Montag, 7. April 2014

Nazis im Netz

„Es wäre dumm, sich solchen Neuerungen zu verschließen und die sich bietenden Chancen zur Verbreitung rechter Politikinhalte ungenutzt zu lassen.“ 1

Die Nazis sind im Netz. So, wie alle anderen auch. Auch diese Gruppierung hat verstanden, dass das Web 2.0 ungeahnte Möglichkeiten bietet, um Ideologien zu verbreiten. Obiges Zitat von Jürgen Gansel, dem medienpolitischen Sprecher der NPD-Fraktion Sachsen verdeutlicht genau das. Mit „solchen Neuerungen“ ist das soziale Netz gemeint. Das kommunikative Netz. 

Was ist eigentlich „rechts“?
Wo hört eigentlich konservativ auf und wo fängt rechts an? Im Zuge der Arbeit an diesem Beitrag haben wir uns häufig diese Frage gestellt und sind zu dem Schluss gekommen, dass Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus äußerst schwierig zu definieren sind. Im Buch „Rechtsextremismus im Internet“ von Susann Zeinel Abidine wird darauf hingewiesen, dass eine Definition der Begrifflichkeiten häufig auch eine subjektive ist. Was für uns Autorinnen rechts ist, mag für Andere noch konservativ sein.

Trotz allem lässt sich sagen: Die FDGO (= freiheitliche demokratische Grundordnung) kann als Orientierungshilfe dienen. Obige Abbildung wird von Frau Zeinel Abidine in ihrem Buch "Rechtsextremismus im Internet" für uns sehr schlüssig erklärt. Radikalismus kann schon in der demokratischen Mitte unserer Gesellschaft entstehen. Es ist wichtig und richtig, dass radikale politische Äußerungen auch in der Mitte der Gesellschaft getätigt werden können. Wir Autorinnen können uns allerdings nicht gänzlich mit der Abbildung identifizieren, da in unseren Augen Rechtsextremismus und Linksextremismus nicht gleichgestellt werden können.

Des Weiteren beginnt für uns das Thema „Nazis im Netz“ bereits beim „Rechtsradikalismus“. Und somit werden wir im folgenden Artikel auch häufig die NPD erwähnen. Mag sie doch für die einen „nur“ rechtsradikal sein, so widerspricht sie unserer Meinung nach den Prinzipien der FDGO: Die freiheitliche demokratische Grundordnung bedeutet für uns auch, dass Verantwortung übernommen wird. Verantwortung nicht nur innerhalb der deutschen Grenzen, sondern auch Verantwortung darüber hinaus und somit auch Verantwortung in der EU und in anderen Ländern.

Nazi 2.0?

Im Rahmen unseres Seminars „Web 2.0 und Medienkompetenz – Was sollte ich als PolitiklehrerIn wissen?“ haben wir uns mit den Nazis im Netz beschäftigt und dabei bemerkt, dass die Nazis überall zu finden sind. Von Facebook über YouTube bis Twitter. In unserer Seminararbeit wollen wir nun einen Überblick über das Thema „Nazis im Netz“ geben und aufzeigen, wie weit sie schon vorgedrungen sind und warum der Verfassungsschutz schon von einer Unterwanderung spricht.

Jeder, der das Internet nutzt, weiß, wie leicht die Beschaffung von Informationen dadurch geworden ist. Meistens sind es nur ein paar Mausklicks und man bekommt Antworten. Und jeder, der Facebook kennt, weiß, wie leicht ein Klick auf „Gefällt mir“ gesetzt wird. Und so können die Nazis ihre Ideologien verbreiten. Man muss nicht mehr auf die Straße gehen, um seine Ideologie zu vertreten. Man kann es bequem von zuhause erledigen. Und Springerstiefel und Bomberjacke? Das braucht der neue Nazi schon lange nicht mehr.

Wer sind denn eigentlich die Nazis im Netz?

Die steigenden Zahlen der rechtsextremen Inhalte im Netz der letzten Jahre verdeutlichen die Vielfalt der Nazis, die im Netz zu finden sind. Außerdem vernetzen sich die Nazis weltweit immer mehr. Wir wollen im Folgenden einige Organisationen vorstellen, die im Netz sehr aktiv sind. Hier muss auch unbedingt die NPD erwähnt werden. Wie ja schon das Zitat in der Einleitung zeigt, ist die NPD sehr aktiv im Netz. Auch wenn die Nähe zum Rechtsextremismus immer von der NPD bestritten beziehungsweise verheimlicht wird, so finden sich doch auf der Facebook-Seite der NPD besonders interessante Angebote der Freizeitgestaltung:
Hier lädt die NPD zu einem ganz besonderen Liederabend ein. Frank Rennicke, Liedermacher, ist laut Wikipedia eine Schlüsselfigur der rechtsextremen Szene. Und auch Sascha Roßmüller spielt eine wichtige Rolle bei der NPD und begann seine Karriere beim „Nationalen Block“, der schon Anfang der 90er verboten wurde.

Die „Identitäre Bewegung“ - 0% Rassimus?

Apropos vernetzen: Zuerst sei hier die „Identitäre Bewegung“ erwähnt. Ursprünglich eine französische Bewegung, findet man diese Gruppierung heutzutage in mehreren europäischen Ländern an. Laut eines Artikels auf www.spiegel.de bezeichnet Hans-Georg Maaßen die „Identitäre Bewegung“ als „virtuelle Erscheinungsform des Rechtsextremismus“ mit "bislang wenig Realweltbezug" 2. Selbst bezeichnet sich die „Identitäre Bewegung“ als „eine wachsende, europäische Jugendbewegung, die sich gegen Massenzuwanderung und Islamisierung stellt“ 3. Es verwundert doch sehr, dass die „Identitäre Bewegung“ sich deutlich dagegen wehrt, als rechtsextrem oder als Nazis bezeichnet zu werden. Nichtsdestotrotz nutzen sie in ihren Posts auf Facebook die Terminologie aus dem Nationalsozialismus:
„Gleichschaltung“ ist ein Begriff, der in der Zeit des Nationalsozialismus seine negative Konnotation erhalten hat und von Hitler eindeutig geprägt wurde.

Die Gruppierungen, die der „Identitären Bewegung“ angehören, sind ganz unterschiedlich. Was wohl alle eint, ist die Angst vor einer „Islamisierung“. Sie werben für „Ethnopluralismus“ statt „Multitkulti“. Die „Identitäre Bewegung Deutschland“ fordert die „geistig-kulturelle Revolution der Jugend im Namen unserer ethnokulturellen Identität“ 4.

Die „Identitäre Bewegung“ ist gefährlich. Sie bewerben sich mit „0% Rassismus, 100% identitär“. Die Bilder sind bunt, sprechen Jugendliche an; es werden Events für Jugendliche organisiert. Momentan ist es jedoch nicht möglich, den Internetauftritt der "Identitären Bewegung Deutschland" zu besuchen: Die Seite lässt sich nicht mehr aufrufen. Wir konnten leider nicht herausfinden, woran das liegt. Es gibt mittlerweile jedoch einen sogenannten „Notfall-Blog“, den wir hier bewusst nicht verlinken werden. Wir weigern uns, aktiv zum Besuch der Seite beizutragen.

Beispiele aus Plattformen und Netzwerken

Wir beginnen mit Youtube. Was eignet sich schon besser, um Musik zu verbreiten? Wir beide waren uns gar nicht im Klaren darüber, dass es Landser noch gibt. Für uns war das lediglich eine rechte Band, die ominös auf dem Schulhof erwähnt wurde, die jedoch keine von uns je gehört hatte. Wir wurden schnell eines Besseren belehrt: Sucht man bei Youtube „Landser“, so taucht eine riesige Anzahl Videos auf:
Auch Videos von Grillfesten von Nazis oder von Fackelläufen sind zu finden. Was wirklich erschütternd ist: Die Kommentare unter den Videos. Es wird zum Kampf an der Waffe aufgerufen, es wird Volksverhetzung betrieben und rechte Parolen wie „Heil Hitler“ sind zu lesen.
jugendschutz.net analysierte 2010 Videoclips auf Youtube: Einzelne Videos erreichten bis zu 170.000 Zugriffe, laut dem Bericht „Rechtsextremismus online“ von jugendschutz.net. Eine genauere Analyse ergab, dass die Videoclips „hauptsächlich dem Zweck dienten, zu Events zu mobilisieren und für rechtsextreme Kampagnen und Gruppen zu werden“ 5. Bei dieser Analyse zeigte sich ebenso, dass vor allem mit den Ängsten von unzufriedenen Jugendlichen gearbeitet würde: sexueller Missbrauch, Finanzkrise und Arbeitslosigkeit lieferten häufig den Stoff für die Videoclips.

Vom offenen Rechtsextremismus nun zum deutlich versteckteren. Wer von uns hat nichts gegen Kinderschänder? Und genau das machen sich die Nazis im Netz zunutze: Auf Facebook haben wir die Gruppe „Deutschland gegen Kindesmissbrauch“ gefunden. Auf den ersten Blick wirkt die Seite eher unscheinbar. Der Gedanke, gegen Kindesmissbrauch zu kämpfen, scheint ja auch erst einmal ein durchaus ehrenwerter zu sein. Schaut man jedoch genauer hin, stößt man auf rechte Inhalte.
Wir haben versucht, diesen Beitrag an Facebook zu melden. Unsere Meldung wurde scheinbar bearbeitet, jedoch bekamen wir die Rückmeldung, dass dieser Beitrag nicht gelöscht wurde. Der Rechtsextremismus in diesem Beitrag ist wohl nicht offensichtlich genug. Und genau hier setzen die Nazis an: Ihr wohl schlagkräftigstes Argument ist das der Meinungsfreiheit für Jede und Jeden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Netzwerk Fumano auf der ersten Seite mit den Worten „Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, das für Alle gilt“ wirbt. Fumano sieht sehr unscheinbar aus.
Fumano ist jedoch alles andere als harmlos: Recherchen des Investigativteams der Welt zeigen, dass sich auf „Fumano Rechtsextreme und Personen aus der Szene der Islamhasser, die sich nicht an Nutzungsbedingungen der etablierten Netzwerke halten wollen, tummeln“. 6
Woran kann man sie erkennen? Codes und Wortwahl der Rechtsextremen im Netz
Wie wir bereits erwähnt haben, tritt der Nazi 2.0 nicht mehr offensiv „Sieg Heil“-schreiend auf. Nichtsdestotrotz kann man Nazis im Netz erkennen, wollen Sie sich doch mit Gleichgesinnten vernetzen und sich selbigen kenntlich machen. Im Folgenden listen wir eine kleine Auswahl beliebter Symbolik und Codes von Nazis im Netz auf:

Zu erwähnen sind hierbei Runen, die alten Schriftzeichen der Germanen. Germanische Kulte werden häufig von Neonazis verehrt und somit werden die Schriftzeichen gerne genutzt.
Hagalrune
Odalrune
Wir wollen es beispielhaft bei diesen beiden Runen belassen, weisen jedoch darauf hin, dass es weitaus mehr Runen gibt, die von Rechtsextremen instrumentalisiert werden. Auch viele andere Symbole werden genutzt:
Schwarze Sonne
Es ist nicht nachgewiesen, dass die schwarze Sonne germanischen Ursprungs ist. Sie gilt vielmehr als Produkt der „SS“.
Keltenkreuz
Das Keltenkreuz zu nutzen, ist in Deutschland strafbar.

Auch Zahlen, meistens am Ende eines Forumsbeitrags oder eines Artikels, können Hinweis auf einen rechten Hintergrund des Autors sein:
  • „18“: „Adolf Hitler“
  • „88“: „Heil Hitler“
  • „1919“: „SS“
Und natürlich wird von Rechtsextremen häufig der Bezug zum Nationalsozialismus hergestellt. Hierbei muss das Hakenkreuz erwähnt werden (ursprünglich ein positiv konnotiertes Heilsymbol, das lange vor der Zeit des Nationalsozialismus benutzt wurde). Außerdem wird der Reichsadler als „Metapher für Stärke, Macht, Erhabenheit, Göttlichkeit, kaiserliche Macht“ 7 benutzt.

Wir wollen hier nun nicht so sehr ins Detail gehen. Auf netz-gegen-nazis.de wird unter der Rubrik „Wie erkenne ich sie?“ eine große Vielfalt an Symbolik und Codes der rechtsextremen Szene erklärt.

Wehrt Euch!

Den letzten Abschnitt der Hausarbeit wollen wir dem Widerstand widmen. Wir wollen zeigen, dass man sich wehren kann und wie man es tun kann. Es ist wichtig, immer wieder gegen Nazis einzustehen. Auch im Netz. Hier ist es besonders leicht, einfach wegzuschauen. Ein Klick und schon hat man die Seite mit dem rechtsextremen Inhalt verlassen und muss sich nicht mehr damit auseinandersetzen. Wir wollen aber dazu ermutigen, auch hier mit kleinen Schritten ein Zeichen zu setzen. Jede Plattform, jedes soziale Netzwerk bietet die Möglichkeit, rechtsextreme Inhalte zu melden und prüfen zu lassen. Meistens findet man im „Hilfe“-Bereich einer jeden Seite eine Anleitung, wie man Inhalte, an denen man sich stört, melden und kategorisieren kann.

Natürlich unterscheiden sich die Seiten teilweise, es bedarf aber nur weniger Klicks, um über das Hilfe-Menü herauszufinden, wie es funktioniert. Bei Youtube „flaggt“ (man versieht die Videoclips mit einer Flagge) man die Videos. Bei Facebook meldet man die betreffenden Beiträge und kann auch noch genauere Angaben dazu machen. So oder so: Es ist wichtig, Beiträge zu melden. 

Quellenangaben:
  • Abb.1 Stöss, Richard: Rechtsextremismus im vereinten Deutschland, 3. überarbeitete Auflage, Berlin 2000 
  • Abidine, Susann Zeinel: Rechtsextremismus im Internet. Angebote für Kinder und Jugendliche und pädagogische Konsequenzen. Saarbrücken. 2008 
  • Abb.4 Gefunden auf Frank Franz' Facebookseite am 17.03.2014 um 12.55 Uhr 
  • Abb.5 Einladung zu einem Liederabend mit bekennenden Rechtsextremen, gesehen auf der Facebookseite der NPD am 05.03.2014 um 23:51 Uhr 
  • Abb.6 Gefunden auf der Facebookseite der Identitären Bewegung, eingesehen am 02.03.14 um 22:46 Uhr 
  • Abb.7 Screenshot der Suche nach "Landser" bei Youtube (eingesehen am 20.03.2014, 11:03 Uhr) 
  • Abb.8 Dieser Kommentar befand sich unter einem Landser-Videoclip (gesehen bei Youtube, am 20.03.2014, 11:10 Uhr) 
  • Abb.9 Gefunden auf der Facebook-Seite von "Deutschland gegen Kindesmissbrauch", am 14.03.2014 um 23:30 Uhr 
  • Abb.10 Screenshot von der Begrüßungsseite von Fumano (erstellt am 02.04.2014, um 13 Uhr) 
  • Abb.15 Gefunden auf der Facebookseite von "Jugendliche ohne Grenzen" 
  • Becker, Reiner: Ein normales Familienleben. Interaktion und Kommunikation zwischen "rechten" Jugendlichen und ihren Eltern. Schwalbach. 2008 
  • Cippitelli, Claudia. Schwanebeck, Axel (Hrsg.): Die neuen Verführer?. Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in den Medien. München. 2004 
  • Schröder, Burkhard: Neonazis und Computernetze. Wie Rechtsradikale neue Kommunikationsformen nutzen. Hamburg. 1995 
  • Den Notfallblog der Identitären Bewegung wollen wir, wie bereits oben angemerkt, nicht verlinken.

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