Dienstag, 7. Mai 2013

Rechtsextremismus im Web 2.0 - Teil IV: Was kann die Schule tun?

Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?

von Christina Krauter

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Dieser Beitrag bildet den Abschluss einer 4-teiligen Reihe zum Thema "Rechtsextremismus im Web 2.0":
Teil I: Begriff, Entwicklung, Strategien im Web
Teil II: Gefahren, Verlockungen und Besonderheiten am Beispiel "Werde unsterblich"
Teil III: Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus
Teil IV: Was kann die Schule gegen Rechtsextremismus tun?
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Die Schule hat Zugang und Einfluss auf alle Jugendliche und ist neben der Familie die einzige gesellschaftliche Institution, die Prävention und Information auf breiter Basis liefern kann. Dazu sind LehrerInnen notwendig, die über die Maschen der Rechtsextremen im Web 2.0 Bescheid wissen und somit sowohl Eltern als auch SchülerInnen über die Agitation der Rechten im Netz informieren können. Jedoch besteht in diesem Bereich ein erhöhter Handlungsbedarf, da es noch zu wenig bis gar nicht in der Lehrerausbildung behandelt wird.

LehrerInnen

Viele LehrerInnen haben sich mit diesem Thema während ihrer Ausbildung wenig beschäftigt, zum einen weil es das Internet zu dieser Zeit noch nicht gab, und zum anderen aus dem Grund, dass sich dieses Problem erst in den letzten 10 Jahren so rasant entwickelt hat. Unter den LehrerInnen sind die meisten sogenannte „digital immigrants“, deshalb sind Fortbildungen, Workshops und Material zu diesem Thema nötig, damit sie ihren Abstand zu den „digital natives“ aufholen und ihnen zum Beispiel beim Thema Rechtsextremismus im Web 2.0 Hilfestellungen geben können.

Eine Möglichkeit soll hier beispielhaft vorgestellt werden. Es handelt sich um das Zusatzmodul zum Lehrerhandbuch: „Rechtsextremismus hat viele Gesichter – Wie man Rechtsextreme im Netz erkennt - und was man tun kann“ von „Klicksafe.de – die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz“( das Modul kann als PDF heruntergeladen werden: http://www.klicksafe.de/service/fuer-lehrende/zusatzmodule-zum-lehrerhandbuch/). Dieses Material wurde speziell zum Safer Internet Day 2013 mit dem Thema Rechtsextremismus im Internet entwickelt. Es beinhaltet pädagogische Überlegungen und Informationen sowohl über Rechtsextremismus im allgemeinen als auch über deren Aktivitäten im Netz, Gegenstrategien, Interviews und Unterrichtsmaterial für eine Themeneinheit über Rechtsextremismus im Internet.

Bei den pädagogischen Überlegungen wird dabei auch auf die möglichen Fragen der LehrerInnen eingegangen, wie zum Beispiel rechtliche Fragen, aber auch allgemeine Fragen: „Darf ich Jugendlichen überhaupt rechtsextreme Inhalte und Videos zugänglich machen? Was sagen Eltern und Kollegen? […] Wie gehe ich mit einem Jugendlichen um, der im Unterricht seine rechtsextreme Einstellung offensiv vor den anderen Schülern vertritt?“

Diese Fragen werden beantwortet, die rechtliche Lage wird dargestellt und eine Empfehlung für die Zusammenarbeit mit Eltern und Schulleitung gegeben. Zwischen den jeweiligen Abschnitten sind immer Links zu weiteren Informationen, Hilfestellungen für konkrete Problemfälle wie rechtsextreme Schüler in einer Klasse, aber auch Verweise zu den sich im Anhang befindenden Arbeitsblättern für die SchülerInnen und dazu, für welche Fragen sie eingesetzt werden können.

Im nächsten Teil wird ausführlich die rechte Szene behandelt: Ideologie, gesellschaftliche Verteilung, Kleidung und Themen. Dabei wird auch auf neuere Entwicklungen eingegangen, wie die steigende Frauenquote. Im folgenden Abschnitt wird die „rechtsextreme Propaganda im Netz - Hippe Internetseiten und faszinierende Aktionen“ beleuchtet. Die reicht von rechtsextremer Musik, Profilen in Sozialen Netzwerken, es werden aber auch Seiten der NPD gezeigt und dargestellt, mit welchen Mittel man versucht, die Jugendlichen anzusprechen (zum Beispiel durch Videos von Aufmärschen oder zunächst harmlos wirkenden Parteimitglieder-Seiten). Die ganze Bandbreite des Rechtsextremismus im Netz wird gezeigt: von Facebook und Youtube bis hin zur NPD-Website. Die verschiedenen Codes und Strategien werden sehr gut sichtbar, auch für LehrerInnen, die sich nicht häufig im Medium Internet bewegen.

Das nächste Kapitel zeigt mögliche Gegenstrategien gegen den Rechtsextremismus auf. Dazu werden wichtige Grundsätze im Umgang mit dem Problem gegeben und auch Informationen, wie man rechtsextreme Inhalte auf den jeweiligen Plattformen wie Youtube oder Facebook melden kann. Dann folgen vier Interviews, die verschiedene Facetten des Rechtsextremismus aufzeigen sollen. Außerdem beinhaltet das Modulhandbuch noch Arbeitsblätter zu verschiedenen Themen mit Angaben zur Durchführung wie Zeit, Methoden, benötigte Materialien (PC- Zugang) und Ziele der Einheit. Die Arbeitsblätter sind so gestaltet, dass die SchülerInnen sich aktiv mit den Themen auseinandersetzen. Außerdem sind für den Lehrer Hilfestellungen eingearbeitet worden, wie den Umgang mit Screenshots rechtsextremer Internetseiten.

Dieses Modulhandbuch eignet sich gut, um einen tieferen Einblick in die rechte Szene im Internet zu bekommen, um dieses Wissen dann an die SchülerInnen weitergeben zu können. Damit wird ihnen ein kritischer und reflektierter Umgang mit dem Internet ermöglicht. Die weiterführenden Links ermöglichen auch ein schnelles Informieren über spezielle Themen, die für den Lehrer wichtig sind.

SchülerInnen

So gut wie jede/r SchülerIn ist schon einmal mit rechtsextremen Inhalten im Internet in Berührung gekommen. Wichtig ist es, den Schülern aufzuzeigen, wie die Rechten im Netz auftreten, um einen kritischen Blick für gewisse Inhalte und Symbole zu wecken. Dies kann zum Beispiel durch die oben vorgestellten Unterrichtsmodule geschehen oder auch durch ein Seminar oder einen Workshop. Die Internetseite www.hass-im-netz.info bietet dafür verschiedene Materialien an, die hier kurz vorgestellt werden sollen.

Rechtsextremismus im Internet - Workshop für Jugendliche

http://www.hass-im-netz.info/fileadmin/dateien/dokumente/PDFs/Konzepte/seminar_jugendliche.pdf

Mit dem Workshop werden LehrerInnen in die Lage versetzt, an einem Schulvormittag einen Einblick zu geben, wie die Rechtsextremen im Netz agieren und wie sie es für ihre Zwecke nutzen, aber auch wie sie selber handeln können bei ihrer täglichen Nutzung des Internets. Dabei steht vor allem das selbständige Entdecken der SchülerInnen im Vordergrund.

Zuerst wird der Wissensstand festgestellt: Wo stehen die SchülerInnen? Was wissen sie über Rechtsextreme, Symbole und Parolen? Und was noch nicht? Danach folgt eine Internetrecherche in Partner- oder Gruppenarbeit auf verschiedenen ausgewählten Internetseiten. Dabei sollen die SchülerInnen auf bestimmte Gesichtspunkte achten wie Inhalte (Antisemitismus, Geschichtsfälschung,...), Gruppen (Kameradschaften, Parteien,...), Präsentation (Farben, aufwendige Gestaltung,...).

Die ausgewählten Seiten machen das Spektrum deutlich, in dem die Rechten agieren, das von offen bekundeter Fremdenfeindlichkeit bis zu verdeckter, auf den ersten Blick nicht sichtbarer Propaganda reicht. Diese Ergebnisse werden dann im Plenum gesichert, damit verschiedene Betrachtungen besprochen werden können. Die wichtigsten Ergebnisse werden dann zusammengefasst.

Anschließend nimmt man sich in Gruppenarbeit auch den Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus an. Was gibt es für Informationen im Internet? Was kann man alleine dagegen tun, was können wir als Klasse oder Schule tun? Diese Ergebnisse werden wieder im Plenum vorgestellt, und es folgt eine Bilanz, bei der noch offene Fragen geklärt werden.

Dieser Workshop ist gut geeignet, um den SchülerInnen einen umfassenden Einblick zu ermöglichen. Sie werden darin bestärkt, sich kritisch und reflektiert im Internet zu bewegen, und werden dann nicht mehr so angreifbar für die Strategien der Rechten.

Rollenspiel

http://www.hass-im-netz.info/fileadmin/dateien/dokumente/PDFs/Konzepte/rollenspiel.pdf

Zur weiteren Vertiefung bietet sich ein Rollenspiel an, das vor allem auf rechtliche Fragen eingeht. Es geht um eine Gerichtsverhandlung, bei der die Klägerin, Leiterin eines Jugendzentrums, eine Online-Plattform anzeigt, weil diese rechtsextreme Videos nicht von ihrer Plattform nehmen will. Nach der Einführung in den Fall wird ein solches Video gezeigt.

Danach wird die Klasse in Gruppen aufgeteilt, diese bekommen dann jeweils die Gruppenkarten, die ihre Aufgabe beschreiben: Kläger und Anwalt des Klägers, 2 Zeugen des Klägers (Polizist, der die Anzeige aufgenommen hat, und ein Rechtsextremismus-Experte), Beklagter und dessen Anwalt, 2 Zeugen des Beklagten (Manager eines Internetunternehmens, Erzieher) und das Gericht.

Die Gruppen erarbeiten eine Strategie und Argumente für ihre Seite, das Gericht informiert sich über die Gesetzeslage und erarbeitet Fragen an die Zeugen. Danach folgt die Gerichtsverhandlung, alle SchülerInnen, die keine Rolle haben, dienen als Beobachter, wie sich die verschiedenen Gruppen verhalten und welche Argumente sie vorbringen. Anschließend berät sich das Gerichtm und es folgt die begründete Urteilsverkündung.

Im Plenum wird danach die Verhandlung besprochen, sowohl inhaltliche Aspekte als auch die Erlebnisebene der Spieler. Dann folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und Erkenntnisse über den möglichen Handlungsbedarf bei der Rechtsgrundlage. Bei dieser beispielhaften Gerichtsverhandlung wird die schwierige rechtliche Lage von Meinungsfreiheit und verbotenen Inhalten für die SchülerInnen deutlich sichtbar. Das Rollenspiel kann in verkürzter Weise auch in einer Doppelstunde verwirklicht werden.

Eltern

Die Eltern können und sollen nicht die kompletten Netz-Aktivitäten ihrer Kinder im Blick haben, jedoch ist es wichtig, dass Eltern über die Gefahren, auf die das Kind im Netz trifft, informiert sind. Dafür können zum einen die LehrerInnen sorgen, indem sie auch die Eltern über die Unterrichtseinheiten oder Seminare informieren und die entsprechenden Informationen zu dem Thema an die Eltern weitergeben. Die Eltern können sich weiterführend aber auch im Internet selbst über dieses Thema informieren. Eine gute Broschüre gibt es wieder von der EU-Initiative für Sicherheit im Netz – Klicksafe, die anlässlich des Safer Internet Day 2012 herausgegeben wurde: „Rechtsextremismus im Internet – so schützen Sie Ihr Kind gegen rechtsextreme Inhalte im Netz“ (http://www.klicksafe.de/service/materialien/broschueren-ratgeber/rechtsextremismus-im-internet-tipps-fuer-eltern/).

Die Broschüre beginnt mit Grundlagen: Was ist Rechtsextremismus, wer macht mit (Parteien, Kameradschaften,...), Inhalte (offensichtlich und eher unverdächtige Inhalte), Darstellung (Blog, Homepage, Youtube,....), rechtliche Lage. Screenshots verdeutlichen die Problemlage. Dann werden den Eltern die Strategien der rechten Szene erklärt. Die Jugendlichen sind die große Zielgruppe, weil sie in der Pubertät offen für Neues und Unbekanntes sind. Sie werden in „ihrem“ Medium, dem Internet, geködert mit kostenlosen Downloads von Musik, Events wie Aufmärschen, in Sozialen Netzwerken durch viele neue „Freunde“ in kurzer Zeit, die ihre Gesinnung erst nach einiger Zeit zeigen, aber auch schnelle Likes zu emotionalen Themen. Dabei werden den Eltern Informationen zu rechtsextremen Codes und Slogans geliefert. Es wird zu einem „unverkrampften und offenem“ Umgang geraten, so dass die Kinder selbst zu den Eltern kommen und man zusammen die Seite anschaut und ihnen gegebenenfalls das Weltbild und die Geschichte, die dahintersteht, erklärt. Bei Jüngeren empfiehlt man eine Kindersuchmaschine oder einen Filter. Aber auch Hilfen für Eltern mit Kindern, die rechtsextreme Tendenzen aufzeigen, finden hier Platz. Im Anhang befinden sich Links für Kinder und Jugendliche sowie für Eltern, um sich mit diesem Thema näher auseinandersetzen.

Die Broschüre bietet einen Überblick über die gesamte rechte Agitation im Web 2.0. Durch die weiterführenden Links kann man sich auch ohne große Suche über die eigenen speziellen Fragen und Themen informieren. Die Eltern sind danach gut informiert über die ganze Bandbreite der Rechten und wissen, auf was sie bei der Internetnutzung ihrer Kinder achten müssen.

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