Sonntag, 5. Mai 2013

Rechtsextremismus im Web 2.0 - Teil II: Werde unsterblich

Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten des Rechtsextremismus im Web 2.0 am Beispiel "Werde unsterblich"

von Esther Schmitt

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Dieser Beitrag ist Teil einer 4-teiligen Reihe zum Thema "Rechtsextremismus im Web 2.0":
Teil I: Begriff, Entwicklung, Strategien im Web
Teil II: Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten am Beispiel "Werde unsterblich"
Teil III: Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
Teil IV: Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
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Nur wenige technische Errungenschaften haben das Miteinander in den modernen Gesellschaften so massiv verändert wie das Internet, insbesondere das Web 2.0 (vgl. Esser 2002, S. 3). Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: Onlinebanking, Onlineshopping, Wetterbericht, Telefonbuch, Routenplaner und natürlich die Sozialen Netzwerke sowie viele andere Angebote des Internet sind heute für viele selbstverständlich (vgl. KIM, 2010). Vor allem für Jugendliche sind Soziale Netzwerke und Videoplattformen ein zentraler Aspekt der Internetnutzung. 2012 zählten Online-Communities neben Suchmaschinen und Videoportalen zu den drei am häufigsten genutzten Anwendungen im Internet und wurden von 78 Prozent der 12- bis 19-Jährigen zumindest mehrmals pro Woche genutzt (vgl. JIM, 2012).

Neben allen positiven Aspekten des Web 2.0 birgt dieses Medium auch Raum zum Missbrauch, z.B. durch rechtsextreme Gruppierungen. So gehören die Nutzung Sozialer Netzwerke und Videoplattformen heute zur erklärten Strategie von Rechtsextremen. Innerhalb des Internet lassen sich über die Szene hinaus Kontakte herstellen und aktiv Propaganda verbreiten (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 42).
„Rechtsextremismus im Internet ist vielschichtig und multimedial. […] Einzelne Neonazis, lose Gruppierungen, Kameradschaften, die NPD, Szene-Versandhändler – sie alle nutzen die unterschiedlichen Internetdienste zur Vernetzung und Mobilisierung oder Verbreitung von Hetze und Propaganda.“ (vgl. ebd., S. 40) 
Die UNSTERBLICHEN

Hierzu lässt sich auch eine relativ neue Gruppierung bzw. Kampagne der rechtsextremen Szene zuordnen, die sich DIE UNSTERBLICHEN nennt. Sie erlangte in einem recht kurzen Zeitraum Popularität und Zuspruch in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Flickr oder YouTube. Selbst Zeitschriften berichteten zu diesem Thema wie z.B. ZEIT ONLINE (03/2012), STERN.de (08/2012) oder der SPIEGEL (02/2013). Auch Fernsehsendungen zeigten Ausschnitte aus den Videos und berichteten über die neue rechtsextreme Kampagne.

Johannes Radke geht in seinem Artikel Neonazis hinter weißen Masken für die Bundeszentrale für politische Bildung davon aus, dass mittlerweile 200.000 Zuschauer Videos der UNSTERBLICHEN gesehen haben (vgl. 2012). Allein der Film "werde unsterblich - Demonstration in Bautzen" wurde bis zur Veröffentlichung dieses Artikels über 120.000 Mal auf YouTube angeklickt. Es scheint den Initiatoren also gelungen zu sein, mit ihren Aktionen ein großes und weitvernetztes Publikum anzusprechen. Radke spricht sogar von viralem Marketing, also der epidemischen Verbreitung der rechtsextremen Inhalte mithilfe der sozialen Netzwerke. Die UNSTERBLICHEN setzen damit vor allem auf die Breitenwirkung im Web 2.0, welches sich als fruchtbares Rekrutierungsfeld für rechtsextreme Organisationen erweist (vgl. Jugendschutz net, 2012).

Doch was macht die Kampagne WERDE UNSTERBLICH so interessant für Jugendliche und junge Erwachsene? Welche Präsentationsformen werden von der Gruppierung genutzt? Wer steckt hinter der Gruppe WERDE UNSTERBLICH?

Im nun folgenden Teil wird versucht, die Gruppierung DIE UNSTERBLICHEN näher zu betrachten. Dazu wird die Entstehung der Gruppe und deren Internetseite vorgestellt. Es folgt ein Überblick der Videoclips der rechtsextremen Gruppe mit Kommentaren von Nutzern aus der Plattform YouTube. Anschließend wird geklärt, welche Faktoren zusammenspielen, die die Faszination ausmachen, und warum eine strafrechtliche Verfolgung schwierig ist. Den Abschluss bilden Überlegungen, wie man mit Kindern und Jugendlichen über das Thema diskutieren könnte.

Entstehung

Ursprünglich begann eine Gruppierung aus Brandenburg unter dem Namen „Spreewaldlichter“ mit dem Motto „Demokraten bringen uns den Volkstod“ mit den nächtlichen Flashmobs. Die Mitglieder dieser Gruppierung waren zum Teil in der NPD- Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ aktiv. Zum ersten Mal trat die Gruppe 2006 in Lübbenau auf. Sie produzierten zusätzlich zur Kampagne WERDE UNSTERBLICH Mobilisierungsvideos für andere Autonome Nationalisten (Wikipedia: Unsterbliche (Rechtsextremismus)/Radke, 2012).

Mit der Kampagne WERDE UNSTERBLICH begannen die "Spreewaldlichter“ am 1. Mai 2011 im sächsischen Bautzen. Dort zogen laut Polizeiangaben 150-200 Anhänger des rechtsextremen Milieus unangemeldet durch die Innenstadt. Damit hob sich die Teilnehmerzahl erheblich von den meisten unangemeldeten Aufmärschen ab und stellte sogar angemeldete rechtsextreme Demonstrationen in den Schatten (vgl. Land Brandenburg Ministerium des Inneren, 2011). Die Demonstranten waren weiß maskiert, trugen schwarze Kleidung und machten mit brennenden Fackeln und Feuerwerkskörpern auf sich aufmerksam (vgl. ebd.).

Einige Tage nach dem nächtlichen Flashmob tauchte ein professionell produzierter Clip der Aktion in Bautzen mit dem Hinweis auf die Internetpräsenz der Kampagne auf, welcher sich in Sozialen Netzwerken rasend schnell verbreitete und die rechtsextreme Haltung der Produzenten verdeutlichte. Das Video wurde in den ersten Tagen mehr als 20.000 Mal geklickt. Es schien rechtsaffine Jugendliche offensichtlich anzusprechen. Doch was macht dieses Video und die dazugehörende Website aus? Warum scheint die Kampagne so positiv aufgenommen worden zu sein?

Internetpräsenz

Besucht man die Internetseite dieser Gruppierung (werde-unsterblich.info), wird dazu eingeladen, den auf der Startseite vorhandenen kurzen Film von weniger als zwei Minuten anzuschauen. Es handelt sich um ein professionell produziertes Video, das einen nächtlichen Marsch durch eine Innenstadt zeigt. Es gibt die Möglichkeit, sich den Film auf den Computer oder das Smartphone zu laden.

Der Clip beginnt mit einer unscharfen Naheinstellung auf die bewegten Fackellichter. In der zweiten Sequenz wird auf einen der Beteiligten gezoomt. Die dritte Sequenz zeigt die Anführer der Gruppe, die ein Plakat halten, auf welchem in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund in Großbuchstaben zu lesen ist: „Damit die Nachwelt nicht vergisst, dass du Deutscher gewesen bist“. Es folgen kurze Schnittsequenzen, die in Großeinstellung gefilmt sind. Dabei werden Beteiligte des Fackelzuges gezeigt. Auffallend ist, dass alle Mitwirkenden schwarze, hochgeschlossene Kleidung tragen und ihre Gesichter mit weißen Theatermasken bedecken, sodass kein Gesicht zu erkennen ist. Viele Beteiligten halten brennende Fackeln in der Hand. Das Video wird nun durch die schriftliche Aufforderung „Dein Leben mach unsterblich“ unterbrochen. Es folgen weitere Sequenzen des Aufmarsches aus verschiedenen Perspektiven. Sie zeigen die Demonstranten vor allem in engen Gassen und in Nahaufnahme. Durch geschickte Kameraeinstellungen wirkt es also, als handle es sich bei diesem Aufmarsch um eine Großdemonstration. Der Film endet mit dem Hinweis „damit die Nachwelt nicht vergisst, dass du Deutscher gewesen bist“.

Hinterlegt ist das komplette Video mit dem Neodammerung des Hollywood-Films Matrix Revolutions aus dem Jahre 1999. Durch die Untermalung mit heroischer Musik und den mystisch inszenierten Szenen wirkt der Clip wie ein Filmtrailer für einen großen Blockbuster. Vor allem die strategisch gewählte Symbolkraft der Masken wird von der Kampagne geschickt eingesetzt. Zum einen steht im Fokus, sich modern, ungewöhnlich und trotzdem ästhetisch ansprechend darzustellen. Zum anderen ermöglicht die Maskierung, im Deckmantel der Anonymität agieren zu können. Radke schreibt dazu, diese merkwürdige Prozession sei in ihrer Aufmachung eine Mischung aus einem Aufmarsch des Ku Klux Klans und der Hacker von Anonymous. An anderer Stelle wird der Marsch mit einer NS-Propagandaaktion assoziiert (vgl. Radke, 2012).

Zusätzlich zum Video wird unter der Rubrik „wer sie sind“ schriftlich ausgeführt, welche Ziele die UNSTERBLICHEN verfolgen. Mithilfe eines fiktiven Dialogs werden kritische Fragen zum nationalsozialistischen Gedankengut aus dem Weg geräumt. Der Leser wird dabei direkt angesprochen, seine möglichen Argumente vorhergesehen und mit rechtsextremen Parolen widerlegt. Der Text ist mit kurzen Sätzen einfach gehalten und damit leicht verständlich. Erklärte, zu bekämpfende Ziele der Autoren sind zum einen Menschen mit Migrationshintergrund, also die multikulturelle Gesellschaft. Zum anderen stellen die Demokratie als Regierungsform und die „Demokraten“ ein Problem für die Gruppierung dar. Weitere Themen dieses Diskurses sind die aktuelle Finanzkrise, die gesellschaftliche Politikverdrossenheit und das Altern der Gesellschaft. Bei der Auswahl der Inhalte ist davon auszugehen, dass dies für Jugendliche relevante Angelegenheiten sind.

Anknüpfend wird auf dieser Seite dazu aufgerufen, neue Flashmops in der Region des Adressaten zu initiieren und die Gruppierung innerhalb des Familien-und Freundeskreises populär zu machen. Dazu gibt es die Möglichkeit, drei vorgefertigte Druckvorlagen in DIN A 6 und DIN A 3 herunterzuladen. Interessierte können also direkt Aufkleber oder Poster erstellen und weiterverbreiten.

Vor allem die dialogische Form des Textes gibt dem jugendlichen Leser das Gefühl, gleichberechtigt mit einem Gegenüber zu kommunizieren. Rechtsaffine Jugendliche und junge Erwachsen finden ihre Meinung in den kurzen und prägnanten Antworten wieder und sich in ihrer politischen Meinung bestätigt. Die einfache aber professionelle Aufmachung und Handhabung der Website trägt sicher zum Erfolg der Kampagne bei. Es wird auf die sonst üblichen Hassparolen der rechtsextremen Gruppierungen verzichtet. Stattdessen wird von den Autoren versucht, rechtradikale Inhalte zu verschleiern. Die Internetpräsenz dockt sowohl inhaltlich als auch in der Inszenierung an die Lebenswelt der Jugendlichen an (vgl. Jugendschutz net, 2012).

In der Kategorie „Voraussetzung“ wird explizit darauf hingewiesen, dass die Initiatoren auf gewaltsame Umsetzung der Ziele verzichten. Des Weiteren wird von rechtsextremen Gruppierungen Abstand genommen. Diese Rubrik ist erst seit kurzem online. Sie ersetzt den ursprünglichen Teil der Seite, auf welchem im Falle einer Konfiszierung von Computern durch die Polizei beratende Hinweise aufgeführt wurden. Diese Rubrik war zu Beginn der Recherche noch vorhanden und ist erst seit kurzem aus dem Netz entfernt worden. Es stellt sich nun die Frage, was die Administratoren der Interseite mit der neuen Rubrik „Voraussetzung“ bezwecken. Man kann davon ausgehen, dass es sich hierbei um einen Versuch des Imagewandels handelt. Mit der Taktik, sich von aggressiven und rechtsextremen Verhalten in diesem „Leitfaden“ abzugrenzen, wird von den UNSTERBLICHEN versucht, sich mehr in der Mitte der Gesellschaft zu platzieren. Die Abgrenzung zu körperlicher Gewalt ändert letztendlich nichts an den menschen- und demokratieverachtenden Inhalten der Homepage und den Leitlinien der Bewegung.

Verbotsversuche

Es scheint nur logisch und nachvollziehbar, dass die Gruppierung „Spreewaldlichter“ im Juni 2012 von Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) verboten wurde. Dies hindert die „Spreewaldlichter“ jedoch nicht daran, ihre Website zur Aktion WERDE UNSTERBLICH im Internet online abrufbar zu lassen und damit für jeden zugänglich zu sein. Offenbar unbeeindruckt vom Verbot Woidkes sind zwei der vier Internetseiten der Neonazi-Gruppierung „Spreelichter“ weiter erreichbar. Die Aussage „Wir sind verboten – na und?“ und ein Gedicht des DDR-Oppositionellen Jürgen Fuchs ist derzeit auf der Seite der „Spreewaldlichter“ zu lesen. Ergänzt wird dies durch Links, die zu Berichten über die von der Polizei durchgeführten Razzien und auf weitere Seiten von rechtsextremen Kameradschaften in anderen Bundesländern führen (vgl. Mai, 2012).

Das große Problem ist, dass es sich bei der Gruppierung WERDE UNSTERBLICH um eine Aktionsform und nicht um eine Organisationsform handelt. Das bedeutet, dass hier lockere Gruppierungen agieren, die sich von Aktion zu Aktion neu zusammenfinden. Dies macht eine Ermittlung seitens der Polizei und Staatsanwaltschaft schwierig (vgl. Speit, 2012). Nach Erkenntnissen des Innenministeriums handelt es sich bei den UNSTERBLICHEN nicht um eine zentral gesteuerte eigenständige Organisation, sondern um ein lockeres Bündnis, das unabhängig von den örtlichen rechten Szenen agiert und dem sich jede Person anschließen kann. (vgl. Schwerdtfeger, 2012).

Eine weitere Schwierigkeit stellt der Standort der Server dar, von welchem die Seiten mit rechtsextremen Inhalten aufrufbar sind. Sie befinden sich im Ausland und sind somit außerhalb der deutschen Rechtsprechung, was das zwangsweise Abschalten verhindert.

YouTube

Auf YouTube finden sich unter dem Suchbegriff DIE UNSTERBLICHEN eine Vielzahl an weiteren Clips aus verschiedenen Städten. Die ungenehmigten Aktionen fanden z.B. in Stolpen, Karlsruhe, Leising, Hamburg und Donaueschingen statt. Bis 2012 zählte die Polizei bundesweit 25 Aktionen der Unsterblichen (vgl. Radke, 2012). Sogar aus Österreich findet man ein Video der UNSTERBLICHEN. Alle Flashmobs wurden von Mitgliedern gefilmt, bearbeitet und später auf der Internetplattform YouTube einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Schaut man sich auf der Plattform eines der Videos an, wird man automatisch auf eine weitere Aktion der UNSTERBLICHEN verwiesen, sodass man als Benutzer innerhalb kürzester Zeit Zugang zu weiteren Clips der rechtsextremen Gruppierung hat.

In Konstanz (Februar 2012) reihten sich Akteure der Bewegung sogar in einen Fastnachtsumzug, verschenkten Süßigkeiten und trugen ein Banner mit dem mysteriösen Slogan: „Narri narro – Der Untergang naht, seid ihr froh?“. Diese offensive Werbeaktion der UNSTERBLICHEN auf offener Straße lässt sich ebenfalls in einem Clip auf YouTube anschauen (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 43f.). In Essen mischte sich im selben Jahr ebenfalls eine Gruppe von etwa 20 Personen unter den Rosenmontagsumzug und konnte erst nach einiger Zeit von der Polizei gestoppt werden (vgl. Schwerdtfeger, 2012).

Die Videos über die nächtlichen Aktionen sind alle ähnlich aufgebaut: Kurze Zusammenschnitte eines Flashmobs mit schwarzgekleideten, weißmaskierten Personen, die durch enge Gassen marschieren. Die Filme sind immer so geschnitten, als handle es sich jeweils um eine große Menschenmenge. Die meisten Aktionen wurden mit einer Gruppenstärke von lediglich 10-40 Personen durchgeführt. Begleitet werden die Bilder von rechtsextremen Parolen und dem Hinweis auf die Internetpräsenz der Kampagne. Die Musik, mit der die Filme unterlegt sind, ist immer dramatisch und aus verschiedenen Hollywoodfilmen entnommen. Die meisten Clips wirken professionell gestaltet. Dabei wird viel mit Zoom gearbeitet, die Kamera-Einstellung ist oft in Nah- bzw. Großeinstellung, sodass die geringe Zahl der Beteiligten nicht auffällt. Kein Film dauert länger als zwei Minuten. So bearbeitet, wird aus einer kaum beachteten lokalen Aktion ein theatralischer Clip, der bundesweit Aufmerksamkeit erregen kann (vgl. Mühlberger 2013, S. 34).

Betrachtet man die Kommentare zu den Clips, wird deutlich, dass die Filme und deren Inhalte polarisieren. So wird das Video vom Umzug in Konstanz, das von mehr als 13.000 Teilnehmern angeschaut wurde, von dem Benutzer NationalTREUEcottbus als „sehr geiles ding…immer weiter so...“ kommentiert. Anderen Usern ist das Video „Peinlich“ oder sie halten es für „Nazidreck“.

Der Aufmarsch von Bautzen mit 120.000 Klicks wird von einem Nutzer namens volkssturmsoldat folgendermaßen ergänzt: „Unsere Truppen haben nicht kapituliert. Doch die Krieger von einst sind alt geworden, doch ihre Kinder - wir – werden ihre Plätze einnehmen. Lasst uns ihr Schwert ergreifen und bis zum Sieg weiterkämpfen. Unsere Ehre heißt Treue.“ Somit wird deutlich, dass die Videoplattform YouTube eine gute Gelegenheit bietet, sich innerhalb der rechten Szene auszutauschen, sich zu vernetzen und Meinungen kundzutun.

Faszination

Abgesehen von den Inhalten der Internetseiten, den Diskussionen in Foren und der im Netz kursierenden Clips punktet die Bewegung der UNSTERBLICHEN bei der Zielgruppe dadurch, dass die nächtlichen Aufmärsche vor allem ein Event für Jugendliche und junge Erwachsene darstellen. Die unkonventionellen und erlebnisorientierten Aktionen faszinieren und schaffen einen Wiedererkennungseffekt bei den Jugendlichen (vgl. Glaser/Schneider 2012, S. 44). Die rechtsextreme Gruppierung lockt also mit einer Erlebniswelt, mit Symbolen, sprachlichen Codes, Action und Lifestyle. Die Verabredung zur Aktion läuft heimlich über interne Verteiler oder per SMS. Bei der geringsten Gefahr, entdeckt zu werden, wird die nächtliche Zusammenkunft abgesagt, um so einem polizeilichen Zugriff oder Protesten zu entgehen (vgl. Mühlberger 2013, S. 34). Diese modernen und jugendaffinen Aktionsformen versprechen eine besondere Form des Nervenkitzels (vgl. Jugendschutz net, 2012). Erlebnisorientierten Jugendlichen bieten die nächtlichen Umzüge einen Geschmack von Auflehnung und Subversion (vgl. Radke, 2012).

Das „coole“ Image der weißen Masken zieht also Jugendliche an, emotionalisiert sie für rechtsextremes Gedankengut und schafft das Gefühl einer elitären Vereinigung (vgl. Pfohl, 2012). Auch in den sozialen Netzwerken kann man sein Profilbild mit einem Piktogramm, einem „virtuellen Anstecker“ in Form einer weißen Maske versehen. Man muss also nicht aktiv an einem Aufmarsch teilnehmen um seine Sympathie für die Gruppierung und deren rechtsextreme Inhalte mitzuteilen.

So scheint es die Kombination aus griffigen Slogans, Themen aus dem jugendlichen Umfeld gepaart mit Auftritten in der Community zu sein, die die Faszination der Kampagne erklären könnte. Ein weiterer Aspekt ist der Elite- und Zugehörigkeitsgedanke der Gruppierung sowie der Eventcharakter und Wiedererkennungseffekt der Aktionen. Vor allem Jugendliche wurden so von den Aktivitäten der Initiatoren angesprochen.

Besonders die rechtsextremen Parteien betrachten die UNSTERBLICHEN mit Wohlwollen, da es ihnen gelingt, Jugendliche und junge Erwachsene anzusprechen; auch jene, die zuvor wenig Bezug zu rechtsextremen Gedanken hatten (vgl. Mühlberger 2013, S.34).

Fazit

Die Kampagne der „Spreewaldlichter“ scheint mithilfe des Web 2.0 eine neue Dimension von Rechtsextremismus erreicht zu haben. Auf Videoplattformen und Internetseiten in Kombination von unkonventionellen, aktionsreichen, nächtlichen Events scheint es dieser Gruppierung gelungen zu sein, Jugendliche innerhalb ihres Interessensgebiets und ihrem Lebensbezug zu erreichen.

Genau hier sollte die Prävention ansetzen: Durch genaues Betrachten der Aussagen auf der Internetseite und einer Diskussion über deren Inhalte lassen sich die UNSTERBLICHEN möglicherweise „entmystifizieren“. Des Weiteren kann man die Filme der Videoplattform bzw. Internetseite analysieren und damit den Jugendlichen verdeutlichen, mit welchen filmischen Tricks sie beeinflusst werden (Musik, Schnitt, Kameraführung). Zusätzlich kann man über die Wirkung der Propagandamaschinerie der rechtsextremen Szene sprechen.

Das wichtigste jedoch ist, dass Jugendliche lernen, vermeintlich attraktive und faszinierende Inhalte des Web 2.0 als Gefahrenquelle zu entlarven und kritisch mit diesem Medium umgehen. Der richtige und sorgsame Umgang mit dem Web muss erlernt werden

Literatur

Esser, R. (2002): Rechtsextremismus im Internet. München: Grin Verlag.

Glaser, S. / Schneider, C. (2012): Zielgruppe Jugend: Rechtsextreme im Social Web; in: Aus Politik und Zeitgeschichte 18-19/2012.

Mühlberger, S. (2013): Extremismus. Die YouTube-Nazis; in: Der Spiegel 7/2013.

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