Im Rahmen eines Projekts beschäftigen wir uns seit einigen Wochen intensiver mit der Online-Enzyklopädie Wikipedia. Noch immer lehnen viele Lehrende an Schulen und Hochschulen Wikipedia ab - ein Umstand, der wohl nur mit mangelndem Verständnis hinsichtlich der Enzyklopädie (sowie des Web 2.0 im allgemeinen) erklärt werden kann. Wir haben uns deshalb entschlossen, in einer Reihe von Postings Wikipedia und dessen Nutzung zu erläutern. Alle Postings zusammen werden dann als neues Unterkapitel im Abschnitt
Lernen 2.0 des
Online-Lehrbuchs zum Web 2.0 veröffentlicht.
Bisher erschienen:
Wikipedia Teil I: Wie ist Wikipedia entstanden?
Wikipedia Teil II: Grundprinzipien der Wikipedia
Wikipedia Teil III: Weitere Regeln in der Welt der "freien Enzyklopädie"
Wikipedia Teil IV: Erfolgsfaktoren und Wikipedianer
Wikipedia Teil V: Motivation der AutorInnen
Wie schreibe ich einen Artikel?
(Autorin: Katharina Kuen)
Erste Schritte zum Autor - Abläufe in der Wikipedia
Der folgende Abschnitt bietet Interessierten, die aktiv in der Wikipedia mitarbeiten wollen, eine erste Orientierung hinsichtlich der wichtigsten Abläufe in dem Projekt. Zu Beginn stellt sich die Frage, inwieweit man Teil der Community sein möchte. Will man anonym als IP-ler aktiv sein oder ein Benutzerkonto anlegen? Die meisten AutorInnen agieren zunächst anonym und machen ihre ersten Erfahrungen mit kleinen Bearbeitungschritten. Hierzu zählen die Korrektur von Rechtschreib- und Kommafehlern sowie das Hinzufügen von Textabschnitten (vgl. Schuler 2007, S. 241). Innerhalb der Wikipedia bezeichnet man alle Arten von Bearbeitungen als Edits. Edits von IP-lern werden kritisch und misstrauisch betrachtet. Hintergrund ist, dass bei IP-lern die Gefahr von Vandalismus größer ist (vgl. van Dijk 2010, S. 30).
Entscheidet man sich für das Anlegen eines Benutzerkontos, kann man unter seinem richtigen Namen oder unter einem Pseudonym aktiv sein. Entscheidet man sich für ein Pseudonym, dann sollte man, um von anderen AutorInnen ernst genommen zu werden, auf die Auswahl des Nickname achten. Entscheidet man sich dafür, kein Pseudonym zu verwenden, muss man sich im klaren darüber sein, dass alle Vorgänge, die in der Wikipedia ablaufen, dokumentiert und gespeichert werden. Und diese Informationen sind nicht nur in der Wikipedia, sondern für das ganze Internet transparent.
Für das Anlegen eines Accounts spricht, dass damit wichtige Vorteile verbunden sind: Man hat weitergehende Benutzerrechte, kann beispielsweise seine eigene Benutzerseite gestalten oder Bilder hochladen (vgl. Schuler 2007, S. 141/241f). Ferner wird man von anderen Wikipedianern ernst genommen, und diese können durch das Aufrufen einer Spezialseite die bisher vorgenommenen Edits verfolgen. Zudem erhält man oftmals einen Willkommensgruß und Ratschläge (vgl. van Dijk 2010, S. 30f).
Wikipedia bietet die Möglichkeit, mehrere Benutzerkonten zu unterhalten. Wird das ausgenutzt (etwa bei Diskussionen), gilt es als Missbrauch bzw. Vandalismus - Wikipedianer verwenden hier den Begriff “Sockenpuppe”. Administratoren können diese Benutzerkonten sperren (vgl. van Dijk 2010, S. 31f).
Das
Anlegen des eigenen Benutzerkontos erfolgt mit wenigen Klicks, zunächst auf den Link “Anmelden/Benutzerkonto erstellen” auf der Hauptseite. Den nächsten Schritt der Registrierung bildet ein Klick auf den Link “Hier legst du ein Konto an”. Der weitere Ablauf ist verständlich dargestellt. Die Angabe der E-Mail-Adresse ist wichtig, da bei Passwortverlust ein neues zugesendet werden kann. Darüber hinaus wird die E-Mail-Adresse nicht öffentlich sichtbar. Ferner kann man über die Benutzerseite mit anderen Benutzern in E-Mail-Kontakt treten. Bei der Auswahl des Benutzernamens sollte auf Sonderzeichen verzichtet und auf die Namenswahl geachtet werden.
Das neue Benutzerkonto erhält automatisch nach vier Tagen den Status “bestätigt”. Dann ist man befugt, Seiten zu verschieben oder Edits bei halbgeschützten Seiten vorzunehmen. Weiterhin kann man nach zweimonatiger Registrierung mit mindestens 200 Bearbeitungen eine “Stimmberechtigung” für Meinungsbilder und die Administratorenwahl erhalten. Den Status als Sichter kann man bereits nach 60 Tagen mit mindestens 300 Bearbeitungen erreichen (vgl. van Dijk 2010, S. 34).
Eine aktive Teilnahme an Wikipedia setzt voraus, dass man den Ansprüchen gerecht wird und nicht gegen die Grundprinzipien verstößt. Heutzutage besteht man nicht nur auf grammatikalisch richtige Sätze, sondern auf ein ausführliches Quellenverzeichnis mit entsprechenden Fußnoten sowie internen und externen Links (vgl. Benutzer:Singsangsung/van Dijk, Wikimedi 2011, S. 48). Kommt es zu einer Häufung von Regelverstößen, besteht die Gefahr, gesperrt zu werden. Dann kann man keine Edits mehr ausführen (vgl. van Dijk 2010, S. 28). Um zu verhindern, dass ein noch unerfahrener Nutzer gesperrt wird, und um die Einarbeitung zu erleichtern, stellt Wikipedia seit mehreren Jahren Mentoren für neu angemeldete Benutzer bereit.
Mentorenprogramm
Das am 29. April 2007 entstandene Mentorenprogramm der deutschsprachigen Wikipedia bietet unerfahrenen Nutzern die Chance, mit einem erfahrenen Autor in persönlichen Kontakt zu treten. Die Neulinge werden bei ihren ersten Schritte in der Wikipedia von ihrem Mentor begleitet und können sich mit allen aufkommenden Fragen und Probleme an ihn wenden. Um das Mentorenprogramm nutzen zu können, muss man ein Benutzerkonto besitzen. Überdies kann man seinen Mentor selbst auswählen. Ferner kann der Betreute, Mentee genannt, oftmals die Art der Kommunikation bestimmen. Der Kontakt kann über Wikipedia, E-Mail, Instant-Messenger oder per Telefon erfolgen. Auch nach Beendigung der Betreuung kann weiterhin ein enger Kontakt zwischen Mentor und Mentee bestehen (vgl. Hector, Wikimedia 2011, S. 71f). Aktuell befinden sich 288 Mentee bei 107 Mentoren in Betreuung (
Wikipedia:Mentorenprogram Stand: 03.02.2012).
Nutzt man das Angebot des Mentorenprogramms nicht bzw. will man nur als IP-ler in der Wikipedia aktiv sein, stellen die folgenden Informationen einen ersten Überblick über die Abläufe in der Wikipedia dar.
Versionsgeschichte
Bevor man sich den ersten Bearbeitungen zuwendet, sollte man sich mit der Versionsgeschichte einer Seite beschäftigen: Jede Seite in Wikipedia besitzt eine Versionsgeschichte, auch Artikelhistory genannt. Diese zeigt alle vorherigen Versionen der Seite an. So kann die Entwicklung der Seite nachverfolgt werden. Die momentane Version der Seite kann über den Botton “Bearbeiten” beliebig editiert werden. Der Artikel muss anschließend mit dem Botton “Seite speichern” gesichert werden. Automatisch erscheint bei der Versionsgeschichte die aktuellste Version (vgl. van Dijk 2010, S. 63f).
Die Versionsgeschichte des Artikels “Neckar” zum Beispiel beinhaltet sowohl Beiträge von angemeldeten AutorInnen mit Benutzernamen als auch von IP-lern mit entsprechender IP-Adresse. Bearbeitungen von Benutzern mit Sichterstatus sind mit [automatisch gesichtet] gekenzeichnet. Die Beiträge von IP-lern und neu angemeldeten Benutzern müssen jedoch gesichtet werden, siehe [gesichtet von...]. Die in Klammern kursiv geschriebenen Hinweise und Kommentare deuten auf die Veränderungen hin.
Screenshot der Versionsgeschichte “Neckar” vom 30.01.2012
Die Versiongeschichte ist ein wichtiger Bestandteil zur Sicherung jeglicher Bearbeitungen. Im Einzelfall kann es bei schwerwiegenden Regelverstößen zur Löschung von Versionen kommen, die durch Administratoren ausgeführt werden. Folglich können ausschließlich Administratoren die entfernten Versionen sehen. Überdies können Wikipedianer mit Oversight-Status in Ausnahmefällen Versionen löschen, die sogar für Administratoren unsichtbar sind (vgl. van Dijk 2010, S. 65f).
Seite bearbeiten
Mit dem Vorwissen über den Sinn der Versionsgeschichte einer Seite kann man sich nun dem Prozess zuwenden, wie man eine Seite bearbeiten kann. Hinsichtlich der Grundprinzipien und der vielen Regeln sollten die Edits zu Beginn Schreibfehler und Umformulierungen umfassen, damit man die vielen Abläufe in der Wikipedia verstehen und sich zurechtfinden kann.
Ein “Bearbeiten”-Button ist auf jeder Seite der Wikipedia vorzufinden, außer bei geschützten Artikel, die von unangemeldeten und neu angemeldeten Benutzern nicht bearbeitet werden dürfen. Hier findet sich anstelle des “Bearbeiten”-Buttons ein “Quelltext anzeigen”-Button. Auf solchen geschützten Seiten können Änderungswünsche nur auf der dazugehörigen Diskussionsseite eingegeben werden. Zu den geschützten Seiten gehören beispielsweise fast alle verlinkten Artikel am linken Seitenrand der Wikipedia-Hauptseite. Ausschließlich Administratoren sind befugt, Seiten zu schützen oder den Schutz aufzuheben (vgl.
Hilfe:Geschützte Seiten, 03.02.2012).
Beim Öffnen einer Bearbeitungsseite erscheint der Quelltext des aktuellen Artikels. Der Quelltext beinhaltet zum normalen Text zusätzliche Zeichen. Diese Schreibweise wird auch als Wikisyntax bezeichnet. Bei Bezeichnungen, die kursiv hervorgehoben werden sollen, müssen vor und nach dem Wort jeweils zwei Apostrophe gesetzt werden. Bei fett gedruckten Wörter müssen jeweils drei Apostrophe gesetzt werden. Eine ausführliche Anleitung zur Wikisyntax ist auf der Seite
Hilfe:Textgestaltung zu finden.
Übungen zur Schreibweise der Wikisyntax können auf der Seite
Wikipedia:Spielwiese vorgenommen werden. Allerdings sollte man bedenken, dass diese Seite auch eine Versionsgeschichte besitzt und man keinen Unsinn reinschreiben sollte. Die Bearbeitungsseiten selbst enthalten Bearbeitungshilfen, so dass die jeweiligen Wörter nur noch markiert werden müssen und auf die entsprechenden Buchstaben, beispielsweise K(kursiv) oder F(fett), geklickt werden muss. Die Benutzeroberfläche ähnelt gängigen Textverarbeitungsprogrammen.
Alle Bearbeitungen können direkt im Quelltext vorgenommen werden. Man kann jedoch keine Zwischenspeicherung vornehmen. Es kann aber eine Vorschau angezeigt werden, die anschließend wieder bearbeitet werden kann. Die neu erstellte Version erscheint erst, nachdem die Seite gespeichert wurde (vgl. van Dijk 2010, S. 66f). Jede Bearbeitung eines Anfängers, angemeldet oder nicht, muss durch einen Sichter geprüft werden und wird erst nach dessen Freigabe für die Öffentlichkeit sichtbar. Diese Sichtungen enden mit dem Erhalt des Sichterstatus (vgl. ebd. S. 34).
Bei der gemeinsamen Arbeit an einem Artikel kann es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen mehreren Wikipedianern kommen. Hierbei unterscheidet man zwischen zwei Formen, dem Bearbeitungskonflikt und dem Edit-War.
Bearbeitungskonflikte können bei zeitgleicher Bearbeitung eines Artikels durch zwei Wikipedianer entstehen. Hierbei handelt es sich um das Problem, dass beide die gleiche Version aktualisieren wollen und ggf. an den gleichen Textstellen Veränderungen vornehmen. Sobald einer der beiden eine neuere Version speichert, können die Veränderungen des anderen nicht mehr gespeichert werden. Grund hierfür ist, dass immer nur an der neuesten Version Bearbeitungen erfolgen können. Um dieser Art von Konflikten vorzubeugen, kann die “Vorlage:In Bearbeitung” oben in den Quelltext eingefügt und gespeichert werden. Dadurch sind die anderen Benutzer darüber informiert, dass der Artikel derzeit bearbeitet wird (vgl. ebd. S. 68f).
Eine unangenehmere Auseinandersetzung mit anderen Wikipedianer stellt der Bearbeitungskrieg,
Edit War, dar. Darunter wird die Uneinigkeit zweier oder mehrerer Benutzer über den Inhalt eines Artikels verstanden. Teilweise handelt es sich hierbei um kleinere Veränderungen, die von einem Benutzer durchgeführt und von einem anderen rückgängig gemacht werden. Wiederholt sich dieser Vorgang, kann sich ein Administrator einschalten und den Artikel zeitweise sperren. Währenddessen sind lediglich Administratoren befugt, den Artikel zu editieren. Sobald das Problem behoben wurde, kann der Artikel wieder entsperrt werden. Diese Edit Wars lassen sich in der Regel mit verlässlichen Literaturangaben verhindern bzw. beheben (vgl. ebd S. 40).
Ungeachtet dieser gelegentlich auftretender Schwierigkeiten hat die Zusammenarbeit mit anderen Wikipedianer einen hohen Stellenwert beim Verfassen von Inhalten. Man muss mit all jenen kooperieren, die einen Artikel oder Ergänzungen lesen und diese kritisieren bzw. verändern. Dabei sollte der eigene Standpunkt sachlich vertreten, jedoch genauso andere Meinungen toleriert werden. Der Leitgedanke - die Weisheit der Vielen - sollte immer Priorität haben, um u.a. die Neutralität zu gewährleisten (vgl. Weinberger 2007, S. 163f).
Schreiben eines Artikels
Nachdem man ausreichend Erfahrungen mit kleineren Edits gesammelt hat, kann man sich an das Schreiben eines eigenen Artikels wagen. Für das Anlegen eines neuen Artikels müssen verschiedene Punkte beachtet werden, nämlich die Relevanz des Themas und die Literaturrecherche. Außerdem muss natürlich geprüft werden, ob zu dem Thema bereits ein Artikel existiert oder ob sich der geplante Beitrag besser als neuer Abschnitt in einem vorhandenen Artikel eignet. Darüber hinaus spielt das Lemma (der Titel) des Artikels eine zentrale Rolle. Hierfür gibt es die eigens angelegte Seite
Wikipedia:Namenskonvention, um einen geeigneten Titel zu finden.
Ein Artikel kann auf verschiedenen Wegen angelegt werden: Entweder durch den Link “Neuen Artikel anlegen” direkt auf der
Hauptseite der Wikipedia, oder man gibt den Titel in das Suchfenster ein. Falls die Suche keine Ergebnisse ergibt, erscheint der Hinweis, dass der Artikel noch nicht existiert und mit dem roten Link erstellt werden kann. Wird der Link geöffnet, erscheint eine Bearbeitungsseite, woraufhin man den eigenen Text in das Bearbeitungsfenster einfügen kann (van Dijk 2010, S. 70f). Um sicher zu gehen, dass der Artikel die eigenen Erwartungen erfüllt, kann eine Vorschau angezeigt werden. Ein kurzer Überblick über den Inhalt des Artikels kann unter “Zusammenfassung und Quellen” eingegeben werden, damit weitere Benutzer und Leser eine Vorstellung haben, wovon der Artikel handelt. Überdies sollten Hauptliteraturquellen eingefügt werden.
Weitere Aspekte, wie Kategorisierung und Verlinkung des Artikels, können anschließend hinzugefügt werden, um erfahrene Autoren auf den Artikel aufmerksam zu machen. Diese können sich mit dem Artikel auseinandersetzen und ihn gegebenfalls bearbeiten.
Abschließend wird der Text gespeichert. Dadurch wird automatisch eine neue Seite mit dem eigenem Artikel angelegt. Zu beachten ist, dass Artikel von Anfängern, angemeldet oder nicht, erst einer Sichtung unterzogen werden. In den folgenden Tagen - bis die Sichtung vorbei ist - sollte der eigene Artikel beobachtet werden, um herauszufinden, ob es zu Regelverstößen kam und ein Löschantrag gestellt wird (vgl.
Wikipedia:Neuen Artikel anlegen, 30.01.12).
Generell sollte beim Verfassen von Artikeln berücksichtigt werden, dass der Text für jeden verständlich ist. Hierbei orientiert sich die Wikipedia im Hinblick auf “
verständliches Schreiben” an mehreren Merkmalen des Hamburger Verständlichkeitskonzepts, das von den drei Psychologen Langer, von Thun und Tausch konzipiert wurde. Fremdwörter und Fachbegriffe sollten vermieden oder beschrieben bzw. verlinkt werden. Zudem sollte der Satzbau nicht zu einfach oder zu kompliziert gestaltet werden. Weiterhin sollten nur die wesentlichen Aspekte einer Thematik aufgegriffen werden (vgl. van Dijk 2010, S. 86ff). Weitere Informationen erhält man unter folgenden Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:WikiProjekt_Benutzerfreundlichkeit/Tipps und
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Laientest.
Die verständliche Formulierung eines Artikels bildet aber lediglich den ersten Schritt auf dem Weg zu einem gelungen Artikel. Eine weitere zentrale Aufgabe stellt das
Wikifizieren des eigenen Artikels dar. Der Begriff Wikifizieren steht für die Anpassung von Layout und Gliederung an die Anforderungen der Wikipedia. Hier geht es um die Einteilung des Artikels in Abschnitte, die interne und externe Verlinkung, die Einbindung von Bildern sowie die Auflistung von Belegen und zusätzlicher Literatur. Das Wikifizieren eines Artikels ist sehr zeitaufwändig und kann bei unerfahrenen Autoren überfordernd sein. Die Überarbeitung eines Artikels hinsichtlich der Wikifizierung wird anfangs von erfahrenen Autoren übernommen. Will man aber zu einem aktiven Autor avancieren, muss man sich das Wikifizieren aneignen (vgl. van Dijk 2010, S. 97f).
Die Artikel in der Wikipedia weisen einen einheitlichen Aufbau auf. Die Einleitung eines Artikels liefert in wenigen Sätzen eine kurze Begriffserklärung. Unabhängig vom restlichen Artikel sollte die Einleitung die zentralen Inhalte des Themas umfassen, so dass der Leser einen kleinen Überblick über das Thema erhält (vgl. ebd. S. 98). Unter der Einleitung befindet sich das Inhaltsverzeichnis, das automatisch von der Software erstellt wird, sobald ein Artikel mindestens drei Abschnitte enthält. Im unteren Drittel des Artikels befinden sich die Abschnitte “Belege” mit Fußnoten, weiterführende “Literatur” sowie “Weblinks” und “Siehe auch”. Letzteres verweist auf andere Wikipedia-Artikel mit verwandten Themen. Der Abschnitt “Weblinks” zeigt eine Auswahl an externen, themenbezogenen Links (vgl. ebd. S. 98-101). Links im Artikel verweisen dagegen ausschließlich auf weitere Artikel innerhalb der jeweiligen Wikipedia-Sprachversion. Besteht der verlinkte Artikel, so ist der Link blau, bei (noch) nicht existierenden Artikeln ist der Link rot. Links sollten nach Möglichkeit nur im Fließtext, nicht in Überschriften oder in Lemma-Nennungen gesetzt werden (vgl. ebd. S. 103).
Um zu vermeiden, dass ein anderer Benutzer einen
Löschantrag für den eigenen Artikel beantragt, sollte die ausführliche Beschreibung auf der Seite
Wikipedia:Wie schreibe ich gute Artikel? berücksichtigt werden. Löschanträge können von jedem Wikipedianer gestellt werden. Liest man persönliche Erfahrungsberichte früherer Neulinge wird geschildert, dass “eine Löschdiskussion [...] demotivierend und kontraproduktiv [ist]” (Nebelsiek, Wikimedia 2011, S. 64) oder dass man “partout nicht einsehen [will], warum nun dieser - für mich sehr informative und hilfreiche - Artikel gelöscht werden sollte” (Lüdeke, Wikimedia 2011, S. 66). Gelegentlich wird die Löschdiskussion deshalb intern auch als ”Löschhölle” bezeichnet (vgl. ebd. S. 65).
Es gibt mehrere Gründe, die zu einer Löschung führen können. Möglicherweise entspricht der Artikel nicht den Relevanzkriterien oder es wurde gegen weitere Anforderungen verstoßen. Besteht jedoch der Verdacht auf einen Verstoß gegen das Urheberrecht oder beinhaltet der Artikel fehlerhafte Inhalte, kann ein Schnelllöschantrag (SLA) beantragt werden. Teilweise kommt es zur sofortigen Löschung des Artikels. Andernfalls besteht eine Zeitspanne von sieben Tagen, währenddessen jeder Benutzer in der Löschdiskussion über den Erhalt oder die Löschung des Artikels diskutieren kann.
Ein Administrator entscheidet nach dieser Frist nach den Wikipedia-Regeln, ob der Löschantrag entfernt oder umgesetzt wird. Es ist von zentraler Bedeutung, dass sich der Autor des Artikels an der Löschdiskussion beteiligt. Bei der Diskussion sollte sachlich korrekt und vernünftig argumentiert werden. Größtenteils werden die Artikel während der Frist überarbeitet, so dass der Löschantrag zurückgezogen wird. Hierbei können zusätzliche Belege von Vorteil sein. Löschanträge sind demnach sinnvolle Arbeitsmittel, um die Autoren auf unzureichende Artikel aufmerksam zu machen (vgl. van Dijk 2010, S. 58f).
Die beiden aufgeführten Formen der Bearbeitung, das Editieren eines bereits existierenden und das Hinzufügen eines neuen Artikels, durchlaufen immer eine
Eingangskontrolle. Darunter versteht man, dass jede Bearbeitung für alle Benutzer sowohl bei den “letzten Änderungen” als auch bei den benutzereigenen “Beobachtungslisten” aufgeführt wird. Ausgewählte Wikipedianer verfügen zusätzlich über weitere Softwarefunktionen, um Änderungen zeitnah kontrollieren und Vandalismus verhindern zu können (vgl. Raschka, Wikimedia 2011, S. 86f).
Bei den
Beobachtungslisten handelt es sich um ein weiteres besonderes Feature, das nur angemeldeten Benutzern zur Verfügung steht. Artikel, die selbst hinzugefügt oder bearbeitet wurden, können zu der eigenen Beobachtungsliste hinzugefügt werden. Damit erhält man einen Überblick über alle weiteren Editierungen, die an dem Artikel vorgenommen werden. Damit eine Seite in der Beobachtungsliste erscheint, muss der weiße kleine Stern in der Mitte des oberen Seitenrands angeklickt werden. Anschließend leuchtet der Stern blau auf. Dieser Vorgang kann jederzeit rückgängig gemacht werden. Alle Veränderungen können über den Link “Beobachtungsliste” eingesehen und chronologisch angezeigt werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, den Unterschied der neuesten zur vorherigen Version einzusehen (vgl. van Dijk 2010, S. 73f).
Die Wikipedia bietet facettenreiche Möglichkeiten, um mit anderen Benutzer in Kontakt zu treten oder einen Kommentar abzugeben. Dazu zählen u.a.:
Diskussionsseiten: Jeder Artikel und viele andere Seiten in der Wikipedia besitzen eine Diskussionsseite. Diese dient u.a. für Fragen, Bemerkungen oder Änderungsvorschläge hinsichtlich der Artikel. Hier geht es also um ein Instrument zur Verbesserung der Artikel. Die Diskussionsseiten sind aber auch für reine LeserInnen von großem Interesse und bieten hilfreiche Zusatzinformationen über den bloßen Text des Artikels hinaus.
Diskussionen: In der Wikipedia befinden sich spezielle Seiten, die für Diskussionen angelegt sind. Ein Beispiel für eine Diskussion befindet sich auf der Hauptseite, die unter dem gleichnamigen Link erreichbar ist. Hier können Fragen gestellt und diskutiert werden. Diese Seiten werden sowohl von Neulingen als auch von erfahrenen Wikipedianern genutzt.
Benutzerdiskussionsseite: Diese Seite ermöglicht den direkten Kontakt mit anderen Wikipedianern. Wird eine Nachricht hinterlassen, erhält der Benutzer eine Benachrichtigung.
E-Mail: Eine nicht-öffentliche Kontaktaufnahme mit einem anderen Benutzer kann über E-Mail stattfinden. Bei der Angabe einer E-Mail-Adresse in den Einstellungen verfügt jeder Benutzer auf der Benutzerseite über die Funktion “E-Mail an diesen Benutzer”.
Support-Team: In Beschwerdefällen kann eine E-Mail an das Support-Team gesendet werden. Das Team besteht aus Freiwilligen und sollte nur benachrichtigt werden, wenn alle anderen Verfahrenswege kein Ergebnis erzielten. Das Support-Team hat viele Aufgabenbereiche, die auf der Seite
Wikipedia:Support-Team nachgelesen werden können.
Fortsetzung:
Wikipedia Teil VII: Wie finanziert sich Wikipedia?
Literatur
Clay Shirky (2008), Here Comes Everybody. The Power of Organizing Without Organizations, Penguin, S. 109-142: “Personal Motivation Meets Collaborative Production”.
David Weinberger (2008), Das Ende der Schublade. Die Macht der neuen digitalen Unordnung, Hanser, S. 160-176: „Anonyme Verfasser“.
Stefan Münker (2009), Emergenz digitaler Öffentlichkeiten. Die Sozialen Medien im Web 2.0, Suhrkamp, S. 95-102: „Kollektives Wissen und der Erfolg von Wikipedia“.
Don Tapscott/Anthony D. Williams (2007), Wikinomics. Die Revolution im Netz, Hanser, S. 71-76: „Die Enzyklopädie, an der jeder mitschreiben kann“.
Will Richardson (2011), Wikis, Blogs und Podcasts. Neue und nützliche Werzeuge für den Unterricht, Tibia Press, S. 95-116: „Wikis. Gemeinschaftsarbeit leicht gemacht“.
Anja Ebersbach/Markus Glaser/Richard Heigl (20112), Social Web, UVK, S. 39-60: „Wikis“.
Daniela Pscheida (2010), Das Wikipedia-Universum. Wie das Internet unsere Wissenskultur verändert, Transcript Verlag.
Ziko Van Dijk (2010), Wikipedia. Wie Sie zur freien Enzyklopädie beitragen, Open Source Press.
Günter Schuler (2007), Wikipedia inside. Die Online-Enzyklopädie und ihre Community, UNRAST Verlag.
Nando Stöcklin (2010), Wikipedia clever nutzen - in Schule und Beruf, Orell Füssli Verlag AG.
Wikimedia Deutschland e.V. (2011), Alles über Wikipedia. Und die Menschen hinter der größten Enzyklopädie der Welt, Hoffmann und Campe Verlag.