„Lass dir von Unbekannten keine Süßigkeiten oder Spielzeuge schenken!“, oder: „Steig niemals bei Fremden ins Auto!“ Solche Sätze hören Kinder oft. Ihre Eltern wollen so verhindern, dass sie Opfer einer Gewalttat werden.
„Rede nicht mit fremden Leuten in Chatrooms!“, wird Kindern hingegen seltener gesagt. Dabei suchen sich Pädophile heute genau dort ihre Opfer, machen sie neugierig, überreden sie zu einem Treffen. Was Kinder so treiben, wenn sie alleine im Internet surfen, und wen sie dort treffen, wissen viele Eltern nicht.
Warum Pädophile es im Internet so leicht haben, an ein Opfer zu gelangen, hat viele Gründe. Zum einen sind Chatrooms wie beispielsweise knuddels.de (
https://www.knuddels.de/) noch immer anonyme Orte, an denen jeder sich für jemand anderes ausgeben kann. Oder auch man selbst bleiben kann.
Laut Experten für sexuelle Gewalt gegen Kinder im Internet, gilt Knuddels schon lange als Geheimtipp in der Pädosexuellen Szene. In der Anonymität des Internets kennen Täter keine Tabus. Ein Kind online anzusprechen, ist eben doch viel einfacher, als einen Übergriff auf dem Spielplatz zu riskieren.
Knuddels ist ein webbasierter Online-Dienst, der im Wesentlichen einen Chat für Personen ab 14 Jahren anbietet. Für die Nutzung des Systems bedarf es einer Registrierung unter einem feststehenden Nicknamen unter Angabe einer gültigen Mailadresse. Bis Februar 2010 waren ca. 4,1 Mio. Mitglieder registriert. Knuddels bezeichnet sich selbst als eine „Chat-Community“ für mittlerweile vorwiegend junge Erwachsene, ihr Marktgebiet ist vorwiegend der deutschsprachige Raum.
Innerhalb des Angebots kann man – neben dem Chatten – an Spielen und Wettbewerben teilnehmen. Darüber hinaus steht ein Forum und eine Fotogalerie zur Verfügung. Besonders aktive Chatter erhalten nach einiger Zeit eine Homepage und ein Gästebuch. Mehrmals im Jahr werden Chattertreffen organisiert, an denen interessierte Mitglieder teilnehmen können.
Für die Nutzer des gesamten Chats stehen verschiedene Chaträume zur Verfügung. Diese haben thematische Bezeichnungen (beispielsweise Hausaufgaben, Liebe, Berlin Marzahn, Flirt 18+, Mafia2) und geben damit in der Regel eine inhaltliche Schwerpunktsetzung. Dabei kann grundsätzlich zwischen den Kategorien Under 18, Over 20, Thementalk, Games, Flirt, Lokalrunde, Card Games und Top MyChannels unterschieden werden. In einigen Chaträumen gibt es Altersbegrenzungen nach oben oder nach unten.
Damit wird versucht, einerseits Heranwachsenden und Erwachsenen ein jeweils voneinander ungestörtes Chatten zu ermöglichen, andererseits aber auch die Gesprächsinhalte altersgemäß zu trennen. Diese Altersbeschränkungen werden über das im Profil hinterlegte Alter überprüft.
Kritiker warnen, dass die Suchtgefahr von Knuddels im Vergleich zu anderen Chats höher sei, da es sich nicht nur um eine gewöhnliche Kommunikationsmöglichkeit handele, sondern „eine eigene Gesellschaft aufgebaut“ werde.
Wie bei anderen Chatangeboten existiert auch bei Knuddels die Gefahr, dass erwachsene Personen die Plattform zum Kontaktaufbau zu Heranwachsenden ausnutzen. Im Jahr 2010 gab es ein Urteil wegen Mordes und Körperverletzung gegen einen damals 27-jährigen Mann, der seine Opfer über die Plattform Knuddels.de kennengelernt hatte.
Täter finden bei Knuddel ganz leicht das für sie passende Opfer. Haben sie erst einmal bei einem Kind Interesse geweckt, versuchen sie es auf eine andere Plattform umzuleiten, etwa in ein Chatprogramm wie Skype, MSN oder ICQ. Dort greifen auch die eigentlich lächerlichen Sicherheitsprogramme der Chatrooms nicht mehr und die Täter haben freie Bahn.
Einige Täter kennen dann schon kein Halten mehr, schicken Fotos und Videos von sich selbst und ihren Geschlechtsteilen und fordern die Kinder zu sexuellen Handlungen auf. Schlimmer noch sind aber die Pädophilen, die das Kind erst emotional an sich binden, ihm oder ihr (2/3 der Betroffenen sind Mädchen) Freundschaft vorgaukeln und Versprechen abnötigen, um diese Freundschaft nicht zu zerstören. Im extremsten Fall fordern sie das Kind zu einem Treffen auf, von dem die Eltern natürlich nichts erfahren dürfen.
Doch was sollen Eltern tun? Das Chatten ist für jüngere Generationen nicht mehr wegzudenken, vielleicht ist es sogar das wichtigste Kommunikationsmittel überhaupt. Wir raten dazu, auf jeden Fall Plattformen wie Knuddels, die sich zum „Frischfleisch ziehen“ bestens eignen, ganz zu meiden. Solche Chatportale sollten, gerade für noch sehr junge Heranwachsende, komplett verboten werden.
Eine gute Alternative wäre zum Beispiel der Instantmessanger „ICQ“, bei dem man praktisch keine neuen Kontakte kennenlernt, sondern konkret Freunde und Bekannte mittels einer ICQ-Nummer hinzufügt. Hier rät medienbewusst.de Eltern, die Freundesliste ihres Kindes ab und an durchzuschauen, ob sich auch wirklich nur bekannte Freunde aus der Schule oder dem Sportverein auf der Liste befinden.
Dennoch können und sollen Eltern ihre Kinder niemals allumfassend beim Surfen oder Chatten kontrollieren, der richtige Chat und eine umfassende Aufklärung über die Problematik kann jedoch schon einiges bewirken.