sites).

Die deutsche Sprachversion beinhaltet mittlerweile bereits über 1.5 Millionen Artikel. Diese beträchtliche Summe hat Wikipedia ihrer Community zu verdanken, welche die Inhalte erstellt und kontinuierlich überarbeitet. Sie ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn sie nicht mehr so aktiv wäre, würde Wikipedia sehr schnell von der Bildfläche verschwinden (vgl. Shirky 2008, S. 141). Die deutsche Wikipedia Community ist weltweit mit 12% aller beteiligten Wikipedianer die zweitgrößte Community (hinter der amerikanischen mit 20%) (vgl. Editorenumfrage 2011).

Es ist faszinierend, dass Tausende von Menschen verschiedenster Herkunft weltweit, kontinuierlich und engagiert sich dem Ziel verpflichten, das Wissen der Menschheit zu sammeln - und das ganz unentgeltlich. Wie hart Menschen dafür arbeiten, wenn sie etwas lieben, hat Wikipedia zu einem Phänomen gemacht (vgl. Richardson 2011, S. 95).

Der vorliegende Beitrag soll einen Einblick in die Community der Wikipedia und deren Funktionsweise, Zusammenarbeit und Herausforderungen geben.

Joseph Reagle: „Good Faith Collaboration“


Joseph Reagle, der in seinem Buch „Good Faith Collaboration: The Culture of Wikipedia“ (hier geht es zur Online-Ausgabe) die englische Community über längere Zeit untersuchte, beleuchtet diesbezüglich vor allem die Begriffe der „collaboration“ und „culture“.

Wie bereits erwähnt, gibt es zahlreiche freiwillige Mitwirkende an der Online-Enzyklopädie. Sie werden als Herzstück der Wikipedia angesehen und ergeben die „collaborative community“. Durch gemeinschaftliches Zusammenarbeiten (Kollaboration) erhält sie Wikipedia am Leben und möchte kontinuierlich dem Ziel, „eine Enzyklopädie von bestmöglicher Qualität zu schaffen“, etwas näherkommen.

Die Kollaboration der Community findet dabei in Rahmen einer Kultur statt, die ein ausschlaggebender Faktor für die Zukunft von Wikipedia ist. Diese Kultur oder Reihe von Normen definiert sich durch die von der Community gesetzten Richtlinien. Sie entstehen teilweise auch durch Auseinandersetzungen aufgrund von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Community (vgl. Lessig 2010, zitiert nach Reagle, Vorwort).

Laut Lessig ist das auffallendste Merkmal der Wikipedia „the human-ness of everything inside“. Hinter jedem Beitrag verbirgt sich ein Mensch, der unterschiedliche Absichten haben kann. Mit den verschiedenen Anliegen, Hintergründen und Ansichten der einzelnen Wikipedianer stößt die Community immer wieder an ihre Grenzen. Es gibt kaum Artikel, die nur von einer Person erstellt und bearbeitet wurden.

Andere Formen der direkten Zusammenarbeit ergeben sich beispielsweise mit der Eröffnung von sogenannten Wikipedia Projekten (= „Wiki Projekt“). In diesen finden sich interessierte Wikipedianer zu einem bestimmten Thema zusammen, planen dessen Inhalte und diskutieren die Fortschritte (vgl. Reagle 2010, S. 9).

Die Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung von Inhalten ist eine sehr intensive Form der Kooperation, in der hin und wieder Spannungen zwischen den Zielen des Einzelnen und der Gruppe auftreten (vgl. Shirky 2008, S. 50).

Wikipedia kann als eine Momentaufnahme der Community verstanden werden, in der unterschiedliche Facetten der Beteiligten (z.B. zur Verzweiflung bringende, humorvolle und teilweise auch tiefgründige Gespräche) sichtbar werden (vgl. Reagle 2010, S. 1). Die Kultur der Wikipedianer ermutigt in ihren Grundprinzipien alle Beteiligten stets zu guten Umgangsformen untereinander und einer positiven Denkweise anderen gegenüber, da dies für ein Gemeinschaftsprojekt in dieser Größe essentiell ist. Zudem möchte man bei Streitigkeiten vorbeugen, dass diese von der Sach- auf die persönliche Ebene verlagert werden (vgl. Wikipedia:Wikiquette). Die zum Fachjargon gehörende Wikiquette beinhaltet so das Grundprinzip des „Assume Good Faith“ (= Geh von guten Absichten aus), das vor allem auch zu einem unterstützenden und verständnisvollen Verhalten gegenüber Neulingen anhalten soll (siehe: „Please don’t bite the newcomers“).

Bei einem Gemeinschaftsprojekt von diesem Ausmaß sind solche Grundsätze besonders wichtig, um das professionelle Miteinander zu fördern. Sobald sich Wikipedianer im Umfeld der Community unwohl fühlen, tendieren sie dazu, das Projekt zu verlassen (vgl. Shirky 2008, S.50).

Wie setzt sich die Community zusammen?


Die Zahlen der internen Statistik verzeichnen 1.607.847 angemeldete Benutzer. Davon haben sich 23.925 Mitglieder in den letzten 30 Tagen aktiv beteiligt (vgl. Spezial:Statistik Abruf am 24.02.13). Die deutsche Wikipedia zählte im Januar 2013 131.409 aktive Wikipedianer, wobei im Vergleich zum Vormonat 858 neue Mitglieder dazugekommen sind. Davon waren, mit mehr als 5 Bearbeitungen pro Monat, 7256 Wikipedianer „aktiv“ und mit über 100 Bearbeitungen pro Monat 1112 „sehr aktiv“ (vgl. Wikipedia Statistics German; für die weltweiten Ergebnisse siehe: Wikipedia Statistics All Languages). Angeführt wird die Statistik übrigens von Wikipedianern, die sich als „Wikipediholics with a case of editcountitis“ beschreiben (Reagle 2010, S. 157).

Ein Großteil der Benutzer besteht allerdings aus „Ein-Mal-Editoren“ (vgl. Pscheida 2010, S. 358). Da es den Mitwirkenden freigestellt ist, ob sie sich mit Pseudonymen anmelden oder nicht, gibt es zahlreiche anonyme User, die im Hintergrund kleine Aufgaben übernehmen, wie z.B. das Verbessern von Rechtschreibfehlern oder der Grammatik. Solche Mitwirkenden werden humorvoll auch „Wiki-Gnomes“ genannt. Die wenigen sehr engagierten Autoren stehen also einer großen Gruppe von Autoren gegenüber, die nur einmal oder selten Änderungen vornehmen (vgl. Shirky 2008, S. 127). Doch sind alle Mitwirkenden an der Online-Enzyklopädie wichtig (vgl. Reagle 2010, S. 8). Da niemand Geld verdient und die Mitarbeit auf freiwilliger Basis erfolgt, ist es möglich, dass eifrige und sporadisch tätige Wikipedianer nebeneinander bestehen (vgl.Shirky 2008, S.121). In der Summe gibt es somit sehr viele Mitwirkende. Die weltweit verteilten kleinen und regionalen Communities ergeben eine „large community of multilingual encyclopedias and Wikimediaprojects“ (Reagle 2010, S. 10).

Wo und wie interagiert die Community?


Die Community ist in mehreren Bereichen aktiv. Zum einen sind die Wikipedia-Seiten und deren Bearbeitungen (die Enzyklopädie selbst sowie die Seiten, die z.B. die Normen und Grundsätze aufzeigen) für die Community relevant. Zum anderen spielen die Chat- und Diskussionsseiten, in denen es um Verbesserungen, Vorschläge usw. hinsichtlich Artikel geht, eine wichtige Rolle. Auch durch die Mailingliste, in der abstrakte und besonders schwierige Themen diskutiert werden, interagiert die Community. Sie ist darüber hinaus in Wikipedia-bezogenen Blogs und Podcasts aktiv. Abschließend sind die Treffen der Wikipedianer zu erwähnen, sogenannte „meetups“, in denen man sich regelmäßig zu einem Stammtisch trifft (vgl. ebd., S.9).

Rollen in der Community


Ein Blick auf die Benutzerstatistik lässt erkennen, dass es innerhalb der Community zusätzliche Aufgabenbereiche für angemeldete Nutzer gibt (z.B. Administratoren, Sichter, Bürokraten uvm.). Diese Ämter teilen den Benutzern bestimmte Aufgaben und Verantwortungsbereiche in der Community zu. Eine Untergliederung der verschiedenen „Typen“ von Wikipedianern gibt zusätzlich Aufschluss über das Selbstverständnis innerhalb der Community. Natürlich dürfen neben den angemeldeten Benutzern, die nicht-angemeldeten Benutzer („IP-ler“) nicht fehlen, da es für jedermann jederzeit problemlos möglich sein sollte, sich an der OnlineEnzyklopädie zu beteiligen.

Die Autoren: jung und männlich


Aufgrund der Verwendung von Pseudonymen und der anonymen Mitwirkungsmöglichkeit in der Wikipedia, lassen sich allgemeine Aussagen über die Teilnehmer der Community nur schwer treffen. Dennoch gab es bereits Untersuchungen zu den Wikipedianern. Interessante Ergebnisse liefert eine deutsche Studie der Universität Würzburg, die z.B. aussagt, dass die Community größtenteils männlich (88%) ist. Dies deckt sich mit der sehr ausführlichen Editorenumfrage von Wikipedia aus dem Jahr 2011, die weltweit mit 5073 Wikipedianern erhoben wurde. Hier gaben nur 8,5% an, weiblich zu sein.

Das Autorendurchschnittsalter liegt momentan bei 32 Jahren, und mehr als 60% der Wikipedianer haben einen Hochschulabschluss. Die Studie liefert auch einen nennenswerten Einblick in die Diskussionskultur der Community. 48% der 4930 berücksichtigten Antworten bezeichneten andere Editoren als gemeinschaftlich arbeitend, 38% werten andere Autoren als intelligent, 35% als hilfsbereit und 31% als freundlich. Dagegen stehen 24%, die andere Benutzer als arrogant empfinden, 8%, die andere für unhöflich oder vorlaut halten, sowie 5%, die diese als dumm bezeichnen (vgl. Wikimedia Foundation 2011: Editorenumfrage).

Grundprinzipien der Zusammenarbeit in der Community


Dass die Zusammenarbeit in einem solchen Projekt wie Wikipedia schwierig ist, steht außer Frage. Deshalb sind Normen für das Verhalten und den Umgang miteinander notwendig. Diese sind von Wikipedia zwar nicht vorgeschrieben, aber als Richtlinien und Empfehlungen vorhanden. All diese „Regeln und Konventionen des Handelns“ (Pscheida 2010, S. 367) sind mit der Zeit durch Konsens oder Gewohnheit entstanden und können sich deshalb weiterentwickeln und verändern. Die Einhaltung wird für die Zusammenarbeit als notwendig betrachtet. Im Gegensatz hierzu sind die vier Grundprinzipien (Wikipedia ist eine Enzyklopädie, Neutraler Standpunkt, Freie Inhalte und die Wikiquette) verbindlich und unveränderbar (vgl. Wikipedia:Grundprinzipien). Da die Einhaltung jedoch nicht offiziell geprüft wird, besteht ein tiefes Vertrauen in die Selbstregulierungsfähigkeit des gesamten Systems, das Grenzüberschreitungen anmahnt und gegebenenfalls diskutiert (vgl. Pscheida 2010, S. 367). Eine Erläuterung dieser Grundprinzipien kann beispielsweise in dem Online-Lehrbuch von d@dalos gefunden werden.

Good faith und NPOV


Als ergänzende Haltung zum „good faith“ (=gute Absichten) nennt Reagle den Neutralen Standpunkt, kurz NPOV (Neutral Point of View) (vgl. Reagle 2010, S. 45). Beide sind Bestandteil der 5 Säulen, welche nach Reagle die beste Zusammenfassung der Normen für die Kollaboration darstellen (vgl. ebd., S. 51f.).

Wikipedia kann als Beispiel dienen, um zu veranschaulichen, wie Normen in solch einer Kultur entstehen und wie sie inszeniert und verstanden werden (vgl. ebd., S. 13). Im Kontext dieser Normen und Konventionen rang die Community immer wieder mit sich selbst bei Themen wie Offenheit, Entscheidungsfindung oder Führungsfragen und lässt hierdurch interessante Einblicke in die gemeinsame Kultur erkennen. So ergibt sich manchmal auch ein recht chaotisches Bild von der Wikipedia (vgl. ebd., S. 14).

NPOV


Die englische Wikipedia erwartet von ihren Beteiligten, dass sie den NPOV beim Verfassen und Bearbeiten von Artikeln befolgen und sich untereinander eine „good faith“-Haltung entgegenbringen. Der NPOV ermöglicht durch die sachliche, objektive Themendarstellung, die persönliche Ansichten und einseitige Wertungen ausschließt, eine Nebeneinanderstellung aller Inhalte in der gemeinsamen Enzyklopädie. Jedoch ist die Theorie einfacher als die Praxis. „People using [a] Wiki […] [bring] their own preconceptions, agendas, and visions […]“ (Cunningham u.a. 2001, zitiert nach Reagle 2010, S. 59). Daher trifft die im NPOV geforderte Unvoreingenommenheit bei der Erstellung von Inhalten in der Realität nicht immer zu.

Der NPOV dient als Grundlage beim Verfassen von Texten für Wikipedia und stellt oftmals eine Herausforderung für die Community dar. Inwiefern die neutrale Darstellung gelungen ist, entscheiden die Benutzer. Ein Beispiel für ständige Probleme mit dem NPOV zeigt der Artikel zur Evolution, der häufig Auslöser für Diskussionen war und ist. Die Nachprüfbarkeit von Informationen spielt beim NPOV eine wichtige Rolle (vgl. Reagle 2010, S.53ff).

Für die Autoren gilt es so zu schreiben, dass die persönlichen Ansichten des Verfassers nicht deutlich werden. Bei kontroversen Themen sollte die Debatte beschrieben werden, anstatt eine der Positionen einzunehmen. Viele Wikipedianer müssen erst lernen, ihre eigenen Ansichten für das übergeordnete Wohl zu opfern. Dies wird am besten mit dem Satz „Schreiben für den Feind“ ausgedrückt, in dem der Versuch, die Sichtweise einer anderen Person so deutlich und fair wie möglich darzustellen, beschrieben wird (vgl. Wikipedia:Writing for the opponent).

Wikipedias „good faith code of conduct“


Für die Ermöglichung der erfolgreichen Zusammenarbeit in der Community ist das Ausgehen von guten Absichten (= Assume good faith, kurz AGF) notwendig. Das spiegelt sich im Verhaltenskodex (= code of conduct) wieder. Am besten ermutigt man andere zum AGF, indem die eigenen guten Absichten demonstriert werden. Es ist wichtig, dass der anderen Person auch bei offensichtlichen Fehlern nicht vorgeworfen wird, diese mit Absicht gemacht zu haben. Sobald Unstimmigkeiten auftreten, sollte versucht werden, das Problem sachlich zu thematisieren und eine Lösung zu finden, ohne dass ein Konflikt ausgelöst wird. Die Tatsache beständig im Hinterkopf zu behalten, dass es sich bei dem anderen um einen Mensch handelt, ist wichtig. Geht man vom AGF-Prinzip aus, sollte niemand persönlich angegriffen werden (vgl. Wikipedia:Assume good faith).

AGF ist so eine Art und Weise, um „good faith“ herzustellen (vgl. Reagle 2010, S. 59-63). Dass die Kooperation manchmal nicht effektiv und auch unangenehm sein kann, ist offensichtlich. Hier zeigt sich der „good faith“ z.B. in der Bereitschaft zu einer Entschuldigung gegenüber anderen Wikipedianern. Die Kultur der Community sollte durch Geduld, Höflichkeit und Humor geprägt sein. Dies ist der erfolgreichen Zusammenarbeit förderlich (vgl. ebd., S. 71). Weitere Informationen, z.B. zum Umgang mit „Neulingen“, lassen sich ebenfalls auf der AGF-Seite finden (vgl. Wikipedia:Assume good faith).

Wikiliebe


„Our community already comes from a huge variety of backgrounds, and over time the variety will only increase. The only way we can coordinate our efforts in an efficient manner to achieve the goals […] is to love our work and to love each other, even when we disagree.” (Wales (Mitbegründer von Wikipedia): Founder letter 2004)

Alle Beteiligten sollen mit Respekt und sogenannter “Wikiliebe” behandelt werden. Sie beschreibt die generelle Einstellung der Kollegialität und Gemeinsamkeit in der Wikipedia (vgl. Wikipedia:Wikiliebe). Sie soll die offene Perspektive von Wissen mit einer fürsorglichen Einstellung (oder Liebe) gegenüber anderen kombinieren. Die Wikiliebe wird sogar als wichtigster Grundsatz bezeichnet (vgl. Reagle 2010, 62).

Wikipedia als eine „open content community“


Wie der Wikipedia-Gründer Jimmy Wales einmal sagte, ist der Erfolg von Wikipedia der reine Verdienst der offenen Community (vgl. Wales:Statement of Principles). Ein wichtiges Merkmal der „open content community“ ist die Diskussion darüber, wie man die Werte in einer „freien Enzyklopädie, die jeder bearbeiten kann“ (Wikipedia:Introduction) am besten ins Gleichgewicht bringt. Reagle nennt die zentralen Charakteristika der „open content community“ (vgl. Reagle 2010, S. 75f.):

- Open Content: Ein offener Inhalt, der durch die FOSS-Lizenz (= Free and Open Source Software) verfügbar gemacht wird.

- Transparency and Integrity: Transparenz macht die Prozesse, Regeln, Bestimmungen und Begründungen der „open content community“ für alle zugänglich. Die transparente Dokumentation von Vorschlägen, Diskussionen und Entscheidungen ermöglicht eine Nachvollziehbarkeit und trägt zum Vertrauen in den Prozess bei (vgl. ebd., S. 79). Transparenz ist vor allem für Neulinge hilfreich, um die Regeln und die Kultur der Community zu verstehen. Die Wichtigkeit der Umsetzung von Transparenz kann beispielsweise in der Erwartungshaltung an die „Stewards“ (ein Amt in der Wikipedia) gesehen werden. Alle Unternehmungen, Diskussionen usw. sollen online vermerkt werden, so dass die anderen Benutzer die Entscheidungen und Mechanismen nachvollziehen können (vgl. ebd.).

- Nondiscrimination: Gleichbehandlung wird angestrebt, um ein „Wir-Gefühl“ zu erreichen. Sie soll willkürliche Diskriminierung gegenüber anderen Personen, Gruppen oder Charakteristiken unterbinden, da sie für die Zusammenarbeit in der Community schädlich sind. So sollte auch das Verhalten gegenüber Neulingen nicht herablassend sein (vgl. Please do not bite the newcomers). Es gilt, jeden mit Respekt und Würde zu behandeln (vgl. Wales: Statement of principles). Auftretende Probleme sollten, gemäß der transparenten Haltung, in offenen Foren der Mailingliste vorgestellt werden, so dass mit ihnen auf eine konstruktive Art und Weise umgegangen werden kann (vgl. Reagle 2010, S. 80). So sollen auch Wikipedianer, denen besondere Rechte aufgrund ihrer Position zuteil werden, diese nicht ausnutzen und andere Benutzer nicht diskriminieren (vgl. ebd., S. 81f).

- Noninterference beschreibt die Möglichkeit, die offenen Fragen bei Nichtübereinstimmung mit den gerade erwähnten Punkten in eigener Initiative und ohne Einschränkung in anderen Online-Projekten fortführen zu dürfen. Im Englischen ist dieser Prozess als „forking“ (= Gabelung) bekannt (vgl. ebd., S. 82).

Herausforderungen durch die Offenheit


Es steht außer Frage, dass die Offenheit sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Als Nachteil wird hier der Vandalismus und dessen Folgen für die Beteiligung aufgegriffen (vgl. Reagle 2010, S. 83-88).

Als freie und offene Enzyklopädie erlaubt Wikipedia grundsätzlich jedem die Mitarbeit. Gerade deshalb ergeben sich bei Störungen in der Wikipedia (z.B. durch Vandalismus) immer neue Herausforderungen für die Community. Die Offenheit darf nicht mit dem Motto „Alles ist erlaubt“ gleichgesetzt werden. Dies ist jedoch leider immer wieder der Fall (vgl. ebd., S. 84). Um bei Vandalismus schnellst- und bestmöglich handeln zu können, hat Wikipedia spezielle Mechanismen eingerichtet.

So können z.B. automatisierte „bots“ den Artikel in den vorigen Zustand zurückversetzen. Seiten, die immer wieder von Vandalismus betroffen sind, können für eine gewisse Zeit vor der Bearbeitung „geschützt“ werden (vgl. ebd.). Benutzer, die häufig durch missbräuchliches Verhalten aufgefallen sind, droht eine von Administratoren verhängte Sperre, die in gravierenden Fällen für immer gilt. Die Sperrung kann auch für die IP-Adresse erfolgen, um Neuanmeldungen mit anderen Benutzernamen zu verhindern.

Die Einführung der „semi-protection“, die es anonymen Benutzern oder solchen, die weniger als vier Tage angemeldet sind, verbietet, geschützte Seiten zu editieren, stellt einen weiteren Schutzmechanismus dar. Solche Sicherheitsvorkehrungen erscheinen als notwendige Maßnahmen, selbst wenn darunter das Motto „anyone can edit“ leidet. Nicht zu vergessen ist allerdings, dass als oberstes Ziel der Wikipedia das Aufbauen einer freien Enzyklopädie genannt wird. Gegen dieses wird durch die zahlreichen Schutzmechanismen nicht verstoßen, selbst wenn Beiträge von neuen oder unangemeldeten Usern heute nicht mehr unmittelbar sichtbar sind (vgl. Wikipedia:Sichtung).

Der Umgang mit Vandalismus ist nur ein Beispiel, wo sich Wikipedia immer wieder fragen muss, inwieweit der Einsatz neuer technischer Funktionen oder sozialer Strukturen zum gemeinsamen Wohl beitragen und nicht zu stark mit anderen Werten in der Community kollidieren. Ein Problem wäre hier z.B. auch die gemeinsame Nutzung von IP-Adressen an einer Hochschule. Es ist keine leichte Aufgabe, Werte wie Transparenz, Gleichbehandlung oder Meinungsfreiheit mit freier Rede oder dem Schutz der Beteiligten und des Projekts zum Ausgleich zu bringen, um so dem Ziel gerecht zu werden, eine Enzyklopädie mit höchsten Qualitätsansprüchen zu erstellen (vgl. Reagle 2010, S. 96).

Grenzen, auch in Bezug auf die Offenheit, sind grundlegende Eigenschaften in einer Community (vgl. ebd.). Für eine ausführliche Beschreibung weiterer Mechanismen und sich daraus ergebenden Diskussionspunkten vgl. z.B. Pscheida 2010, S. 372-376 oder Reagle 2010, S.85f.

Bedeutung des Konsenses


„Consensus is Wikipedia’s fundamental model for editorial decision-making“ (Wikipedia:Consenus). In der Wikipedia wird eine auf Konsens beruhende Entscheidungsfindung gegenüber einer Wahl oder Abstimmung bevorzugt. Dies wird als bester Weg angesehen, um die Ziele der Wikipedia zu erreichen (vgl. ebd).

Doch was versteht man eigentlich unter Konsens? Das Wiktionary definiert Konsens mit „einer[r] Übereinstimmung der Meinungen oder Standpunkte; Einigkeit“ (vgl. Wiktionary:Konsens). Mit dem Konsens wird darauf abgezielt, die bestmögliche Lösung zu finden. Die Schnelligkeit der Entscheidungsfindung ist hierbei zweitrangig. Überlegungen, von der die Community dann über längere Zeit profitieren kann, werden als wichtiger angesehen. Um Konsens zu erreichen, soll die Meinung jedes Gruppenmitglieds ernstgenommen und abgewogen werden. Konsens erscheint als angemessenes Mittel, um Entscheidungen in einer von „openness“ und „good faith“ geprägten Community zu treffen. Desweiteren ist diese Vorgehensweise wesentlich für die Online-Kollaboration (vgl. Reagle 2010, S. 98-101).

Die Offenheit des Projektes kann auch hier teilweise als problematisch angesehen werden. Es kann z.B. vorkommen, dass sich Leute beteiligen, die andere einfach „nerven“ wollen und so partizipieren, dass ein Einvernehmen nie erreicht werden kann. Dies führt häufig zu Frustration innerhalb der Gruppe. Als weiteren problematischen Aspekt führen Benutzer an, dass je nachdem, welche Leute an welchen Tagen auftauchen und teilnehmen, die Ergebnisse der Debatten von ihnen abhängen und teilweise sehr stark variieren. So kann kein Konsens erreicht werden (vgl. ebd., S. 103f).

Besonders herausfordernd ist auch die Frage, wer letztendlich die Entscheidung trifft, dass ein Einvernehmen vorliegt und deshalb die Diskussion geschlossen werden kann. Die Theorie besagt: Ein etablierter und respektierter Benutzer könnte die Diskussion schließen. Hierfür ist ein gutes Urteilsvermögen erforderlich, um zu bestimmen, ob ein Konsens erreicht oder nicht erreicht wurde. Wenn die Diskussion kontinuierlich unterbrochen und gestört wird, ist es spätestens an der Zeit, die Diskussion zu schließen und ein Ergebnis bekanntzugeben (vgl. ebd., S. 109). Die praktische Umsetzung wirft hinsichtlich der Entscheidungsautorität jedoch weiterhin Schwierigkeiten auf (Beispiele hierzu finden sich in Reagle 2010, S. 107ff.).

Alle Regelvereinbarungen durch erreichten Konsens sind prinzipiell erneut verhandelbar. Dies wird als wichtig angesehen und kann z.B. bei neuen oder zu überdenkenden Alternativen für die Community als angemessen erscheinen. Immer wieder aufkommende und endlose Diskussionen über die gleichen Dinge sollten allerdings vermieden werden. Die Community muss hier eine angemessene Balance zwischen dem Aufwärmen von ausdiskutierten Themen und wirklich lohnenswerten finden, was bei manchen hartnäckigen Vertretern gewisser Standpunkte eine nicht gerade leichte Aufgabe darstellt (vgl. ebd., S. 105).

Polling and Voting


Da das Übereinstimmen einen komplexen Prozess darstellen kann, wird manchmal, vor allem bei einer Community von dieser Größenordnung, der Ruf nach „polling“ (Reagle 2010, S. 110) laut. „Polls“ kommen bereits zum Einsatz, wenn z.B. langwierige Diskussionen zu keinem Konsens geführt haben, aber eine klare Entscheidung notwendig erscheint. Die Community listet dann einzelne Positionen mit Erklärungen (unter Punkten wie Ablehnen, Akzeptieren usw.) auf, die dann in weiteren Diskussionen und Kommentaren enden sollen. Somit soll der Prozess der Entscheidungsfindung unterstützt, aber keinesfalls ersetzt werden (vgl. Wikipedia:Polling is not a Substitute for Discussion, auch “Voting is evil” genannt). Obwohl eine Abstimmung für Laien manchmal als angemessen erscheint, hat sich die Wikipedia Community, aus den anfangs erwähnten Gründen, bisher dagegen entschieden (für weitere Diskussionen zu diesem Thema, vgl. Reagle 2010, S. 110-114). Das Vertrauen der Community in „good faith“ und die Tatsache, dass Entscheidungen über einen Konsens getroffen werden sollen, lassen darauf schließen, dass sie langfristig auf das menschliche Urteilsvermögen setzt (vgl. ebd., S. 115).

Entscheidungsträger und Autoritäten in der Community


Reagle erwähnt, dass der „need for »dictatorship«“ (ebd., S. 130) durch die Schwierigkeit der Entscheidungsfindung in großen, freiwilligen und auf Konsens basierten Communities aufkommt (vgl. ebd., S. 129f.). Ein Moderator wird als notwendig erachtet, um Angriffen auf die Wikipedia (wenn z.B. Leute mit bösen Absichten handeln), entgegenzuwirken. Hierbei ergeben sich jedoch immer wieder Diskussionen über die „editorial authority“ (ebd., S. 131). Obwohl eigentlich jeder editieren kann, verweisen manche Äußerungen der Community darauf, dass Wales letztendlich der „Chefredakteur“ ist (vgl. für diese Debatten Reagle 2010, S. 131ff.).

Häufig wird der „Führer" einer „open content community“ als „benevolent dictator“ (ebd., S. 129) (= wohlwollender Diktator) bezeichnet. Im Kontext der Wikipedia wird hier auf Wales verwiesen. Dieser lehnt die Zuschreibung als „benevolent dictator“ übrigens ab und bringt sich eher mit einer konstitutionellen Monarchie in Verbindung. Er artikuliert eine Mischform von Führungstypen: den autokratischen (Entscheidungen vom Anführer allein), den beratenden (Problem wird mit der Gruppe und deren Informationen geteilt, bevor die Entscheidung allein getroffen wird) und den übertragenden (Problem wird geteilt, Ideen akzeptiert, Anführer akzeptiert die Lösung der Gruppe) (vgl. ebd., S. 133).

Trotz der auf guten Absichten beruhenden Wikipedia-Kultur, dem auf Gleichheit beruhenden Ethos und der Offenheit ist die Wikipedia von auktorialer Führung gezeichnet. Ein „benevolent dictator“ fungiert zur behutsamen Anleitung der Community, um in internen Streitigkeiten zu vermitteln und das Projekt gegen diejenigen zu verteidigen, die in böser Absicht handeln. Wenn diese Verantwortung von einer Person nicht mehr gedeckt werden kann, werden neue Verantwortlichkeiten und Autoritäten entstehen (vgl. ebd., S. 134f). Sobald die Autorität der Führenden das gewährte Vertrauen überschreitet, bekommen sie es schnell mit der Community zu tun. Daher ist es für Führende am besten, wenn sie umsichtig vorgehen und nur wichtige Ergänzungen vornehmen (vgl. Pscheida 2010, S. 341).

Aktuelle Herausforderungen für die Wikipedia


Die oben bereits erwähnte Editorenumfrage 2011 von der Wikimedia Foundation liefert zahlreiche interessante Ergebnisse, aus denen die Community Schlüsse ziehen sollte. Zwei besonders wichtige Aspekte sollen abschließend etwas genauer betrachtet werden.

Männerdominanz


Die Anzahl der weiblichen Autoren steigt zwar bei den Neuregistrierungen an, dennoch sind nur 8,5% aller Wikipedianer weiblich. Dieses Ungleichgewicht soll strategisch (z.B. durch vereinfachte Werkzeuge für die Editierfunktionen) angegangen werden, um die Kluft zwischen den Geschlechtern zu verkleinern. Es liegt zudem an der gesamten Community, sicherzustellen, dass mehr weibliche Wikipedianer positive Interaktionen haben und somit mehr Frauen als aktive Wikipedianer gewonnen werden können. Probleme mit einem rauen Umgangston unter den Beteiligten sind damit aber leider noch nicht gelöst (siehe hierzu z.B. Haber 2012, S. 267). Bisher editierten Frauen während ihrer aktiven Zeit übrigens weitaus weniger als Männer (vgl. Wikimedia Foundation 2011: Editorenumfrage, S.4f.; 21-24).

Autorenschwund


Die Editor Trends Study hat den Trend einer abflachenden Beteiligung in allen Projektsprachen festgestellt. Vermutungen wurden angestellt, dass „edit wars“, Rückversetzen der Artikel in den vorigen Zustand, und die Verbitterung unter den Editoren zu dieser Abnahme beigetragen haben (vgl. ebd., S. 4f.). Zwar haben die meisten Editoren ein positives Bild von ihren Gleichgesinnten, jedoch wurden auch einige negative Interaktionen gemeldet. Solche führen dazu, dass die Beteiligung in Zukunft sinkt. Deshalb liegt es an der Community, vor allem positive Interaktionen, wie die Hilfsbereitschaft gegenüber anderen, zu verstärken. Durch die Erstellung einer vereinfachten Werkzeugauswahl soll Anerkennung durch positives Feedback leichter ausgedrückt werden können. Diese Art der positiven Verstärkung kann dem Autorenschwund entgegenwirken, da 78% der befragten Autoren aussagten, dass sie bei positivem Feedback länger motiviert sind und dabei bleiben (vgl. ebd., S. 26). Das Erreichen einer positiven Umgebung innerhalb der Community würde Editoren unterstützen und Neulinge ansprechen (vgl. ebd., S. 4f.).

Einen weiteren Denkanstoß zum Autorenschwund liefert der Verfasser eines Blogeintrags, nämlich die Selbstherrlichkeit von einigen Administratoren. Es wird eine „geschlossene Gesellschaft“ beschrieben, in der das Interesse der Autoren gegensätzlich zu manchen Vorstellungen der Administratoren („Problem-Admins“) ist. Viele Admins fühlten „sich als Herr im Haus“ und wer etwas gegen sie sagte, wurde gesperrt (vgl. Falke 2013a). Interessant ist auch der Bezug zur Wikipedia-Machtstruktur, die unter anderem eine „Herrschaft der Verdienten“ (ebd.) aufzeigt, in der besonders engagierte Benutzer üblicherweise zum Admin berufen werden. Admin-Entscheidungen müssen auf den Richtlinien der Wikipedia beruhen. Eine hierbei aufkommende Kritik bemängelt, dass es an Instanzen fehle, die darüber entscheiden, ob die einzelnen Entscheidungen der Admins im Sinne der Wikipedia-Richtlinien getroffen wurden.

Dabei ist der Großteil der Admins nicht anzuprangern. Dennoch hemmen immer wieder umstrittene Löschungen oder Sperrungen Neulinge an der Mitarbeit in der Wikipedia. Falke schlägt die Einführung eines Gremiums oder sogar einer Verfassung vor, die Wikipedia fairer, demokratischer und damit attraktiver machen könnte (vgl. ebd.).

Paid Editing


Ein ebenfalls vielfach diskutiertes Thema ist das sogenannte „paid editing“ (engl. to pay = bezahlen; editing = die Bearbeitung). Da Wikipedia häufig als erste Anlaufstelle bei der Informationssuche dient, gibt es zahlreiche Unternehmen, die Inhalte in der Wikipedia überwachen lassen oder bezahlte Schreiber dazu veranlassen, maßgeschneiderte Artikel für das Unternehmen zu verfassen. Rechtlich gesehen dürfen Unternehmen unter Angabe von Quellen Beiträge erstellen oder ergänzen. Voraussetzung ist allerdings, dass dies unter Nennung des Unternehmens und nicht anonym erfolgt. Wirtschaftswerbung als Teil der Meinungsfreiheit ist somit erlaubt, Schleichwerbung allerdings ausgeschlossen. Um für die nötige Transparenz zu sorgen, arbeiten viele Unternehmen mit verifizierten Benutzern. Für diese ist es wichtig, die Grundsätze der Wikipedia zu beachten, da die Community ansonsten sehr schnell einschreitet (vgl. Falke 2013b: „Wie „Paid Editing“ die Wikipedia verändert“, siehe auch Wikipedia:PaidEditing (policy)).

“Since no one is being paid, the energetic and occasional contributors happily coexist in the same ecosystem” (Shirky 2008, S. 121). Diese Aussage von Shirky zeigt, dass mit den bezahlten Profischreibern neue Konflikte innerhalb der Community entstehen. Die Mehrheit der Community setzt aber auf Kooperation, da sich das paid editing aufgrund der Offenheit des Systems ohnehin nicht verbieten lässt. Als Chance wird z.B. das Liefern von Bildern und Daten gesehen, die anderweitig nicht verfügbar wären. So könnte beispielsweise unter Beachtung der Grundsätze (NPOV usw.) eine höhere Qualität der Artikel erzielt werden. Kritische Stimmen reden davon, dass die Glaubwürdigkeit der Wikipedia unter den paid edits leiden könnte, wenn auf längere Sicht gesehen freiwillige Autoren aufgrund solcher Konflikte die Wikipedia verlassen und der Großteil der Community dann nur noch aus bezahlten Schreibern bestehen würde (vgl. Falke 2013b; in diesem Blogeintrag werden noch weitere Vor- und Nachteile angeführt).

Das paid editing ist nicht mehr aufzuhalten. Die Glaubwürdigkeit der Online-Enzyklopädie darf dadurch aber nicht auf der Strecke bleiben. Unternehmen müssen auf werbliche Aussagen verzichten und mit lexikalischen Informationen arbeiten. Das Einhalten der Grundsätze ist auch für die bezahlten Schreiber essentiell, da ihre Änderungen ansonsten rückgängig gemacht werden. Inwiefern es Profis gelingt, im Sinne ihres Auftraggebers zu handeln und sich gleichzeitig als Teil der Community zu verstehen, bleibt spannend (vgl. ebd.). Als Problem empfindet Falke nicht die bezahlten Schreiber, sondern das drohende Ungleichgewicht, das durch den Autorenschwund entsteht (vgl. ebd.).

Abschließend lässt sich sagen, dass die Community immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert sein wird. Es bleibt spannend zu sehen, wie sie sich in Zukunft weiterentwickelt und mit internen Problemen umgeht.

Hinweis: Weitere interessante Beiträge zu Themen rund um die Wikipedia Community (und ihre Herausforderungen) liefert der Wiki-Watch-Blog.

Literatur


Fiebig, Henriette (2006): Wikipedia - schöner Schein und nichts dahinter? Über die inhaltliche Zuverlässigkeit der Wikipedia-Artikel und Folgerungen für den Unterricht. In: Log in, 26. Jg. (2006), Heft 141/142, S. 83-86.

Haber, Peter (2012): Wikipedia. Ein Web 2.0-Projekt, das eine Enzyklopädie sein möchte. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 63. Jg. (2012), Heft 5/6, S.261-270

Jaschniok, Meike (2007): Wikipedia und ihre Nutzer. Zum Bildungswert der Online-Enzyklopädie. Marburg: Tectum-Verl.

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