Mittwoch, 7. Dezember 2011

Marketing 2.0

Wer gerne am Puls der Zeit bleiben möchte, was das Marketing im Social Web betrifft, dem empfehle ich aktuell diesen Blog. Stellvertretend zwei aktuelle Einträge, die ich interessant fand:
Das ist vielleicht auch unter dem Aspekt des persönlichen fb Konsums lesenswert.

WikiLeaks als Kampagnenplattform?

Kaum haben wir uns mit WikiLeaks als Beispiel für Politik 2.0 beschäftigt, veröffentlicht die Plattform trotz verkündetem Publikationsstop auch wieder Dokumente, die "Spy Files". Es geht um die Überwachungsindustrie. Ein Spiegel-Artikel argumentiert, dass es sich in diesem Fall nicht um die Enthüllung bislang geheimer Dokumente handelt, sondern eher um eine Kampagne zu dem brisanten Thema, für die Materialien zusammengestellt und auf WikiLeaks zugänglich gemacht werden, die auch vorher zugänglich waren. Der Spiegel wertet das als Strategieänderung von WikiLeaks, weg von einer Enthüllungs- und hin zu einer Kampagnenplattform. Ob dieses Urteil vorschnell war, werden die nächsten Monate und Veröffentlichungen zeigen...

Dienstag, 6. Dezember 2011

Erster Entwurf für einen Beitrag zu Wikipedia - Bitte um Kommentare

Vergangenen Donnerstag hat sich das Autorenteam, das zusammen einen Beitrag zu Wikipedia für das Online-Lehrbuch Web 2.0 (als Unterabschnitt des Kapitels zu Lernen 2.0) verfassen will, zum ersten Mal getroffen. Wir haben - ausgehend von der Seminarsitzung zum Thema - eine Liste von Fragen zusammengestellt, die in dem Beitrag angesprochen werden sollen, und diese Fragen in eine erste Gliederung eingeordnet. Unsere Bitte geht nun an alle, diese Liste zu prüfen und uns mitzuteilen, wenn wir einen interessanten und/oder wichtigen Aspekt rund um die Online-Enzyklopädie vergessen haben. Alle Anregungen sind willkommen. Hier nun unser erster Entwurf:

Kapitel: LERNEN 2.0 - Unterabschnitt: WIKIPEDIA

Vorläufige Gliederung

1) Was ist Wikipedia und wie hat sich die Online-Enzyklopädie entwickelt?

Im Rahmen dieses ersten Kapitels sollen folgende Aspekte behandelt werden:
  • Was ist ein Wiki?
  • Wie kam es zur Gründung von Wikipedia (Vorgeschichte: Nupedia)?
  • Welche Philosophie hat Wikipedia und hat sich diese verändert?
  • Welche Regeländerungen für AutorInnen gab es im Lauf der Entwicklung?

2) Wie funktioniert Wikipedia?

Das zweite Kapitel widmet sich folgenden Fragen:
  • Was ist für den Erfolg von Wikipedia verantwortlich?
  • Wer macht mit bei der Online-Enzyklopädie?
  • Warum machen die Nutzer mit?
  • Wie finanziert sich das Projekt?
  • Wie kann man selber zum/r Autor/in werden?

3) Welche Kritik wird an Wikipedia geübt?

Im dritten Kapitel kommen folgende Punkte zur Sprache:
  • Was sind die wichtigsten Kritikpunkte an Wikipedia?
  • Wie kann man dieser Kritik begegnen?
  • Welche Gefahren gibt es für das Projekt (Vandalismus, Werbung, sonstiger Missbrauch)?

4) Fazit: Ist Wikipedia eine zuverlässige Quelle?

Im abschließenden Kapitel soll ausgehend von der zentralen Frage nach der Zuverlässigkeit der Enzyklopädie eine Bilanz versucht werden.

Ergänzend zu den 4 Kapiteln möchten wir einige Aspekte als Vertiefungsthemen näher beleuchten:
  • Wie unterscheiden sich die verschiedenen Sprachversionen (z.B. deutsch und englische Wikipedia im Vergleich)?
  • Welchen Nutzen kann Wikipedia für verschiedene Gesellschaften haben?
  • Welche Kontroversen werden in der Wikipedia-Community ausgetragen?
  • Welche Zukunftspläne haben die Betreiber von Wikipedia?
  • Welche Anwendungen auf der Basis von Wikipedia gibt es (z.B. WikiMindmap)?
  • Was sind die anderen Projekte der Wikimedia Foundation?

Die Quellen (Literatur und Links), auf die wir uns stützen wollen, finden sich im Rahmen der Lehrveranstaltung "Das Web 2.0 als neuartiges Medium" auf iversity.org unter der Sitzung mit dem Datum 17.11.2011.

Soweit unser erster Entwurf. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich die Mühe machen, unseren Entwurf verbessern zu helfen. Vielen Dank!

Freitag, 2. Dezember 2011

UdL Digital: Eine App für mehr Bürgerbeteiligung in der Politik

Heute bin ich auf ein neue Art der Kommunikation mit Politikern gestoßen. Die E-Plus Gruppe hat eine App zum kostenlosen Download bereit gestellt um mit Politikern in Kontakt zu treten bzw ihre 2.0 Aktivitäten zu verfolgen. Da die App leider nur IOS ist konnte ich sie leider nicht testen. Etwas beklemmend ist die Tatsache, dass diese App nicht vom Bundestag selbst, sondern von E-Plus ist. Trotzdem, die Idee finde ich sehr gut, bei einer Google Plus Diskussion hat der Sharer folgende Antwortmöglicheiten gegeben. ;)
"a) Prima, danke schön!
b) ein Zeugnis mentaler oder materieller Armut des Bundestages (s. Bundestags-App)
c) ein Telko als neuer Gatekeeper? Spendet den Source Code an den Bundestag."

Im Vergleich zu wahl.de oder abgeordnetenwatch.de, macht die App einen aufgeräumten Eindruck, was der Usability zugutekommt.

Wer ein mobil Gerät von Apple besitzt könnte diese App mal testen. LINK

Meinungen erwünscht!

Donnerstag, 1. Dezember 2011

WikiLeaks - Entwicklung der Enthüllungsplattform

Über WikiLeaks und Julian Assange wurde und wird viel diskutiert. Angefacht wurde das Medieninteresse meist durch spektakuläre Veröffentlichungen. Eine der eindrücklichsten Veröffentlichungen war das Video „Collateral Murder“, das unter folgendem Link in mehreren Versionen zu sehen ist: http://www.collateralmurder.com/.

Es handelt sich dabei um Aufnahmen von US-Soldaten im Irak, die ohne einen nachvollziehbaren Grund Zivilisten erschießen. Dabei wurden auch zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters erschossen. Reuters hatte schon seit langem versucht, durch rechtliche Schritte an dieses Videomaterial heranzukommen, wodurch das Video zusätzlich an öffentlicher Aufmerksamkeit gewann.


Doch wie kam es eigentlich dazu, dass WikiLeaks an dieses geheime Material herankam? Welche Idee steckt dahinter, geheime Dinge zu veröffentlichen und sich damit mit Regierungen anzulegen?


Diese Fragen sollen im Folgenden angesprochen werden. Außerdem möchte ich einen ersten Einblick hinter die Kulissen von WikiLeaks anhand des Buches „Inside WikiLeaks“ von Daniel Domscheit-Berg - einem früheren Mitglied von WikiLeaks - geben. Anfangs gehe ich kurz auf den Lebenslauf des WikiLeaks-Gründers Julian Assange ein, um dessen Motive zu verdeutlichen. Eine Chronologie der Entwicklung von WikiLeaks befindet sich am Ende dieses Textes.


WikiLeaks - an erster Stelle steht die Transparenz


Es gibt im Internet viele Definitionen von Zeitungen oder anderen Websites über die Enthüllungsplattform, doch am prägnantesten ist die von WikiLeaks selbst:


„WikiLeaks is a not-for-profit media organisation. Our goal is to bring important news and information to the public. We provide an innovative, secure and anonymous way for sources to leak information to our journalists (our electronic drop box). One of our most important activities is to publish original source material alongside our news stories so readers and historians alike can see evidence of the truth.“(Quelle:
http://www.wikileaks.org/About.html, abgerufen am 17.09.2011)

Wie dies umgesetzt wird, beschreibt Daniel Domscheit-Berg („Daniel“) in seinem Buch „Inside WikiLeaks“ in wenigen Sätzen:


„Die Quellen laden hier ihre Dokumente hoch, das WL-Team bereinigt sie von Metadaten, verifiziert die Einsendungen und beschreibt die Zusammenhänge in Zusatztexten. Am Ende wird alles auf der Website veröffentlicht.“ (Domscheit-Berg, D. (2011): Inside WikiLeaks. Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt. Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin, S.270)


Das WikiLeaks-Team


Der eigentliche Gründer von WikiLeaks war allerdings ein anderer: Julian Assange („Julian“). Er wurde am 3.Juli 1971 in Townsville, Queensland, Australien geboren und hatte mit 16 Jahren seine ersten Programmiererfahrungen gesammelt. In späteren Jahren gehörte er zu einer Hackergruppe namens „The International Subversives“, die ein anarchistisches Programm verfolgte. Er selbst war unter dem Pseudonym „Mendax“ bekannt und musste sich im Alter von 20 Jahren erstmalig vor Gericht verantworten, da er sich Zugriff auf interne Datenbanken von Unternehmen verschafft hatte (vgl.
http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=3124&RID=1, abgerufen am 07.10.2011).

Die Arbeit bei WikiLeaks erledigten größtenteils Julian und Daniel, wobei letzterer sich vor allem auch um den öffentlichen Auftritt kümmerte. Daniel war auch unter dem Pseudonym „Daniel Schmitt“ bekannt. Zwei weitere Mitstreiter von WikiLeaks werden in dem Buch „Inside WikiLeaks“ ausschließlich mit Pseudonymen genannt, der „Architekt“ und der „Techniker“. Diese beiden waren für die Technik der Website verantwortlich, während Julian und Daniel sich eher um die Inhalte kümmerten. Eine weitere Person bei WikiLeaks, die in der Öffentlichkeit nie erwähnt wurde, ist die Nanny. Sie ist eine alte Bekannte von Julian und wurde immer dann gerufen, wenn es Probleme gab, die Julian nicht selbst lösen wollte. Außer diesen Personen gab es noch einige weitere, die zum inneren Zirkel bei WikiLeaks gehörten, diese werden hier jedoch nicht aufgeführt, da sie erst später oder nur vorübergehend dazugehörten. Zusätzlich gab es noch viele Freiwillige, die zum Beispiel die Konten verwalteten oder kleinere Aufgaben übernahmen.


Inside WikiLeaks


Daniel Domscheit-Berg verfasste ein umfassendes Buch über die Entstehung von WikiLeaks und über die internen Abläufe einzelner Veröffentlichungen hinter den Kulissen. Es beginnt unter anderem mit der ersten Begegnung von Daniel und Julian auf dem 24. Chaos Communication Congress (ein Artikel über die Veranstaltung ist unter folgendem Link zu lesen
http://www.pcwelt.de/news/Volldampf-voraus-Der-24-Chaos-Communication-Congress-24C3-in-Berlin-221673.html, abgerufen am 29.11.2011) in Berlin 2007, nachdem sie sich zuvor im Chatroom von WikiLeaks virtuell getroffen hatten. Daniel ist fasziniert von Julian und übernimmt viele Programmiererarbeiten bei WikiLeaks.

Im Buch werden einige Veröffentlichungen von WikiLeaks beschrieben. Der erste Fall, bei dem Daniel involviert war, betrifft die Julius Bär Bank. WikiLeaks veröffentlicht im Januar 2008 geheime Daten, die verdeutlichen, dass die Bank Steuersünder unterstützt und sich zusätzlich selbst nicht ganz legal bereichert. Durch den anschließenden Gerichtsprozess und den von WikiLeaks veröffentlichten Mailverkehr zwischen WikiLeaks und den Anwälten der Bank wird die Website innerhalb kürzester Zeit bekannt.


Bei dieser Veröffentlichung unterläuft dem WikiLeaks-Team jedoch ein Fehler, denn bei einer als Steuersünder dargestellten Person stellt sich heraus, dass diese nicht einmal ein Konto bei der Bank hatte und es sich um eine Verwechslung mit einer anderen Person handelte, die den gleichen Namen trug. Es meldeten sich noch viele weitere bei WikiLeaks mit dem Anliegen, sie doch bitte von der Liste der Steuersünder zu streichen, da sie unschuldig seien, doch es gab bei keine Beweise für deren Unschuld.


Bei der nächsten großen Veröffentlichung bekamen Julian und Daniel Hilfe von der Netzaktivistengruppe „Anonymous“. Diese hatte ein großes Interesse daran, die Öffentlichkeit über Scientology aufzuklären beziehungsweise der Sekte zu schaden. Es gab ein breites Spektrum an durch WikiLeaks veröffentlichtem Material, das von den geheimen Büchern bis hin zu Auflistungen von Firmen, Dienstleistern etc. reichte, die Scientology unterstützen. Im Gegensatz zu Julius Bär kam nach dieser Veröffentlichung jedoch keine Klage, wodurch die große Öffentlichkeitswirksamkeit ausblieb.


Weiterhin wird in dem Buch der Umgang mit den Medien beschrieben, der nicht immer nach außen publiziert wurde. Es gab Zeitungen, die sich nicht an Abmachungen hielten, indem sie zum Beispiel nicht darauf hinwiesen, dass sie das Material für ihren veröffentlichten Artikel von WikiLeaks erhalten hatten. Die meisten jedoch veröffentlichten einen Anteil des erhaltenen Materials und verwiesen auf das vollständige Dokument auf der WikiLeaks-Website.


Den dadurch ansteigenden Bekanntheitsgrad bekamen Julian und Daniel beim 25. Chaos Communication Congress zu spüren. Anstatt in einem kleinen Kellerraum - wie beim ersten Mal - bekamen sie dieses Mal den Hauptsaal zugeteilt (der Inhalt des Vortrags ist unter folgendem Link zusammengefasst zu finden
http://events.ccc.de/congress/2008/Fahrplan/events/2916.en.html, abgerufen am 29.11.2011). Das Publikum sprengte förmlich den Raum.

In anderen Bereichen hingegen war das Feedback eher negativ. Nach Veröffentlichungen kamen oft Drohungen mit juristischen Maßnahmen. Die Antworttaktik war stets dieselbe. Zuerst wurde danach gefragt, ob die Betroffenen das Copyright an dem besagten Dokument hätten und danach wurde der gesamte Schriftverkehr veröffentlicht. WikiLeaks zog aus diesen Drohungen auch den Vorteil, eine Bestätigung für die Echtheit der Dokumente zu haben, wodurch die aufwendige Prüfung teilweise wegfiel. Bei einem Leak konnten sie sich allerdings sicher sein, dass keine Drohung kommen würde. Denn im Februar 2009 kam die einzige Veröffentlichung zu WikiLeaks selbst zustande, indem die Spenderliste von WikiLeaks online gestellt wurde.


Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit den Finanzen von WikiLeaks. Um diese war es nach spektakulären Veröffentlichungen immer gut bestellt, da zu dieser Zeit viele Spenden eingingen. Allerdings wurden die Konten des öfteren eingefroren, sei es wegen einem fehlenden Dokument oder einer Veröffentlichung über die Finanzdienstleister. Diese liefen meist über freiwillige Mitarbeiter, die sich nicht explizit für diesen Posten gemeldet hatten. Dieses Prinzip nutzte WikiLeaks in allen Bereichen, in denen Freiwillige involviert waren. Bei den Konten gab es jedoch auch eines, das über Julian lief. Laut Daniel wurde es leer geräumt, bevor es gesperrt wurde, allerdings wird nicht deutlich, ob Julian das Geld für eigene Zwecke verwendet hat.


Das nächste Kapitel von „Inside WikiLeaks“ befasst sich mit der Veröffentlichung der Internetfiltersysteme verschiedener Länder. In Australien führte dieser Leak zu verärgerten Politikern im Wahlkampf, und kurze Zeit später tauchte bei WikiLeaks ein Dokument auf, das sich von dem ursprünglich veröffentlichten Dokument genau in den Punkten unterschied, die von der Bevölkerung in Australien kritisiert wurden.


Das politische Geschehen in Island wurde ebenfalls durch eine Veröffentlichung von WikiLeaks über die Kaupthing Bank beeinflusst, die fragwürdige Kredite verteilt hatte, bevor sie insolvent ging. Einen Vortrag zu den daraus resultierenden Vorfällen in Island und den Zukunftsvisionen von WikiLeaks hielten Julian und Daniel beim 26. Chaos Communication Congress (Zusammenfassung des Vortrags zu finden unter
http://events.ccc.de/congress/2009/Fahrplan/events/3567.en.html, abgerufen am 29.11.2011).

Zuvor hatte WikiLeaks eine Zwangspause kurz vor Weihnachten eingelegt, da die Technik verbessert werden musste und die finanzielle Unterstützung nicht ausreichte. Als Julian und Daniel nach Island flogen, um ihre Idee von einem Medienfreihafen dort zu realisieren, kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden. Während Julian mit anderen Mitstreitern in Island blieb, flog Daniel wieder nach Deutschland und lernte seine spätere Frau Anke kennen. Nun kümmerte er sich mehr um sein Privatleben, das er vorher vernachlässigt hatte. Er arbeitete noch weiterhin für WikiLeaks und versuchte, mit Julian per Chat zu kommunizieren, allerdings meistens ohne Erfolg.


In dieser Zeit kamen auch zwei Journalisten zu WikiLeaks, die das Videomaterial für das spätere „Collateral Murder-Video“ aufwerteten. Als Bradley Manning - ein „Intelligence Analyst“ - in den USA verhaftet wurde, weil er angeblich das Material für das Video an WikiLeaks weitergeleitet hatte, gab es einen Spendenaufruf von WikiLeaks, um ihm zu helfen. Doch laut Daniels Ausführungen kam dank Julian nie Geld von WikiLeaks bei Bradley an.


Als die Anklage gegen Julian kam, war Daniel gerade im Familienurlaub. Aus Julians Sicht war diese Anklage von den USA geplant worden, und die Vorwürfe nur eine Fassade, um die wahren Gründe zu verschleiern. Innerhalb WikiLeaks fing es in dieser Zeit schon an, Differenzen zu geben. Julian war erpicht darauf, die großen Leaks in den Fokus zu nehmen, wohingegen Daniel auch gern kleinere Leaks veröffentlicht hätte. Außerdem war die Technik von WikiLeaks schon wieder updatebedürftig.


Nach einem gescheiterten Versuch, Julian wachzurütteln, kam bald darauf die Suspendierung von Daniel via Chat. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, nicht loyal zu sein. Er arbeitete trotzdem weiter für WikiLeaks, wurde jedoch in seinem Handlungsspielraum eingeschränkt. Laut Julian soll es noch eine Anhörung vor einem ausgewählten Gremium geben. Diese wurde mehrmals verschoben, bis Daniel einen Server reparierte. Julian war außer sich und berief die Chatdiskussionsrunde am 14. September 2010 ein.


In diesem Chat beschuldigte er nicht nur Daniel als Saboteur, sondern auch ein anderes Mitglied namens Birgitta, die nach den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Julian der Meinung war, dass er sein Privatleben mit WikiLeaks verknüpfe und dies auch öffentlich gemacht habe. Nach diesem Chat löste sich das Kernteam von WikiLeaks auf, da Julian für einige zu weit gegangen war. Der Architekt und Daniel registrierten schon drei Tage später die Website OpenLeaks (zu sehen unter
http://www.openleaks.org/content/index.shtml), die als neue Whistleblower-Plattform fungieren und nicht wie WikiLeaks enden sollte. Auch einige andere WikiLeaks-Mitglieder stiegen aus, als Daniel ging.

Somit zeigt sein Buch zwar die Arbeit hinter den Kulissen von WikiLeaks, man erfährt, wie viele Leute wirklich daran beteiligt waren, doch wer nun außer Julian aktuell hinter dem Projekt steht, bleibt offen.


Chronologie


Dezember 2006: Erste Veröffentlichungen


November 2007: Veröffentlichung der Handbücher von Guantanamo Bay


Dezember 2007: Begegnung von Daniel Domscheidt- Berg mit Julian Assange auf dem 24. Chaos Communication Congress in Berlin


Januar 2008: Dokumente des Bankhauses Julius Bär werden veröffentlicht


Februar 2008: Klage von Julius Bär gegen WikiLeaks


März 2008: Veröffentlichung der „geheimen Bibeln“ von Scientology


Mai 2008: Veröffentlichung des 1. Handbuchs amerikanischer Bruderschaften


November 2008: Veröffentlichung des Berichts der „Oscar Foundation zu Auftragsmorden durch die kenianische Polizei“


Dezember 2008: Gemeinsamer Vortrag von Julian und Daniel beim 25. Chaos Communication Congress


Januar 2009: Daniel arbeitet Vollzeit für WikiLeaks und kündigt dafür seinen Job


Februar 2009: Veröffentlichung von Mail-Adressen der WikiLeaks-Spender


März 2009: Veröffentlichung der Unterstützer-Datenbank von US- Senator Coleman


Juni 2009: WikiLeaks erhält den Medienpreis von Amnesty International


Juli 2009: Veröffentlichung einer Schuldnerliste der isländischen Kaupthing Bank


Oktober 2009: Veröffentlichung einer zweiten Mitgliedsliste der British National Party


November 2009: Veröffentlichung der 9/11-Pager-Nachrichten


November 2009: Veröffentlichung der Toll-Collect-Verträge


November 2009: Idee vom Medienfreihafen


23. Dezember 2009: WikiLeaks geht offline


Dezember 2009: Gemeinsamer Vortrag von Julian und Daniel beim 26. Chaos Communication Congress


5. Januar 2010: Veröffentlichung des Collateral-Murder-Videos


Mai 2010: Verhaftung von Bradley Manning


Juli 2010: Veröffentlichung der Afghan War Diaries


August 2010: Veröffentlichung der Planungsberichte von der Loveparade in Duisburg


August 2010: Suspendierung von Daniel durch Julian


September 2010: Daniel und einige andere Mitstreiter von WikiLeaks verlassen die Plattform


September 2010: Registrierung von OpenLeaks


22. Oktober 2010: Veröffentlichung der Iraq War Logs


28. November 2010: Veröffentlichung von diplomatischen Depeschen (Cablegate)


1. Dezember 2010: Internationalen Haftbefehl gegen Julian


7. Dezember 2010: Verhaftung von Julian in London, nachdem er sich gestellt hat


14. Dezember 2010: Freilassung von Julian auf Kaution


30. Dezember 2010: Vorstellung von OpenLeaks durch Daniel beim 27. Chaos Communication Congress


April 2011: Veröffentlichung von Dateien aus dem Gefangenenlanger in Guantanamo (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ver%C3%B6ffentlichungen_von_WikiLeaks, abgerufen am 29.11.2011)

September/Oktober 2011: Petition für die Freilassung Bradley Mannings wird von rund 6000 US-Bürgern unterschrieben, doch das Weiße Haus spricht sich dagegen aus (vgl.
http://www.gulli.com/news/17536-manning-petition-keine-stellungnahme-von-weissen-haus-2011-11-19, abgerufen am 29.11.2011)

Oktober 2011: WikiLeaks will vorerst keine Veröffentlichungen mehr vornehmen und die Verbesserung der finanzielle Lage in den Vordergrund stellen (vgl.
http://www.ftd.de/it-medien/medien-internet/:spenden-statt-enthuellung-wikileaks-setzt-betrieb-aus/60120167.html, abgerufen am 29.11.2011)

9. November 2011: Julian Assange legt erneut Berufung ein gegen seine Auslieferung nach Schweden (vgl.
http://www.gulli.com/news/17532-berufungsverfahren-assange-beauftragt-the-pirate-bay-anwalt-2011-11-18, abgerufen am 29.11.2011)

16. Dezember 2011: Voraussichtlicher Gerichtstermin für Bradley Manning (vgl.
http://winfuture.de/news,66735.html, abgerufen am 29.11.2011)


Derzeitiger Stand von WikiLeaks


In der Buchzusammenfassung und Chronologie sind nur die wichtigsten Aspekte und Veröffentlichungen aufgeführt. Der aktuelle Stand der Website ist hier nochmal zusammengefasst.


Julian Assange steht derzeit die Auslieferung nach Schweden bevor, die er nach wie vor zu verhindern versucht. Ihm wird sexuelle Gewalt an zwei Frauen vorgeworfen (vgl.
http://nachrichten.t-online.de/julian-assange-wikileaks-gruender-scheitert-im-kampf-gegen-auslieferung/id_51126004/index, abgerufen am 08.11.11).

Derzeit hat WikiLeaks die Veröffentlichungen eingestellt und bittet um Spenden für das wirtschaftliche Überleben der Website (vgl.
http://wikileaks.org/, abgerufen am 08.11.11). Am 1. Dezember 2011 soll auf einer Pressekonferenz die Sicherheit der Informanten von WikiLeaks im Fokus stehen. WikiLeaks will sein Verschlüsselungssystem verbessern, so dass zukünftige Informanten besser geschützt werden( vgl. http://www.focus.de/digital/internet/enthuellungsportal-wikileaks-will-informanten-besser-schuetzen_aid_688667.html, abgerufen am 29.11.2011).


Weitere interessante Artikel zu WikiLeaks


http://meedia.de/print/die-zehn-groessten-medien-irrtuemer-2011/2011/11/21.html


http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,800322,00.html


http://nachrichten.t-online.de/leck-bei-wikileaks-tschuess-wikileaks-guten-tag-transparenz/id_49448246/index


http://www.gulli.com/news/17573-wikileaks-kuendigt-neues-system-zum-einreichen-von-dokumenten-an-2011-11-26


Autorin: Laura

Konrad-Adenauer-Stiftung diskutiert über "Digitale (Un-)Kultur und Demokratie"

Anbei ein Link mit ein paar Stimmen zu diesen Sachverhalten, meiner Meinung nach, die auf den Informationen dieses Links basieren, sind die Positionen etwas grau.

Mittwoch, 30. November 2011

24h für Europa

Anlässlich des anstehenden Mitgliederentscheides in der FDP wurde von Lasse Becker (Bundesvorsitzender Junge Liberale) eine Diskussionsplattform eingerichtet. Verschiedene Web 2.0 Anwendungen werden hier verknüpft. Unter dem Namen "24h für Europa" wird über verschiedene Aspekte in der Eurofrage genau ein Tag lang diskutiert.

Ich wollte hier jetzt keine Parteipolitik betreiben. Es ging mir jetzt auch weniger um den Inhalt, als um den Prozess. Da wir letzte Woche insbesondere die deutschen Politiker und deren Auftritte kritisiert haben, wollte ich auf ein tendenziell positives Beispiel deutscher Webpolitik verweisen. Bis Donnerstag Abend (22.00 Uhr) kann die Debatte hier verfolgt und, falls gewollt, mitgemischt werden.

Montag, 21. November 2011

Lernen 2.0, Wikis und Wikipedia

In den vergangenen zwei Sitzungen haben wir uns mit Lernen 2.0 beschäftigt. Ausgehend von der Pflichtlektüre - dem gleichnamigen Abschnitt aus dem Online-Lehrbuch zum Web 2.0 - hat die Referatsgruppe die Thematik zusammengefasst und anschließend die praktische Nutzung eines Wikis in den Mittelpunkt gestellt, das für die Sitzung extra aufgesetzt worden war.

Wikis sind die paradigmatische Software des Web 2.0. Sie erlauben es, Webseiten nicht nur zu lesen, sondern auch zu verändern. Damit stehen sie wie keine andere Anwendung für den Übergang vom Lese-Web (in der Rückschau: Web 1.0) zum Lese-/Schreibe-Web (= Web 2.0). Die Bezeichnung "Read/Write-Web" halten übrigens viele für geeigneter als den Begriff Web 2.0, wobei sich auch zunehmend andere Begriffe (Social Media, Social Web etc.) einbürgern.

Ausgehend von den praktischen Erfahrungen mit der Wiki-Nutzung haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie Wikis in der Schule eingesetzt werden können. Dabei spielten u.a. folgende Aspekte eine Rolle:
  • Anregung zum Schreiben in einem Format, das im Berufsleben immer wichtiger wird 
  • Dokumentation des Lernfortschritts 
  • Wiederholung von Lerninhalten durch das Verfassen von Texten 
  • Reflexion der Lerninhalte 
  • Lernen, Inhalte zusammenzufassen 
  • Zusammenarbeit im Team, kollaboratives Lernen und Schreiben 
  • Lernen, für ein Publikum zu schreiben 
  • Beteiligung an Diskussionen im Web (Kommentar-Funktion) 
  • Erhöhung der Motivation, sich Wissen anzueignen, um kompetent für ein potenziell weltweites Publikum schreiben zu können 
  • Zusammenarbeit mit anderen Klassen, Gruppen, Schulen, Universitäten, NGOs... 
  • Anderes, intensiveres Lesen von Texten, weil die Texte verändert werden können 
Die verbleibende Zeit war Wikipedia gewidmet. Hier sind wir von dem Zeit-Artikel "Die Guten im Netz" als Pflichtlektüre ausgegangen und haben uns vergegenwärtigt, wie Wikipedia versucht, die Qualität des Lexikons sicherzustellen. Hier ist v.a. auf die (ehrenamtliche) Überwachung der Änderungen durch die Community ("Wikipedianer") zu verweisen, die anhand einiger weniger Grundregeln erfolgt:
  • Aussagen müssen belegt werden, d.h. es erfolgt gewissermaßen eine Rückbindung an herkömmlich veröffentlichte Informationen. 
  • Entscheidend ist der NPOV (Neutral Point of View), d.h. Artikel dürfen nicht einseitig sein (wie in jedem Lexikon). 
  • Artikel müssen relevant sein (dieser Aspekt ist sehr umstritten, es kommt regelmäßig zu Debatten zwischen "Inkludisten", die möglichst viel einbeziehen wollen, und "Exkludisten", die die Messlatte für Relevanz höher legen). 
Ungeachtet aller Versuche, unangemessene Inhalte in Wikipedia zu platzieren (Vandalismus, Werbung etc.), zeigen alle Studien, dass die Qualität des Lexikons höher ist, als man es noch vor wenigen Jahren für vorstellbar gehalten hat. Wie ist diese beispiellose Erfolgsgeschichte zu erklären? Mit dieser interessanten und für das Verständnis der Wikipedia entscheidenden Frage haben wir uns abschließend auseinandergesetzt.

Eine mögliche Erklärung lehnt sich an die Argumentation von Clay Shirky an (Here Comes Everybody. The Power of Organizing Without Organizations, Penguin 2008, S. 109-142). Für ihn ist jede erfolgreiche Web 2.0-Anwendung eine gelungene Mischung aus Software und Community. Die Software muss einfach sein, was bei Wikipedia der Fall ist, und die Community benötigt ein attraktives Ziel. Hier liegt die Stärke des Wikipedia-Projekts:

Das Projekt konnte auf dem impliziten Wissen aufbauen, das jede/r von einem Lexikon besitzt. Damit war ein klares Konzept vorhanden (und musste nicht erst mühsam erarbeitet werden oder sich langwierig entwickeln). Das ausgegebene Ziel war und ist in höchstem Maße attraktiv: Allen Menschen das gesamte Wissen der Menschheit kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dadurch hat eine (bis jetzt) ausreichend große Zahl an Menschen das Projekt zu ihrem eigenen gemacht. Diese Menschen LIEBEN Wikipedia und verteidigen die Online-Enzyklopädie aus Liebe zum Projekt.

Ob das für alle Zeiten eine funktionierende Basis bleiben wird, wissen wir nicht, bis jetzt aber hat es gereicht, um eines der faszinierendsten Projekte der Geschichte auf die Beine zu stellen...

Mittwoch, 16. November 2011

Explosion des Wissens

Da wir uns in der kommenden Sitzung mit dem Thema Wikipedia bzw. dem Einsatz eines Wikis im Alltag beschäftigen, habe ich mal einen Spiegel-Artikel rausgekramt, der sich mit der Wissensexplosion in Deutschland beschäftigt und einen Vergleich mit England zieht. Gerade den Aspekt des Zugangs zum Wissen finde ich sehr interessant (Urheberrecht). Des Weiteren könnte man auch einen Vergleich zu China bemühen. Die Frage ist, ob Wikipedia auch in der Lage ist, eine ähnliche Revolution zu vollziehen, denn gerade die naturwissenschaftlichen Artikel sollen gemäß der Literatur einen hohen Grad an Verlässlichkeit besitzen. Diskussion erwünscht.

Dienstag, 15. November 2011

Beiträge zum Lernen 2.0 an anderer Stelle


Mit Blick darauf, dass wir aktuell im Seminar über Lernen 2.0 diskutieren, wollte ich Ihnen nicht vorenthalten, dass Sie meine Beiträge zum Thema in der Regel auf dem Blog meiner Firma finden: Gesellschaft Agora - Lehren und Lernen im 21. Jahrhundert. Die einschlägigen Postings zu Lernen (2.0) finden Sie hier...

Begriffsklärung: Lernen 2.0 und Medienkompetenz

In einem lesenswerten und hilfreichen Kommentar zum Posting "Medienkompetenz + Lernen 2.0" hat Rouven (vielen Dank hierfür!) eine Begriffsklärung versucht. Ich zitiere den Beitrag hier, um ihm mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Rouven hat geschrieben:

Also ich hab grad mal ein wenig quergelesen. Meine Antwort auf deine Frage wäre, dass die Übergänge fließend sind. Medienkompetenz ist der ältere Begriff und wurde eben nicht im Zuge der Web 2.0 Entwicklung geprägt. "Lernen 2.0" ist demnach die Weiterentwicklung, bei der die Beteiligung des Einzelnen auf die Wissensproduktion im und mit dem Internet explizit hervorgehoben wird.

Wikipedia sagt dazu: "Medienkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend zu nutzen."

Bei Dieter Baacke (1998) heißt es: "... Menschen sind nicht nur technisch in der Lage, etwa ein Druckbild zu entziffern; sie können sich auch etwas 'dazu denken', und dies setzt wiederum Verstehensprozesse voraus. Genau dies meint Kompetenz: Es geht um mehr als nur die Fähigkeit, eine neue Technik (etwa den online-geschalteten Computer) handhaben zu können; verbunden ist diese technisch-praktische Fertigkeit mit dem Vermögen der Menschen, sich Gedanken über etwas zu machen, kritische Argumente zu formulieren, aber auch mit Hilfe von Lektüre Genußfähigkeit zu erlangen (etwa beim verstehenden Lesen eines lyrischen Gedichts."

Genau dieser Grundlage bedient sich das Lernen 2.0 und wird (bei Müller) duch folgenden Aspekt erweitert: "Ein anderes charakteristisches Element des Web 2.0 besteht in der Möglichkeit, Informationen mit anderen zu teilen. Das eröffnet Optionen für Lehren und Lernen ..."

Und damit erhalten wir: "Lernen heißt heutzutage, sich im Internet die aktuellen Informationen zu beschaffen, Wissen und Ideen mit anderen im Rahmen der sich herausbildenden, webgestützten sozialen Netzwerke zu teilen und zu diskutieren und selbst aktiv zu den in diesen Netzwerken verfügbaren Inhalten beizutragen."

Das entscheidende ist also der formale und inhaltliche Diskurs, in dessen Rahmen das Wissen weiterentwickelt wird. Streng genommen brauche ich also eine Medienkompetenz, um überhaupt an diesem Prozess teilnehmen zu können. Und dieser Aspekt (im Bezug auf Web 2.0) findet sich unter "Web Literacy" wieder:

"Lernen lehren muss also heute die Vermittlung von web literacy, die notwendig ist, um die vielfältigen Möglichkeiten des Web (2.0) voll ausschöpfen und nutzen zu können, als einen zentralen Pfeiler einschließen."

Genauer wird der Begriff bei re:publica definiert:

"Wir bezeichnen den kompetenten Umgang mit dem WWW als Hypermedium und kollaborativer Umgebung als “Web Literacy”. Web Literacy ist die Fähigkeit,
# 1. sich im Web auszudrücken;
# 2. Informationen im Web zu organisieren, sie zu beobachten und zu teilen, i.e. Informationsmanagement;
# 3. sich im Web mit anderen zu vernetzen und die eigene(n) Rolle(n) zu gestalten, i.e. Identitäts- und Netzwerkmanagement."

So würde es für mich zumindest Sinn machen.

Freitag, 11. November 2011

Medienkompetenz + Lernen 2.0

Mich lässt da etwas nicht los. Gestern in der Sitzung ging es in erster Linie um Lernen 2.0, die Möglichkeit durch einen Wiki Einsatz fand ich auf jeden Fall interessant und hat für mich durchaus einen Mehrwert. Doch trotzdem habe ich noch einige Fragezeichen. Wie sich einige vlt noch erinnern, habe ich in der Sitzung von Meldungen gesprochen die sich in einem Zeitraum von ca. 8 Wochen widersprechen.

Worauf möchte ich hinaus? Wie wir gestern im Vortrag gehört haben, sollte beim Lernen 2.0 eine Quellenbewertung durch den Akteur vollzogen werden können/müssen?!. Dies ordne ich aber in den Bereich der Medienkompetenz ein. Meine Verlinkungen sind auch aus der Sicht interessant, wenn es um politische Meinungsbildung geht. Doch zurück zum Lernen 2.0. Angenommen, es findet ein digitaler Workshop statt, bei dem sich ein Personenkreis zum Thema Lohnentwicklung zusammen findet. Dieser Workshop findet auf einer 2.0 Plattform statt und es werden die oben genannte Verlinkungen in die Crowd geworfen, dann bedarf es der, in meinen Augen, der gründlichen Analyse, diese Motivation muss/sollte vorhanden sein, da sich die Aussagen widersprechen, aber genau dafür ist Medienkompetenz gefragt! Anderes Beispiel. Im Geschichtsunterricht wird über die Waffentechnik und die Auswirkungen im 2. Weltkrieg eine Lerneinheit im 2.0 Stil gestaltet (ohne Moderatorenfunktion des Lehrers). Nun gelangt ein Schüler auf eine Seite, die auf die "Reichsflugscheiben" verweist. Diese Information wird von den anderen Schülern aufgenommen und nicht diskutiert oder widerlegt, da sie unglaublich und fantastisch ist. Nun steht am Ende dieser 2.0 Einheit die Tatsache, dass die Nationalsozialisten über diese Technologie verfügen und sich ins Neuschwabenland abgesetzt haben. Natürlich ist das ein worst case, aber sicherlich denkbar, bei der Fülle von Informationen im Netz.

Ich tue mir einfach schwer diese Begriffe zu trennen, um Aufklärung wäre ich dankbar. Des Weiteren habe ich noch einen Artikel zum Thema: Medienkompetenz
Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Themen Computersucht und in meinen Augen auch mit der Entwicklung von Jugendlichen. Ein must read!

Montag, 7. November 2011

Google+ Pages

Als Konkurrenzprodukt zu den Facebook Fanpages hat Google+ Produktmanager Vic Gundotra den Start der Google+ Pages verkündet. Wie das Ganze aussehen soll, lest ihr hier:

Link: http://t3n.de/news/google-pages-konkurrent-facebook-fanpages-da-341011/

Social Media und der Arbeitgeber

Anbei ein kleiner Artikel, den ich beim Stöbern gefunden habe. Der Artikel beschäftigt sich mit den Regeln, die verschiedene Arbeitgeber ihren Mitarbeitern für die Nutzung von sozialen Netzwerken auferlegen.

Hier findet ihr den Artikel.

Mittwoch, 2. November 2011

Wikipedia und die Weisheit der Vielen

Nachdem wir in den letzten zwei Seminarsitzungen über die Erstellung von WIKIPEDIA-Einträgen sprachen, erinnerte ich mich an einen Artikel im SPIEGEL (19.01.2010) vom letzten Jahr. Darin beschreibt Mathieu von Rohr recht kritisch die Entstehung der deutschsprachigen WIKIPEDIA-Einträge. Dazu äußert er sich folgendermaßen:

"Die Wikipedia ist kein Projekt vieler, sondern ein Projekt weniger. Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass alle Nutzer gemeinsam und demokratisch zu ihr beitragen, dass sie ein Produkt von "Schwarm-Intelligenz" sei. Die deutsche Wikipedia hat mehrere hunderttausend angemeldete Nutzer. Aber nach einer Untersuchung des Frankfurter Soziologen Christian Stegbauer bearbeitet mehr als die Hälfte derer, die sich neu anmelden, kein einziges Mal einen Artikel. Ein halbes Prozent aller aktiv gewordenen Nutzer ist für fast zwei Drittel der Editierungen verantwortlich - ein Kreis von nicht einmal 2000 Personen.
Wikipedia könnte nicht funktionieren ohne diesen harten Kern, die Wikipedianer. Es ist eine Community, die in den Hinterzimmern des Projekts lebt, in den Diskussionsseiten. Nur ein Zehntel bis ein Hunderstel der neuen Teilnehmer verirrt sich je dorthin."
Hier wäre interessant herauszufinden, inwiefern der Autor mit der hier angegebenen minimalen Zahl an Verfassern von WIKIPEDIA-Artikeln richtig liegt und dies ggf. im Seminar zu diskutieren.

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,689588,00.html

Freitag, 28. Oktober 2011

Medienerziehung

Ein interessanter Artikel aus der CT 21/11 zum Thema: "Kinder, Internet & Pannen". Durch die Leserbriefe von Pädagogen hat der heise Verlag diesen Artikel in seiner kompletten Fassung freigegeben. Er darf in Bildungsanstalten vervielfältigt bzw weitergegeben werden.

Des Weiteren hat der Verfasser Thomas Feibel ein Buch geschrieben: Kindheit 2.0, So können Eltern Medienkompetenz vermitteln, Berlin 2009.

Link: http://www.heise.de/ct/artikel/Kinder-Internet-Pannen-1353631.html

Revolution Offline

Anbei ein Link zur Twitter- bzw. Facebook-Revolution. Die interessante Komponente dabei ist der Punkt, dass die Meinungsäußerung die Demonstranten sogar gefährden kann. Ich würde Euch des Weiteren empfehlen, sich die Bloggerszene in China mal anzuschauen bzw. die technischen Hürden seitens der Regierung bzw. die Maßnahmen zur Umgehung und die Strafen für Regimekritiker.

Link: Twitter-/Facebook-Revolution: http://www.zeit.de/2011/06/Internet/seite-1

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Fetisch Transparenz

In der aktuellen (Print-)Ausgabe des Spiegels (43/2011) gibt es einen interessanten Essay zum bereits angesprochenen Thema der Transparenz, angeregt durch das neue Feature "Timeline" bei Facebook.

Stefan Niggemeier diskutiert, ob eine Gesellschaft alleine durch Transparenz auch besser wird: Getreu dem Motto "eine transparente Welt ist eine gute Welt"! Seine These lautet aber: "Die Welt muss den Umgang mit mehr Offenheit erst noch lernen". In seinem Essay entfaltet er die Schwierigkeiten mit der Transparenz in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Viel Spaß beim Lesen.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Nachtrag zum Film "Homevideo" und zum Thema Cybermobbing

Der Film "Homevideo", der am vergangenen Mittwoch (19.10.11) von der ARD gezeigt wurde, hat das Thema Cybermobbing ziemlich weit oben auf die Agenda gespült. Anna hat in ihrem Posting ja bereits auf einen lesenswerten Zeitungsartikel hingewiesen. Im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen sind gleich zwei Artikel erschienen:

ARD-Film "Homevideo": Es ist im Netz und jeder kann es dort sehen ...zum Artikel

Cybermobbing: Bring dich doch um, alle wären froh, wenn du tot wärst ...zum Artikel

Am Ende des zweiten Artikel gibt die FAZ Hinweise, woher man Hilfe bekommen kann:

"Das Bundesministerium für Familie hat unter www.bmfsfj.de/cybermobbing eine Informationsseite für Jugendliche, Eltern und Lehrer eingerichtet. Bei der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen kann man das Fachbuch „Cyber-Mobbing – Medienkompetenz trifft Gewaltprävention“ bestellen (www.ljs-materialien.de). Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft bietet auf www.gew.de eine PDF-Broschüre zum Thema Cyber-Mobbing an, die sich insbesondere auch an betroffene Lehrer wendet."

Außerdem - darauf haben wir schon mehrfach in diesem Blog hingewiesen - gibt es natürlich die sehr hilfreiche Website www.klicksafe.de, die auch für das Thema Cybermobbing Informationen und Broschüren bereitstellt.

Samstag, 22. Oktober 2011

Neue Literatur zum Thema Privatsphäre

Datenschutz und Privatsphäre zählen wie das (an dieser Stelle bereits häufig thematisierte) Urheberrecht zu den Materien, für die sich durch die Digitalisierung im allgemeinen und das Web 2.0 im besonderen die Rahmenbedingungen in einem Maß geändert haben, dass es nicht mehr reicht, bestehende Regelungen zu modifizieren, gefragt sind vielmehr neue und neuartige Instrumente.

Dass die Diskussion hierzu begonnen hat, ist zu begrüßen, allerdings herrscht allerorten eine gewisse Hysterie vor, die das Neue einseitig als Bedrohung wahrnimmt und in der Regel etwas alarmistisch daherkommt. Beispielhaft dafür seien folgende jüngere Publikationen zum Thema Privatsphäre aufgeführt:

Juli Zeh/Ilija Trojanow (2009), Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte (Blick ins Buch bei Amazon).

Anne-Cathrine Simon/Thomas Simon (2008), Ausgespäht und abgespeichert: Warum uns die totale Kontrolle droht und was wir dagegen tun können (Blick ins Buch bei Amazon).

Constanze Kurz/Frank Rieger (2011), Die Datenfresser: Wie Internetfirmen und Staat sich unsere persönlichen Daten einverleiben und wie wir die Kontrolle darüber zurückerlangen (Blick ins Buch bei Amazon).

Sascha Adamek (2011), Die facebook-Falle: Wie das soziale Netzwerk unser Leben verkauft (Blick ins Buch bei Amazon).

Eine Zwischenposition (mit nur noch gelegentlich alarmistischem Unterton) nimmt das folgende Buch ein:

Peter Schaar (2007), Das Ende der Privatsphäre. Der Weg in die Überwachungsgesellschaft, Bertelsmann: München (Blick ins Buch bei Amazon).

Dem Datenschutzbeauftragten Schaar ist wichtig, die BürgerInnen selbst aufzuklären und zum sachgemäßeren Umgang mit ihren Daten im Alltag anzuregen. Nicht nur Staat und große Internetkonzerne sind anzuklagen, sondern: “Gefahren drohen der Privatsphäre gleich von mehreren Seiten: Technologische Entwicklungen, wirtschaftliche Interessen, staatliche Kontrollen und auch die zunehmende Bereitschaft vieler Menschen, ihre eigene Privatsphäre nicht mehr ernst zu nehmen, gehen Hand in Hand“ (S. 11).

Und nun kommen wir zum eigentlichen Anlass dieses Postings, dem neuen Buch zum Thema Privatsphäre, das sich durch Sachlichkeit und "analytische Schärfe" (FAZ) wohltuend vom Mainstream abhebt:

Maximilian Hotter (2011), Privatsphäre. Der Wandel eines liberalen Rechts im Zeitalter des Internets, Campus: Frankfurt/Main (Blick ins Buch bei Amazon).

Hotter gibt uns einen prägnanten Überblick über die rund 200-jährige Geschichte des vom englischen privacy abgeleiteten Konzepts der Privatsphäre. Laut Hotter wurde das right to privacy 1890 von den amerikanischen Juristen Samuel Warren und Louis Brandeis erstmals definiert als right to be let alone. Es finden sich aber schon deutliche Vorläufer bei den Klassikern der liberalen politischen Philosophie von Hobbes über Locke bis Montesquieu und vor allem John Stuart Mill. Den Beginn der modernen wissenschaftlichen Behandlung der Thematik sieht der Autor im Jahr 1967 mit Alan Westins Standardwerk „Privacy and Freedom“. In der Conclusio zu seiner lesenswerten Abhandlung führt Hotter aus:

“Seit vor 200 Jahren das Recht auf Privatsphäre ins Leben gerufen wurde, haben sich wesentliche gesellschaftliche und technische Veränderungen ergeben, die diesen ursprünglich liberalen Anspruch in einem neuen Licht erscheinen lassen. Während die Funktion der Privatsphäre als Garant für ein autonomes Leben unverändert bleibt, hat sich ihr Mechanismus gewandelt. In der Netzwerkgesellschaft, die alle Individuen über Telekommunikation miteinander in Verbindung bringt und in der Kommunikationsdaten auf unbestimmte Zeit gespeichert werden können, wird aus dem ‚Recht, in Ruhe gelassen zu werden’ das ‚Recht, den Zugriff auf eigene personenbezogene digitale Daten durch Dritte einzuschränken’“ (S. 206).

Das Dilemma für jeden Einzelnen wird im folgenden Zitat deutlich:

“Die Erosion der Privatsphäre basiert jedoch nicht ausschließlich auf ihrer freiwilligen Aufgabe durch die subjektiv legitimierten Rechtsträger. Zum einen hat der technologische Fortschritt eine Situation herbeigeführt, in der der Verzicht auf die Nutzung moderner Kommunikationstechnologie einem Ausstieg aus dem sozialen Leben gleichkommt, so dass in Wahrheit jedes Individuum zur (teilweisen) Aufgabe seiner Privatsphäre gezwungen ist“ (S. 207).

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Cybermobbing "Homevideo"

Gestern Abend wurde in der ARD ein interessanter und bewegender Film "Homevideo" zum Thema Cybermobbing gezeigt. Diesen Film kann man online in der Videothek der ARD ansehen. (Aufgrund der Altersbegrenzung jedoch nur zu bestimmten Uhrzeiten). Im Anschluss an den Film diskutierte Anne Will die Gefahren und die möglichen Folgen von Cybermobbing in ihrer Sendung. Nachdem wir in unserem Seminar gemeinsam den Film "Netzangriff" angeschaut haben, halte ich "Homevideo" für eine gute Ergänzung bzw. Vertiefung zum Thema. Interessant wäre sicherlich, sich Gedanken zu machen, welcher Film sich besser für den Unterricht eignet. Zudem findet man einen interessanten Artikel über den gestrigen FilmMittwoch in der ARD im Hamburger Abendblatt.

Sonntag, 16. Oktober 2011

Kurze Texte zum Thema "Web 2.0 und politische Bildung"

Auch wenn zunehmend deutlich wird, dass der Themenkomplex Web 2.0 (nun endlich) von den Akteuren der politischen Bildung in Deutschland aufgegriffen wird, sind entsprechende Texte nach wie vor dünn gesät. Der heutige herrliche Herbsttag hat mir die Gelegenheit eröffnet, ein paar kürzere Texte zur Kenntnis zu nehmen, die sich in den letzten Wochen (und wohl auch Monaten - time flies) angesammelt haben. Ein Teil davon eignet sich als Einführung in die Thematik:

Rede von Thomas Krüger (BpB) vom 10.09.2010 zum Thema "Politische Bildung 2.0" - der vollständige Text steht auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung zur Verfügung.

Ein Aufsatz von Jöran Muuß-Mehrholz mit dem schönen Titel "Shift happens - Was Web 2.0 für Gesellschaft und Bildung bedeutet" (erschienen in Praxis Politische Bildung 2/2010 und auf der Website des Autors im Volltext einzusehen). Der Autor spricht mir aus der Seele, wenn er ausführt, dass die politische Bildung in Deutschland die Schattenseiten des Web (2.0) in den Mittelpunkt rückt und darüber (nicht selten) vergisst, dass es auch noch andere Aspekte gibt:
"Überspitzt gesagt: Nazis, Pornos, Terroristen, Datendiebstahl und Raubkopien sind der (politischen) Bildung zurzeit wichtiger als die Potentiale, die das Internet in Sachen Transparenz, Meinungsvielfalt, Partizipation und bürgerschaftliches Engagement bietet. So unbestritten wichtig der aufklärerische und erzieherische Ansatz ist, so läuft politische Bildung doch Gefahr, als affirmativ, bewahrpädagogisch und kulturpessimistisch wahrgenommen zu werden, wenn sie sich zu sehr auf diese Aspekte konzentriert."
Ein weiterer Aufsatz von Jöran Muuß-Merholz: "Das Ende der Institutionen, wie wir sie kannten... Das Internet als Partizipationsraum einer vernetzten Gesellschaft (erschienen in Erwachsenenbildung 4/2010 und ebenfalls auf der Website des Autors im Volltext einzusehen).

Eher enttäuscht war ich von dem aktuellen Aufsatz von Jöran Muuß-Merholz mit dem vielversprechenden Titel "Web 2.0 in der politischen Bildung - Lernformate zwischen Bildungsstätte und Internet", den er für die aktuelle Ausgabe der AdB-Zeitschrift "Außerschulische Bildung" (2/2011) beigesteuert hat (verfügbar als pdf). Hier werden Web 2.0-Tools verschiedenen Bildungsformaten zugeordnet, ohne dass damit ein Erkenntnisgewinn oder praktische Hilfestellungen verbunden wären.

Zwischenzeitlich ist auch meine Rezension zum Online-Lehrbuch Web 2.0 in der Zeitschrift "Politik unterrichten" (1/2011) erschienen:

Ragnar Müller: Web 2.0 für die politische Bildung

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Gefahren im Internet: CYBER-GROOMING

Heutzutage ist das Kommunikationsmedium Internet im Alltag nicht mehr wegzudenken. Das gilt vor allem für junge Menschen, die mit diesem Medium aufwachsen. Dies spiegelt sich beispielsweise in dem vermehrten Gebrauch von Chatrooms wider (vgl. Ratgeber SCHAU HIN!, S.3). Gemäß der KIM-Studie 2010 nutzen 49 Prozent der Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren mehrmals wöchentlich das Internet. 26 Prozent der befragten Kinder geben an, dass sie das Internet täglich nutzen. Die Mehrheit der Kinder verwendet das Internet ohne Begleitung eines Erwachsenen. Hierbei verbreiten sie auch persönliche Informationen und Daten wie Hobbies, E-Mail-Adresse oder Fotos. Welche Konsequenzen aus diesem Verhalten resultieren, ist den wenigsten Kindern bewusst.

Eine Besonderheit des Internet ist die Anonymität. Sie ermöglicht insbesondere schüchternen Kindern und Jugendlichen, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und damit die Identität zu ändern, um sich als jemand anderes auszugeben. Dies gelingt mit wenigen Klicks. Die Kinder und Jugendlichen können hiermit interessante Erfahrungen sammeln, und es fällt ihnen leichter, Kontakt zu fremden Menschen aufzubauen (vgl. von Weiler 2011, S.15). Gleichzeitig kann aus der Anonymität Gefahr resultieren. Dies spiegelt sich in der leichten Beschaffung von persönlichen Angaben und Fotos wider. Insbesondere Kinder und Jugendliche bilden potentielle Opfer für pädophil geneigte Personen. Einige Kinder und Jugendliche lassen sich aufgrund des Anreizes in Form von Anerkennung oder schönen Komplimenten auf intime Konversationen ein. Den wenigsten Eltern scheint bewusst zu sein, dass sich ihre Kinder mit fremden Personen sexuell austauschen und welche Gefahren hieraus entstehen können (vgl. von Weiler 2011, S.16f).

Sexualisierte Gewalt im Internet


Die im Internet anzutreffende sexualisierte Gewalt kann unterschiedlich ausgelegt werden. Allgemein handelt es sich um die ungewollte Konfrontation mit sexuellen Äußerungen sowie um den Austausch von pornographischen Dateien bis hin zum Treffen mit drastischen Folgen (vgl. von Weiler 2011, S.59). Von Weiler kategorisiert die im Netz anzutreffende sexualisierte Gewalt in die drei folgenden Komponenten:

„1. Konfrontation mit fremdem pornographischen Material,
2.Verbreitung von pornographischen Bildern und Filmen, in denen die Kinder und Jugendlichen selbst zu sehen sind,
3. Cyber-Grooming, also die gezielte Anmache durch Erwachsene mit sexueller Absicht“ (von Weiler 2011, S.60).

Nach einem kurzen Annäherungsgespräch kommt es häufig zu einer sexuellen Belästigung. Belästigungen erfolgen meist im Privatdialog im Chat oder Messenger. Hier werden vor allem Instant Messenger aufgrund der nicht vorhandenen Kontrollen bevorzugt. Die wenigsten Instant Messenger bieten Beschwerdemöglichkeiten an. Dies verhindert unangenehme Dialoge. Ferner sind Webcam-Übertragungen möglich, die gerne von den Tätern benutzt werden, um die Kinder und Jugendlichen aufzufordern, sexuelle Handlungen an sich selbst oder anderen auszuführen. Je nach Angebot des Betreibers eines Chats oder Instant Messenger versenden die Belästiger pornographisches Material und Links an die Kinder und Jugendlichen (vgl.
Chatten ohne Risiko?, S.9f).

Spezialfall Cyber-Grooming


Der Begriff Grooming wurde bereits 1995 von dem niederländischen Tätertherapeut Ruud Bullens aufgegriffen und wie folgt definiert: „Grooming bezieht sich […] auf die Planungsphase des sexuellen Missbrauchs“ (Bullens 1995, S.55). Hierbei definiert Bullens Grooming nicht im Zusammenhang mit dem Internet. Grooming nimmt durch das Internet neue Dimensionen an und ändert sich in den Begriff Cyber-Grooming. Unter Cyber-Grooming wird „[…] die systematische Belästigung von Erwachsenen gegenüber Kindern und Jugendlichen im Internet“ verstanden. „Sie erschleichen sich in Online-Chats das Vertrauen junger Internetbenutzer – nicht selten mit der Absicht, sich auch im wahren Leben mit ihnen zu treffen und zu missbrauchen“ (http://www.bundestag.de/dokumente/analysen/2009/safer_internet_programm.pdf).

Cyber-Grooming kann in unterschiedlichen Ausmaßen erfolgen: „Es kommt entweder zu einem tatsächlichen Treffen mit körperlichem Missbrauch, zur Veröffentlichung von Fotos im Netz oder anderswo, unter Umständen auch zum Handel oder Tausch der Fotos“ (von Weiler 2011, S.17). Cyber-Grooming findet rund um die Uhr statt. Am häufigsten aber, wenn sich die meisten Kinder und Jugendlichen am Rechner befinden: am Nachmittag bis zum frühen Abend (vgl. von Weiler 2011, S.64). Cyber-Grooming wird nicht nur von Männern vollzogen (vgl. von Weiler 2011, S.16).

Besonders (Kinder-/Jugend-)Chatrooms werden von pädophil geneigten Personen zur Kontaktaufnahme bevorzugt. Hier können diese, speziell in nicht moderierten Privatdialogen, leicht mit potenziellen Opfern in Kontakt treten. Zu Beginn erhalten diverse Chatter eine Nachricht. Letztendlich kommt es zu einer engeren Kontaktaufnahme mit denjenigen, die darauf antworten. Anschließend kommt es zum regelmäßigen Austausch von Kurznachrichten, bis eine Vertrauensbasis geschaffen wird. Die nächste Ebene ist die Bekanntgabe von der privaten E-Mail-Adresse bis hin zur Telefonnummer. Auch ein Wechsel zu einem nicht überwachten Instant Messenger oder Unterhaltungen über Skype werden vorgeschlagen (vgl. von Weiler 2011, S.64).

Cyber-Grooming – Die Masche


Um eine engere Beziehung aufzubauen, sind die meisten Täter bereit, über einen längeren Zeitraum ein Vertrauensverhältnis zu ihrem Opfer herzustellen. Die Täter benutzen besondere Muster, um das Opfer für sich zu gewinnen. Dies kann auf verschiedene Weise erfolgen: Entweder werden die Kinder und Jugendlichen mit Komplimenten überhäuft, in ihrer Identität sowie in ihrem Wesen gestärkt oder erhalten durch die Täter ihre benötigte Geborgenheit. Somit werden die Sehnsüchte der Opfer befriedigt, indem ihnen Aufmerksamkeit geschenkt wird (vgl. von Weiler 2011, S.65). Die Täter nehmen häufig eine bestimmte Identität an, um ihrem Opfer zu imponieren. Folgende Charaktere werden beim Cyber-Grooming bevorzugt vorgetäuscht (vgl. von Weiler 2011, S.66f.):

Der verständnisvolle ältere Freund: In dieser Rolle nutzt der Täter den Alltagsstress der pubertierenden Kinder und Jugendlichen aus und versucht ihnen mit Verständnis sowie Rat zur Seite zu stehen. Sobald sich diese ihrem Gegenüber anvertraut haben, geben die Opfer auch Auskünfte über ihr Privatleben preis. Es werden Fotos versendet und die Opfer sind auch bereit, sich mit dem Täter zu treffen.

Die gute Freundin: Dieser Charakter täuscht Mädchen vor, im gleichen Alter und mit denselben Problemen konfrontiert zu sein. Es entwickelt sich eine scheinbare Freundschaft, in der persönliche Erlebnisse miteinander geteilt werden. Nach geraumer Zeit täuscht das unechte Mädchen seinem Opfer vor, dass ein Bekannter oder Verwandter sich für sie interessiert und sie gerne treffen würde. Folglich kommt es zu einer Verabredung, da man der besten Freundin vertraut.

Selbstverständlich gibt es noch weitere Rollen, in die Täter schlüpfen bzw. weitere Strategien, die verwendet werden, um das Gegenüber für sich zu gewinnen und das Ziel zu erreichen. Bei Verabredungen wählen die Täter einen für Kinder und Jugendliche reizvollen Ort.

Die Absicht des Täter ist es, „[…] das Kind in eine sexuelle Beziehung hineinzuziehen, es darin festzuhalten und gleichzeitig zu verhindern, dass es darüber mit anderen spricht. Manchmal erreicht der Täter diese Mitwirkung mittels Drohungen und Einschüchterungen“ (Bullens 1995, S.56).

Zahlen und Fakten


Insbesondere Mädchen im Alter von 12 bis 16 Jahren werden Opfer einer Grooming-Falle (vgl. http://www.bundestag.de/dokumente/analysen/2009/safer_internet_programm.pdf). Die JIM-Studie 2010 bestätigt ebenso, dass sich 26 Prozent der befragten Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren mit Personen aus dem Internet treffen.

Eine 2005 von Dr. Catarina Katzer durchgeführte Studie mit 1.700 Schülerinnen und Schülern im Alter zwischen 10 und 19 Jahren zum Thema „Chatverhalten“ zeigt unter anderem folgende Ergebnisse: 38,2 Prozent der Befragten wurden ungewollt sexuell angesprochen. Außerdem gaben 25,9 Prozent an, dass sie unaufgefordert nach ihrem körperlichen Aussehen gefragt wurden. 26,3 Prozent der Chatter wurden ungewollt nach eigenen sexuellen Erfahrungen gefragt. Des Weiteren bekamen 24 Prozent unaufgefordert von sexuellen Erfahrungen anderer erzählt, 11 Prozent erhalten unaufgefordert Fotos nackter Personen und 4,6 Prozent erhielten sogar Pornofilme. Auffallend ist, dass 8,3 Prozent der Chatter zu sexuellen Handlungen vor der Webcam aufgefordert wurden.

Ferner stellt die Studie dar, dass mehr als die Hälfte der Betroffenen sexueller Viktimisierung dies als unangenehm empfinden, einige sind wütend, andere u.a. frustriert und sogar verängstigt. Außerdem gaben lediglich 8 Prozent der Betroffenen an, einem Elternteil oder Erwachsenen über die vorgefallenen Ereignisse berichtet zu haben (vgl.
http://www.chatgewalt.de/Sexuelle Gewalt im Netz.html).

Angesichts dieser Fakten stellt sich die Frage, warum sich die wenigsten Kinder und Jugendlichen, die Opfer einer sexuellen Belästigung sind, ihren Eltern oder einem Erwachsenen anvertrauen. Gründe hierfür können beispielsweise Schuldgefühle oder Scham sein. Viele Opfer suchen die Schuld bei sich und glauben, selbst für das Geschehene verantwortlich zu sein. Andere wiederum können sich nicht überwinden, über sexuelle Themen zu sprechen, besonders wenn es sich um eine negative Erfahrung handelt (vgl. von Weiler 2011, S.107). Folglich ist den meisten Eltern nicht bewusst, dass ihr Kind Opfer einer sexuellen Belästigung wurde.

Der EU-Kommission sind die Gefahren des Internet bewusst. Daher stellt sie für den Zeitraum 2009 bis 2013 für das Projekt
„Mehr Sicherheit im Internet“ ein Budget von 55 Millionen Euro bereit, um Cyberbullying und Cyber-Grooming zu bekämpfen und ein sicheres Online-Umfeld zu fördern.

Fazit und Ausblick


Festzuhalten ist, dass das Thema Cyber-Grooming ein aktuelles Problem ist und zunehmend thematisiert wird. Jedoch ist diese „neue“ Internetgefahr noch nicht ausreichend in der Fachliteratur untersucht worden. Zusätzlich erschweren unterschiedliche sowie abweichende Definitionen eine einheitliche Betrachtung von Cyber-Grooming. Ein möglicher Grund ist, dass die wenigsten Grooming-Fälle der Polizei bekannt sind und aufgrund der vorhandenden Anonymität im Internet Grooming-Täter kaum zu fassen sind.

Um Cyber-Grooming zu vermindern, müssen sowohl Kinder und Jugendliche als auch Eltern über eine fundierte Medienkompetenz verfügen. Dies könnte im Rahmen von schulischem Unterricht oder Aufklärungsarbeit der Schule erfolgen. Die Kinder und Jugendlichen sollen mit dem Medium Internet verantwortungsvoller umgehen und alles, was sich im Internet abspielt, kritisch hinterfragen. Zudem ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche eine Vertrauensperson haben, um sich bei unangenehmen Vorfällen an diese zu wenden (vgl. Kerger 2009, S.6).

Ferner sollten die Eltern auf dem aktuellen Stand der Nutzung von Kommunikationsmedien wie dem Internet sein. Außerdem sollte ein reges Interesse der Eltern an dem Internetverhalten ihrer Kinder bestehen, um möglichen unangenehmen Situationen vorzubeugen.

Katharina Kuen

Literatur und Internetquellen


Bullens, Ruud (1995), Der Grooming-Prozess – oder das Planen des Missbrauchs; in: Marquardt-Mau, B. [Hrsg.]: Schulische Prävention gegen sexuelle Kindesmisshandlung. Grundlagen, Rahmenbedingungen, Bausteine und Modelle; Juventa Verlag: Weinheim, München; S. 55f.

Kerger, Carmen (2009), Pädosexuelle im Netz; in: AJS-Forum; 33. Jahrgang; Ausgabe 1/2009; S. 6 [
http://www.ajs.nrw.de/images/pdf/forum/2009-1.pdf].

Von Weiler, Julia (2011),
Im Netz. Tatort Internet - Kinder vor sexueller Gewalt schützen. Kreuz-Verlag: Freiburg.

http://schau-hin.info/fileadmin/content/pdf/downloadcenter/Ratgeber_Persoenliche_Daten/index.html

http://mpfs.de/index.php?id=200

http://www.jugendschutz.net/pdf/chatten_ohne_Risiko.pdf

http://www.bundestag.de/dokumente/analysen/2009/safer_internet_programm.pdf

http://www.chatgewalt.de/Sexuelle Gewalt im Netz.html

http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/08/310&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en

Montag, 3. Oktober 2011

Praxistipps: Fotos veröffentlichen

An dieser Stelle haben wir uns unter der Überschrift "Gefahren des Web (2.0)" schon mehrfach mit dem Thema Urheberrecht auseinandergesetzt (z.B. hier und hier). Dazu zählt natürlich auch das Recht der Fotografin an ihrem Bild. Will man Fotos in Blogs oder auf der Schulhomepage veröffentlichen, ist allerdings noch weitaus mehr zu berücksichtigen, nämlich das Recht am eigenen Bild der auf dem Foto abgebildeten Person(en).

Diese Thematik ist auch deshalb bedeutsam, weil vielen Fällen von Cybermobbing (so auch in dem im Rahmen dieses Blogs analysierten Film Netzangriff) die Veröffentlichung von Fotos anderer Personen zugrundeliegt.

Der #pb21-Blog widmet dem Thema zwei Postings, die zusammengefasst und praxisnah die Rechtslage darlegen und anhand von Beispielfotos verdeutlichen, wann man ein Foto veröffentlichen darf und wann nicht:

1) Das Recht am eigenen Bild, Teil I: Die Theorie ...mehr
2) Das Recht am eigenen Bild, Teil II: Die Graustufen der Praxis ...mehr




In diesem Fall ist es denkbar einfach: Fotografiert habe ich selber und Personen sind keine zu sehen - ergo: Das Foto darf veröffentlicht werden...

Freitag, 30. September 2011

Web 2.0 im Unterricht

„Wer heute über Internet und Gesellschaft schreibt, läuft Gefahr, schon morgen von neuen Entwicklungen überholt worden zu sein“ (Düx 2000, S.93). Durch die unglaublich hohe Geschwindigkeit der Entwicklungen gestaltet es sich schwierig, diese wissenschaftlich fundiert evaluieren zu können.

Lehrer müssen Lerner sein, um ihren Schülerinnen und Schülern einen effektiven und zeitgemäßen Unterricht zu bieten. In den folgenden Abschnitten dieses Postings sollen unterschiedliche Art und Weisen vorgestellt werden, um die Tools des Web 2.0 in die Schule zu integrieren.

Die Notwendigkeit, sich Computerkenntnisse anzueignen und sich den aktuellen Entwicklungen anzupassen, wird anerkannt, doch eine vollständige Integration in das gesamte Curriculum findet nur selten volle Unterstützung. Nur eine Lehrperson, die selbst Erfahrungen im Umgang mit modernen Medien hat, kann diese an ihre Schülerinnen und Schüler weitergeben. Die Kluft zwischen Befürwortern des Einsatzes moderner Medien im Unterricht und Gegnern kann sich eventuell dadurch verringern, dass man sich intensiver mit den Möglichkeiten der neuen Lehr- und Lernformen, die durch das Web 2.0 geprägt werden, auseinandersetzt.

Durch Initiativen wie diese, ist die Integration von Medien und anderen neuen Technologien in das Bildungssystem immer mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Die Integration von Medien ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, für die sich hochrangige Politiker engagieren und die auf viel positive Zustimmung in der Bevölkerung stößt. Eine beachtliche Anzahl von Schulen „(...) haben sich auf den Weg der ‚Datenautobahn’ begeben, ihre Lehrpläne umgestaltet und beim technologiegestützten Lehren und Lernen Fortschritte gemacht“ (Hannafin 2006, S.19).

Leider haben diesen elementaren Wandel bei weitem noch nicht alle Akteure des Bildungssystems begriffen und sind daher nicht bereit, die Vielfalt der neuen Medien in ihre Lehr- und Lernprozesse zu integrieren. Die Initiative „Schulen ans Netz“, 1996 ins Leben gerufen (vgl. Westram 2000, S.9), beschreibt sich selbst als einen innovativen Impulsgeber für den kompetenten Umgang mit unserer medial geprägten Gesellschaft (vgl. http://www.schulen-ans-netz.de/) und hat das ehrgeizige Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Schulen und modernen Medien zu verbessern.

Diese Entwicklung ist jedoch im Bereich von Bildung und Erziehung noch nicht fest verankert. Deutsche Schulen bedienen sich bisher zu selten systematisch dieser neuen Werkzeugen – die Einbettung in unser Bildungssystem gestaltet sich als ein zäher und langwieriger Prozess. „Dennoch wird langsam deutlich, dass immer mehr Lehrer, Schulbehörden, Eltern und Schüler begreifen, wie sehr sich Lernprozesse durch die Möglichkeiten des Webs verändern.“ (Richardson 2011, S.9). Der adäquate Einsatz von digitalen Medien im Unterricht ist unverzichtbar. Der bereits etwas abgegriffene Leitsatz, dass Lehrende ihre Lerner dort abholen müssen, wo sie sind, hat auch heute noch seine Berechtigung.

Sicher ist jedoch, dass sich das Internet innerhalb der letzten 20 Jahre in weiten Teilen unseres alltäglichen Lebens etabliert hat und somit die Gewohnheiten der – nicht nur - westlichen Welt erheblich beeinflusst und verändert. „Die Tragweite dieser Veränderungen wird daran deutlich, dass die Bedeutung der Veränderungen durch das Internet in einem Atemzug mit der Erfindung des Buchdrucks genannt wird“ (Shell Deutschland Holding 2010, S.101). Laut der aktuellen Shell Studie haben 96% der Schülerinnen und Schüler in Deutschland einen regelmäßigen Zugriff zum Internet (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S.102). Diese Zahl belegt, dass die junge Generation mit einer zunehmenden Selbstverständlichkeit mit modernen Medien aufwächst (vgl. Nerger 2011, S. 13). Es gilt als unumstritten, dass die modernen Medien und Online-Werkzeuge heutzutage feste Bestandteile ihres Alltags sind.

Tools des Web 2.0
Die Möglichkeiten, das Web 2.0 (ausführliche Erläuterung des Begriffs findet man im D@dalos Online-Lehrbuch zum Web 2.0) in den Schulalltag zu integrieren, könnten kaum vielfältiger sein. Das Web 2.0 will dem Anspruch gerecht werden, etwas Passendes für die unterschiedlichen Altersstufen der Schülerinnen und Schüler, die Ansprüche der einzelnen Fächer und unter anderem auch für die verschiedenen Lehrertypen und Charaktere bereitzuhalten. Im Laufe meiner Recherche haben sich folgende Werkzeuge als besonders gut geeignet herausgestellt: Weblogs, Wikis, RSS, Social Bookmarks, Podcast (Audio/Video-Casting), Twitter und soziale Netzwerkseiten. Da es ansonsten den Rahmen dieses Blogeintrags sprengen würde, gehe ich im Folgenden nur auf einige konkrete Umsetzungsbeispiele für den Unterricht ein.

Weblogs: Weblogs sind heutzutage im Unterrichtsalltag schon weit verbreitet. Sie sind leicht zu erstellen, können problemlos aktualisiert werden, und es kann kontrolliert werden, wer auf den Blog zugreifen kann. Zudem haben Blogs einen interaktiven Charakter und laden dadurch die User zur aktiven Mitarbeit ein. Ein interessantes und bereits etabliertes Beispiel ist das Blog von Maik Riecken.

Unser Kurs an der PH Ludwigsburg, der die Basis für diesen Artikel bildet, ermöglichte uns Kurseilnehmern die Chance, dass wir uns selbst mit der Gestaltung eines Blogs auseinandersetzen. Das Blog ist im Laufe des vergangenen Semesters nach und nach gewachsen und enthält in der Zwischenzeit einige Informationen zu unseren Seminarthemen. Laut eigener Aussage war es für einige meiner Kommilitonen eine neue Erfahrung, mit diesem Tool zu arbeiten.

In der Schule sind unterschiedliche Formen des Blogs vorstellbar. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern kann die Lehrkraft zum Beispiel ein Klassenportal einrichten. Diese Plattform kann dazu dienen, Lehr- und Unterrichtspläne zu veröffentlichen, Unterrichtsmaterialien auch online bereitzustellen, um ein hohes Maß von Transparenz für die Eltern zu gewährleisten und um die Kommunikation unter den Kollegen zu erleichtern. Diese Form des Blogs lässt viele Freiheiten zu und kann ganz unterschiedlich genützt und gestaltet werden. So erkennt man bei dem Klassenportal „Pantherblog“ deutlich den individuellen Stil der Beteiligten.

Das Online-Archiv hat einen ähnlichen Charakter wie das Klassenportal. Sein Schwerpunkt liegt jedoch noch mehr auf dem Austausch und der Bereitstellung von Arbeitsmaterialien. Die von den Schülerinnen und Schülern bearbeiteten Aufgaben stehen somit ständig zur Verfügung. Hausaufgaben können im Archiv hochgeladen werden, Arbeitsblätter können ausgetauscht und bearbeitet werden. Lehrer, Eltern, Klassenkameraden, Freunde und Mentoren können auf das Archiv zugreifen und sich einen Überblick über bisher Gelerntes verschaffen.

Blogs leben davon, dass sie aktuell und einfach zu bearbeiten sind. Diese beiden Eigenschaften gelten leider für viele Schulhomepages nicht. Oft sind sie weder aktuell noch übersichtlich. Interessierte Eltern und Schüler finden online in vielen Fällen nur unzureichende Informationen über die einzelnen Schulen. Viele Schulhomepages sind aufwendig und teuer in der Verwaltung. Eine wesentlich unkompliziertere Alternative ist es, eine Schulhomepage (Homepage des Ulricianum Gymnasiums in Aurich) mit Hilfe eines Blogs zu erstellen.

Eine weitere Möglichkeit, moderne Medien in den Schulalltag einzubetten, bieten Wikis. Der Mitbegründer von Wikipedia, Jimmy Wales, beschrieb die Intention von Wikipedia mit den Worten: „Stell dir eine Welt vor, in der jeder Mensch auf der Erde freien Zugang zum gesamten menschlichen Wissen hat. Wir sind dabei, sie zu schaffen.“ Als Wikis bezeichnet man gemeinschaftlich nutzbaren Webspace, in dem Inhalte veröffentlicht und bearbeitet werden können. Für die Verwendung in der Schule gibt es die Möglichkeit, die Wikis durch Passwörter zu schützen, um dadurch den Zugriff auf die Inhalte zu kontrollieren. Einen ersten Eindruck von einem für die Schule geeigneten Wiki kann man auf den Seiten der mathematischen Rundgänge gewinnen.

Bei RSS (Really Simple Syndication) geht es um Feeds, die Internetuser kostenlos abonnieren können. Sie halten Blogleser durch eine Art Nachrichtenticker auf dem Laufenden und bieten eine unkomplizierte Möglichkeit, stets up to date zu bleiben.Für Schülerinnen und Schüler gilt der Podcast wohl als attraktivstes Medium. Podcasts sind aus dem Alltag vieler Internetuser nicht mehr wegzudenken. Sie sind informativ, unterhaltsam, aktuell und in vielen Fällen ist ihr Download kostenlos. Als ein herausragendes Beispiel für eine gelungene Umsetzung in der Schule sehe ich das Lipdup Video des technischen Gymnasiums in Sindelfingen an. Auf diese Produktion wird in einem anderen Posting dieses Blogs schon näher eingegangen.

Die genannten Anwendungen und Möglichkeiten, Web 2.0 Tools in den Unterricht zu integrieren, basieren zu weiten Teilen auf der Lektüre von Will Richardson „Wikis, Blogs und Postcasts. Neue und nützliche Werkzeuge für den Unterricht.“ (Amazon, e-book).

Das Potential des Web 2.0, die Lehr- und Lernprozesse der heutigen Generation nicht nur grundlegend zu prägen, sondern sie auch elementar zu verändern, darf nicht unterschätzt werden. Es liegt in der Hand der Lehrenden, die Schülerinnen und Schüler auf eine Zukunft vorzubereiten, in der vernetzte Lernräume mit Sicherheit eine wichtige Rolle spielen werden.

Literatur:

Düx, Sascha: Internet, Gesellschaft und Pädagogik. Computernetze als Herausforderung für Jugendarbeit und Schule in Theorie und Praxis, Ko-Päd-Verlag, 2000.

Hannafin, Michael J., Hawkins, Charles H.: Computer, Internet, Multimedia – Potential für Schule und Unterricht, Verlag Bertelsmann Stiftung, 2006.

Nerger, Uwe: Mac education. Digitale Medien im Unterricht mit iLife, iWork, iTunes und Apple Technologie. Projektanleitungen für alle, die von den i-Programmen am Mac profitieren wollen, Mandl & Schwarz-Verlag, 2011.

Richardson, Will: Wikis, Blogs und Podcasts. Neue und nützliche Werkzeuge für den Unterricht. TibiaPress, 2011.

Shell Deutschland Holding (Hrsg.): Jugend 2010. Eine pragmatische Generation behauptet sich, Bundeszentrale für politische Bildung, 2010.

Westram, Hiltrud: Internet in der Schule, Leske + Budrich Verlag, 2000.

Montag, 19. September 2011

Politik 2.0 als Mittel gegen Politikverdrossenheit?

In diesem Posting geht es zunächst darum, den Begriff „Politik 2.0“ näher zu bestimmen. Vor allem aber sollen Möglichkeiten und Chancen aufgezeigt werden, die Web 2.0-Tools für Politik und Politiker bieten.

Um das „2.0“ beim Begriff Politik 2.0 zu erklären, ist es wichtig, auf den Begriff Web 2.0 (sehr) kurz einzugehen: „Der Begriff Web 2.0 bezieht sich […] primär auf eine veränderte Nutzung und Wahrnehmung des Internets. Die Benutzer erstellen, bearbeiten und verteilen Inhalte in quantitativ und qualitativ entscheidendem Maße selbst, unterstützt von
interaktiven Anwendungen [somit hat sich die Rolle des Nutzers verändert]. Die Inhalte werden nicht mehr nur zentralisiert von großen Medienunternehmen […] verbreitet, sondern auch von einer Vielzahl von Nutzern, die sich zusätzlich mit Hilfe sozialer Software untereinander vernetzen“ [http://de.wikipedia.org/wiki/Web_2.0#Bedeutung]. Eine ausführlichere Begriffsbestimmung findet sich im Rahmen des D@dalos Online-Lehrbuchs zum Web 2.0 im Abschnitt Was ist das Web 2.0?".

Doch was ist es, was die Übertragung solcher veränderter Nutzung des Internets auf die Politik attraktiv erscheinen lässt? Als Einstieg in diese Frage soll der folgende Abschnitt dienen.

Politikverdrossenheit in Deutschland
In den letzten Jahren ist vermehrt eine politische Verdrossenheit der BürgerInnen zu beobachten. Iris Huth stellt Gründe für diese Verdrossenheit in ihrem Buch „Politische Verdrossenheit – Erscheinungen und Ursachen als Herausforderung für das politische System und die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland im 21. Jahrhundert“ anschaulich dar (Amazon, e-book). Sie führt in diesem Zusammenhang an, dass sich die Politik der (Sach-)Probleme der Bürger nicht angemessen annehme, diese zu spät oder gar nicht löse und der Bürgerin praktisch keine Möglichkeiten zugesprochen werde, mitzubestimmen – wodurch sie sich ohnmächtig und in den politischen Prozess lediglich bei Wahlzeiten involviert sehe (vgl. Huth, 2004, S.242f.).


Ebenso würden Skandale, wie Korruptionsaffären und Amtsmissbräuche, am Ansehen der Politiker kratzen, was folglich das Vertrauen in Politiker und somit auch in die Politik schwinden lasse (ebd., S.245). Nicht selten haben die Menschen den Eindruck, dass die gewählten Politiker ihre Macht missbrauchen, um eigene Interessen durchsetzen zu können. Gleichzeitig sind sie für die Bevölkerung nach einer Wahl nahezu „unerreichbar“, können ihre Entscheidungen nicht mehr beeinflussen und mitbestimmen.

Als Folge dieser Umstände kehrt der Bürger der Politik zunehmend den Rücken zu, hört auf, sich zu interessieren bzw. zu engagieren und wird „sprachlos“. Die Kommunikation zwischen Politikern und Bevölkerung, die für das demokratische Prinzip unerlässlich ist, gerät ins Stocken.

Besonders deutlich wird dieser Umstand bei der Betrachtung der Wahlbeteiligung in den vergangenen Jahren. Diese ist bei den Bundestagswahlen seit 1998 konstant zurückgegangen. Zuletzt verringerte sie sich um knapp 7% bei der Wahl 2009 im Vergleich zum Wahljahr 2002. Auch ein Rückgang der Parteimitglieder ist zu verzeichnen.

Einen genaueren Überblick über die Zahlen und Fakten verschafft der Blog-Eintrag von Katrin Bänisch mit dem Titel „Parteimitglieder in Deutschland: Wie viele es gibt und wie man selber Mitglied wird“, veröffentlich auf germanblogs.

Dies sind besorgniserregende Entwicklungen. Fehlende Transparenz und Partizipationsmöglichkeiten sind oftmals der Grund für die Politikverdrossenheit in Deutschland. Es bildet sich ein Graben zwischen den politischen Akteuren und dem Volk.
Doch bietet das Web 2.0 die Möglichkeit, eine Brücke zu bauen, um die „Kommunikationsflaute“ zwischen Politik und Bevölkerung zu überwinden und den Weg für Politik 2.0 freizumachen?

Möglichkeiten von Politik 2.0
Durch das Web 2.0 können neue Wege der Kommunikation geschaffen werden, indem der Nutzer nicht nur die Rolle des Rezipienten einnimmt, sondern durch Web 2.0-Tools zum Produzenten werden kann. Diese neuen Möglichkeiten können von den Politikern insofern genutzt werden, als den Bürgern neue Chancen ermöglicht werden, mehr an politischen Entscheidungsprozessen mitzuwirken. Demokratien leben von der politischen Beteiligung der Bürger. Mehr noch: Die (politische) Beteiligung bildet die Grundlage einer Demokratie. Politische Partizipation umfasst aber mehr als den Gang zur Wahlurne am Wahltag. Zwar steht den Menschen die Möglichkeit offen, sich aktiv in politischen Parteien, Verbänden oder Gewerkschaften zu engagieren, es muss aber dennoch der Weg frei gemacht werden, ALLE Menschen an den politischen Entscheidungsprozessen in gleichem Maße teilhaben zu lassen.

Wann immer es darum geht, darzulegen, wie das Internet dazu verwendet werden kann, die BürgerInnen zur Teilnahme zu bewegen, gilt der Präsidentschaftswahlkampf von Barack Obama im Jahr 2008 als beeindruckendes Beispiel. Wie kein anderer Politiker vor ihm hat er die amerikanischen Staatsbürger mobilisiert und zur Teilnahme motiviert. Dabei nutzte er die Möglichkeiten des Web 2.0 wie kein anderer. Barack Obama verwendete dazu soziale Netzwerke wie Facebook (so auch das Profil für das kommende Wahljahr 2012), Video-Seiten wie Youtube bis hin zu Podcasts.

Ein paar Zahlen zeigen die Dimensionen der Online-Nutzung auf: Barack Obama hatte zu Wahlkampfzeiten 2008 über 3 Millionen Freunde in Facebook; 2000 Videos wurden von seinem Team im eigenen Youtube-Channel eingestellt, die über 80 Millionen Mal angeklickt wurden; der E-Mail-Verteiler von Obamas Wahlkampfteam umfasste 13 Millionen Adressen, an die über 1 Milliarde personalisierte E-Mails verschickt wurden, um die Menschen direkt anzusprechen. Es wurden so 8 Millionen Unterstützer mobilisiert und 80.000 lokale Wahlkampfevents und Millionen an Spenden aktiviert. Statt auf inszenierten Pressekonferenzen informierte Obama seine Wähler nun über Community-Plattformen wie Facebook, Twitter, Flickr, MySpace etc.

Vom Erfolg dieses Wahlkampfes getragen, initiierte Barack Obama und sein Team im Anschluss die Open Government Directive. Den Bürgern war nun durch den Einsatz des Web 2.0 der Weg geebnet, eigene Vorschläge, Ideen und Ansichten einzubringen, wie die Regierungsarbeit effizienter, transparenter und „partizipatorischer“ gemacht werden kann. Darauf wird im letzten Teil dieses Beitrages noch genauer eingegangen. Auf dem Internationalen UNESCO Bildungsserver für Demokratie-, Friedens- und Menschenrechterziehung finden Sie passend zu diesem Thema interessante Einträge zu Web 2.0 und Politik 2.0.

Eines steht fest: Barack Obama nutzte die Möglichkeiten der Web 2.0-Tools, um die BürgerInnen zu Stellungnahmen und zur Diskussion aufzufordern, wodurch der Politik Anstöße für die weitere politische Arbeit gegeben werden sollten. Nachdem Obama die Open Government Directive verabschiedete, konnten politische Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse für die amerikanischen Staatsbürger nachvollziehbarer und letztlich auch transparenter gemacht werden. Jedoch gilt als signifikantester Bestandteil, dass die BürgerInnen ihrer Meinungen auf Online-Plattformen kundtun konnten. Die Ansichten und Anregungen der Bürger waren gefragt.

Ein weiteres Beispiel für Politik 2.0 aus der Obama-Regierung: Die Gesundheitsreform war im Wahlkampf von Obama eines der zentralen Themen, denen er sich annehmen wollte. Bei deren Umsetzung wurden ebenfalls die Ziele Partizipation und Zusammenarbeit verfolgt. Durch modernste Web 2.0-Tools wurden die BürgerInnen der Vereinigten Staaten einerseits über die Fortschritte der Gesundheitsreform auf dem Laufenden gehalten und andererseits wurde ihnen ein „Raum“ geschaffen, die Fortschritte zu kommentieren. Somit wurde auch ein hohes Maß an Transparenz geschaffen, indem die US-Regierung wichtige Informationen bezüglich der Gesundheitsreform bereitstellte und somit nachvollziehbarer machte. Einen weiteren Meilenstein in Sachen Transparenz der US-Regierung finden Sie hier (Abschnitt Beispiel für Transparenz).

Mit Hilfe des Internets und speziell der Web 2.0-Tools kann den Menschen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Anregungen, Meinungen und Ansichten zu äußern, beispielsweise durch die Nutzung von Blogs. Gleichzeitig können so diese Anregungen gesammelt und in den politischen Entscheidungsprozess einfließen. Partizipation heißt die Devise.

Nicht weniger wichtig ist die Tatsache, dass Politiker die Probleme und Ängste der Bürger direkt erfahren und berücksichtigen können. Aus einer „Einbahnstraßenkommunikation“ wird eine „Zweibahnstraße“. Die Partizipation an politischen Prozessen wird für die einzelne Bürgerin erleichtert. Die politische Teilhabe wird dadurch enorm erhöht, erforderlich ist lediglich ein Internetanschluss.

Durch die neuen Möglichkeiten des Web 2.0 können Menschen gleichzeitig interaktiv agieren. Kommentieren, zustimmen, ablehnen und konkretisieren ist durch die neue Technik um ein Vielfaches erleichtert worden. Politiker bekommen zudem die Chance, sich direkt bei der Bevölkerung zu „informieren“, wodurch neue Denkanstöße für die politische Arbeit an sie herangetragen werden können. Mit Hilfe eines gezielten Einsatzes der Web 2.0-Tools für die Politik können – und das ist für eine Demokratie sehr wertvoll – durch eine bessere Kommunikation der Beteiligten, den Politikern und dem Volk neue Möglichkeiten geschaffen werden, Probleme dezentraler zu lösen, nämlich durch die aktive Beteiligung und Mitarbeit der Menschen innerhalb eines Staates.

Die Voraussetzung dieser neuen Form des „Politikmachens“, nämlich die technischen Voraussetzungen, sind vorhanden. Nun kommt es auf den Willen der Politiker an, das Web 2.0 zu nutzen, um die Menschen in ihre politische Arbeit mit einzubeziehen, aktiv mitwirken und mitbestimmen zu lassen.

Politik 2.0 in Stuttgart
Auch die Stadt Stuttgart, Landeshauptstadt von Baden-Württemberg, entschied sich dazu, die Einwohner aktiv am Prozess der politischen Entscheidungsfindung teilhaben zu lassen. Zu diesem Zweck wurde die Initiative Bürgerhaushalt gestartet.
Worum geht es hierbei?

Es lassen sich durchaus Parallelen zu der Open Government Directive von Barack Obama finden. Es begann – wie auch in den USA, durch den „Open Government Dialogue“ – mit einer Online-Brainstorming-Phase. Diese reichte vom 01.07.2011 bis zum 22.07.2011. Dazu wurde eine Website eingerichtet, auf der die Bürger der Stadt Stuttgart Ideen, Hinweise und Vorschläge zu den Einnahmen und Ausgaben der Stadt abgeben konnten. Den Menschen wurde die Möglichkeit geboten, eigene Vorschläge zur Einnahmen- und Ausgabenverwendung einzubringen (Beispiel aus dem Bereich Energie).

Ein Video zur Aufklärung, wie die Stadt Stuttgart ihren Haushaltsplan aufstellt, wurde ebenfalls auf dieser Website veröffentlicht. Zudem wurde das Video von der Stadt Stuttgart auch auf Youtube eingestellt. Sicherlich sollte damit auf den „Bürgerhaushalt“ auch in anderer Form aufmerksam gemacht werden als „nur“ über Flyer und Prospekte.

In den USA startete als zweite Etappe der „Office of Science and Technology Policy Blog“. Das Ziel war, die bestehenden Vorschläge zu präzisieren. Dazu konnten Kommentare sowie Bewertungen der vorhandenen Vorschläge aus der Bevölkerung abgegeben werden.

Beim Bürgerhaushalt in Stuttgart kamen dabei, wie auch in den USA, Web 2.0-Tools zum Einsatz, um es den Teilnehmern zu erleichtern, eigene Kommentare und Bewertungen abzugeben. Ein Beispiel finden Sie hier. Bewertungen konnten noch weitere 7 Tage abgegeben werden, bis zum 29.07.2011. Die positiven bzw. negativen Bewertungen sind ausschlaggebend: Es wird eine Top-100 mit den besten Bewertungen erstellt. Die am besten bewerteten Vorschläge werden auf ihre Durchführbarkeit und daraufhin überprüft, ob die Stadt Stuttgart überhaupt dafür zuständig ist. Letztlich entscheidet dann der Gemeinderat, welche der Vorschläge umgesetzt werden. Die Bürgerin wird schließlich online darüber informiert werden, welche Vorschläge zu den Top-100 gehören, wie die Verwaltung die einzelnen Vorschläge fachlich bewertet und wie sich der Gemeinderat bezüglich der Umsetzung entschieden hat.

Mit den neuen Web 2.0-Tools kann es für die BürgerInnen vereinfacht werden, ihre Partizipationsmöglichkeiten zu nutzen. Jeder (Bürger Stuttgarts) kann seine Vorschläge, seine Anliegen, seine Ansichten in den politischen Entscheidungsprozess einbringen. Ein veränderter Kommunikationsprozess entsteht, in dem die Bürger nicht nur zu Wahlzeiten eine Stimme haben. Dieser Stimme kann nun online Gehör verschafft werden. Es liegt nun an der zuständigen Verwaltung, diese Vorschläge ernst zu nehmen und in den politischen Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen.

Natürlich lassen sich die Größenverhältnisse der „Partizipationskampagnen“ der USA und der Stadt Stuttgart nicht vergleichen. Dennoch ist erkannt worden, dass der Drang der Menschen nach mehr Mitspracherecht von der Politik nicht abgetan werden kann. Durch die Möglichkeiten des Web 2.0 kann diesem Drang Rechnung getragen werden.

Die Möglichkeiten des Web 2.0 können der Politikverdrossenheit entgegenwirken: Soziale Software bietet der Politik die Chance, ein neues Kommunikationswerkzeug zu nutzen, um mit den BürgerInnen in einen direkten Dialog zu treten. Den Menschen kann somit vermittelt werden, dass ihre Probleme ernst genommen und ihre Lösungsvorschläge in den politischen Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden. Die Partizipationsmöglichkeiten ebnen nun gleichzeitig den Weg, die politische Willensbildung in einer Demokratie grundlegend zu ändern.


Michael Seckinger

Literatur
Huth, Iris: Politische Verdrossenheit. Erscheinungsformen und Ursachen als Herausforderung für das politische System und die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland im 21. Jahrhundert. Lit Verlag: Münster, 2004.